TE Bvwg Beschluss 2019/9/18 W127 2166868-2

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Veröffentlicht am 18.09.2019
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Entscheidungsdatum

18.09.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W127 2166868-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2018 [gemeint wohl: 2019], Zahl 1087822604-190879381, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 rechtmäßig.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der von der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betroffene Fremde ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 16.09.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2019, Zl. 1087822604-151373325/BMI-EAST_WEST, abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.07.2019, GZ W167 2166868-1/18E, abgewiesen.

Als Asylgrund wurde vom Antragsteller, der in Afghanistan geboren wurde und seit seinem vierten Lebensjahr im Iran aufgewachsen ist und dort bis zu seiner Ausreise nach Österreich aufhältig war, angegeben, dass sein Vater Probleme mit seinem Bruder aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten gehabt habe. Einen Glaubensabfall oder eine geplante Konversion zum Christentum hat der Antragsteller nicht angeführt.

2. Am 13.08.2019 brachte der Antragsteller einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab bei der Erstbefragung am selben Tag an, dass sein alter Fluchtgrund aufrecht sei. Er sei aber nun zum Christentum konvertiert und werde daher nach islamischem Recht in Afghanistan getötet.

3. Mit Schreiben vom 19.08.2019 brachte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antragsteller die Länderfeststellungen für Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 04.06.2019) zur Kenntnis.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 19.08.2019 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

5. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 28.08.2019 gab der Antragsteller im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari insbesondere an, er habe am 26.07.2019 seine Religion gewechselt und sei Christ geworden. Er interessiere sich seit dem 26.07.2019 für den christlichen Glauben, da es ihm psychisch schlecht gegangen sei, er habe viel Stress und Angst gehabt, und eine Bekannte habe ihm gesagt, er solle mit ihr in die Kirche gehe, dort werde es ihm besser gehen. Davor habe er keine Zeit gehabt, sich für das Christentum zu interessieren, da er einen Deutschkurs und eine Schule besucht habe und auch keinen fixen Wohnsitz gehabt habe. Er habe zwei- bis dreimal [in Salzburg] die Kirche besucht und gehe auch in Traiskirchen zweimal pro Woche in die Kirche und bete, es gehe ihm jetzt besser. Den islamischen Glauben habe er "komplett" abgelegt, zumal er auch früher kein gläubiger Moslem gewesen sei und auch im Iran die Moschee nicht besucht habe. Er habe nicht gebetet und auch nicht gefastet. Er habe Angst vor dem Krieg. Afghanistan sei ein islamisches Land und dort herrsche Krieg und die Taliban würden im Namen des Islam töten. Im Christentum könnten die Menschen friedlich nebeneinander leben, der Pfarrer bete und spreche schöne Sachen, dass die Menschen in Frieden leben sollten und helfen müssten. Er kenne die Feierlichkeiten und habe die sieben Sakramente und zehn Gebote gelernt. Er wolle einen Taufkurs besuchen und habe man ihm seitens der Pfarre gesagt, dass man sich bei ihm melden werde, wenn es einen Taufkurs in Farsi gebe. Es sei ihm nach der negativen Entscheidung vom Juli 2019 schlecht gegangen. Er habe eine ärztliche Überweisung und ein Medikamentenrezept nicht in Anspruch genommen, da die Besuche in der Kirche auf seine Psyche gut wirken würden. Er habe schon vorher mit Bekannten über die Religion gesprochen, aber es sei nicht sehr interessant für ihn gewesen. Nunmehr habe er hier viel gesehen und gesprochen und sei jetzt mit seinem ganzen Herzen in der Kirche und glaube daran.

Nach der negativen Entscheidung im Juli 2019 habe ihm sein Anwalt empfohlen, einen neuerlichen Antrag zu stellen. Einen Grund dafür habe ihm der Anwalt nicht genannt, lediglich, dass es möglich sei.

Er habe mit seiner Schwester im Iran telefoniert und erzählt, dass er die Religion gewechselt habe. Die Familie habe mit ihm gestritten und ihm gesagt, dass er ungläubig geworden sei.

Zu den übermittelten Länderfeststellungen gab der Rechtsberater keine Stellungnahme ab und sagte der Antragsteller, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren möchte.

Im Anschluss an die Befragung wurde mündlich verkündet, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben werde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des "Vorverfahrens" nicht geändert habe. Der neu vorgebrachte Sachverhalt weise keinen glaubhaften Kern auf. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Es habe sich weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit noch eine schwere psychische Störung, die bei einer Überstellung/Abschiebung nach Afghanistan eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde, ergeben. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag im Wesentlichen unverändert.

Zum Glaubenswechsel führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass es dem Antragsteller zwar nicht abzusprechen sei, dass er seit kurzem begonnen habe, sich in Österreich für den christlichen Glauben zu interessieren und die Kirche zu besuchen. Nach seinen Angaben sei der christliche Glaube aber keineswegs tief in ihm verwurzelt und Bestandteil seiner Identität geworden. Er habe im Rahmen der Ausführungen jedenfalls nicht glaubhaft vermitteln können, dass er eine innere Konversion durchlaufen habe. Des Weiteren habe er nicht glaubhaft dargelegt, dass er zum Islam eine solche Haltung einnehmen würde oder er sich im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner inneren Überzeugung so verhalten würde, dass ihm ein Abfall vom islamischen Glauben unterstellt werden könnte. Er habe zwar angegeben, dass er viele Regeln nicht befolgen würde, jedoch sei daraus keine besonders kritische Haltung gegenüber dem Islam erkennbar.

Es habe sich kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben, weder im Hinblick auf die persönliche Situation des Antragstellers noch im Hinblick auf die allgemeine Lage im Heimatland.

Da alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen würden, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte den Verwaltungsakt mit dem gemäß § 62 Abs. 2 AVG beurkundeten Bescheid vom "28.08.2018" (richtig: 28.08.2019) dem Bundesverwaltungsgericht vor. Der Akt langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung W127 am 30.08.2019 ein, worüber das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG in Kenntnis gesetzt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan, ist die ersten vier Lebensjahre in Afghanistan, Kabul-Stadt, aufgewachsen und hat bis zu seiner Ausreise nach Österreich im Iran gelebt. Er hat im Iran vier Jahre eine afghanische Schule besucht und kann in der Sprache Dari etwas Lesen und Schreiben.

Der Antragsteller ist volljährig, ledig und hat keine Kinder. Im Bundesgebiet besteht hinsichtlich des Antragstellers auch weiterhin kein hinreichend schützenswertes Privatleben und kein Familienleben. Er ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Der Antragsteller ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich. Er ist seit Rechtskraft der Entscheidung vom 01.07.2019 nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt. Beim Antragsteller liegen keine physischen bzw. psychischen Erkrankungen vor, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Der Antragsteller bezieht sich bei seinem nunmehrigen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz auch auf Gründe, über die bereits mit Entscheidung vom 01.07.2019 rechtskräftig abgesprochen wurde. Darüber hinaus erstattete der Antragsteller Vorbringen betreffend eine am 26.07.2019 erfolgte Konversion zum Christentum.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan ernsthafter Schaden droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in die Stadt Herat oder Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lage bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, seiner Herkunft, Schulbildung und Berufserfahrung beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen sowie des aktuellen Asylverfahrens.

Die Feststellungen zur Einreise, zu den Antragstellungen und zum Aufenthalt des Antragstellers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Antragstellers.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zu der aktuellen privaten und familiären Situation des Antragstellers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen in beiden Asylverfahren. Wesentliche Änderungen seit Rechtskraft der Entscheidung vom 01.07.2019 - abgesehen von dem angeblichen Glaubenswechsel - wurden seitens des Antragstellers bis zur Bescheiderlassung nicht behauptet und haben sich dafür auch sonst keine substantiierten Hinweise ergeben.

Die Feststellung der Unbescholtenheit des Antragstellers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Bereits im ersten Asylverfahren wurde dargestellt, dass der Antragsteller mit seinem Vorbringen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte.

Hinsichtlich des nunmehrigen Vorbringens des Glaubenswechsels, der sich beim Antragsteller seit der negativen Entscheidung vom Juli 2019 ergeben habe, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht darauf verwiesen, dass die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers keine gefestigte innere Abkehr vom Islam hervorgebracht haben. Auch wenn es in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum nicht auf eine bereits erfolgte Taufe ankommt, so müssen sich dennoch Anhaltspunkte für einen inneren Entschluss für einen Glaubenswechsel bzw. eine innere diesbezügliche Überzeugung ergeben. Abgesehen von der im gegenständlichen Fall vorliegenden zeitlichen Komponente - der Antragsteller beschäftigt sich intensiver mit einem Glaubenswechsel bzw. mit dem Christentum erst seit Juli 2019, also 1,5 Monaten - ist es dem Antragsteller nicht gelungen, eine verfestigte christliche Überzeugung bzw. eine Ablehnung des Islam glaubhaft zu machen. Der Antragsteller besucht seit 26.07.2019 einen einjährigen Tauf-Vorbereitungsunterricht und hat erst begonnen, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen. Weder der angegebene Grund für die ersten Kirchenbesuche im Juli 2019 (damit es ihm psychisch besser gehe) noch die Antworten auf die Frage, wie sich für den Antragsteller der Islam vom Christentum unterscheide ("Der Unterschied ist, dass in islamischen Ländern Krieg herrscht. Hier leben die Menschen in Ruhe. Laut Islam werden alle Religionen nicht akzeptiert, die anderen werden als Ungläubige bezeichnet und müssen getötet werden. [...] Ich habe gelesen und gehört, sobald man in Jesus Christus Glaube findet, werden alle Sünden vergeben und man wird rein von Sünden."), sind geeignet, eine auf innerer Überzeugung basierende Hinwendung zum Christentum nachvollziehbar darzutun. Den vorgelegten Schreiben eines r.k. Pfarrers i.R. vom 27.07.2019 und eines Pfarrmoderators vom 27.08.2019 ist im Wesentlichen lediglich ein Interesse des Antragstellers am Christentum, eine Teilnahme an Gottesdiensten und ein Beginn der Taufvorbereitung zu entnehmen. Für eine auf innerer Überzeugung gründende Ablehnung islamischer Glaubensinhalte sind im Verfahren des Antragstellers ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen und ist insbesondere nicht zu erkennen, dass der Antragsteller eine allfällige kritische Haltung gegenüber dem Islam nach außen vertreten würde. In der Gesamtschau hat sich vielmehr der Eindruck ergeben, dass der Antragsteller mit seinem neuen Vorbringen lediglich seinen Aufenthalt in Österreich verlängern will. Vor diesem Hintergrund waren auch für einen Glaubensabfall des Antragstellers, der über ein bloßes Unterbleiben religiöser Handlungen hinausgeht, keine hinreichenden Anhaltspunkte zu erkennen.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller in Afghanistan eine Konversion zum Christentum bzw. Apostasie unterstellt würde, selbst wenn seine Familienangehörigen im Iran Kenntnis davon haben. Eine Person wird in Afghanistan nicht notwendigerweise als nichtgläubig angesehen, wenn sie nicht an religiösen Handlungen im öffentlichen Raum teilnimmt, da es auch viele Muslime gibt, die nicht regelmäßig die Moschee besuchen. Da der Antragsteller sohin einen auf innerer Überzeugung beruhenden Glaubenswechsel nicht nachvollziehbar darzulegen vermochte, ist insbesondere bei einer Rückkehr in eine afghanische Großstadt auch im Falle des (weitgehenden) Unterbleibens religiöser Betätigung nicht von drohenden Übergriffen auszugehen.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Antragstellers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrunde liegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert am 04.06.2019, sowie in den EASO-Bericht "Country Guidance:

Afghanistan" vom Juni 2019 überzeugen konnte. Auch ist der Antragsteller den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall somit verneint werden. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar.

Auch wenn das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner mündlich verkündeten Entscheidung keine konkreten Ausführungen zu den Rückkehrmöglichkeiten festgehalten hat, so ist dennoch darauf zu verweisen, dass die letzte rechtskräftige Entscheidung, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.07.2019, erst 1,5 Monate zurückliegt und sich mangels zwischenzeitlicher Änderung der Sach- und Rechtslage in Afghanistan auch zu den diesbezüglichen Äußerungen keine Änderungen ergeben haben.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass Herat und Mazar-e Sharif für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, noch immer hinreichend sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Städte sind. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über diese Städte auch der Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung sowie zu Erwerbsmöglichkeiten ist jeweils noch in ausreichendem Umfang gewährleistet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

Zu A)

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde im vorliegenden Fall ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde befragt und wurde ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnung wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 12a Abs. 6 erster Satz AsylG 2005 bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn, es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

§ 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor, der Antragsteller hat das Bundesgebiet seither nicht verlassen.

Wie bereits oben dargestellt hat der Antragsteller keinen neuen glaubhaften asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht und konnte auch sonst kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt festgestellt werden.

Auch die für den Antragsteller hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiären Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.07.2019 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substantiiert behauptet.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Artikel 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Antragsteller im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden bzw. glaubhaft vorgebracht worden. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Artikel 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, entschiedene Sache, faktischer
Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W127.2166868.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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