TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/13 W104 2180359-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2019
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Entscheidungsdatum

13.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W104 2180359-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, 46 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und wurde am 17.04.2015 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten und festgenommen. Im Zuge dieser Amtshandlung stellte der Beschwerdeführer am 17.04.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.04.2015 gab der Beschwerdeführer an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er sei unverheiratet und am XXXX in der Provinz Maidan Wardak geboren. Zum Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass ihn die Taliban gezwungen hätten, für sie in der Küche als Koch zu arbeiten. Er sei schlecht behandelt worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass er falsch bete, weil er Schiite sei. Der Beschwerdeführer sei daher weggelaufen. Ein paar Tage später sei das Gebiet der Taliban von der Regierung angegriffen worden, wobei mehrere Taliban ums Leben gekommen seien. Die Taliban seien der Meinung gewesen, dass der Beschwerdeführer sie verraten habe. Der Beschwerdeführer sei daher von zu Hause weggelaufen und habe sich beim Bruder seiner Schwägerin versteckt. Nach fünf Tagen habe ihm dieser erzählt, dass das Haus des Beschwerdeführers angegriffen worden sei. Dabei sei der Bruder des Beschwerdeführers gestorben. Der Beschwerdeführer habe daher auch um sein Leben gefürchtet und seine Heimat verlassen.

Aufgrund von Zweifeln an der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers holte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein rechtsmedizinisches Sachverständigengutachten zum Lebensalter des Beschwerdeführers ein. Laut diesem Gutachten vom 19.06.2015 ist das fiktive Geburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX . Mit Verfahrensanordnung vom 06.07.2015 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren wurde.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.06.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Diese Einvernahme wurde am 08.06.2017 um 12:06 Uhr abgebrochen. Am 05.10.2017 wurde die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers fortgesetzt. Der Beschwerdeführer führte vor der belangten Behörde zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass die Taliban zu seiner Familie gekommen seien und seinem Bruder gesagt hätten, dass die Familie eine Person den Taliban geben müsse. Die Taliban hätten daher den Beschwerdeführer mitgenommen und in ein Dorf namens XXXX gebracht, wo der Beschwerdeführer für die Taliban als Koch arbeiten habe müssen. Der Beschwerdeführer sei zwei Tage bei den Taliban gewesen. Am ersten Tag hätten die Taliban zum Beschwerdeführer gesagt, dass er falsch bete. Am zweiten Tag sei er bedroht worden, wenn er weiter bete wie die Schiiten. Die Taliban hätten angefangen, ihm beizubringen, wie man richtig bete. Am dritten Tag sei es dem Beschwerdeführer gelungen zu fliehen und nach Hause zu gehen, wo er sich zwei Tage aufgehalten habe. Am dritten Tag habe ihm sein Bruder mitgeteilt, dass der Stützpunkt der Taliban von der Regierung angegriffen worden sei. Es bestünde die Gefahr, dass die Taliban nach dem Beschwerdeführer suchen und ihn des Verrats verdächtigen könnten. Der Beschwerdeführer müsse sich in Sicherheit bringen. Er sei daher zum Schwager seines Bruders namens XXXX geflohen und dort fünf Tage lang geblieben. Am fünften Tag habe ihm XXXX mitgeteilt, dass die Taliban das Haus der Familie überfallen und seinen Bruder getötet hätten. Am nächsten Tag in der Früh habe der Schwager des Bruders zu ihm gesagt, dass er mitkommen solle. XXXX habe den Beschwerdeführer zu einem LKW gebracht, mit dem der Beschwerdeführer sodann seine Flucht angetreten habe.

Mit Schreiben vom 31.10.2017 legte der Beschwerdeführer ein Deutschzertifikat Niveau A2 vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , zugestellt am 22.11.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, das Fluchtvorbringen sei in keiner Weise nachvollziehbar und völlig unglaubwürdig. Es seien gravierende Ungereimtheiten und Widersprüche in den Schilderungen des Beschwerdeführers festzustellen, weshalb es naheliege, dass das Erzählte nicht tatsächlich erlebt worden sei. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten könne. Eine Neu- bzw. Wiederansiedelung in Afghanistan könne dem Beschwerdeführer in der Hauptstadt Kabul zugemutet werden.

Dagegen richtet sich die am 15.12.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erlassen worden wäre. In dieser Beschwerde wird das Vorbringen zum Fluchtgrund wiederholt, näheres zur prekären Sicherheitslage in Afghanistan (insbesondere zur Sicherheitslage in Kabul sowie zu jener der Hazara) ausgeführt und Vorbringen zur Glaubwürdigkeit des vorgebrachten Fluchtgrundes erstattet. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien nicht vollständig und würden sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen. Dem Beschwerdeführer drohe Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der jungen waffenfähigen bzw. wehrfähigen Männer und aufgrund der ihm unterstellten politischen Gesinnung wegen seines unkooperativen Verhaltens gegenüber den Taliban.

Am 01.02.2018 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht die unterfertigte Wohnsitzbeschränkung betreffend den Beschwerdeführer zur Kenntnis.

Mit Schreiben vom 10.04.2019 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den XXXX an, brachte Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 12.04.2019 mit, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei, und beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie die Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls.

Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts am XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen einer Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat wegen Verfolgung durch die Taliban aufrecht. Weiter legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Integrationsunterlagen sowie eine Stellungnahme seiner Rechtsvertretung zur ethnischen Zugehörigkeit des Beschwerdeführers, seinem Vorbringen in Zusammenhang mit der Ablehnung der Kooperation mit den Taliban sowie zur schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vor.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Bestätigung über Teilnahme am Deutschunterricht von Frau XXXX und Frau XXXX (beide undatiert);

* Zertifikat ÖSD Deutsch A2 "nicht bestanden" vom 18.04.2017;

* Zertifikat ÖSD Deutsch A2 "gut bestanden" vom 17.10.2017;

* Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs des ÖIF vom 22.08.2018;

* Teilnahmebestätigung der XXXX GmbH über Teilnahme am Deutschkurs Niveau B1 vom 26.01.2019;

* Bestätigung der Sport- und Veranstaltungszentren XXXX über Hilfstätigkeiten des Beschwerdeführers vom 24.03.2017;

* Bestätigung des Gemeindeamts XXXX über eine Beschäftigung des Beschwerdeführers vom 26.04.2017;

* Arbeitsbestätigung des Amts der XXXX Landesregierung, Landesfortgarten XXXX betreffend gemeinnützige Arbeiten als Aushilfsarbeiter vom 05.05.2017 sowie vom 05.09.2017;

* Bestätigungen über den freiwilligen Hilfsdienst " XXXX " vom 21.01.2018 sowie vom 11.04.2018;

* Bestätigung der Gemeinde XXXX über gemeinnützige Arbeiten des Beschwerdeführers vom 14.05.2019;

* Arbeitszeitbestätigung der Marktgemeinde XXXX hinsichtlich gemeinnütziger Tätigkeiten vom 16.05.2019;

* Diverse Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl;

* Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht;

* Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Berichte:

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Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation, Stand 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 26.03.2019;

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European Asylum Support Office (EASO): Country Guidance:

Afghanistan, June 2018;

https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf

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European Asylum Support Office (EASO): Country of Origin Information Report: Afghanistan, Individuals targeted by armed actors in the conflict, December 2017;

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports

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European Asylum Support Office (EASO): Bericht Afghanistan Netzwerke (Übersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation), Stand Jänner 2018;

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports

-

Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 31.05.2018;

-

Ecoi.net - European Country of Origin Information Network:

Anfrage-beantwortung zu Afghanistan: Fähigkeit der Taliban, Personen (insbesondere Dolmetscher, die für die US-Armee gearbeitet haben) in ganz Afghanistan aufzuspüren und zu verfolgen (Methoden; Netzwerke), 15.02.2013;

-

Landinfo, Informationszentrum für Herkunftsländer: Afghanistan:

Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne (Arbeitsübersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staaten-dokumentation), 23.8.2017;

https://landinfo.no/asset/3590/1/3590_1.pdf

-

European Asylum Support Office (EASO): Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan - Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen, September 2016;

https://www.easo.europa.eu/information-analysis/country-origin-information/country-reports

-

Landinfo, Informationszentrum für Herkunftsländer: Afghanistan:

Rekrutierung durch die Taliban (Arbeitsübersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation), 29.6.2017; https://landinfo.no/asset/3588/1/3588_1.pdf.

* Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente und Berichte.

2. Feststellungen:

2.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Maidan Wardak geboren. Er besuchte dort sieben Jahre lang die Schule und arbeitete von seiner Kindheit bis zu seiner Ausreise als Landwirt in der Landwirtschaft der Familie.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari, zudem spricht er Deutsch auf dem Niveau A2. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer ist im Wesentlichen gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Die Mutter des Beschwerdeführers, sein Bruder, dessen Ehefrau sowie die vier Kinder des Bruders leben noch im Herkunftsstaat im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Maidan Wardak. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers bereits verstorben ist. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit 17.04.2015, als er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen wurde und seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, durchgehend im Bundesgebiet auf. Er lebt in Österreich von der Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich einige soziale Kontakte geknüpft, an Deutschkursen teilgenommen sowie einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF absolviert. Am 17.10.2017 legte er erfolgreich eine Prüfung aus der Stufe A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen ab. Der Beschwerdeführer arbeitet ehrenamtlich für diverse Gemeinden sowie für das Amt der XXXX Landesregierung (Landesforstgarten XXXX ). Er ist kein Mitglied in einem Verein und geht in seiner Freizeit ins Fitnessstudio oder laufen. Zukünftig möchte der Beschwerdeführer eine Ausbildung zum Installateur machen.

In Österreich leben keine Verwandten oder sonstige wichtige Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des Beschwerdeführers.

2.2. Zu den Fluchtgründen und der Rückkehrsituation des Beschwerdeführers

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung persönlich bedroht oder verfolgt wurde oder eine Verfolgung im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hätte.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Taliban entführt und als Koch rekrutiert wurde. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Taliban das Haus der Familie des Beschwerdeführers überfielen und dessen Bruder töteten. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Taliban den Beschwerdeführer des Verrats beschuldigen. Dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr Übergriffen bzw. Verfolgung durch die Taliban etwa aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung bzw. wegen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der jungen waffenfähigen bzw. wehrfähigen Männer ausgesetzt wäre, ist nicht zu erwarten.

Dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Zwangsrekrutierung oder Übergriffe wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit drohen, ist nicht zu erwarten.

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Maidan Wardak zählt zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv und es kommt zu Zusammenstößen zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. In der Provinz werden groß angelegte militärische Operationen, etwa in Form von Luftangriffen und Bodenoffensiven, durchgeführt.

Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Maidan Wardak droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Hauptstadt Kabul ist von innerstaatlichen Konflikten und insbesondere stark von öffentlichkeitswirksamen Angriffen der Taliban, des Haqqani-Netzwerkes und des IS betroffen. Kabul verzeichnet die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans. Die afghanische Regierung führt regelmäßig Sicherheitsoperationen in der Hauptstadt durch. Im Fall einer Niederlassung in Kabul droht dem Beschwerdeführer die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Provinzen Balkh und Herat gehören zu den friedlichsten Provinzen Afghanistans und sind vom Konflikt relativ wenig betroffen. Insbesondere Balkh gehört zu den stabilsten Provinzen Afghanistans mit im Vergleich zu anderen Provinzen geringen Aktivitäten von Aufständischen. Die Provinz Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen Afghanistans. Sie verzeichnet Aktivitäten von Aufständischen in einigen Distrikten. Die Hauptstadt der Provinz - Herat (Stadt) - ist davon wenig betroffen und steht wie auch Mazar-e Sharif in Balkh unter Regierungskontrolle. Beide Städte verfügen über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.

Die Provinzen Balkh und Herat sind von einer Dürre betroffen. Ernährungssicherheit, Zugang zu Wohnmöglichkeiten, Wasser und medizinische Versorgung sind in Mazar-e Sharif und Herat (Stadt) grundsätzlich gegeben. Die Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat ist hoch und Armut verbreitet.

Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) kann nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

2.3.1. Staatendokumentation (Stand 29.06.2018, außer wenn anders angegeben):

Allgemeine Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die Zahl gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.

3.

Sicherheitslage Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani- Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Folgende öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele wurden im Jahr 2018 registriert (kein Anspruch auf Vollständigkeit).

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

* Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u.a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a,). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

* Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

* Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

* Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

* Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.

3.1.

Wirtschafts- und Sicherheitslage Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts¬und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, [...].

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.

3.5.

Erreichbarkeit

Die Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor für Afghanistan. trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen (TD 5.12.2017). Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet (TD 26.1.2018). Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk zählen zu den Projekten. die systematisch geplant und umgesetzt werden. Dies beinhaltet beispielsweise Entwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs und im Straßenbau (z.B. Vervollständigung der Kabul Ring Road. des Salang-Tunnels. etc.) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 5.12.2017).

Verkehrsunfälle sind in Afghanistan keine Seltenheit; jährlich sterben Hunderte von Menschen bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen im ganzen Land - vor allem durch unbefestigte Straßen. hohe Geschwindigkeiten und Nachlässigkeit der Fahrer während der Fahrt (KT 17.2.2017; vgl. IWPR 26.3.2018). Die Präsenz von Aufständischen sowie Zusammenstöße zwischen letzteren und den Sicherheitskräften entlang einiger Straßenabschnitte gefährden die Sicherheit auf den Straßen. Einige Beispiele dafür sind die Straßenabschnitte Kandahar-Uruzgan (Pajhwok 28.4.2018). Ghazni-Paktika (Reuters 5.5.2018). Kabul-Logar (Tolonews 21.7.2017) und Kunduz-Takhar (Tolonews 12.5.2017).

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie Kabul - Herat und Kabul - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (Tolonews 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o. D.).

Projekte zum Ausbau des Flughafens sollen gemäß der Afghanistans Civil Aviation Authority (ACAA) im Jahr 2018 gestartet werden (Tolonews 18.12.2017).

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (Pajhwok 9.6.2013). Nachdem der Flughafen Mazar-e Sharif derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern. Der im Juni 2017 eröffnete Flugkorridor zwischen Afghanistan und Indien beinhaltet derzeit nur Flüge von Kabul und Kandahar nach Indien; zukünftig sind Frachtflüge von Mazar-e Sharif nach Indien angedacht (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Kam Air - eine private afghanische Fluglinie, führt seit kurzem auch internationale Flüge nach Delhi durch. Diese Flüge werden als nutzbringend für die afghanische Bevölkerung im Norden angesehen - sowohl wirtschaftlich als auch insbesondere für jene, die spezielle medizinische Behandlungen benötigen. Indien (Delhi) ist die fünfte internationale Destination, die vom Flughafen Mazar-e Sharif aus angeflogen wird. Die anderen sind Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien. Die Stadt Herat wird in Zukunft von Kam Air zweimal wöchentlich von Neu¬Delhi aus angeflogen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.

3.35.

Wirtschafts- und Sicherheitslage Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Att

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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