TE Bvwg Beschluss 2019/10/28 W139 2224493-2

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Veröffentlicht am 28.10.2019
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Entscheidungsdatum

28.10.2019

Norm

BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W139 2224493-1/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über die Anträge der XXXX , vertreten durch Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend die Vergabe von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland durch die Auftraggeberin Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH, Austria Campus 2, Jakov-Lind-Straße 2, Stiege 2, 1020 Wien, zuständige Behörde gemäß Art 2 lit b PSO-VO Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Radetzkystraße 2, 1030 Wien, beide vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien:

A)

Die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge

"eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer von 12 Monaten untersagt wird, den Zuschlag im Direktvergabeverfahren betreffend die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland hinsichtlich der in der Linientaktkarte ‚Fahrplan 2029+' der Vorinformation vom 4.12.2018 farbig dargestellten Linien auf der Grundlage der Vorinformation vom 4.12.2018 für einen Leistungszeitraumes von länger als zwei Jahren ohne neuerliche Vorinformation oder Berichtigung und vor Ablauf der Ein-Jahresfrist gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO zu erteilen;

-

eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer von 12 Monaten untersagt wird, mit der XXXX einen Vertrag über die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend die in der Linientaktkarte ‚Fahrplan 2029+' der Vorinformation vom 4.12.2018 farbig dargestellten Linien auf der Grundlage der Vorinformation vom 4.12.2018 über eine Laufzeit länger als zwei Jahre ab Zustellung der einstweiligen Verfügung abzuschließen;

-

eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer von 12 Monaten untersagt wird, mit der XXXX einen Vertrag über die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend die in der Linientaktkarte ‚Fahrplan 2029+' der Vorinformation vom 4.12.2018 farbig dargestellten Linien auf der Grundlage der Vorinformation vom 4.12.2018 ohne neuerliche Vorinformation oder Berichtigung und vor Ablauf der Ein-Jahresfrist gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO für einen Leistungszeitraum von länger als zwei Jahren abzuschließen;

werden abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Am 04.12.2018 wurde im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, 2018/S 233-533558, eine Vorinformation betreffend die geplante Direktvergabe gemäß Artikel 5 Abs 6 PSO-VO zur "Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland" ab 15.12.2019 veröffentlicht.

2. Am 11.12.2018 brachte die XXXX , in der Folge Antragstellerin, einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe, kundgemacht am 04.12.2018, sowie einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, kundgemacht am 04.12.2018, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3. Das Bundesverwaltungsgericht gab dem auf die Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe gerichteten Antrag mit Erkenntnis vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E, dahingehend statt, dass die Wahl der Direktvergabe im Hinblick auf die für das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" vorgesehene Verlängerung der zehnjährigen Laufzeit um weitere fünf Jahre für nichtig erklärt wurde. Im Übrigen wurde der Nachprüfungsantrag abgewiesen. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wurde zurückgewiesen.

4. Am 17.10.2019 brachte die Antragstellerin, vertreten durch Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, die im Spruch bezeichneten Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Gebührenersatz ein. Diese würden den Abschluss eines Verkehrsdienstevertrages für die Erbringung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2108 betreffen.

Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Erkenntnis vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E, dem Antrag, es möge die Wahl der Direktvergabe, kundgemacht am 04.12.2018, für nichtig erklären, dahingehend stattgegeben, "dass die Wahl der Direktvergabe im Hinblick auf die für das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" vorgesehene Verlängerung der zehnjährigen Laufzeit um weitere fünf Jahre für nichtig erklärt wird". Die Antragsgegnerin habe bisher das Vergabeverfahren nicht widerrufen. Am 03.10.2019 sei eine Presseaussendung des BMVIT erfolgt, in welcher das Bundesministerium angekündigt habe, auf Basis der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die weiteren Schritte zu analysieren. Aufgrund der Aussage des Verkehrsministers, wonach er erfreut sei, "dass das öffentliche Verkehrsangebot in [...] der Ostregion für Reisende, Pendelnde und die österreichische Wirtschaft ab Fahrplanwechsel 2029 nunmehr sichergestellt ist," sei jedoch nicht auszuschließen, dass die Auftraggeberin mit der mitbeteiligten Partei anstelle eines 15-jährigen Vertrages ohne weitere Vorinformation gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO einen Zehnjahresvertrag auch über das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2018 abschließe. Laut Auskunft der Antragsgegnerinnen vom 08.10.2019 sei noch keine "finale" Entscheidung über die weitere Vorgangsweise getroffen worden. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass eine solche Entscheidung in der Zwischenzeit entweder bereits getroffen worden sei oder aber unmittelbar bevorstehe. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei jedoch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits vor einem Nachprüfungsantrag zulässig. Damit müsse im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes auch gemeint sein, dass eine einstweilige Verfügung auch dann beantragt werden könne, wenn noch keine gesondert anfechtbare Entscheidung getroffen worden sei, eine solche aber unmittelbar bevorstehe. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass der Rechtschutz im konkreten Fall ins Leere gehe. Der gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei daher rechtzeitig.

Betreffend das Vorliegen der Antragslegitimation werde auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 02.10.2019 verwiesen. Es müsse der Antragstellerin als potentieller Leistungserbringerin im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Direktvergabe möglich sein, auch entsprechend aufzutreten und ein Initiativangebot abzugeben. Es entstehe der Antragstellerin durch die rechtswidrige Direktvergabe ein im Entgang der Auftragserteilung, der Erzielung der Deckung der Geschäftsgemeinkosten und eines angemessenen Gewinns sowie ein in den Kosten für die Rechtsverfolgung und für die sonstige Verfahrensteilnahme liegender Schaden; weiters werde ihr die Möglichkeit genommen, die Dienstleistungen in die bereits von ihr erbrachten Verkehre zu integrieren und Neukunden zu gewinnen.

Gesondert anfechtbare Entscheidung sei die Entscheidung der Antragsgegnerinnen, jene Strecken, die im Hinblick auf das Systemangebot in der Anlage zur Vorinformation vom 04.12.2018 gemäß der Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" farbig dargestellt werden auf der Grundlage eben dieser Vorinformation im Wege der Direktvergabe ohne neuerliche Vorinformation bzw Berichtigung und ohne Einhaltung der Ein-Jahresfrist gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO an die mitbeteiligte Partei zu vergeben.

Die Rechtswidrigkeit der geplanten Direktvergabe liege darin, dass diese aufgrund einer rechtswidrigen bzw fehlenden Vorinformation erfolgen würde. Bei einer Direktvergabe könne das Fehlen einer Vorinformation gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO dazu führen, dass andere potentiell interessierte Wirtschaftsteilnehmer mangels Kenntnis nicht rechtzeitig Einwände erheben könnten und endgültig von der Teilnahme an der wettbewerblichen Vergabe abgeschnitten seien, was den Effektivitätsgrundsatz verletzen könne. Genau dies sei gegenständlich der Fall. Der Auftraggeberin sei es nämlich infolge des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019 untersagt, ohne neuerliche Vorinformation die beschriebenen Strecken zu vergeben.

5. Am 25.10.2019 nahmen die Antragsgegnerinnen, die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (in der Folge Auftraggeberin oder SCHIG) sowie die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, beide vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, zu den Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung.

Nach dem System des BVergG solle nicht jede vom Auftraggeber im Vergabeverfahren getroffene Entscheidung selbständig bekämpfbar sein. Nichtig erklärt werden könnten vielmehr nur die nach außen als Entscheidungen in Erscheinung tretenden Teilakte des vergebenden Organs im Vergabeverfahren, also privatrechtliche Willenserklärungen des Auftraggebers. Eine gesondert anfechtbare Entscheidung könne daher nur eine nach außen tretende Erklärung einer Rechtsperson sein, die auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sei. Dies sei im Falle der Anfechtung einer, wie offenbar von der Antragstellerin vermuteten, Direktvergabe ausschließlich die "Wahl des Vergabeverfahrens".

Gegenstand des Antrags bilde "die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland hinsichtlich der in der Linientaktkarte ‚Fahrplan 2029+' der Vorinformation vom 04.12.2018 farbig dargestellten Linien". Im Hinblick auf diese Leistungen existiere eine gesondert anfechtbare Entscheidung nur in Form der Vorinformation vom 30.11.2018. Seither sei keine weitere Entscheidung oder Festlegung betreffend diese Leistungen getroffen worden, auch nicht nach Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E. Die rechtliche Entscheidung, die durch das gerichtliche Erkenntnis entstanden sei, sei nicht als "Entscheidung" im Sinne einer Willenserklärung der Antragsgegnerinnen zu "deuten". Anträge gegen interne Willensbildungsvorgänge, die die Antragstellerin vermute, seien ebenfalls als absolut unzulässig zurückzuweisen. Da der gegenständliche Antrag weder die konkret angefochtene Entscheidung noch das Vergabeverfahren, wie dies § 344 Abs 1 Z 1 BVergG fordere, bezeichne, sei der Antrag unzulässig.

Im Übrigen sei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach eindeutiger Judikatur des VwGH vom Bestehen und von der behaupteten Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers abhängig und könne nicht ohne jegliche Anknüpfung an konkrete gesondert anfechtbare Entscheidungen beantragt werden. Ein derartiger Antrag könne daher auch nach dem VfGH nur in Zusammenhang mit einem entsprechenden Nachprüfungsantrag gestellt werden, welcher sich wiederum ausschließlich gegen eine bereits ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung richten könne. Ein von konkreten Vorwürfen losgelöster Provisorialrechtsschutz sei dem Nachprüfungsregime des BVergG fremd. Dies entspreche auch der Ansicht des Gesetzgebers des BVergG 2018. Der diesbezügliche Verweis auf § 350 Abs 3 BVergG gehe ins Leere, nachdem diese Bestimmung auf § 343 BVergG verweise, welcher wiederum an "gesondert anfechtbare Entscheidungen" anknüpfe. Das System des Provisorialrechtsschutzes verfolge einzig und allein den Zweck, durch eine "gesondert anfechtbare Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigungen von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern".

Des Weiteren habe die Antragstellerin mit ihren Nachprüfungsanträgen vom 11.12.2018 bereits exakt diese gesondert anfechtbare Entscheidung betreffend den abzuschließenden Verkehrsdienstevertrag Ostregion bekämpft, weswegen hinsichtlich der Nachprüfungsanträge jedenfalls eine res iudicata vorliege.

Schließlich sei auch festzuhalten, dass entgegen der Ansicht der Antragstellerin die Antragsgegnerin bereits zum Zeitpunkt der Publikation der Vorinformation die Wahl des Vergabeverfahrens dergestalt strukturiert habe, dass sich diese Entscheidung jedenfalls auf eine Vergabe der gesamten geplanten Leistungen, so auch der auf den hier verfahrensgegenständlichen Linien, auf zehn Jahre beziehe und dass nur für einzelne Strecken eine "Verlängerung" stattfinde.

Die Anträge der Antragstellerin würden daher vollständig ins Leere gehen. Aus advokatorischer Vorsicht werde gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingewendet, dass diesfalls der Ausfall des Nah- und Regionalverkehrs und damit der Sicherstellung eines entsprechenden Grundangebotes in der gesamten Ostregion mit maßgeblichen volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden drohen würde.

6. Am 25.10.2019 nahm die Antragstellerin ergänzend Stellung. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssten die mitgliedstaatlichen Gerichte vorläufigen Rechtsschutz gewähren, wenn dies erforderlich sei, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts, insbesondere auch die Wirksamkeit einer späteren Gerichtsentscheidung zu gewährleisten. Dies sei vorliegend geboten. Erfolge eine neuerliche Entscheidung der Antragsgegnerinnen, die mitbeteiligte Partei mit den gegenständlichen Verkehrsdienstleistungen zu beauftragen, ohne dass diese Entscheidung nach außen trete, würden die Verpflichtungen aus dem Unionsrecht bzw jene, die aus einfach- bzw verfassungsgesetzlicher Grundlage resultieren, nämlich die Einhaltung der Transparenzverpflichtungen gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO, die sachliche Auswahl des im Wege der Direktvergabe zu betrauenden Unternehmens und die unionsrechtlichen Rechtsschutzgarantien leerlaufen. Die objektive Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Auftraggeberin führe aufgrund des direkt anwendbaren Art 5 Abs 7 PSO-VO dazu, dass dadurch auch die subjektive Rechtssphäre der Revisionswerberin verletzt werde.

In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes sowie aufgrund des Äquivalenzgrundsatzes ein Unternehmer, der ein Interesse an einem bestimmten Auftrag habe, zur Sicherung seiner vom Unionsrecht eingeräumten Ansprüche, im konkreten Fall auf Überprüfung der (neuerlichen) Wahl der Direktvergabe der beschriebenen Strecken an die mitbeteiligte Partei, der Auswahl der mitbeteiligten Partei als Leistungserbringerin sowie auf Abgabe eines Initiativangebotes, im Rahmen eines Direktvergabeverfahrens nach der PSO-VO im Hinblick auf den einstweiligen Rechtsschutz nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein Unternehmer, der einstweiligen Rechtsschutz gegen eine bereits getroffene gesondert anfechtbare Entscheidung beantragt habe. So werde zB im Falle einer Ausscheidensentscheidung auf Antrag des ausgeschiedenen Unternehmers auch die Untersagung der Zuschlagsentscheidung verfügt, obgleich auch in diesem Falle noch keine Zuschlagsentscheidung vorliege. Deswegen komme im Regelfall dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dessen Einbringung gemäß § 350 BVergG aufschiebende Wirkung zu.

Darüber hinaus bestimme § 351 Abs 3 BVergG, dass mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren ausgesetzt werden könne. Dies deute darauf hin, dass das Vorhandensein einer konkreten gesondert anfechtbaren Entscheidung als Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht verlangt werden dürfe. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse der Einzelne in der Lage sein, die Rechtsverletzung im Rahmen des Primärrechtsschutzes zu beseitigen und unabhängig von der Möglichkeit, Schadenersatz zu erlangen, die Aufhebung der Entscheidung der Behörde darüber, mit welchem Betreiber diese den Vertrag schließe, zu erwirken. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei nämlich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits vor einem Nachprüfungsantrag zulässig.

Im konkreten Fall bestehe die Gefahr, dass im Falle der Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kein effektiver Rechtsschutz bestehen würde, da die Antragsgegnerinnen nicht verpflichtet seien, der Antragstellerin ihre (neuerliche) Wahl der Direktvergabe mitzuteilen. § 350 BVergG sei daher richtlinienkonform bzw in unmittelbarer Anwendung des Art 5 Abs 7 PSO-VO dahingehend zu interpretieren, dass auch gegen bevorstehende Entscheidungen ein vorläufiger Rechtsschutz bestehe, sodass im konkreten Fall die beantragte einstweilige Verfügung auch zulässig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, veröffentlichte am 04.12.2018 gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO eine Vorinformation im Supplement zum Amtsblatt der EU, 2018/S 233-533558, betreffend die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland. Darin wurde angegeben, hinsichtlich der in der Vorinformation näher bezeichneten Dienste und Gebiete einen Dienstleistungsauftrag gemäß Art 5 Abs 6 PSO-VO im Wege der zu 100% im Eigentum des Bundes stehenden Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (in der Folge Auftraggeberin oder SCHIG) direkt an die XXXX vergeben zu wollen.

Am 11.12.2018 brachte die Antragstellerin dagegen einen Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe, kundgemacht am 04.12.2018, sowie einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, kundgemacht am 04.12.2018, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Erkenntnis vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E, wurde dem Antrag der auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe hinsichtlich der "Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland" dahingehend stattgegeben, dass die Wahl der Direktvergabe im Hinblick auf die für das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" vorgesehene Verlängerung der zehnjährigen Laufzeit um weitere fünf Jahre für nichtig erklärt wurde. Im Übrigen wurde dieser Nachprüfungsantrag abgewiesen. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wurde zurückgewiesen.

Am 08.10.2019 wurde der Rechtsvertretung der Antragstellerin auf deren Rückfrage durch die Rechtsvertretung der Auftraggeberin mitgeteilt, dass nach Rücksprache mit der zuständigen Behörde und der Auftraggeberin bestätigt wird, dass hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise betreffend den Verkehrsdienstevertrag Ostregion noch keine finale Entscheidung seitens der zuständigen Behörde und der Auftraggeberin getroffen wurde.

Am 17.10.2019 brachte die Antragstellerin die gegenständlichen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete hierfür eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 163,--. Ein Nachprüfungsantrag wurde bislang beim Bundesverwaltungsgericht nicht eingebracht.

Das mit der Vorinformation vom 04.12.2018 eingeleitete Vergabeverfahren "Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland" wurde weder widerrufen noch wurde eine Berichtigung der Vorinformation vom 04.12.2018 vorgenommen. Auch wurde keine neuerliche Vorinformation im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt. Für das Bundesverwaltungsgericht ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Auftraggeberin - abgesehen von der Veröffentlichung der Vorinformation im Supplement zum Amtsblatt der EU, 2018/S 233-533558, vom 04.12.2018 - eine weitere Entscheidung betreffend die Vergabe der Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland und damit auch betreffend das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2018 getroffen und nach außen zum Ausdruck gebracht hat. Dies bestätigt auch die Antragstellerin selbst, wenn sie ausführt, ihr sei mitgeteilt worden, dass keine noch finale Entscheidung über die weitere Vorgehensweise getroffen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.

Nach § 333 BVergG sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 sowie seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG und das VwGVG anderes bestimmen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 350 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 350 Abs 2 Z 1 BVergG hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung u.a. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens und der gesondert anfechtbaren Entscheidung zu enthalten. Gemäß § 350 Abs 2 Z 3 BVergG hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit zu enthalten.

Gemäß § 351 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Im Rahmen des Provisorialverfahrens ist vorerst von einem in § 350 Abs 1 BVergG genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 leg.cit. nicht auszugehen.

Die Antragstellerin bezeichnet als Auftraggeberin die SCHIG, diese ist Auftraggeberin iSd § 2 Z 5 BVergG. Die SCHIG steht zu 100% im Eigentum der Republik Österreich (Bund). Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG (stRspr zB VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0139; ua BVwG 18.02.2019, W187 2211696-2/33E; BVwG 16.05.2018, W187 2189272-2/28E; BVwG 02.10.2015, W134 2114723-1/2E; BVA 01.06.2011, F/0003-BVA/14/2011-45).

Die Antragstellerin bezeichnet als Auftragsgegenstand den "Abschluss eines Verkehrsdienstevertrages für die Erbringung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennah- und - regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 4.12.2018". Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die "Entscheidung der Antragsgegnerinnen jene Strecken, die im Hinblick auf das Systemangebot in der Anlage zur Vorinformation vom 4.12.2019 gemäß der Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" farbig dargestellt werden auf der Grundlage eben dieser Vorinformation im Wege der Direktvergabe ohne neuerliche Vorinformation bzw Berichtigung und ohne Einhaltung der Ein-Jahresfrist gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO an die mitbeteiligte Partei zu vergeben". Das Begehren der Antragstellerin ist im Wesentlichen darauf gerichtet, der Auftraggeberin für die Dauer von 12 Monaten einen Vertragsabschluss mit der bzw die Zuschlagserteilung an die XXXX für einen länger als zwei Jahre dauernden Leistungszeitraum zu untersagen.

Die Antragstellerin bringt in diesem Zusammenhang vor, dass ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bereits vor Einbringung eines Nachprüfungsantrages zulässig sei und dass damit im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes auch gemeint sein müsse, dass eine einstweilige Verfügung auch dann beantragt werden könne, wenn noch keine gesondert anfechtbare Entscheidung getroffen worden sei, diese aber unmittelbar bevorstehe. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei daher rechtzeitig. Das Vorhandensein einer konkreten gesondert anfechtbaren Entscheidung dürfe als Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen nicht verlangt werden. Es müsse unabhängig von der Erlangung von Schadenersatz die Möglichkeit bestehen, die Aufhebung der Entscheidung, mit welchem Betreiber der Vertrag abgeschlossen werde, zu erwirken.

Hierzu ist einleitend auf den Zweck einer einstweiligen Verfügung zu verweisen, welcher darin liegt, zu verhindern, dass der Zweck eines Nachprüfungsverfahrens durch zwischenzeitige Handlungen des Auftraggebers unterlaufen wird. Es soll demnach das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in der Hauptsache, nämlich über eine allfällige Nichtigerklärung einer rechtswidrigen Entscheidung eines Auftraggebers, in einem Stand gehalten werden, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ins Leere laufen lässt. Aus systematischen Gründen können demnach mit einer einstweiligen Verfügung nur solche Maßnahmen angeordnet werden, mit denen die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung verhindert oder beseitigt werden kann (siehe auch VwGH 29.02.2008, 2008/04/0019; RV 69 BlgNR XXVI. GP, 203; siehe ebenso bereits RV 1171 BlgNR XXII. GP, 141). Dies setzt entgegen den Ausführungen der Antragstellerin die Existenz der betreffenden gesondert anfechtbaren Entscheidung voraus. In diesem Sinne hält auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14.04.2011, 2008/04/0065, fest, dass "§ 328 Abs. 1 BVergG 2006 [...] die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar vom Bestehen (und von der behaupteten Rechtswidrigkeit) einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers abhängig [macht], [...] diese aber nicht auf bestimmte gesondert anfechtbare Auftraggeberentscheidungen [reduziert]."

Wenngleich der Antragstellerin dahingehend Recht zu geben ist, dass in Entsprechung der Rechtsprechung des EuGH das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom Nachprüfungsverfahren entkoppelt wurde und demnach bereits vor Beantragung der Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung einstweilige Maßnahmen beantragt werden können, um dem Vorrang des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes wirksam Rechnung zu tragen, so bedeutet die Möglichkeit der Beantragung und Erlassung einstweiliger Maßnahmen unabhängig von der Erhebung eines Nachprüfungsantrages aber nicht, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung völlig losgelöst vom Vorliegen gesondert anfechtbarer Entscheidungen oder gar eines Vergabeverfahrens gleichsam ins Blaue hinein pro futuro beantragt werden könnte, wenn ein möglicherweise rechtswidriges (zukünftiges) Vorgehen eines Auftraggebers vermutet wird (siehe wiederum RV 69 BlgNR XXVI. GP, 203; Madl, in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], 2207; Hofer in Gast [Hrsg.], BVergG - Leitsatzkommentar, E 93 zu § 334). Demzufolge hat auch ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 2 Z 1 und Z 3 BVergG die genaue Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Auftraggeberentscheidung zu enthalten. Es kann insofern auch nicht erkannt werden, dass die innerstaatliche Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Einklang mit den unionsrechtlichen Anforderungen stehen würde, zumal auch nach der Rechtsmittelrichtlinie eindeutig an das Bestehen einer - außenwirksamen - Entscheidung eines Auftraggebers angeknüpft wird. Demnach haben die Mitgliedstaaten die wirksame und möglichst rasche Nachprüfung einer Entscheidung eines Auftraggebers auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, sicherzustellen, und zwar durch Verfügung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen zum einen sowie gegebenenfalls durch Aufhebung der betreffenden Entscheidung zum anderen (Art 1 und Art 2 der Rechtsmittelrichtlinie; siehe auch VwGH 24.10.2001, 2001/04/0138, auch zum Gebot der genauen Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung).

Nach dem Konzept des Bundesvergabegesetzes sind nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen, welche dem Auftraggeber zuzurechnen sind, vergaberechtlich relevante Auftraggeberentscheidungen. Bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung, die nicht nach außen treten, und bloßes Untätigsein des öffentlichen Auftraggebers können nicht als anfechtbare Entscheidungen angesehen werden (siehe § 2 Z 15 lit a BVergG 2018; VfGH 02.03.2002, B 691/01, B 856/01; ua VwGH 08.08.2018, Ra 2015/04/0013; VwGH 18.05.2016, Ra 2016/04/0001; VwGH 17.09.2014, 2013/04/0149; VwGH 30.06.2004, 2004/04/0028; VwGH 24.10.2001, 2001/04/0138; Hofer/Fink, Die Zuschlagsentscheidung nach dem Bundesvergabesetz 2002, in Bundesvergabeamt, Standpunkte zum Vergaberecht [2003]; Hofer in Gast [Hrsg.], BVergG - Leitsatzkommentar, E 89ff zu § 334; Götzl in Gast [Hrsg.], BVergG - Leitsatzkommentar, E 100ff zu § 342; RV 69 BlgNR XXVI. GP, 9).

Bei der "Wahl des Vergabeverfahrens" handelt es sich im Falle der Durchführung eines Verfahrens gemäß Art 5 Abs 6 PSO-VO um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit gg BVergG. Damit ist die Entscheidung, einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Eisenbahnverkehr gemäß Art 5 Abs 6 PSO-VO direkt vergeben zu wollen, wie dies Art 5 Abs 7 PSO-VO fordert, grundsätzlich einer Anfechtung und nachprüfenden Kontrolle zugänglich. Demgegenüber ist, wenn die Antragstellerin vermeint, es müsse die Möglichkeit zur Aufhebung der Entscheidung, mit welchem Betreiber der Vertrag abgeschlossen werde, bestehen, darauf zu verweisen, dass gemäß § 2 Z 15 lit a sublit gg BVergG die Zuschlagsentscheidung keine im Rahmen eines nach Art 5 Abs 6 PSO-VO durchgeführten Verfahrens ergehende gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt. Eine solche Entscheidung ist einer Direktvergabe fremd (siehe etwa RV 69 BlgNR XXVI. GP 75), weswegen diese Entscheidung vom Gesetzgeber auch nicht als gesondert anfechtbar zu normieren war.

Mangelt es nun am Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, so ist nach herrschender Rechtsprechung ein bezugnehmendes Sicherungsbegehren mangels rechtserheblichen Sicherungsinteresses abzuweisen (siehe auch BVwG 02.10.2015, W134 2114723-1/2E; Kahl in Gast [Hrsg.], BVergG - Leitsatzkommentar, E 105, E 106 zu § 350).

Dies bedeutet für die vorliegende Konstellation:

Im Hinblick auf die von der Antragstellerin als verfahrensgegenständlich bezeichneten Leistungen, nämlich jene Verkehrsdienstleistungen betreffend das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2018, existiert in Form der Vorabveröffentlichung gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO im Supplement zum Amtsblatt der EU, 2018/S 233-533558, vom 04.12.2018 eine Entscheidung, mit welcher die "Wahl des Vergabeverfahrens", vorliegend die Wahl der Direktvergabe, nach außen erkennbar zum Ausdruck gelangte. Diese Entscheidung wurde von der Antragstellerin angefochten. Über den betreffenden Nachprüfungsantrag vom 11.12.2018 wurde mit Erkenntnis vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E, rechtskräftig dahingehend abgesprochen, dass die Wahl der Direktvergabe im Hinblick auf die für das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" vorgesehene Verlängerung der zehnjährigen Laufzeit um weitere fünf Jahre für nichtig erklärt wurde. Eine weitere Entscheidung bzw Festlegung im Hinblick auf die Vergabe von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2018 wurde seither von der Auftraggeberin nicht, auch nicht nach Zustellung Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2019, W139 2211033-2/47E, getroffen. Folge dessen kann auch keine, der Auftraggeberin zurechenbare Willenserklärung nach außen in Erscheinung getreten sein, mit welcher die Entscheidung über die Wahl des Vergabeverfahrens (neuerlich) nach außen erkennbar geworden wäre. Vielmehr führt die Antragstellerin selbst aus, dass laut Auskunft der Antragsgegnerinnen vom 08.10.2019 noch keine "finale" Entscheidung über die weitere Vorgangsweise, insbesondere über eine neuerliche Direktvergabe der beschriebenen Strecken, getroffen worden sei. Diese Angaben stehen in Einklang mit den Ausführungen der Auftraggeberin und der diesbezüglich vorgelegten Auskunftserteilung durch die Finanzprokuratur an die Rechtsvertretung der Antragstellerin. Somit war es der Antragstellerin aber auch nicht möglich, die angefochtene Entscheidung dem Gebot des § 350 Abs 2 Z 1 BVergG entsprechend genau zu bezeichnen. Insofern ist auch nicht erkennbar und zutage getreten, dass das von der Antragstellerin bezeichnete Vergabeverfahren betreffend ausschließlich das Systemangebot auf den farbig dargestellten Linien gemäß Linientaktkarte "Fahrplan 2029+" der Vorinformation vom 04.12.2018 überhaupt jemals eingeleitet wurde. Dies erhellt auch daraus, dass seitens der Antragstellerin bislang kein Nachprüfungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.

Mangels Existenz des von der Antragstellerin bezeichneten Vergabeverfahrens und mangels Vorliegens einer damit in Zusammenhang stehenden gesondert anfechtbaren Entscheidung, welche in einem nachfolgenden Vergabekontrollverfahren einer nachprüfenden Kontrolle unterzogen und gegebenenfalls aufgehoben werden könnte, sowie im Hinblick darauf, dass jenes Vergabekontrollverfahren, welches die Wahl des Vergabeverfahrens der Direktvergabe ua bezüglich der von der Antragstellerin als verfahrensgegenständlich bezeichneten Leistungen zum Gegenstand hatte, rechtskräftig abgeschlossen wurde, und weitere Entscheidungen oder Festlegungen durch die Auftraggeberin in diesem Vergabeverfahren bislang jedenfalls nicht getroffen wurden, ist daher auch eine aus einer Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder sonstige unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin, die im Sinne des § 350 Abs 1 BVergG zu beseitigen oder zu verhindern wären, nicht ersichtlich. Die Absicherung eines allfälligen künftigen Nichtigerklärungsbegehrens mittels der beantragten Maßnahmen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geboten. Die Annahme der Antragstellerin, welche der Auftraggeberin rechtswidriges, dem Transparenzgebot widersprechendes Verhalten unterstellt, sei es etwa durch Unterlassung der Veröffentlichung einer allfällig notwendigen Berichtigung der Vorinformation gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO oder sei es im Falle eines Widerrufs des mit der Vorinformation vom 04.12.2018 eingeleiteten Vergabeverfahrens durch Unterlassung der Veröffentlichung einer neuerlichen Vorinformation, kann jedenfalls nicht Grundlage der Anordnung vorläufiger Maßnahmen sein (ua BVwG 04.10.2016, W187 2135663-1/2E). Daher waren sämtliche Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung spruchgemäß abzuweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf die grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor. Dazu wird auf die unter

3. A) zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen.

Schlagworte

Antragslegimitation, Dienstleistungen, Direktvergabe, einstweilige
Verfügung, Erkennbarkeit, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nichtigerklärung, öffentlicher Auftraggeber, Provisorialverfahren,
Untersagung, Untersagung der Zuschlagserteilung, Vergabeverfahren,
Vertragsabschluss, Wahl des Vergabeverfahrens, Zuschlagsverbot für
die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W139.2224493.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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