Entscheidungsdatum
29.10.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G304 2220827-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Mag. Dr. BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.05.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.09.2019 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt I. die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf fünf (5) Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde gegen den BF ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes deutlich herabzusetzen.
3. Am 04.07.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
4. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 12.07.2019 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. Nach Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG, wozu auch die Ex-Gattin des BF geladen wurde, teilte Anfang September 2019 eine Strafprozessvertreterin der Ex-Gattin des BF mit, dass die BF aufgrund erneut stattgefundener gefährlicher Drohung durch den BF und starker Angst vor ihn nicht zur Verhandlung kommen könne.
6. Daraufhin wurde die Ladung der Ex-Gattin des BF zur mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 15.07.2019 am 03.09.2019 vom BVwG zurückgenommen und der Ex-Gattin mitgeteilt, nicht zur mündlichen Verhandlung am 12.09.2019 erscheinen zu müssen.
7. Am 12.09.2019 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, mit dem BF, seinem Rechtsvertreter, einem Vertreter der belangten Behörde und einem Freund des BF als Zeugen in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die bosnische Sprache eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.
1.2. Er war in Österreich verheiratet und wurde von seiner im Jänner 2014 geheirateten Ehegattin, einer slowenischen Staatsbürgerin, im September 2018 geschieden, aus dem alleinigen Verschulden des BF, der gegenüber seiner Ehegattin regelmäßig handgreiflich geworden ist, bis seine Ehegattin nur mehr durch ein Betretungsverbot und durch die Flucht ins Frauenhaus im September 2017, wo sie elf Monate lang verbrachte, sich vor dem BF in Sicherheit fühlen konnte.
Aus dieser Ehe entstammt die im Oktober 2014 geborene nunmehr vier, fast fünf, Jahre alte Tochter des BF.
Im Bundesgebiet hat der BF mit einer Cousine und einem Schwager weitere Verwandte. In seinem Heimatland hat er jedenfalls noch seine Mutter.
1.3. Der BF ist im Bundesgebiet seit Mai 2013 aufrecht mit Hauptwohnsitz gemeldet. Bevor er nach Österreich gekommen ist, war er einige Jahre lang in Slowenien aufhältig.
1.4. Er erhielt am 24.01.2014 erstmals einen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger einer EWR-Bürgerin. Dieser wurde verlängert und ist nunmehr bis 24.01.2024 gültig.
Seine Ex-Gattin besitzt seit 05.11.2013 eine Anmeldebescheinigung (Arbeitnehmer) und ihre mit dem BF gemeinsame 2014 geborene Tochter seit 14.11.2013 eine Anmeldebescheinigung als Familienangehörige.
1.5. Der BF hat in seinem Herkunftsland die Lehre zum "LKW-Fahrer" abgeschlossen. In Österreich ging er unselbstständigen Beschäftigungen nach, und zwar ab März 2014 - bis zuletzt März 2019, wobei er im Zeitraum von November 2014 bis Juli 2018 immer wieder auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen hat.
1.6. Der BF ist im Bundesgebiet mehrmals straffällig geworden und wurde zweimal von inländischen Strafgerichten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar mit
* Urteil von Oktober 2017 wegen versuchter schwere Nötigung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen, davon zehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, unter Anordnung der Bewährungshilfe, wobei im April 2019 die Probezeit des bedingten Teils der Freiheitsstrafe auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde, und mit
* Urteil von April 2019, rechtskräftig mit Juli 2019, wegen im März 2019 begangener gefährlicher Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei im August 2019 der Rest der Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurde.
1.6.1. Der strafrechtlichen Verurteilung von Oktober 2017 lagen folgende strafbare Handlungen zugrunde:
Der BF hat
I. seine Ehegattin durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt, wobei er durch diese, besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzte, und die Tat beim Versuch blieb, indem er
1. ihr am 24.09.2017 ankündigte, er werde sie und das gemeinsame Kind "vernichten" bzw. die gemeinsame Tochter umbringen, wenn sich (...) von ihm scheiden lasse sohin durch gefährliche Drohung mit zumindest der Zufügung einer Körperverletzung zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen Beziehung;
2. sie am 26.09.2017 durch die Äußerung "storniere (widerrufe) bis 27.09.2017, 9Uhr, alles, was du bei der Polizeiangezeigt hast, wenn du das nicht machst und dich von mir trennst, bringe ich unsere Tochter (...) und dann mich um", wobei er ihr in der Folge das Kind entriss, es auf den Boden legte und ein Messer mit ca. 25 cm Klingenlänge gegen die Tochter richtete, mithin durch Drohung mit dem Tod einer Sympathieperson, zur Zurücknahme der Anzeige sowie zur Aufrechterhaltung der Beziehung;
II. am 26.09.2017 eine fremde Sache, nämlich eine im Eigentum des (...) stehende Wohnungstür, durch das Versetzen von Fußtritten und -schlagen beschädigt, wodurch der Türrahmen zu Bruch ging."
1.6.2. Der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von April 2019, rechtskräftig mit Juli 2019, lag zugrunde, dass der BF vor dem Kindergarten, in welchen ihre gemeinsame Tochter geht, seine Ex-Gattin in bosnischer Sprache gefährlich mit dem Tod ihrer Familie und der Zufügung einer erheblichen Verstümmelung bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr ankündigte:
"Ich werde deine ganze Familie ermorden und dir werde ich deine Füße und Hände abschneiden!"
1.6.3. Der BF weist im Bundesgebiet von 27.09.2017 bis 12.10.2017 und dann zuletzt von 08.03.2019 bis 11.07.2019 aufrechte Meldungen in Strafhaft auf.
1.6.4. Mit Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 wurde dem BF die Obsorge für seine minderjährige Tochter entzogen und angeordnet, dass er ein Antiaggressionstraining mit Erziehungsberatung zu absolvieren hat und seine minderjährige Tochter 14-tägig im Rahmen einer Besuchsbegleitung sehen kann.
1.6.5. Mit Gerichtsbeschluss vom 17.05.2019 wurde gegen den BF ein bis Mai 2020 gültiges Betretungsverbot zum Schutz seiner Ex-Gattin und ihrer gemeinsamen Tochter verhängt.
1.7. Gegen den BF wurde bereits im September 2017 ein Betretungsverbot zum Schutz seiner Ex-Gattin und Tochter verhängt.
Der BF stellte für seine Ex-Gattin und ihre gemeinsame Tochter eine derartige Gefahr dar, dass am 26.09.2017 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegen ihn ein Betretungsverbot verhängt wurde, der BF dieses jedoch missachtet hat und nur drei Stunden später in den festgesetzten Schutzbereich eingedrungen ist. Wegen widerrechtlicher Rückkehr in die für ihn gesperrte Schutzzone erging am 24.11.2017 eine Strafverfügung gegen ihn.
1.7.1. Ebenfalls im September 2017 wurde dem BF ein Waffenverbot auferlegt.
1.8. Die Ex-Gattin des BF war zum Schutz vor dem BF im Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 elf Monate lang in einem Frauenhaus untergebracht und befindet sich auch aktuell seit 29.07.2019 in einem Frauenhaus.
1.8.1. Mit Schreiben des Frauenhauses, in das die Ex-Gattin des BF im September 2017 vor dem BF geflüchtet ist, vom 30.08.2019 wurde dem BVwG unter anderem Folgendes mitgeteilt:
"Fr. (...) musste als Opfer massiver häuslicher Gewalt durch ihren Ex-Mann im September 2017 für 11 Monate in ein Frauenhaus ziehen, um dort Schutz und Sicherheit für sich und ihre Tochter zu finden. Grund für ihre Aufnahme waren regelmäßige gewalttätige Übergriffe seitens Hr. (BF) auf seine damalige Frau während Schwangerschaft, sowie danach, wie auch Drohungen das gemeinsame Kind zu "vernichten" bzw. "umzubringen. Trotz eines aufrechten Betretungsverbotes verschaffte sich Hr (BF) mit Gewalt (Türe einschlagen) Zutritt in die damalige Wohnung und richtete dabei ein Messer auf das Kind. Hr. (B) wurde in Haft genommen und verurteilt.
Nach der Ablehnung der Berufung der Scheidungsklage legte Hr. (BF) auch bei der Obsorge erneut Berufung ein. In der Begutachtungsphase hat er die Mutter 3x mit dem LKW verfolgt und ihr schlussendlich im März 2019 vor dem Kindergarten aufgelauert. Er drohte ihr erneut mit Mord, ebenso würde er ihre gesamte Familie umbringen. Hr. (BF) wurde festgenommen und verurteilt.
Auch während dieser Haftstrafe hat Hr. (BF) gegenüber seinem Bewährungshelfer Aussagen getätigt, die sehr bedrohlich wirkten, sodass sich der Bewährungshelfer sorgenvoll an das Gewaltschutzzentrum wandte und die Frau zum Schutz wieder in ein Frauenhaus flüchten musste.
Als der Mann in die Schubhaft überstellt und schließlich wenige Tage später gänzlich aus der Haft entlassen wurde, war die Frau erneut gezwungen mit ihrer Tochter ins Frauenhaus zu flüchten. Fr. (...) ist massiv belastet und leidet sehr unter dem dauerhaften Druck. Sie hat sich nach dem langen Aufenthalt im Frauenhaus ein neues Leben aufgebaut und zeigt sich als starke Mutter für ihre Tochter (..). Seit der Mann entlassen wurde, lebt Fr. (...) wieder täglich in Angst um sich, ihre Tochter und ihres gesamte Familie.
Hr. (...) äußerte während der letzten Jahre, trotz Haftstrafen, immer wieder Drohungen, auch gegenüber seinem Bewährungshelfer und trug in keinster Weise zu einer Beruhigung der Lage bei. Auch aktuell zeigt e sich weiter unruhestiftend, indem er der Cousine der Frau subtile Drohungen übermittelt, sowie auch auf Facebook verschiedenste Andeutungen und offene Drohungen veröffentlicht. Fr. (...) versetzt die Tatsache, dass er vorgibt in Slowenien zu sein (sie Facebook-Status), sowie seine angekündigten Drohworte in Angst und Panik um ihre Familie, wobei hierbei erwähnenswert ist, dass er 8lt. Kommunikationsverlauf mit der Cousine der rau) das Kind sowie auch die Frau in Slowenien vermutet und diese Drohungen auch ihr gelten könnten. (Beiliegend finden Sie Screenshots vom Kommunikationsverlauf mit der Cousine, sowie den Facebook-Status, vorerst in eigener Übersetzung möglichst wörtlich übersetzt, daher in gebrochenem Deutsch.)
Hr. (BF) spricht die Drohungen nicht in konkreter Form aus, daher können diese auch nicht zur Anzeige gebracht werden, sie sind deswegen aber nicht weniger bedrohlich für die Frau und ihre Familie. (...)."
1.9. Mit Schreiben eines Migrantenvereins vom 09.09.2019 wurde bestätigt, dass der BF seit 12.08.2019 eine psychologische Beratung - "Psychosoziale Beratung im transkulturellen Kontext" in Anspruch nimmt, wobei die Schwerpunkte der Beratung "Erziehungsberatung" und "Umgang mit Aggression" sind.
1.10. Mit Bericht der dem BF 2017 beigegebenen Bewährungshelferin vom 11.09.2019 wurde dem BVwG unter anderem Folgendes mitgeteilt:
"In der gesamten bisherigen Betreuung ist die Kränkung des Klienten, dass er sein Kind nicht sehen kann, wie es in seinen Augen notwendig wäre, spürbar. Das Thema emotionalisiert ihn sehr stark. Er gab an, dass ihn die ganze Situation überfordere und er keinen Ausweg sieht, sollte ihm der Kontakt zu seinem Kind verwehrt bleiben. In Anspielung auf diese Äußerung zeigt sich, dass er hier depressive Züge hat und eine Selbstgefährdung vorhanden ist. Seine Äußerungen in Richtung seine Ex-Frau wurden nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten sehr ernst genommen. (...)."
Seitens der Bewährungshilfe wurde zudem darauf hingewiesen, dass Unterstützungsmaßnahmen gesetzt wurden, um die Situation zu verschärfen.
Des Weiteren wurde im Bericht festgehalten:
"Es wurde beim Verein (...) ein Termin für psycho-soziale Beratung bei Frau (...) vereinbart. Mittlerweile hat der Klientin bereits mit dem Verein (...) Kontakt aufgenommen und auch erste Gespräche haben hier stattgefunden. Ein Anti-Gewalt-Training scheitert demnach aufgrund sprachlicher Barrieren. Beim Verein (...) wird er von Frau (...) unterstützt, die ausgebildete Therapeutin ist und auch mit dem Thema häusliche Gewalt gut vertraut ist (...)
Nach der Entlassung aus der Haft ist der Klient wieder bemüht, seine Lebensverhältnisse zu ordnen. Sein ehemaliger Arbeitgeber hat ihn wieder eingestellt und unterstützt den Klienten sehr stark."
1.11. Zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.09.2019 wurde nicht nur der BF, sondern auch seine Ex-Gattin, diese als Zeugin, geladen. Eine Strafprozessvertreterin der Ex-Gattin des BF gab dem BVwG mit Schreiben vom 03.09.2019 im Wesentlichen schriftlich bekannt:
"(...), ist die geschiedene Frau des BF und sieht sich nicht in der Lage, der Zeugenladung Folge zu leisten.
Hintergrund ist, dass der BF mehrere Straftaten zum Nachteil meiner Mandantin begangen hat. (...)
Die körperlichen Übergriffe gegen meine Mandantin wurden auch im Scheidungsurteil festgestellt und die Scheidung aus dem alleinigen Verschulden des BF ausgesprochen.
Darüber hinaus bestehe zufolge der Gefährlichkeit des BF eine einstweilige Verfügung, mit dem diesen der Aufenthalt an bestimmten Orten (Kindergarten der Tochter) sowie ein Kontaktverbot auferlegt wurde. Auch diese übermittle ich (...) beiliegend.
Meine Mandantin musste aufgrund der Gefährlichkeit des BF auch immer wieder Schutz im Frauenhaus (...) sehen und dort vorübergehend Wohnung nehmen.
Infolge dieser Gewaltgeschichte und der nach wie vor bestehenden Gefährlichkeit des BF gegen meine Mandantin sieht sich diese nicht in der Lage, der Zeugenladung nachzukommen. Sie hat große Angst vor de, BF und wäre durch eine neuerliche zeugenschaftliche Einvernahme massiv psychisch belastet.
Da meine Mandantin nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen könnte und dies dem BF bekannt ist, besteht schon dadurch die Gefahr, dass der BF meiner Mandantin entsprechend auflauern und Gewalt gegen sie ausübt. (...)."
1.12. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.09.2019 gab der BF unter anderem an:
"Ich bin mir bewusst, dass die Urteile aus 2017 und 2019 rechtskräftig sind, ich möchte jedoch angeben, dass meine Ex-Gattin immer wieder auf mich zugekommen ist. Sie hat mich provoziert (...). Sie hat mich meine Tochter nicht sehen lassen. Ich habe richtig Angst vor ihr und habe auch nach einem solchen Fall meine Beraterin kontaktiert. Das war am 15.02.2019, das letzte Mal habe ich sie dann am 05.03.2019 gesehen, auch dort ist sie auf mich zugekommen. Zwei Tage später ist sie zur Polizei und hat die Anzeige gemacht. Ich zahle auch mehr, als ich müsste. Ich leide sehr darunter, dass ich meine Tochter nicht sehen kann, aber ich weiß, dass das momentan so ist. Ich möchte weiter in Österreich leben, arbeiten, für meine Tochter zahlen und meine Schulden begleichen. Ich habe das, was mir meine Gattin vorwirft, nicht gemacht."
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zur Person des BF und ihren individuellen Verhältnissen
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im Verfahren vorgelegten gültigen bosnischen Reisepass des BF.
2.2.2. Die Feststellungen zur Wohnsitzmeldung des BF im Bundesgebiet beruhen auf einem Zentralmelderegisterauszug, die Feststellungen zum Aufenthaltsstatus des BF auf einem Fremdenregisterauszug.
2.2.3. Dass der BF in Bosnien eine Lehre zum LKW-Fahrer absolviert hat, beruht auf dem diesbezüglich glaubhaften Aktenhalt, die Feststellungen zu seiner Erwerbstätigkeit in Österreich auf einem AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug.
2.2.4. Die Feststellungen zu den rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen beruhen auf einem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich, die näheren Feststellungen zu den diesen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.
2.2.5. Der unter den Feststellungen wiedergegebene Bericht der dem BF 2017 beigegebenen Bewährungshelferin vom 11.09.2019 langte am 11.09.2019 beim BVwG ein. Darin wurde auch davon berichtet, dass nach anfänglichen Gesprächen mit einem Migrantenverein das von der dort vereinbarten psychosozialen Beratung mitumfasstes Anti-Gewalttraining "aufgrund sprachlicher Barrieren" scheitert.
Die Mitteilung des Frauenhauses, in das die Ex-Gattin des BF im September 2017 geflüchtet war, vom 30.08.2019, langte beim BVwG am 02.09.2019 ein.
Dass dem BF im Mai 2019 die Obsorge über seine minderjährige Tochter entzogen und gegen ihn zum Schutz seiner Ex-Gattin und seiner Tochter ein bis 2020 gültiges Betretungsverbot verhängt wurde, ergab sich aus dem beim BVwG am 03.09.2019 eingelangten Gerichtsbeschluss vom 17.05.2019, aus welchem auch der Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 über die Entziehung der Obsorge über seine Tochter hervorgeht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) I.:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das BVwG für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zum Aufenthaltsverbot
3.2.1. Eingangs wird darauf hingewiesen, dass die zwischen dem BF und seiner Ex-Gattin, einer slowenischen Staatsangehörigen, von Jänner 2014 bis September 2018 bestandene Ehe jedenfalls mehr als vier, und demnach auch mehr als drei Jahre lang gedauert hat, welche Dauer nach § 54 Abs. 5 NAG mindestens verlangt wird, um auch nach Scheidung weiterhin von einem von der EWR-Bürgerin abgeleiteten unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht ausgehen zu können.
3.2.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.
(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. (...)."
3.2.2.1. Da sich der BF seit Mai 2013 und demnach nunmehr seit mehr als sechs Jahren im
Bundesgebiet aufhält, kommt im gegenständlichen Fall nicht der erhöhte Prüfungsmaßstab
nach § 67 Abs. 1 S. 5 FPG, sondern der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG
zur Anwendung.
Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die BF ein auf die Dauer von
acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die belangte Behörde stützte dieses im Wesentlichen auf die rechtskräftige strafrechtliche
Verurteilung des BF von Oktober 2017 und das ihm im September 2017 auferlegte
Waffenverbot.
Der BF wurde im Oktober 2017 wegen versuchter schwerer Nötigung und Sachbeschädigung
zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen, davon zehn Monate bedingt
auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.
Daraufhin folgte im Juli 2019 eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF wegen
gefährlicher Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten.
Hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung des BF von April 2019 weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Am Tag der der strafrechtlichen Verurteilung von Oktober 2017 zugrunde gelegenen gegenüber seiner Ehegattin begangenen schweren Nötigung von September 2017 wurde gegen den BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch ein Betretungsverbot verhängt. Der BF hat dieses jedoch missachtet und ist nur drei Stunden später in den festgesetzten Schutzbereich eingedrungen. Wegen widerrechtlicher Rückkehr in die für ihn gesperrte Schutzzone erging am 24.11.2017 eine Strafverfügung gegen ihn.
Im gegenständlichen Fall konnte jedenfalls die dem BF mit erster strafrechtlicher Verurteilung beigegebene Bewährungshilfe nicht vor der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten, beging er doch im März 2019 erneut eine gefährliche Drohung, die im Juli 2019 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten geführt hat.
Sein aggressives Verhalten gegenüber seiner Ex-Gattin hat auch ihre gemeinsame Tochter betroffen, die zum Tatzeitpunkt im September 2017 nicht einmal drei Jahre alt war, lag doch der strafrechtlichen Verurteilung von Oktober 2017 unter anderem zugrunde, dass der BF im September 2017 seine Ex-Gattin mit dem Umbringen ihrer gemeinsamen Tochter bedrohte, sollte sie ihre Anzeige vor der Polizei nicht zurücknehmen, und das Kleinkind auf den Boden legte und ein Messer mit ca. 25 cm Länge gegen das Kind richtete.
Der strafrechtlichen Verurteilung des BF von April 2019 lag zugrunde, dass der BF seine Ex-Gattin durch folgende Äußerung gefährlich mit dem Tod ihrer Familie und der Zufügung einer erheblichen Verstümmelung bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen:
"Ich werde deine ganze Familie ermorden und dir werde ich deine Füße und Hände abschneiden."
Der BF zeigte durch seine gefährlichen Bedrohungen seiner Ex-Gattin, wovon auch ihr gemeinsames Kind betroffen war, dass er grundsätzlich bereit dazu ist, gegen ihm nahestehende Personen Gewalt auszuüben.
Um die Ex-Gattin des BF und ihre gemeinsame minderjährige nunmehr fast fünf Jahre alte Tochter nach seiner Strafhaftentlassung vor dem BF schützen zu können, wurde gerichtlich vorgesorgt und mit
? Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 dem BF die Obsorge über seine minderjährige Tochter entzogen und angeordnet, dass er ein Antiaggressionstraining mit Erziehungsberatung zu absolvieren hat und seine minderjährige Tochter alle 14 Tage im Rahmen einer Besuchsbegleitung sehen kann, und des Weiteren mit
? Gerichtsbeschluss vom 17.05.2019 gegen den BF zum Schutz seiner Ex-Gattin und seiner minderjährigen Tochter ein bis 2020 gültiges Betretungsverbot verhängt.
Dem Bericht eines Frauenhauses vom 30.08.2019 folgend hat der BF auch während seiner letzten Haftstrafe gegenüber seiner Bewährungshelferin Aussagen getätigt, die sehr bedrohlich wirkten, sodass sich die Bewährungshelferin sorgenvoll an das Gewaltschutzzentrum gewandt hat.
Zu ihrem Schutz ist die Ex-Gattin des BF seit Juli 2019 wieder in einem Frauenhaus untergebracht.
In seiner Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig betont, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe zuletzt VwGH 25.1.2018, Ra 2018/21/0004, Rn. 8); für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich (vgl. nur VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0193, Rn. 12). Der Beobachtungszeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur dabei umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - und jedenfalls das der ersten strafgerichtlichen Verurteilung des Mitbeteiligten zu Grunde liegende Verhalten, aber auch sein rascher Rückfall weisen auf besondere Gefährlichkeit hin - manifestiert hat (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027; VwGH 28.1.2016, Ra 2016/21/0013).
Der BF hat nach seiner Strafhaftentlassung im Juli 2019 kein Wohlverhalten gezeigt, sodnern sein Bedrohungsverhalten aus der Zeit vor seiner Strafhaft fortgesetzt und einem Bericht eines Frauenhauses vom 30.08.2019 folgend sich weiter unruhestiftend gezeigt und auf Facebook auch gegenüber der Cousine seiner Ex-Gattin subtile Drohungen ausgesprochen, weswegen sich auch die Ex-Gattin des BF selbst bedroht gefühlt hat.
Es wurde zwar mit Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 eine psychosoziale Beratung mit Schwerpunkten "Erziehungsberatung" und "Umgang mit Aggression" über einen Migrantenverein vereinbart, ein Anti-Aggressionstraining konnte jedoch, wie die den BF seit 2017 betreuende Bewährungshelferin in ihrem Bericht vom 11.09.2019 mitteilte, "aufgrund sprachlicher Barrieren" nicht stattfinden.
Gegen den BF musste auch kürzlich im Mai 2019 ein knapp 12 Monate befristetes bis Mai 2020 gültiges Betretungsverbot für einen bestimmten seine Ex-Gattin und deren Tochter festgesetzten Schutzbereich ausgesprochen werden.
Daraus ist ersichtlich, dass der BF offensichtlich nicht bereit dazu ist, sich an Anordnungen zu halten und jederzeit mit einer aggressiven Verhaltensweise des BF zu rechnen ist.
Fest steht jedenfalls, dass sich die Ex-Gattin des BF nunmehr seit 29.07.2019 in einem Frauenhaus befindet.
Fest steht, dass der BF eine derart große Gefahr für seine Ex-Gattin darstellte, dass sie nicht zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.09.2019 erscheinen konnte.
Dass sie nicht dazu imstande ist, hat eine Strafprozessvertreterin der Ex-Gattin des BF dem BVwG Anfang September 2019 mitgeteilt, indem sie betonte, dass die BF aus Angst vor dem BF auf keinen Fall nochmals auf den BF treffen möchte. Daraufhin wurde die Zeugenladung der Ex-Gattin des BF wieder zurückgenommen und der Ex-Gattin des BF mitgeteilt, sie habe nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen.
Die BF, die sich auch derzeit aus Angst vor dem BF in einem Frauenhaus aufhält, hat aktuell Angst um sich, ihre Tochter und ihre übrige Familie, wurden doch nachweislich auch gegenüber ihrer Cousine auf Facebook vom BF Drohungen geäußert.
Dass der BF nicht nur für nahe Familienangehörige nachhaltig gefährlich ist, sondern auch für fremde Personen, ergibt sich aus seiner aus dem Akteninhalt ersichtlichen grundsätzlichen Aggressionsbereitschaft - ein Antigewalttraining konnte laut Bericht seiner Bewährungshelferin vom 11.09.2019 bislang jedenfalls aufgrund sprachlicher Barrieren nicht durchgeführt werden. Der BF wurde im Oktober 2017 nicht nur wegen versuchter schwerer Nötigung, sondern auch wegen Sachbeschädigung rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, gegen ihn besteht seit September 2017 zudem ein Waffenverbot.
Der BF brachte in der Beschwerde von Juni 2019 und damit noch vor seiner Strafhaftentlassung im Juli 2019 vor, zukünftig werde es nach Scheidung und Trennung der Lebensverhältnisse mit seiner Ehegattin keine Konfliktsituationen - wie in der Vergangenheit - mehr geben, und seien die in der Vergangenheit bestandenen familiären Probleme bereinigt.
Der BF hat jedoch mit seinem nach Strafhaftentlassung fortgesetzten bedrohendem und unruhestiftendem Verhalten das Gegenteil bewiesen.
Er hat entgegen seines Beschwerdevorbringens nicht für eine bereinigte Situation, sondern für weitere Probleme gesorgt. Nach Strafhaftentlassung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat er sogar bezüglich der gegenüber seiner Ex-Gattin begangenen Straftaten keine Reue gezeigt und gab er an, ihm sei zwar bewusst, dass die beiden Strafrechtsurteile von 2017 und 2019 bereits rechtskräftig sind, er "das, was ihm seine Gattin vorwirft", jedoch nicht begangen habe.
Es kann unter Berücksichtigung seines gesamten Verhaltens im Bundesgebiet zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt von keiner positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.
Mit Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 wurde dem BF die Obsorge über seine minderjährige Tochter entzogen und angeordnet, dass er ein Anti-Aggressionstraining mit Erziehungsberatung zu absolvieren hat und seine minderjährige Tochter 14-tägig im Rahmen einer Besuchsbegleitung sehen kann.
Der BF konnte jedoch einem Bericht der Bewährungshelferin des BF von September 2019 folgend laut einer auf "häusliche Gewalt" spezialisierten Therapeutin, mit welcher der BF in Kontakt getreten ist, aufgrund sprachlicher Barrieren kein Anti-Aggressionstraining absolvieren.
Die gerichtliche Anordnung mit Beschluss vom 06.05.2019, der BF könne seine minderjährige Tochter alle 14 Tage im Rahmen einer Besuchsbegleitung sehen, war mit der gerichtlichen Anordnung, verpflichtend ein "Antiaggressionstraining mit Erziehungsberatung" zu absolvierenden, verbunden. Da der BF das ihm gerichtlich auferlegte Antiaggressionstraining "aufgrund sprachlicher Barrieren" - bislang - jedoch nicht absolvieren konnte, kann ihm dem Gerichtsbeschluss vom 06.05.2019 folgend in weiterer Folge auch kein Besuchsrecht im Rahmen einer Besuchsbegleitung mehr zukommen.
Aufgrund anhaltender Aggressionstendenzen und nach Strafhaftentlassung fortgesetztem unruhestiftenden und bedrohenden Verhalten des BF, seiner wiederholten Missachtung der gegen ihn im September und kürzlich im Mai 2019 verhängten Betretungsverbote und seines seit September 2017 bestehenden Waffenverbotes wird von einer nicht nur für die Ex-Gattin des BF und seine minderjährige Tochter, sondern auch für die gesamte öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet aktuellen, erheblichen Gefahr iSv § 67 Abs. 1 S. 2 FPG ausgegangen.
Das vom BFA erlassene Aufenthaltsverbot besteht dem Grunde nach jedenfalls zu Recht.
Der mittlerweile fast fünf Jahre alten Tochter des BF sind nunmehr in ihrem Alter die ständigen Bedrohungen gegenüber ihrer Mutter, die deswegen nachhaltig in Angst und Schrecken versetzt wurde, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bewusst, im Gegensatz zu ihrer Situation zum Tatzeitpunkt im September 2017, zu welchem Zeitpunkt die Tochter des BF erst zwei Jahre alt war und sich demnach noch im Kleinkindalter befunden hat, als der BF seine Ex-Gattin mit dem Umbringen ihrer gemeinsamen kleinen Tochter bedroht hat, sollte sie ihre Anzeige vor der Polizei nicht zurücknehmen, und ihre Tochter, mit einem Messer auf sie gerichtet, auf den Boden gelegt hat.
Nichtsdestotrotz konnte im letzten Strafrechtsurteil des BF von April 2019 eine gewisse Zuneigung der Tochter des BF gegenüber ihrem Vater dermaßen dargelegt werden, als dort davon die Rede war, dass der BF im März 2019, bevor er sich gegen seine Ex-gattin wandte, vor dem Kindergarten zunächst seine im März 2019 vier Jahre alte Tochter zu sich gerufen hat, diese dann auch zu ihm gekommen und trotz Aufforderung der Mutter, doch zu ihr zu kommen, zunächst hartnäckig bei ihrem Vater geblieben ist.
Fest steht, dass der BF bei einer Außerlandesbringung ein Besuchsrecht jedenfalls über die zuständige Vertretungsbehörde in seinem Herkunftsland anfordern und gegebenenfalls über Sondereinreise- bzw. Sonderaufenthaltsbewilligungen ausüben kann,
? nachdem mit der Kindesmutter in schriftlicher Form per SMS oder dem Nachrichtendienst Viber Kontakt zwecks Organisation der begleiteten Besuche der minderjährigen Tochter im Besuchscafé aufgenommen worden war, welche Form der Kontaktaufnahme ihm mit Gerichtsbeschluss vom 17.05.2019 auch für die Dauer seines Betretungsverbotes bis Mai 2020 eingeräumt wurde.
Der BF, in Bosnien eine LKW-Lehre absolviert, geht im Bundesgebiet seit März 2014 bei verschiedenen Firmen Beschäftigungen nach, nach seiner Strafhaftentlassung konnte er seine vor Strafhaft ausgeübte Beschäftigung fortsetzen. Ein Freund des BF gab in der mündlichen Verhandlung am 12.09.2019 als Zeuge glaubhaft an, dass der BF seit seiner Strafhaftentlassung bemüht ist, all seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Der BF hat im Bundesgebiet mit einer Cousine und einem Schwager weitere Verwandte und ab Einreise im Mai 2013 - auch über seine Arbeit - einige Sozialkontakte knüpfen können. Aufgrund im Bundesgebiet entstandener privater Bindungen des BF wird die Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes des BF von acht auf fünf Jahre für gerechtfertigt und auch für hoch genug gehalten, um den BF in seinem Herkunftsstaat - gegebenenfalls auch mit Unterstützung seiner dort lebenden Mutter - zu einem positiven Gesinnungswandel bewegen zu können.
Es war der Beschwerde daher teilweise stattzugeben und das Aufenthaltsverbot auf die Dauer von fünf Jahren herabzusetzen.
3.2.3. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt.
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit geboten.
Da vom BF im gegenständlichen Fall jedenfalls eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, war die sofortige Ausreise des BF im öffentlichen Interesse geboten, dies vor allem deswegen, weil der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.09.2019 keine Reue über seine Straftaten gegenüber seiner Ex-Gattin gezeigt und nach Strafhaftentlassung sein unruhestiftendes und bedrohendes Verhalten gegenüber seiner Ex-Gattin und weitergehend sogar gegenüber einer Cousine der Ex-gattin der BF über Facebook fortgesetzt hat und die Ex-Gattin zum Schutz vor dem BF im Juli 2019 erneut in ein Frauenhaus flüchten musste.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2220827.1.01Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020