TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/11 LVwG-2019/41/2363-3

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Entscheidungsdatum

11.12.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch die BB AG, diese wiederum vertreten durch RA Dr. CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 07.10.2019, Zl ***, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Akteneinsicht,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Mit E-Mail vom 15.04.2019 übermittelte die Polizeiinspektion Y der Bezirkshauptmannschaft Z den Bericht vom 13.04.2019, GZ ***, betreffend eines Brandereignisses vom 12.04.2019 in X, Adresse 2 (DD: Brandereignis). Mit E-Mail vom 16.04.2017 übermittelte die PI Y zusätzlich eine Lichtbildbeilage, weitere Unterlagen wurden in der Folge nicht mehr vorgelegt.

Mit Schreiben vom 24.09.2019 ersuchte die BB AG die Bezirkshauptmannschaft Z betreffend den Versicherungsnehmer AA, Adresse 2, X (Beteiligte: DD) betreffend des oben genannten Brandereignisses (Feuerschadens) unter Anschluss der der Versicherungsanstalt vorliegenden Unterlagen (Schadenmeldung, Vollmacht) um Übermittlung einer vollständigen Abschrift oder Fotokopie des Protokolls (auch eines allfälligen Verwaltungsstrafaktes) unter Bekanntgabe der Kosten. Nach der beigeschlossenen Schadenmeldung vom 13.04.2019 ermächtigt der Versicherungsnehmer AA die BB AG, Erhebungen durchzuführen, Auskünfte bei Personen und bei Polizei, Gerichten und Verwaltungsbehörden einzuholen, Einsicht in die Akten zu nehmen sowie Abschriften oder Auszüge daraus anzufertigen.

Mit E-Mail vom 30.09.2019 ersuchte RA Dr. CC die Bezirkshauptmannschaft Z im Auftrag der BB AG, welche ihrerseits durch AA zur Akteneinsicht auch bei Verwaltungsbehörden ermächtigt ist, um Gewährung von Akteneinsicht in der im Betreff genannten Angelegenheit, konkret um Bereitstellung des Aktes zur persönlichen Abholung bzw Anfertigung von Ablichtungen oder Gewährung von elektronischer Akteneinsicht in Bezug auf:

?    Erhebungen/Niederschriften der PI Y (mW zu GZ ***)

?    Gutachten betreffend den Brandschaden

?    Sonstige Aktenbestandteile zu dem Brandschaden

?    Etwaige im Zusammenhang mit dem Brandschaden laufende (oder eingestellte) Verwaltungsstrafverfahren.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 07.10.2019, Zl ***, wurde das von RA Dr. CC gestellte Ansuchen um Akteneinsicht bezüglich des Vorfalls der Familie AA/DD vom 12.04.2019 gemäß § 17 AVG iVm § 56 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, das sich aus den Bestimmungen des § 17 und des § 8 AVG ergebe, dass das Recht auf Akteneinsicht allen an einem Verfahren beteiligten Parteien zusteht. Daraus ergebe sich wiederum, dass kein Recht auf Akteneinsicht in jenen Fällen bestehe, in denen bei der Behörde kein Verfahren anhängig sei. Hinsichtlich des Vorfalls der Familie AA/DD vom 12.04.2019 in X, Adresse 2, sei bei der Bezirkshauptmannschaft Z jedoch weder ein verwaltungsrechtliches noch ein verwaltungsstrafrechtliches Verfahren anhängig, weshalb für das gegenständliche Ansuchen keine Rechtsgrundlage existiere und der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung wurde von AA, vertreten durch die BB AG, diese wiederum vertreten durch RA Dr. CC, fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und die Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit, insbesondere wegen Vorliegens von Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung in vollem Umfang bekämpft. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Hauseigentümer und (potentieller) Adressat hoheitlichen Handelns (zB wegen eines sicherheitspolizeilichen Vorgehens gegen den Beschwerdeführer) zur Akteneinsicht berechtigt sei. Die BB AG sei als Sachversicherung in Bezug auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers zur Akteneinsicht berechtigt, weil dieser ein rechtliches Interesse an dem Verwaltungshandeln zukomme. Die angefochtene Entscheidung sei mit Begründungsmängeln behaftet. Hätte die belangte Behörde umfassende Feststellungen (auf Basis einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung) zum vorliegenden Verwaltungshandeln getroffen, so hätte sich gezeigt, dass konkret sehr wohl ein „behördliches Verfahren“ iSd Art I Abs 2 Z 1 EGVG vorgelegen und das Einschreiten der Polizei sehr wohl als individueller Verwaltungsakt der Hoheitsverwaltung zu sehen sei. Es sei auch nicht auszuschließen gewesen, dass in weiterer Folge eine Bescheiderlassung durch die belangte Behörde erfolgen könnte, zumal die Polizei offenbar nicht im Auftrag der Strafrechtspflege eingeschritten sei. Die durch die belangte Behörde zugrunde gelegte Auslegung des § 17 AVG iVm Art I Abs 2 Z 1 EGVG verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren. Auch in Verfahren, welche nicht auf eine Bescheiderlassung abzielen, komme den Rechtsunterworfenen ein maßgebliches Interesse auf Akteneinsicht zu. Gerade der hier vorliegende Fall zeige, dass ein rechtliches Interesse am Erhalt des Polizeiaktes bestehe. Es könnten darin etwa für den Beschwerdeführer wesentliche Aussagen über die Brandursache (vgl § 33 Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998) enthalten sein, zu denken wäre auch an die für den Beschwerdeführer nicht abschätzbare Möglichkeit eines Betretungsverbotes nach § 47 TBO wegen eines Baugebrechens. Auch in diesem Fall wäre potentiell bei der belangten Behörde kein Bescheid zu erlassen, bei der Baubehörde hingegen schon.

Vom Vorgehen der belangten Behörde sei schließlich auch das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) betroffen. Eine Argumentation, wonach im konkreten Fall kein behördliches Verfahren vorliegen würde, müsse daher zur Unzulässigkeit der Datenverarbeitung führen. Durch Ablehnung der Akteneinsicht und die mangelnde Information über die Datenerhebungen werde damit auch in das Grundrecht auf Datenschutz unzulässig eingegriffen.

Selbst wenn die belangte Behörde im konkreten Fall das Akteneinsichtsrecht nach § 17 AVG zu Recht ablehnen würde, unterliege die belangte Behörde jedenfalls der Auskunftspflicht nach Art 20 Abs 4 B-VG iVm dem Auskunftspflichtgesetz.

Es wurden die Anträge gestellt, das Landesverwaltungsgericht möge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Akteneinsicht vollinhaltlich stattgegeben und die Akteneinsicht durch die belangte Behörde ermöglicht wird, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Z zurückverweisen.

Darüber hinaus wurde vom Beschwerdeführer die Anregung auf Ausstellung eines Antrages an den VfGH zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der präjudiziellen Norm des Art 1 Abs 2 Z 1 EGVG bzw des § 17 AVG gemäß Art 135 Abs 4 iVm Art 89 B-VG erstattet.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 20.11.2019, Zl LVwG-2019/41/2363-6, wurde der für die BB AG einschreitende RA Dr. CC darauf hingewiesen, dass eine fernmündliche Rücksprache bei Frau EE, Bezirkshauptmannschaft Z, durch das Landesverwaltungsgericht ergeben habe, dass der zur Akteneinsicht erbetene Polizeibericht vom 13.04.2019 von der Bezirkshauptmannschaft Z lediglich entgegengenommen und ohne Einleitung irgendeines behördlichen Verfahrens in weiterer Folge abgelegt worden sei. Dem einschreitenden Rechtsvertreter wurde aufgetragen, innerhalb von 14 Tagen dem Landesverwaltungsgericht Tirol mitzuteilen, auf welches konkrete Verwaltungsverfahren sich sein Begehren auf Akteneinsicht bezieht.

Mit Schreiben des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers AA vom 04.12.2019 wurde darauf hingewiesen, dass sich das Einschreiten der Polizeibeamten als ein individueller Verwaltungsakt der Hoheitsverwaltung darstelle. Dem Bericht der Polizeiinspektion Y seien Erhebungen zugrunde gelegt und Lichtbilder angefertigt worden. Zum Handeln der belangten Behörde wurde ausgeführt, dass das einlangende Schriftstück (Bericht der Polizeiinspektion Y) zumindest geprüft worden sei, bevor dieses abgelegt worden sei.

Zum Abschluss dieser Prüfung habe auch für die Bezirkshauptmannschaft Z keineswegs feststehen können, dass hier in weiterer Folge keine Bescheiderlassung erfolgen werde. Die bloße Nichtanlage eines Aktes im Zusammenhang mit behördlich gesetzten Schritten und mit Aktenstücken, welche der Behörde vorliegen, könne nicht dazu führen, dass nur deshalb kein „behördliches Verfahren“ vorliege. Es sei rechtsstaatlich äußerst bedenklich, dass sich die Behörde mit der schlichten Behauptung, dass konkret kein Verfahren geführt werde, von der Verpflichtung, Akteneinsicht zu gewähren, gänzlich befreien könne. Ein Begehren auf Akteneinsicht beziehe sich auf jenes Verwaltungsverfahren, welches mit dem Polizeibericht zu GZ ***, sowie mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z zu Zl ***, im Zusammenhang stehe. Ob die Bezirkshauptmannschaft Z diesem Verwaltungshandeln eine eigene Geschäftszahl zugewiesen habe oder nicht, sei dem Beschwerdeführer (wie generell einiges im Zusammenhang mit diesem „Geheimverfahren“) nicht bekannt. Weder das Bestehen einer eigenen Geschäftszahl bei der jeweiligen Behörde noch die konkrete Angabe dieser (unbekannten) Geschäftszahl durch den Akteneinsichtswerber sei Voraussetzung für das Recht auf Akteneinsicht. Aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde (sowie aus der vorliegenden Mitteilung) gehe hinreichend klar hervor, welches Verfahren (sogar welches Aktenstück) konkret angesprochen sei. Selbst wenn das geführte Verwaltungsverfahren zwischenzeitlich ohne bescheidmäßige Erledigung eingestellt worden sein sollte, stehe dem Beschwerdeführer das Recht auf Akteneinsicht zu, zumal auch den Parteien eines bereits abgeschlossenen Verfahrens Akteneinsicht zu gewähren sei.

Abschließend wurde vom Beschwerdeführer bemerkt, dass es für diesen nicht nachvollziehbar sei, zu welchem Zweck der Polizeibericht der Polizeiinspektion Y erstellt worden sei. Sofern dies nicht für ein behördliches Verfahren erfolgt sei, müsste es zumindest irgendwelchen individuellen Interessen dienen. Wie die belangte Behörde mitgeteilt habe, werde der Polizeibericht gar niemanden (weder dem Beschwerdeführer noch dessen Versicherung und auch nicht sonstigen Personen/Institutionen) ausgehändigt. Das behördliche Einschreiten der Polizei habe daher offenbar einen Selbstzweck dargestellt: es sei ein Bericht geschrieben worden, welcher nicht einem behördlichen Verfahren dienen sollte und welcher auch sonst niemandem zugänglich gemacht werde. Der Bericht sei erstellt worden, um abgelegt zu werden.

II.      Erwägungen:

Nach § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frage, ob jemandem Parteistellung in einem bestimmten Verfahren zukommt, primär nach Maßgabe des anzuwendenden Materiengesetzes, in Ermangelung entsprechender Regelungen nach den Grundsätzen des § 8 AVG zu beurteilen. Als Partei im Sinn des § 8 AVG ist demnach derjenige anzusehen, dessen Rechtssphäre durch die zu treffende Maßnahme unmittelbar berührt wird, wobei Parteistellung auch derjenige genießt, dem das materielle Recht keine Berechtigungen einräumt, sondern Verpflichtungen auferlegt. Maßgebend für die Parteistellung ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift, und weiters, dass darin eine unmittelbare, nicht bloß mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl VwGH vom 27.11.2014, 2013/03/0015, mwN).

Mit der Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren ist das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG verbunden. Dabei handelt es sich um ein subjektives prozessuales Recht, welches aufgrund eines Antrags durch eine Partei des Verfahrens wahrgenommen werden kann (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, S 112, RZ 148f).

Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien gemäß § 17 Abs 1 AVG bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

Akteneinsicht gebührt schon nach dem Wortlaut des § 17 AVG den Parteien in die ihre Sache betreffenden Akten. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung, das betreffende konkrete Verwaltungsverfahren zu bezeichnen, auf das sich das Ersuchen um Akteneinsicht bezieht (vgl dazu etwa Hengstschläger/Leeb AVG², Rz 6/1 zu § 17 AVG).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in seiner Entscheidung vom 17.03.2016, Ro 2014/11/0012 ausgeführt, dass Voraussetzung für die Gestattung von Akteneinsicht nach § 17 AVG ist, dass von der Behörde, der gegenüber Akteneinsicht begehrt wird, ein Verwaltungsverfahren (behördliches Verfahren im Sinne des Art II EGVG) geführt wird bzw geführt wurde, in dem der Akteneinsichtswerber Parteistellung hat. Damit ein Verfahren als „behördliches Verfahren“ im Sinne des Art II EGVG qualifiziert werden kann, in dem von der Verwaltungsbehörde das AVG anzuwenden und gegebenenfalls Akteneinsicht zu gewähren ist, muss es individuelle Verwaltungsakte der Hoheitsverwaltung zum Gegenstand haben bzw „auf Bescheiderlassung zielen“ (vgl auch VwGH vom 24.02.2017, Ra 2016/11/0150).

Das Recht auf Akteneinsicht nach § 17 AVG setzt Parteistellung und damit den Bezug zu einem konkreten, schon anhängigen - oder anhängig gewesenen - Verfahren voraus, in dem "behördliche Aufgaben" iSd Art. I Abs. 1 EGVG 2008 zu besorgen sind; in nicht hoheitlichen Angelegenheiten besteht daher - mangels Anwendbarkeit des AVG - kein auf § 17 AVG zu stützender Anspruch auf Akteneinsicht. Ebenso wenig kommt eine Anwendung der Bestimmungen des § 17 AVG auf bloß faktische Amtshandlungen in Betracht (VwGH vom 17.03.2016, Ro 2014/11/0012).

Dass der Beschwerdeführer als Hauseigentümer und (potentieller) Adressat hoheitlichen Handelns (zB wegen eines allenfalls sicherheitspolizeilichen Vorgehens gegen den Beschwerdeführer oder wegen einer nicht abschätzbaren Möglichkeit eines Betretungsverbotes nach § 47 TBO) zur Akteneinsicht berechtigt wäre, ist sohin aufgrund der aufgezeigten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zutreffend. Vom Beschwerdeführer wurde auch nicht behauptet, dass von einer Behörde ein behördliches Verfahren, beispielsweise nach der Tiroler Feuerpolizeiordnung oder nach der Tiroler Bauordnung, eingeleitet worden wäre, jedenfalls vermochte er kein solches Verfahren zu bezeichnen und hat die belangte Behörde gegenüber dem Landesverwaltungsgericht klargestellt, dass der von der PI Y vorgelegte Bericht kein Verwaltungsverfahren ausgelöst hat. Das protokollierte Einschreiten der Polizeiinspektion Y war keinem behördlichen Verfahren zuzuordnen und ist nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, als individueller Akt der Hoheitsverwaltung zu beurteilen. Ein konkretes behördliches Verfahren wurde dadurch nicht in Gang gesetzt. Auch die übrigen Ausführungen in der Beschwerde lassen sich mit der klaren zit Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Einklang bringen. Dem Art I Abs 2 Z 1 EGVG ist auch kein gleichheitswidriger Inhalt zu unterstellen.

Der Beschwerdeführer hat trotz Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht bekannt geben können, auf welches konkrete Verwaltungsverfahren sich das Begehren auf Akteneinsicht bezieht. Dieser vermochte lediglich den Polizeibericht zu GZ *** sowie den nunmehr in Beschwerde gezogenen Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde zu Zl *** zu bezeichnen. Für das Landesverwaltungsgericht ist auch nicht ersichtlich, welches konkrete, auf Bescheiderlassung zielende Verwaltungsverfahren aufgrund des geschilderten Vorfalls hätte eingeleitet werden sollen bzw welche individuellen Verwaltungsakte der Hoheitsverwaltung hier in Frage stünden. Ein konkretes Verwaltungsverfahren wurde nicht eingeleitet.

Insoweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass die belangte Behörde jedenfalls der Auskunftspflicht nach Art 20 Abs 4 B-VG unterliegt, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Wien zu verweisen, wonach die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht geeignet ist, um eine Akteneinsicht durchzusetzen (VwGH vom 09.09.2015, Zl 2013/04/0021).

Das Speichern personenbezogener Daten der Betroffenen (hier der Familie AA/DD) und damit das vom Beschwerdeführer angesprochene Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) steht der Verweigerung auf Akteneinsicht aufgrund der oben angeführten Judikatur nicht entgegen. Der erstellte Bericht stellt auch keinen Selbstzweck dar und wurde nur erstellt, um abgelegt zu werden. Beispielsweise könnte er in einem später anhängig werdenden Zivilverfahren als Beweismittel benötigt werden.

Schließlich kommt der Anregung des Beschwerdeführers auf Stellung eines Antrages an den VfGH auf Prüfung der Rechtmäßigkeit der präjudiziellen Norm des Art I Abs 2 Z 1 EGVG bzw des § 17 AVG gemäß Art 135 Abs 4 iVm Art 89 B-VG aufgrund der eindeutigen, oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Berechtigung zu, weshalb dieser Anregung seitens des erkennenden Gerichtes nicht entsprochen wird.

Die belangte Behörde hat daher zusammenfassend den Antrag auf Akteneinsicht zu Recht zurückgewiesen.

III.    zum Absehen von einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung:

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß der zu § 24 Abs. 4 VwGVG 2014 ergangenen Rechtsprechung des VwGH (vgl etwa VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026) lassen die Akten dann erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (vgl. E 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007, Ra 2014/09/0008, Ra 2014/09/0023, Ra 2014/09/0035) und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem VwG erforderlich wäre (Hinweis E 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007). Der EGMR lässt eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht zu, wenn das Verfahren nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder nur hochtechnische Fragen betrifft (vgl. E 27. Mai 2015, Ra 2014/12/0021, und E 21. April 2015, Ra 2015/09/0009). Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall zu, sodass die beantragte mündliche Beschwerdeverhandlung entfallen konnte.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

Im vorliegenden Fall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Dazu wird auf die im Erkenntnis zitierte Judikatur verwiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

kein Recht auf Akteneinsicht; kein behördliches Verfahren anhängig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.41.2363.3

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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