Entscheidungsdatum
29.10.2019Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
G310 2224734-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid
ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF) ist bosnischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Österreich geboren. Seit 1997 ist er mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.
Der BF weist 18 strafgerichtliche Verurteilungen in Österreich auf.
Unter anderem wurde er mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX10.2017, XXXX, wegen des Vergehens einer Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlungim Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB (das Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15 Abs. 1, 142 StGB und die Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Diebstahls nach § 127 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
Am XXXX01.2019 wurde sein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" von der BH XXXXbis XXXX01.2022 verlängert.
Mit Urteil des Landesgericht XXXX vom XXXX04.2019, XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt.
Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.05.2019 wurde der BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung eventuell in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu äußern. Der BF erstattete eine entsprechende Stellungnahme und wurde er am 14.08.2019 auch niederschriftlich einvernommen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX07.2019, XXXX, wurde der BF wiederum wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB (das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 Z 1 und 15 Abs. 1 StGB und die Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten verurteilt.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein zehnjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Bezüglich der Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 52 Abs. 4 Z 4 FPG zutreffen würden.
Gegen den Bescheid des BFA richtet sich die Beschwerde, mit der der BF die Behebung des angefochtenen Bescheids sowie hilfsweise die Behebung der Rückkehrentscheidung, die Erklärung der Unzulässigkeit der Abschiebung, die Behebung bzw. Reduzierung des Einreiseverbotes und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels im Jahr 2019 bereits nahezu sämtliche zum damaligen Zeitpunkt vorliegende strafgerichtlichen Verurteilungen bekannt gewesen seien und dem BF dennoch erneut ein Aufenthaltstitel rechtkräftig zuerkannt worden sei. Darüber hinaus sei man bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens des BF unzureichend auf das Privat- und Familienleben des BF eingegangen.
Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 25.10.2019 einlangten, und erstattete eine Stellungnahme zur Beschwerde, wonach die für das Verfahren nach dem NAG zuständige Behörde in Eigenverantwortung die Karte verlängert habe und das BFA keinen Einfluss auf diese Entscheidung habe.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.
Im Fremdenregister ist die Verlängerung des Aufenthaltstitels des BF gespeichert.
Die Verurteilungen sind den im Akt aufliegenden Strafurteilen zu entnehmen, welche durch das Strafregister belegt werden.
Die Wohnsitzmeldungen des BF ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister.
Mangels entscheidungserheblicher Widersprüche erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.
Rechtliche Beurteilung:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Am XXXX01.2019 wurde sein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" verlängert.
Das BFA stützte sich bei der Begründung der Rückkehrentscheidung konkret auf den Tatbestand nach § 52 Abs. 4 Z 4 FPG und führte dazu aus, dass der Aufenthalt des BF aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen dem öffentlichen Interesse widerstreite und sei von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen, was einen Versagungsgrund bezüglich der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels darstelle.
Gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht.
Dabei übersieht das BFA, dass dieser Rückkehrentscheidungstatbestand nur im Rahmen eines noch anhängigen Verlängerungsverfahrens in Betracht kommt, was gegenständlich nicht der Fall ist (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0227).
Aufgrund des aufrechten Aufenthaltstitels hätte gegen den BF keine Rückkehrentscheidung unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG erfolgen dürfen. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher aufzuheben. Die Aufhebung der Rückkehrentscheidung bedingt auch den Entfall der übrigen, darauf aufbauenden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids, der somit im Ergebnis in Stattgebung der Beschwerde insgesamt ersatzlos aufzuheben ist.
Bei einem aufrechten Aufenthaltstitel kommt allenfalls eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 Z 1 FPG in Betracht, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre. Dazu hätte sich das BFA damit auseinandersetzen müssen, ob der Niederlassungsbehörde bei der Verlängerung des Aufenthaltstitels der maßgebliche Sachverhalt in Bezug auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Verhalten des BF bekannt war (vgl. VwGH 23.09.2010, 2010/21/0046).
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht klärungsbedürftig ist, entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs. 7
BFA-VG.
Die Revision ist nicht zu zulassen, weil sich das BVwG an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2224734.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020