Entscheidungsdatum
06.11.2019Norm
ASVG §410Spruch
G308 2217386-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerdesache von XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut KLEMENTSCHITZ, 8010 Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (StGKK) vom 04.03.2019, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. 1. Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben, GZ-XXXX vom 07.01.2019 wies die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz GKK) den Antrag von XXXX (Im folgenden Beschwerdeführerin oder kurz BF), SVNR XXXX über die konkrete Feststellung zur Verpflichtung zur Leistung eines Kostenanteils für die Anstaltsaufenthalte ihre Tochter mangels Zuständigkeit zurück.
1.2.Mit Schreiben vom 04.02.2018 (richtig 2019) erhob die nunmehrige BF, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut KLEMENTSCHITZ, Friedrichgasse 6, 8010 Graz fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid.
1.3. Mit Beschwerdevorentscheidung, GZ XXXX, vom 04.03.2019 wies die GKK die Beschwerde als unbegründet ab.
1.4. Mit Schreiben vom 07.03.2019 stellte die BF durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht einen Vorlageantrag.
1.5. Die GKK legte mit Schreiben vom 10.04.2019 den Vorlageantrag mitsamt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo er am 15.04.2019 eingelangt ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt erliegende erstellte Urschrift der Erledigung vom 07.01.2019 bzw. 04.03.2019 trägt keine Unterschrift des Genehmigenden und wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters (etwa durch elektronische Genehmigung bzw. Anbringung einer Amtssignatur) genehmigt. Im Verwaltungsverfahrensakt der GKK liegt auch keine Durchschrift oder Kopie der an die BF zugestellten Ausfertigung ein.
2. Beweiswürdigung:
Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der GKK vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens.
Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt erliegende erstellte Urschrift der Erledigungen vom 07.01.2019 bzw. 04.03.2019 weisen keine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG auf. Hinweise auf den Einsatz eines technischen Verfahrens zum Nachweis der Identität der Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung können dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchteil A):
3.1. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, BGBl. I Nr. 87/2008 idF BGBl. I Nr. 57/2018, ist das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden anzuwenden. Auf das Verfahren der Sozialversicherungsträger in Verwaltungssachen (§ 354 ASVG) ist demgemäß das AVG in vollem Umfang anzuwenden (vgl. hiezu 2195 BlgNR XXIV. GP, 5).
Gemäß § 18 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
3.2. Gemäß § 18 Abs. 4 leg. cit. hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
3.3. § 18 AVG bringt den Grundsatz zum Ausdruck, dass die Identität des Organwalters, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die Urschrift einer Erledigung muss sohin das genehmigende Organ erkennen lassen (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
3.4. Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).
3.5. Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw. der mangelnden Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070; 14.10.2013, Zl. 2013/12/0079).
3.6. Zum gegenständlichen Verfahren:
3.6.1. Die Frage der (eigenen) sachlichen und örtlichen Zuständigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht in jeder Lage von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 K10 unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG).
3.6.2. Einer Erledigung fehlt die Bescheidqualität, wenn die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist. Gegenteiliges ist nur anzunehmen, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen die Originalunterschrift des Genehmigenden tragen und eine nicht unterschriebene Durchschrift im Akt verbleibt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/06/0022).
Fallbezogen fehlt der im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt aufliegende Urschrift die Bescheidqualität, da die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist. Die Identität des die angefochtene Erledigung genehmigenden Organwalters ist demgemäß nicht erkennbar und liegt keine wirksame Erlassung eines Bescheides vor.
Die im Verwaltungsakt der belangten Sozialversicherungsanstalt aufliegende Urschrift wurde auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters genehmigt und findet sich schließlich im Verwaltungsverfahrensakt der belangten Behörde auch keine Durchschrift oder Kopie der an die BF zugestellten Ausfertigung. Auch auf diesem Wege kam sohin keine wirksame Genehmigung der angefochtenen Erledigung zustande.
3.6.3. Die von der BF gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid, was entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge hat (vgl. auch VwGH 20.04.2017, Ra 2017/20/0095).
3.6.4. Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
4. mündliche Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.06.2012, B 155/12). Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte. Darüber hinaus gebietet Art. 6 MRK bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0073, mwN).
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheidqualität, Genehmigung, Nichtbescheid, Zurückweisung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2217386.1.01Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020