Entscheidungsdatum
15.11.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §38Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Ebner, LL.M., über die Beschwerde des A.s, vertreten durch Rechtsanwalt, vom 02.11.2016 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Gruppe Besondere Bauvorhaben, vom 29.09.2016, Zl. MA37-BB/...-2014-60, mit dem der Antrag auf Unterbrechung des Bauverfahrens „F.“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung des naturschutzrechtlichen Verfahrens gemäß § 13 AVG iVm §§ 38 und 73 AVG iVm § 8 AVG und § 134 Abs. 3 BO für Wien zurückgewiesen wurde (Bauwerberin und mitbeteiligte Partei D. Errichtungs GmbH, vertreten durch Anwaltssocietät),
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Anbringen vom 09.09.2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 13.09.2016, beantragte der A. und nunmehrige Beschwerdeführer die Unterbrechung des Bauverfahrens „F.“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das anhängige naturschutzrechtliche Verfahren.
Begründend wurde hierzu folgendes ausgeführt:
„[….]
Gemäß § 38 AVG kann die Behörde das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Das Bauverfahren ist gemäß § 38 AVG zu unterbrechen, bis hinsichtlich der Frage des Verstoßes gegen die naturschutzrechtlichen Vorschriften eine endgültige unanfechtbare naturschutzrechtliche Entscheidung vorliegt. Die naturschutzrechtliche Entscheidung ist eine Vorfrage wesentlichen Inhalts im Bauverfahren.
Der Antragsteller ist „anerkannte Umweltorganisation“ nach innerstaatlichem Recht und ergibt sich daher seine Parteistellung aus §§ 8 AVG in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Wiener Naturschutzgesetz (WNSG) und Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention.
Nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus hat jede Vertragspartei sicherzustellen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. Das Übereinkommen von Aarhus wurde von Österreich ratifiziert und ist für Österreich als Vertragspartei rechtlich verbindlich. Auch die Europäische Gemeinschaft hat das Übereinkommen als Rechtsvorgängerin der Europäischen Union ratifiziert, wodurch dieses auch gemäß Art. 216 Abs. 2 AEUV für Österreich bindend ist.
Durch verfassungskonforme Interpretation des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz und den umfassenden Umweltschutz erlangen diese gesetzlichen Bestimmungen ebenso direkte Anwendung.
Auf den Flächen des G.-waldes, die entweder Wald gemäß Forstgesetz, Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel oder Landschaftsschutzgebiet nach dem Wiener Naturschutzgesetz bzw. Teil des Biosphärenparks … (UNESCO) sind, muss eine Bebauung ausgeschlossen sein.
Die Stellung als Landschaftsschutzgebiet beruht auf Verordnung aus dem Jahr 1998, die den gesamten G.-wald zum Teil des Landschaftsschutzgebiets H. erklärte. Darüber hinaus ist der G.-wald seit 1973 ein flächiges Naturdenkmal nach § 28 des Wiener Naturschutzgesetzes (Nr. … in der Liste der Naturdenkmäler Wiens). Nach den Naturschutz-Leitlinien des Netzwerks Natur H. I aus dem Jahr 2002 ist der G.-wald Lebensraum prioritär bedeutender und streng geschützter Pflanzen und Tierarten.
Landschaftsschutzgebiete sind nach § 24 des Wiener Naturschutzgesetzes Gebiete, die sich durch ihre Landschaftsgestalt auszeichnen, als Kulturlandschaft von historischer Bedeutung sind oder im Zusammenwirken mit Nutzungsart und Bauwerken eine landestypische Eigenart aufweisen oder der naturnahen Erholung dienen.
Im Landschaftsschutzgebiet ist insbesondere die Errichtung von Neu- und Zubauten untersagt. Eine … mit 4.500 m² Keller aus 3.000m³ Beton und 300 Tonnen Bewehrungsstahl zu errichten – das oberirdische Gebäude ist 21,5 m breit, 100m lang und 11 m hoch – widerspricht den naturschutzrechtlichen Vorgaben.
Es ist davon auszugehen, dass durch die Verbauung der gewidmeten Flächen und dem daraus resultierenden Verkehr nachteilige Auswirkungen auf Landschaftsbild und -haushalt entstehen, umso mehr, als davon die Wurzel der Grünzunge G.-wald, also die für die Biodiversität wichtige Verbindung des G.-waldes mit dem K. betroffen ist.
Durch die Bautätigkeiten und die Schaffung der notwendigen Infrastruktur werden unweigerlich geschützte Tier- und Pflanzenarten (insbesondere Eichen- und Hainbuchenwald) bedroht.
Artenschutzrechtlich durch das Bauprojekt bedrohte Tiere:
- Streng geschützte Arten lt. FFH-Richtlinie und Wiener Naturschutzgesetz/Wiener Naturschutzverordnung:
Goldschakal (Canis aureus), Hirschkäfer: Hirschkäfer sind sehr selten und europaweit geschützt und Fledermäuse (Chiroptera).
Der Eremit (Osmoderma eremita) ist ein Käfer aus der Unterfamilie der Rosenkäfer (Cetoniinae), er wird auch Juchtenkäfer genannt. Das seltene und unauffällig lebende Insekt ist im Anhang II und IV der FFH-Richtlinie angeführt und ist dort als prioritäre Art eingestuft.
- laut Vogelschutzrichtlinie:
10 verschiedene Spechtarten: vor allem der Schwarzspecht sowie der Grauspecht gelten als besonders schützenswert – speziell im urbanen Raum.
[….]“
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.09.2016, Zl. MA37-BB/...-2014-60, wurde dieser Antrag gemäß § 13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG in Verbindung mit § 38 und § 73 AVG, aber auch in Verbindung mit § 8 AVG und § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus:
„[…..]
Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren außer dem/der Antragsteller/in (Bauwerber/in) dem/der Eigentümer/in (Miteigentümer/in) der Liegenschaften Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a BO erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben.
Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6,00 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20,00 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen.
In allen anderen Widmungsgebieten, sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes, sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.
Der hier antragstellende „A.“ ist NICHT Eigentümer, Wohnungseigentümer oder Miteigentümer einer der „D.“ als benachbart geltenden Liegenschaft.
Gemäß den Bestimmungen des § 134 Abs. 3 BO kann somit für den „A.“ auch keine Parteistellung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren des „D.“ erlangt werden. Als lediglich Interessen außerhalb der Bestimmungen der Wiener Bauordnung vertretende Beteiligte (§ 8 AVG) steht damit dem „A.“ nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der im Einzelfall zur Anwendung gelangenden materiellen Verwaltungsvorschrift kein Recht zur Mitwirkung (verfahrensrechtlicher Anspruch) im baubehördlichen Bewilligungsverfahren zu.
§ 38 AVG regelt, wie eine Behörde vorzugehen hat, wenn sie mit einer Vorfrage konfrontiert ist. Die Regelung setzt voraus, dass noch keine rechtskräftige Entscheidung der Vorfrage vorliegt. Liegt eine rechtskräftige Entscheidung vor, ist die Behörde daran gebunden.
Gemäß den Bestimmungen des § 38 AVG ist die bescheiderlassende Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Vorfragen sind dabei präjudizielle Rechtsfragen, deren Beantwortung für die Lösung der Hauptfrage unabdingbar ist, diese aber als Hauptfrage in einem anderen Verfahren von einem Gericht, einer anderen Verwaltungsbehörde oder auch von derselben Behörde in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist.
Eine Vorfrage ist also erst dann gegeben, wenn der Tatbestand der Rechtsvorschrift, die die Behörde in ihrer Entscheidung anzuwenden hat, Elemente enthält, über die für sich alleine nicht in diesem Verfahren, sondern in einem anderen Verfahren bindend abzusprechen ist.
Keine Vorfrage liegt hingegen vor, wenn für ein Vorhaben mehrere Bewilligungen erforderlich sind, die in verschiedenen Verfahren zu erteilen sind (z.B. Baubewilligung und naturschutzrechtliche Bewilligung). In diesem Fall handelt es sich um mehrere nach verschiedenen Gesichtspunkten zu beurteilende Hauptfragen.
Ebensowenig liegt eine Vorfrage vor, wenn zwei Behörden über dieselbe Rechtsfrage als Hauptfrage zu entscheiden haben, wenn verschiedene Vorschriften an denselben Sachverhalt unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen, über die verschiedene Behörden als Hauptfragen zu entscheiden haben.
Fragen des Naturschutzes, des Landschaftsschutzes, des Schutzes von Naturdenkmälern, Fragen zum Schutz des Lebensraumes geschützter Pflanzen- und Tierarten stellen Hauptfragen des Wiener Naturschutzgesetzes dar, sind in der Wiener Bauordnung nicht geregelt und sind daher keine Angelegenheit der Baubehörde.
Grundsätzlich hat jede Behörde nur die für ihr Verfahren maßgebenden Bestimmungen zu vollziehen.
Da Interessen des Naturschutzes in baubehördlichen Bewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind, können auch keine Elemente des Wiener Naturschutzrechtes präjudizielle Rechtsfragen im baubehördlichen Verfahren sein.
Somit können diese Fragen auch keine Vorfragen im baubehördlichen Ermittlungsverfahren darstellen, auf deren Beantwortung die Baubehörde infolge eines anderen Behördenverfahrens zu warten hätte. Dadurch kann aber auch seitens der Baubehörde durch deren Bescheiderlassung nicht Entscheidungen der Naturschutzbehörde vorgegriffen werden.
Auch ProjektwerberInnen haben das Kumulationsprinzip zu beachten. Eine Bauführung ist nur dann zu verwirklichen, wenn alle dafür geltenden Rechtsnormen (desselben oder anderer Gesetzgeber) eingehalten werden. Damit kann auch ein bereits ergangener Baubescheid keine präjudizielle Entscheidung für ein vom baubehördlichen Ermittlungsverfahren unabhängig zu führendes naturschutzrechtliches Behördenverfahren sein.
Gemäß § 73 AVG ist die Behörde verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Daraus resultiert, dass die Behörde auch nicht ohne Grund mit ihrer Entscheidung zuwarten darf.
Da der hier gestellte Antrag auf „Unterbrechung des Bauverfahrens wegen naturschutzbehördlichen Belangen“ keine für ihr eigenes Verfahren notwendige Vorfrage im Sinne des § 38 AVG für die Baubehörde darstellt, kann diesem Antrag durch die Baubehörde nicht stattgegeben werden.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
[…..]“
Dieser Bescheid wurde dem Rechtsfreund des antragstellenden „A.s“ am 05.10.2016 zugestellt und erhob der Antragsteller „A.“ dagegen am 02.11.2016 durch seinen Rechtsfreund fristgerecht Beschwerde, in der er unter anderem wie folgt vorbrachte:
„[…..]
2. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden. Die Beschwerdelegitimation des BF ergibt sich aus der Parteistellung gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Wiener NaturschutzGesetz (WNSG) und Art 9 Abs. 3 Aarhus Konvention, welcher auch im baurechtlichen Verfahren, sobald es um den Schutz der Umwelt geht, anzuwenden ist. Der Bescheid greift in die Rechtssphäre des BF bestimmend ein und kommt darin eine unmittelbare Wirkung der Verletzung rechtlicher Interessen des BF zum Ausdruck.
Dies vor allem deswegen, zumal es ja gerade Vereinszweck des BF nach Abs. 2 seiner Statuten ist, für die Erhaltung des Lebensraumes von wildlebenden Tieren, insbesondere der vom Aussterben bedrohten Tierarten, einzutreten. Der BF hat einen Anspruch auf Durchsetzung seines Rechtes, einen Rechtsanspruch. Ihm kommt die Befugnis zu, sein subjektiv-öffentliches Recht geltend zu machen.
Der BF ist „anerkannte Umweltorganisation“ nach innerstaatlichem Recht. Seine Parteistellung ergibt sich auch durch verfassungskonforme Interpretation des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz im Zusammenhang mit den oben erwähnten Bestimmungen.
Nach Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus hat jede Vertragspartei sicherzustellen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.
Das Übereinkommen von Aarhus wurde von Österreich ratifiziert und ist für Österreich als Vertragspartei rechtlich verbindlich. Auch die Europäische Gemeinschaft hat das Übereinkommen als Rechtsvorgängerin der Europäischen Union ratifiziert, wodurch dieses auch gemäß Art. 216 Abs. 2 AEUV für Österreich bindend ist. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass Art. 9 Abs. 3 der Aarhus Konvention so ausgelegt und angewandt werden muss, dass die nützliche Wirkung (effet utile) des europäischen Umweltrechts gewährleistet wird.
Das angerufene Verwaltungsgericht Wien ist zuständig, weil der bekämpfte Bescheid in Landesverwaltung erlassen wurde.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Beschwerdefrist nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG 4 Wochen. Der Bescheid wurde dem BF am 05.10.2016 zugestellt. Die heute zur Post gegebene Beschwerde ist daher fristgerecht erhoben.
3. Beschwerdepunkte
Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der BF in seinen subjektiven Rechten auf Wahrung naturschutzrechtlicher Vorschriften dadurch verletzt, dass die BG dem Antrag des BF auf Unterbrechung des Bauverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der naturschutzrechtlichen Verfahren zurückwies.
Der Bescheid wird in seinem gesamten Umfang nach als gesetzwidrig angefochten. Geltend gemacht werden die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge der Zurückweisung des Antrages, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit.
Der Bescheid verstößt gegen § 38 AVG. Das baurechtliche Verfahren wäre von der BG zu unterbrechen gewesen, bis hinsichtlich der Frage des Verstoßes gegen die nationalen und europarechtlichen naturschutzrechtlichen Vorschriften eine endgültige unanfechtbare naturschutzrechtliche Entscheidung vorliegt.
4. Beschwerdegründe
4.1 Verletzung von Verfahrensvorschriften
Die naturschutzrechtliche Entscheidung ist eine Vorfrage wesentlichen Inhalts für das gesamte Bauverfahren.
Gemäß § 38 AVG kann die Behörde das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Die BG ist davon in Kenntnis, dass naturschutzrechtliche Verfahren bei der zuständigen Verwaltungsbehörde anhängig sind. Auch von den naturschutzrechtlichen Anträgen des BF ist die BG im zurückgewiesenen Antrag informiert worden.
Präjudiziell – und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn – ist eine Entscheidung, die eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar – dh eine „notwendige Grundlage“ – ist und die zweitens diese Rechtsfrage in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (vgl. etwa die bei Hauer/Leukauf. Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Wien 1996, S. 246 unter E 3 zitierten Entscheidungen; ebenso Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6, Wien 1995, Rz 306).
Eine solche Konstellation liegt hier vor (vgl. auch VwGH 13.11.1997, 97/18/0445). Die BG hätte das Bauverfahren gemäß § 38 AVG zu unterbrechen gehabt, bis hinsichtlich der Frage des Verstoßes gegen die nationalen und europarechtlichen naturschutzrechtlichen Vorschriften eine endgültige unanfechtbare naturschutzrechtliche Entscheidung vorliegt. Eine andere verfahrensrechtliche Vorgangsweise kommt der Umgehung naturschutzrechtlicher Vorschriften gleich.
Die Zurückweisung des Antrages des BF kommt ganz konkret einem Ausschluss einer umfassenden und korrekten naturschutzrechtlichen Prüfung für das Gesamtvorhaben gleich und widerspricht damit den Grundsätzen und Zielsetzungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21.05.1992 in der Fassung 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997), des Wiener Naturschutzgesetzes und der Wiener Naturschutzverordnung in diametraler Form und ist daher europarechtswidrig.
4.2 Inhaltliche Rechtswidrigkeit
Zur inhaltlichen Begründung ihres zurückweisenden Bescheides bringt die BG auf Seite 2 vor, dass der BF „NICHT Eigentümer, Wohnungseigentümer oder Miteigentümer einer der D. als benachbart geltenden Liegenschaft ist.“ Gemäß den Bestimmungen des § 134 Abs. 3 BO könne somit für den BF auch keine Parteistellung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren des D. erlangt werden. Als lediglich „Beteiligte“ stünde dem BF kein Recht zur Mitwirkung im baubehördlichen Bewilligungsverfahren zu.
Diese Begründung ist inhaltlich rechtswidrig. Wenn dem BF im naturschutzrechtlichen Verfahren Parteistellung zukommt und diesbezüglich ein Verfahren läuft, dann müssen auch von diesem gestellte Anträge an die BG im Lichte des EU-Rechts, insbesondere des Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention, interpretiert werden. Die Kommission vertritt hier die Auffassung, dass Art. 9 Abs. 3 der Aarhus Konvention so ausgelegt und angewandt werden muss, dass die nützliche Wirkung (effet utile) des europäischen Umweltrechts gewährleistet wird.
Eine Unterbrechung des Bauverfahrens im Sinne eines Baustopps bis zur rechtskräftigen naturschutzrechtlichen Entscheidung ist zumindest dann durchzuführen, wenn naturschutzrechtlich erhebliche Bedenken gegen ein Bauprojekt vorgebracht werden.
Die BG bringt auf Seite 3 ihres Bescheides vor, dass „Interessen des Naturschutzes in baubehördlichen Bewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind und auch keine Elemente des Wiener Naturschutzrechtes präjudizielle Rechtsfragen im baubehördlichen Verfahren sein.“
Dabei verkennt die BG, dass es nicht um eine inhaltliche Einbeziehung naturschutzrechtlicher Bestimmungen im baubehördlichen Ermittlungsverfahren geht, sondern um eine verfahrensrechtliche Vorgangsweise. Beantragt wurde seitens des BF die „Unterbrechung des Bauverfahrens“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung im naturschutzrechtlichen Verfahren, welche den Sinn und Zweck hat, dass rein faktisch noch zumindest solange nicht mit den Bauarbeiten vor Ort begonnen wird, solange das naturschutzrechtliche Verfahren nicht abgeschlossen ist. Das gesamte Bauverfahren, auf welches sich die Antragstellung bezieht, inkludiert ja auch und vor allem die Bebauungsphase selbst und bezieht sich nicht vorrangig auf das baubehördliche Bewilligungsverfahren. Der BF ging davon aus, dass die BG das Bewilligungsverfahren positiv abschließt. Gerade deswegen ist Sinn und Zweck der Antragstellung, dass mit der faktischen Bebauungsphase noch zugewartet werden muss, bis das naturschutzrechtliche Verfahren abgeschlossen ist.
Präjudiziell- und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn – ist eine Entscheidung, die eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar – dh eine „notwendige Grundlage“ – ist und die zweitens diese Rechtsfrage in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (vgl. etwa die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Wien 1996, S. 246 unter E 3 zitierten Entscheidungen; ebenso Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6, Wien 1995, Rz 306).
Eine solche Konstellation liegt hier vor (vgl. auch VwGH 13.11.1997, 97/18/0445). Die BG hätte das Bauverfahren gemäß § 38 AVG zu unterbrechen gehabt, bis hinsichtlich der Frage des Verstoßes gegen die nationalen und europarechtlichen naturschutzrechtlichen Vorschriften eine endgültige unanfechtbare naturschutzrechtliche Entscheidung vorliegt. Eine andere verfahrensrechtliche Vorgangsweise kommt der Umgehung naturschutzrechtlicher Vorschriften gleich.
Die Zurückweisung des Antrages des BF kommt ganz konkret einem Ausschluss einer umfassenden und korrekten naturschutzrechtlichen Prüfung für das Gesamtvorhaben gleich und widerspricht damit den Grundsätzen und Zielsetzungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21.05.1992 in der Fassung 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997), des Wiener Naturschutzgesetzes und der Wiener Naturschutzverordnung in diametraler Form und ist daher europarechtswidrig.
[….]“
Gestellt wurden in der Folge die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG, in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Unterbrechungsantrag des Beschwerdeführers stattgegeben wird, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Mit Vollmachtsbekanntgabe vom 14.12.2016 gab die Bauwerberin und mitbeteiligte Partei, die D. Errichtungs GmbH, bekannt, dass sie die Anwaltssocietät mit ihrer Vertretung beauftragt habe.
Infolgedessen übermittelte das erkennende Gericht die bezughabenden Aktenstücke aus dem Beschwerdeverfahren an die mitbeteiligte Partei und räumte ihr mit dg. Note vom 03.01.2017 die Gelegenheit zur Äußerung innerhalb einer Frist von drei Wochen ein.
Die mitbeteiligte Partei erstattete darauf durch ihren Rechtsfreund am 06.02.2017 eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:
„[…..]
Die gegenständliche Bescheidbeschwerde ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachten Gründe liegen nicht vor.
Im Einzelnen wird dazu folgendes ausgeführt.
1.
Aus der Beschwerde der Beschwerdeführerin geht nicht klar und eindeutig hervor, gegen welchen Bescheid diese Beschwerde eingebracht wird. Es wird lediglich von einem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, zugestellt am 05.10.2016, gesprochen.
Notwendiges Merkmal einer ordnungsgemäßen Beschwerde ist allerdings, dass der bekämpfte Bescheid genau zu [be]zeichnen ist. Schon aus diesem Grund ist dieser Beschwerde keine Folge zu geben.
2.
Wenn die Beschwerdeführerin den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29.09.2016 meint, mit dem ein von der Beschwerdeführerin gestellter Unterbrechungsantrag zurückgewiesen wurde, so ist die Zurückweisung zurecht erfolgt.
Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, ist für die Beschwerdelegitimation Parteistellung gemäß § 8 AVG erforderlich.
Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin ist allerdings nicht gegeben.
Dies ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, weil alleine der Verweis auf § 8 AVG und § 42 Abs. 2 Wiener Naturschutzgesetz sowie auf Art. 9 Abs. 3 der Aarhus Konvention nicht ausreicht.
In Art. 9 Abs. 3 dieser Konvention ist lediglich festgehalten, dass jede Vertragspartei sicher zu stellen hat, dass der dort angeführte Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren gegeben ist. Das bedarf einer entsprechenden innerstaatlichen Umsetzung.
Diese Konvention ist daher nicht direkt anwendbar.
Eine direkte Anwendbarkeit ist auch alleine aus dem Umstand, dass die EU beigetreten ist, nicht gegeben.
Nicht einmal die Beschwerdeführerin führt eine innerstaatliche Regelung an, in der ihr Parteistellung in diesem Verfahren zugewiesen ist.
Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin ist daher nicht gegeben.
3.
Des weiteren ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Verfahren, in dem der Bescheid vom 29.09.2016, der hier offenbar mit der gegenständlichen Beschwerde angefochten werden soll, erlassen wurde, um ein Bauverfahren handelt und kein naturschutzrechtliches Verfahren und auch kein Umweltverfahren, sodass auch aus diesem Grund die gegenständliche Konvention irrelevant ist und keine Anspruchstellung welcher Art immer der Beschwerdeführerin auslösen kann.
4.
Im Verfahren, in dem der offenbar hier angefochtene Bescheid vom 29.09.2016 erlassen wurde, geht es um die beantragte Bewilligung der baulichen Herstellung und Errichtung einer Anstalt und somit um eine Baubewilligung. Hier sind naturschutzrechtliche Vorschriften nicht Gegenstand, zumal es ein eigenes naturschutzrechtliches Verfahren gibt.
Demnach ist auch diese von der Beschwerdeführerin angeführte Begründung nicht stichhaltig und geht ins Leere.
5.
Die von der Beschwerdeführerin angeführte Präjudizialität liegt ebenfalls nicht vor. Für die Baubewilligung ist das naturschutzrechtliche Verfahren in keinster Weise präjudiziell. Das sind zwei separate Verfahren.
Das ändert nichts daran, dass für die Verwirklichung des Bauvorhabens naturgemäß auch die naturschutzrechtliche Bewilligung in rechtskräftiger Form vorliegen muss. Das aber wiederum zeigt, dass hier keine Präjudizialität gegeben ist.
Unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin weder in diesem noch im naturschutzrechtlichen Verfahren Parteistellung hat, sind natürlich naturschutzrechtliche Fragen im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren zu prüfen und nicht in diesem Verfahren betreffend die Baubewilligung.
6.
Die unter 4.2. der Beschwerde getätigten Ausführungen sind nicht nachvollziehbar und unrichtig. Die dort vorgenommene „Interpretation“ des Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention ist unrichtig und unzulässig.
Im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren sind Fragen der Parteistellung den entsprechenden Regelungen der Bauordnung für Wien zu entnehmen. Gemäß § 134 Abs. 3 BO Wien kommt demnach ohne jeden Zweifel der Beschwerdeführerin keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zu.
[….]“
Beantragt wurde von der mitbeteiligten Partei sodann, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Vorab ist auf den Einwand der Bauwerberin und mitbeteiligten Partei einzugehen, der Beschwerdeführer habe den bekämpften Bescheid nicht eindeutig bezeichnet. Abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass dem Verwaltungsverfahren ein übertriebener Formalismus fremd ist, und auf diese Rechtsansicht nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichts Wien über die gemäß § 17 VwGVG auf das AVG gemachte Verweisung zumindest analog auch im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Bedacht zu nehmen sein wird, ist doch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auf der vordersten Seite seines Schriftsatzes unter dem Datum die Geschäftszahl der belangten Behörde anführt, und gemeinsam mit dem auch in der Beschwerde genannten Datum des bekämpften Bescheides und dem Beschwerdevorbringen selbst, für das erkennende Gericht hinreichend deutlich ist, auf welchen Bescheid sich die Beschwerde bezieht.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist die Prüfung der Frage, ob die belangte Behörde zu Recht den Unterbrechungsantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers zurückgewiesen hat oder nicht.
Das Recht in einem Verwaltungsverfahren Anträge – sohin auch einen Unterbrechungsantrag gemäß § 38 AVG – zu stellen, ist zweifelsfrei ein Parteienrecht und setzt sohin eine Parteistellung des Antragstellers voraus.
Die Frage, wer Parteistellung in dem jeweiligen Verwaltungsverfahren besitzt, ist nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund der jeweiligen materiellen Verwaltungsvorschrift zu beantworten (vgl. hierzu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, S. 142 und die dort zitierte Rspr).
Materielle Verwaltungsvorschrift ist im gegenständlichen Fall zweifelsfrei die Bauordnung für Wien (BO).
Einschlägige Rechtsnorm, die die Parteistellung im Verwaltungsverfahren nach der Bauordnung für Wien regelt, ist § 134 BO. Dessen Abs. 3 regelt, dass im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes außer dem Antragsteller (Bauwerber), die Eigentümer (Miteigentümer) der von der Bauführung berührten Liegenschaft sowie die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften – wenn sie rechtzeitig zulässige Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben – Parteien des Verwaltungsverfahrens sind.
Diesem in der Bauordnung für Wien umschriebenen Personenkreis kommt sohin prinzipiell Parteistellung und damit alle Parteienrechte im Verwaltungsverfahren nach der Bauordnung für Wien zu.
Was unter „benachbarten Liegenschaften“ zu verstehen ist, regelt ebenfalls § 134 Abs. 3 BO, wobei es an dieser Stelle ausreicht, auf die in dieser Bestimmung im Einzelnen geregelten Kriterien der räumlichen Nahebeziehung bloß hinzuweisen, weil unbestritten feststeht, dass der A. als Antragsteller kein Eigentümer (Miteigentümer) von Liegenschaften ist, die in einer der von § 134 Abs. 3 BO geregelten räumlichen Nahebeziehung, zu der von der Bauführung berührten Liegenschaft stehen.
Tatsächlich ist der A. als Antragsteller weder Eigentümer (Miteigentümer) irgendeiner benachbarten Liegenschaft, noch hat er überhaupt am gegenständlichen Ort irgendein Grundeigentum oder Miteigentum. Es fehlt daher schon an der allerersten Voraussetzung für die Erlangung einer Parteistellung gemäß § 134 Abs. 3 BO.
Rechtlich folgt daraus, dass die belangte Behörde dies im angefochtenen Bescheid rechtsrichtig erkannt und gelöst hat und hier entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht auch keine inhaltliche Rechtswidrigkeit vorliegt.
Der A. als Beschwerdeführer stützt sich in der Folge auf Art 9 Abs. 3 Aarhus Konvention, um seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren interpretativ zu legitimieren.
Zutreffend an diesem Vorbringen ist lediglich, dass der A. eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 ist und in der Liste der anerkannten Umweltorganisationen beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geführt wird.
Damit ist jedoch für das gegenständliche Verfahren nichts gewonnen, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30.06.2016, Ro 2014/07/0028, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 08.03.2011, C-240/09, ausgeführt hat, dass Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention keine unmittelbare Wirkung zukommt, weil diese Bestimmung keine klare und präzise Verpflichtung enthält, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte und sohin eine Parteistellung in einem naturschutzrechtlichen Verfahren (ein solches lag der zitierten VwGH Entscheidung zugrunde) aus Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention unmittelbar nicht abgeleitet werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis weiters ausgesprochen, dass eine Umweltorganisation unter Verweis allein auf Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention aus dem Unionsrecht keine Parteistellung ableiten kann.
Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.07.2016, Ro 2014/06/0008 für den Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung noch bekräftigt, als er dort ausführte, dass ein Recht einer Umweltorganisation auf Teilnahme am Feststellungsverfahren als Partei sich weder aus der Aarhus-Konvention (unter Hinweis auf das Urteil des EuGH 15.07.2010, Rs C-240/09) noch aus der UVP-RL oder der Öffentlichkeitsbeteiligungs-RL (unter Hinweis auf VwGH 27.04.2012, 2009/02/0239) ergibt.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung folgt für den gegenständlichen Beschwerdefall, dass eine Parteistellung aus einer allenfalls unmittelbaren Anwendung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention jedenfalls ausscheidet, aber auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Interpretation im Lichte des EU-Rechtes gerade vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgerichtshof ins Treffen geführten Rechtsprechung des EuGH keinen Bestand haben und hinsichtlich der begehrten Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nach der Bauordnung für Wien den Beschwerdeführer auch nicht zum Erfolg führen kann.
Daran ändert auch der Verweis auf § 40 Abs. 2 Wiener Naturschutzgesetz nichts, weil diese Bestimmung nur auf „Bescheide, die auf Grund dieses Gesetzes“ – des Wiener Naturschutzgesetzes nämlich – ergangen sind, abstellt und daraus nichts für eine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nach der Bauordnung für Wien abzuleiten ist.
Die Zurückweisung des Unterbrechungsantrages gemäß § 38 AVG durch die belangte Behörde ist daher auch vor diesem Hintergrund im Ergebnis rechtsrichtig erfolgt.
Dem vom Beschwerdeführer angeführten effet utile wird nach Ansicht des erkennenden Verwaltungsgerichtes im Übrigen durch eine Parteistellung der Umweltanwaltschaft gemäß § 6 Abs. 1 Wiener Umweltschutzgesetz und deren Teilnahmerechte entsprochen.
Selbst wenn aber dem Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren ein Antragsrecht zustehen würde, wäre der Unterbrechungsantrag gemäß § 38 AVG inhaltlich unbegründet gewesen, da entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG vorliegt.
Wie schon die belangte Behörde in der Begründung ihres zurückweisenden Bescheides ausgeführt hat, ist gegenständlich das Kumulationsprinzip zu beachten: Bedarf es zur Verwirklichung eines Vorhabens der Bewilligung verschiedener Behörden, so ist es Sache des Antragstellers, diese Bewilligungen im jeweiligen Verfahren zu erwirken (vgl. etwa VwGH 29.09.1993, Zl. 92/03/0220). Eine "Vorfragenkonstellation" besteht jedoch nicht im Verhältnis zwischen Verfahren, in denen lediglich über denselben Sachverhalt unter verschiedenen Gesichtspunkten abzusprechen ist. Keine Vorfrage liegt daher vor, wenn - entsprechend dem Kumulationsprinzip - für ein Vorhaben mehrere Bewilligungen verschiedener Behörden erforderlich sind. Diesfalls haben verschiedene Behörden unabhängig voneinander über unterschiedliche Hauptfragen zu entscheiden (VwGH 19.12.2013, Zl. 2011/03/0160).
Genau diese Fallgestaltung nach dem Kumulationsprinzip liegt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor – die Bauwerberin und mitbeteiligte Partei ist gehalten für ihr Projekt sowohl eine Baubewilligung als auch eine naturschutzrechtliche Bewilligung einzuholen, was dazu führt, dass über denselben Sachverhalt unter verschiedenen Gesichtspunkten von verschiedenen Behörden über jeweils unterschiedliche Hauptfragen abzusprechen ist.
Eine Unterbrechung des Baubewilligungsverfahrens gemäß § 38 AVG hatte daher mangels präjudizieller Vorfragen nicht stattzufinden.
Soweit schließlich in der Beschwerde vorgebracht wird, dass „das gesamte Bauverfahren, auf welches sich die Antragstellung bezieht, ja auch und vor allem die Bebauungsphase selbst inkludiere“, so verkennt dieses Vorbringen das Wesen eines Baubewilligungsverfahrens, das regelmäßig mit der Erteilung, allenfalls Versagung des eingereichten Projekts endet, jedoch den technischen Vorgang der Bauausführung nicht mehr zum Gegenstand hat. Für diese – vom Beschwerdeführer „Bebauungsphase“ genannte – Ausführungsphase geht ein Unterbrechungsantrag nach § 38 AVG daher notwendigerweise ins Leere.
Vielmehr muss ein solcher Unterbrechungsantrag für die vom Beschwerdeführer genannte „Bebauungsphase selbst“ gar nicht gestellt werden, weil auch hier das bereits erwähnte Kumulationsprinzip eingreift und eine Maßnahme (z.B. Bauführung) nur dann zulässig ist, wenn alle dafür geltenden Rechtsnormen (z.B. Baurecht, Gewerberecht, Zivilrecht) eingehalten werden, wobei aber grundsätzlich jede Behörde nur die für ihr Verfahren maßgebenden Bestimmungen zu vollziehen hat (VwGH 24.04.2007, Zl. 2004/05/0285).
Erlangt die Bauwerberin und mitbeteiligte Partei, aus welchen Gründen auch immer, letztlich keine rechtskräftige naturschutzrechtliche Bewilligung, so kann es, um mit den Worten des Beschwerdeführers zu sprechen, zu keiner Bebauungsphase kommen, weil ein Baubeginn dann mangels einer der erforderlichen Bewilligungen nicht gesetzt werden kann, sodass auch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sich die Frage des Zuwartens mit der faktischen Bebauungsphase (der Bauausführung) gar nicht stellen kann.
Sohin erweist sich auch diese Argumentation zur Begründung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG als verfehlt, wie sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus nachfolgenden Erwägungen abgesehen werden:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „hoch-technische“ Fragen („exclusively legal or highly technical questions“) betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten („rather technical nature of disputes“) auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.
Diese Grundsätze gelten auch in Ansehung des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, da zur Auslegung dieser Bestimmung die vom EGMR erarbeiteten Grundsätze zu Art. 6 Abs. 1 EMRK heranzuziehen sind.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier aufgrund der Aktenlage des Verwaltungsaktes geklärt. Zu lösen waren hier gegenständlich auch keine Tat- oder Beweiswürdigungsfragen, sondern reine Rechtsfragen zu Parteistellung und Antragslegitimation und Wesen einer Vorfrage gemäß § 38 AVG, sodass zur Lösung dieser in der vorliegenden Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG getroffen werden.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu beurteilen war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Fragen der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren wie auch zu § 38 AVG. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenso liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Vielmehr sind die vorliegenden Rechtsfragen durch Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt.
Schlagworte
Parteistellung; Baubewilligungsverfahren; Unterbrechung; Vorfrage; Kumulationsprinzip; Aarhus Konvention; UnionsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.111.V.026.13993.2016Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020