TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/22 G302 2101289-1

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Veröffentlicht am 22.10.2019
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Entscheidungsdatum

22.10.2019

Norm

ASVG §410
AVG §69
AVG §70
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G302 2101289-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch die XXXX, in XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt - Landesstelle XXXX vom 10.11.2014, GZ: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird fortgesetzt.

II. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt - Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde oder PVA) vom 10.11.2014, GZ: XXXX, wurde das Verfahren über den Anspruch auf Alterspension von Frau XXXX, geb. am XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz BF) wiederaufgenommen und der Bescheid vom 15.01.2014 hinsichtlich der Pensionshöhe aufgehoben (Spruchpunkt 1.).

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen dahingehend, dass seitens der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: GKK) berichtigte Beitragsgrundlagen bekanntgegeben wurden.

Dagegen erhob der Vertreter der BF fristgerecht Beschwerde.

Die belangte Behörde legte am 20.02.2015 den Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vor. Dieser wurde am selbigen Tag der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin bezieht von der PVA seit 01.01.2014 eine Alterspension.

Mit Meldungen des Hauptverbandes vom 14.07.2014, 15.07.2014 und 24.10.2014 erlangte die PVA Kenntnis, dass sich die Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen der BF in den Jahren 2009 bis 2011 geändert haben.

Auf Nachfrage bei der GKK wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass bei der Überprüfung der ehemaligen Dienstgeberin der Beschwerdeführerin, der XXXX(im Folgenden: SL), die "echte" Dienstnehmereigenschaft für Nachhilfelehrer in den Jahren 2009 bis 2011 festgestellt wurde. Dabei wurde auch die Beschwerdeführerin von einer freien Dienstnehmerin auf eine "echte" Dienstnehmerin umgestellt und die erhobenen Versicherungsdaten im Zuge des Prüfungsabschlusses im Juli 2014 verarbeitet.

Die SL erhob gegen den Bescheid der GKK vom 30.01.2015, GZ XXXX, betreffend der Umstellung der Dienstnehmereigenschaft von Nachhilfelehrern Beschwerde an das BVwG (Zahl XXXX). Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde am 11.08.2016 bis zum Abschluss des unter der Zahl XXXX geführten Verfahrens ausgesetzt.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 22.10.2019, Zl. XXXX, wurde festgestellt, dass die Umstellung der BF von einer freien Dienstnehmerin auf eine "echte" Dienstnehmerin zu Recht erfolgt ist.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsaktes.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

3.2. § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1991), BGBl. Nr. 51/1991, normiert zur Frage der Beurteilung von Vorfragen nachstehendes:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung dem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hatte sich das BVwG mit der als Vorfrage zu qualifizierenden Frage auseinander zu setzen, ob die BF bei der SL als freie Dienstnehmerin oder als "echte" Dienstnehmerin beschäftigt war. Im Verfahren Zahl XXXX wurde festgestellt, dass die Umstellung auf eine "echte" Dienstnehmerin zu Recht erfolgt ist.

Die Vorfrage des gegenständlichen Verfahrens wurde somit geklärt und ist dieses somit fortzusetzen.

3.3. Die §§ 69 und 70 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1991), BGBl. Nr. 51/1991, normieren zur Frage der Wiederaufnahme nachstehendes:

"§ 69 (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

§ 70 (1) In dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist, sofern nicht schon auf Grund der vorliegenden Akten ein neuer Bescheid erlassen werden kann, auszusprechen, inwieweit und in welcher Instanz das Verfahren wiederaufzunehmen ist.

(2) Frühere Erhebungen und Beweisaufnahmen, die durch die Wiederaufnahmsgründe nicht betroffen werden, sind keinesfalls zu wiederholen.

(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 33/2013)."

Dazu wird ausgeführt, dass gemäß § 69 Abs. 1 Z 3 AVG dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben ist, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid von Vorfragen (§38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hierfür zuständigen Behörde in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde. Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 3 AVG auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.11.2014 und somit innerhalb von drei Jahren wurde das Verfahren über den Anspruch auf Alterspension wiederaufgenommen und der Bescheid vom 15.01.2014 hinsichtlich der Pensionshöhe aufgehoben.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 15.01.2014 war von der Vorfrage der Dienstnehmereigenschaft abhängig. Über diese Vorfrage wurde nachträglich von der GKK (zuständige Behörde) in wesentlichen Punkten anders entschieden.

Wie oben schon ausgeführt, wurde die BF von der GKK von einer freien Dienstnehmerin auf eine "echte" Dienstnehmerin umgestellt. Vom BVwG wurde im Verfahren Zahl XXXX festgestellt, dass die Umstellung zu Recht erfolgt ist.

Aufgrund der nunmehr geänderten Beitragsgrundlagen ergab sich eine Änderung hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und wurde das Pensionsverfahren gemäß § 69 und §70 AVG zu Recht wiederaufgenommen.

Ergänzend wird noch angemerkt, dass Streitigkeiten über die Pensionshöhe (Spruchpunkt 2.) dem Leistungsrecht zuzuordnen sind. Diesbezüglich ist das Arbeits- und Sozialgericht zuständig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Alterspension, Bemessungsgrundlage, Dienstnehmereigenschaft,
Vorfrage, Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G302.2101289.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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