Entscheidungsdatum
07.11.2019Norm
ASVG §410Spruch
W164 2143890-1/15E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Einzelunternehmerin XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Sauer, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 28.11.2016, Zl. VA/RB-GPLA-0022/2016, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 27.06.2019 beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3, zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 28.11.2016, Zl. VA/RB-GPLA-0022/2016, hat die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden NÖGKK) festgestellt, dass die im Rahmen einer bei der Einzelunternehmerin XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin = BF) nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von Euro 30.158,52 zuzüglich der hierauf entfallenden Verzugszinsen im Ausmaß von Euro 6.509,28 zu Recht bestehen würden. Die BF sei in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin zur Zahlung des Nachverrechnungsbetrages von insgesamt Euro 36.667,80 verpflichtet. Die Beitragsabrechnung aus einer bei der BF durchgeführten Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (im Folgenden GPLA) betreffend den Zeitraum 1.1.2011 bis 31.12.2015 sowie der Prüfbericht vom 4.5.2016 würden einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides bilden.
Zur Begründung führte die NÖGKK aus: Anlässlich der genannten GPLA Prüfung seien Differenzen festgestellt worden, die im Wesentlichen aus Unterschieden zwischen den aufgezeichneten bzw. abgerechneten Arbeitsstunden und den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bzw. aus der fehlenden Abrechnung von Überstundenzuschlägen für folgende
Dienstnehmer resultieren würden: XXXX VSNR XXXX (im folgenden MB1), XXXX VSNR XXXX (im Folgenden MB2), XXXX VSNR XXXX (im folgenden MB3), XXXX VSNR XXXX (im folgenden MB4), XXXX VSNR XXXX (im folgenden MB5) und XXXX VSNR XXXX . (im folgenden MB6).
Die Arbeitszeiten der genannten Dienstnehmer (MB1 bis MB6) hätten im Prüfzeitraum 1.1.2011 bis 31.12.2015 von Montag bis Freitag jeweils von 5:00 Uhr bis 15:00 Uhr +/-10 Minuten gedauert. Ihre Pausen hätten täglich 1 Stunde und 15 Minuten betragen. Ihre tägliche Arbeitszeit habe somit 10 Stunden abzgl. 1 Stunde und 15 Minuten betragen. Ihre wöchentliche Arbeitszeit habe 43,75 Stunden betragen. Zeitausgleich hätten sie im Prüfzeitraum nicht konsumiert. Die genannten Dienstnehmer (MB1 bis MB6) hätten wöchentlich 3,75 Überstunden geleistet. In der Buchhaltung der Beschwerdeführerin seien keine Zahlungen von Überstundenzuschlägen gesichtet worden. Auf die Tätigkeit MB1 bis MB6 sei der Kollektivvertrag Fleischerarbeiter (Niederösterreich) anzuwenden. Ihre Dienstnehmereigenschaft stehe unstrittig fest. Mit dem MB5 sei am 23.3.2016 eine Niederschrift aufgenommen worden, die nachvollziehbare Angaben darüber enthalte, dass alle genannten Dienstnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin Überstunden im festgestellten Ausmaß leisteten. Diese Niederschrift sei im Beisein des Geschäftsführers der XXXX GmbH & Co. KG aufgenommen worden, welche im Prüfzeitraum Auftraggeberin der BF gewesen sei und Anwesenheitslisten von Mitarbeitern der Subfirmen geführt habe (im Folgenden Generalunternehmerin). Die vom MB5 im Rahmen der genannten Niederschrift gemachten Angaben seien als glaubwürdig anzusehen. Die Arbeitszeitaufzeichnungen der BF würden dagegen keine Überstunden der MB1 - MB6 aufweisen. Die Arbeitszeitaufzeichnungen seien aufgrund ihres Erscheinungsbildes als nicht sorgfältig geführt zu beurteilen. Sie seien als nicht geeignetes Beweismittel anzusehen. Ihnen werde untergeordnete Beweiskraft beigemessen. Eine klärende Stellungnahme seitens der BF bezüglich der Entlohnung von Überstunden sei trotz schriftlichen Vorhalts vom 07.04.2016 nicht erfolgt. Diese Unterlassung sei im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt worden. Die BF habe ferner am GPLA-Schlussbesprechungstermin vom 26.4.2016 nicht mitgewirkt. Dies sei in die Beweiswürdigung miteinbezogen worden. Aus einer Abfrage des Mitgliederverzeichnisses der Wirtschaftskammer Niederösterreich habe sich die Mitgliedschaft der BF bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich Fachgruppe Lebensmittelgewerbe/Berufszweig Fleischer seit 1.11.2010 ergeben. Per 30.6.2016 sei das Gewerbe Fachgruppe Lebensmittelgewerbe/Berufszweig Fleischer ruhend gemeldet worden. Diese Daten seien der Beurteilung zugrunde gelegt worden. Gestützt auf die §§ 33 Abs. 1; 35 Abs. 1; 44 Abs. 1; 49 Abs. 1 und Abs. 2; 54 Abs. 1; 58 Abs. 1 und Abs. 2; 59 Abs. 1 ASVG sowie 6 Abs. 1 und Abs. 2 BMSVG und auf den Kollektivvertrag Fleischerarbeiter (Niederösterreich) kam die NÖGKK zu dem Schluss, dass die genannten sechs Dienstnehmer im Prüfzeitraum im Rahmen ihrer Tätigkeit für die BF wöchentlich 43,75 Arbeitsstunden, somit wöchentlich 3,75 Überstunden geleistet hätten und die geleisteten Überstunden mindestens gemäß den Bestimmungen des Kollektivvertrages Fleischerarbeiter (Niederösterreich) zu entlohnen gewesen wären. Daraus ergebe sich der verfahrensgegenständliche Nachverrechnungsbetrag gegen die Beschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre steuerrechtliche Vertretung Astroria Wirtschaftstreuhand-Steuerberatung GmbH fristgerecht Beschwerde und beantragte die Aufhebung der gesamten festgesetzten Nachzahlungsforderung an Sozialversicherungsbeiträgen und Verzugszinsen sowie die Aussetzung der Einhebung dieser Sozialversicherungsbeiträge und Verzugszinsen. Die Beschwerdeführerin habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines mit der Generalunternehmerin geschlossenen Werkvertrages als Subunternehmerin Fleischzerlegungsarbeiten überwiegend für Rindfleisch durchgeführt. Dafür habe sie die genannten sechs Dienstnehmer direkt am Betriebsstandort der Generalunternehmerin eingesetzt. Die gesamten Feststellungen aus dieser GPLA Prüfung seien aufgrund der Befragung eines einzigen Dienstnehmers nämlich des MB5 erfolgt. Dieser spreche schlecht Deutsch. Es sei zu bezweifeln, ob er die an ihn gestellten Fragen überhaupt vollständig verstanden habe. Ein Dolmetscher sei nicht herangezogen worden, obwohl das Prüforgan hätte erkennen müssen, dass der MB5 nicht alles verstanden habe. Die BF habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme während der laufenden GPLA Prüfung gehabt. Sie sei zu keiner Stellungnahme aufgefordert worden. Die GPLA Schlussbesprechung sei ohne Beiziehung der BF oder ihrer steuerlichen Vertretung erfolgt. Soweit der BF unterlassene Mitwirkung vorgeworfen werde, sei festzuhalten, dass weder die BF noch ihre steuerliche Vertretung das Ergänzungsersuchen vom 07.04.2016 und die Einladung zur Schlussbesprechung vom 07.04.2016 für 26.4.2016 erhalten habe. Nach Einsicht in den GPLA Prüfungsakt liege auch dort kein diesbezüglicher Zustellnachweis vor. Es sei eine Verletzung des Parteiengehörs gegeben. Die BF habe im Zuge der GPLA Prüfung lückenlose Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt. Aus diesen Aufzeichnungen würden die tatsächlichen Arbeitsleistungen der Dienstnehmer eindeutig hervorgehen. Die tatsächliche Arbeitszeit habe sich je nach Arbeitsanfall von Montag bis Freitag verteilt. An Freitagen sei weniger Stunden oder gar nicht gearbeitet worden. Dies sei abhängig davon gewesen, wie viel Rindfleisch für die Zerlegung im Betrieb vorhanden war. Daraus habe sich zwangsläufig ergeben, dass die Dienstnehmer die wöchentliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden laut Kollektivvertrag Fleischerarbeiter (Niederösterreich) nicht immer erreicht hätten. Die daraus resultierenden Minusstunden seien zulasten der BF gegangen. Die Dienstnehmer der BF seien fast ausschließlich für die Zerlegung von Rindfleisch zuständig gewesen. Das Schweinefleisch sei üblicherweise von den Mitarbeitern der Generalunternehmerin zerlegt worden. Wenn das tägliche Kontingent an vorhandenem Rindfleisch zerlegt gewesen sei, sei die Arbeit der Dienstnehmer der BF erledigt gewesen. Die BF legte für einen ausgewählten Zeitraum eine Aufstellung der Generalunternehmerin über die Menge des täglich zerlegten Rindfleisches vor. Die Mengen an zerlegtem Rindfleisch würden sich in den Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiter wiederspiegeln. Die BF legte weiters Ausdrucke elektronischer Anwesenheitslisten der Generalunternehmerin für denselben Zeitraum vor, die der Portier der Generalunternehmerin geführt habe. In diesen Anwesenheitslisten seien zwar keine Kommens-und Gehens-zeiten vermerkt, jedoch entsprechenden Markierungen darüber gesetzt worden, dass die Dienstnehmer das Firmengelände betreten hätten. Die Anwesenheitslisten der Generalunternehmerin seien nämlich nur aus Sicherheitsgründen geführt worden. Der von der belangten Behörde herangezogenen Aussage eines einzigen Mitarbeiters, nämlich des MB5, sei die lückenlose Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen entgegenzuhalten. Der MB5 habe angegeben, dass die Arbeitszeit jede Woche von Montag bis Freitag in der Zeit von 5:00 Uhr bis 15:00 Uhr unter Berücksichtigung einer Pause von 1 Stunde und 15 Minuten geleistet werde. Die Schlussfolgerung der Behörde, dass alle Dienstnehmer regelmäßig 43,75 Überstunden pro Woche geleistet hätten, sei nicht richtig. Die Aussage des MB5 in der Niederschrift vom 23.3.2016 betreffe das Jahr 2016. Diese Aussage sei nur pauschal und könne nicht auf die Vergangenheit bzw. auf jeden einzelnen Tag des Prüfzeitraumes angewendet werden. Aus dem Protokoll sei nicht erkennbar, dass die Aussagen des MB5 hinterfragt worden wären. Der MB5 sei etwa nicht gefragt worden, ob es auch Abweichungen zu den von ihm angegebenen Zeiten gegeben habe. Tatsächlich sei die Menge an zu verarbeitendem Rindfleisch täglich unterschiedlich gewesen. Die Nachfrage nach Rindfleisch sei nicht über das ganze Jahr konstant gewesen. Der Inhalt der Niederschrift erwecke den Eindruck, als hätte der Prüfer "seine Antwort" hören wollen, um möglichst einfach zu einer - für die BF existenzbedrohenden - Nachforderung zu kommen. Der BF werde vorgeworfen, sie hätte ihre Arbeitszeitaufzeichnungen nicht sorgfältig geführt. Eine Begründung dieser Feststellung sei nicht erfolgt. Tatsächlich seien die Arbeitsaufzeichnungen lückenlos erfolgt. Die Behörde habe diesen ohne entsprechende Begründung eine nur untergeordnete Beweiskraft beigemessen. Anhand des Vergleichs zwischen den Arbeitszeitaufzeichnungen, den Anwesenheitslisten und der Aufstellung über die Menge des täglich zerlegten Rindfleisch sei klar zu erkennen, dass alle Aufzeichnungen übereinstimmen würden und auch schlüssig seien. Die Feststellungen der belangten Behörde seien daher nicht nachvollziehbar. Die genannten sechs Dienstnehmer hätten keine Überstunden geleistet. Es habe kein Anspruch auf Entlohnung von Überstunden bestanden. Aus diesem Grund seien solche auch nicht ausbezahlt worden. Die vorgelegten Dokumente (Arbeitszeitaufzeichnungen der BF, Anwesenheitslisten der Generalunternehmerin und bei der Generalunternehmerin geführte Aufzeichnungen über die Mengen an zerlegten Rindfleisch) würden belegen, dass keine Überstunden geleistet wurden. Die verarbeiteten Mengen und die dazugehörigen Arbeitszeitaufzeichnungen würden parallel gehen und die Richtigkeit der Arbeitszeitaufzeichnungen wiederspiegeln. Von jedem Prüfungsjahr seien stichprobenartig Arbeitszeitaufzeichnungen von jeweils zwei Monaten ausgewählt und in eine Excel-Tabelle übertragen worden. Anhand dieser Excel-Tabelle lasse sich klar erkennen, dass die Arbeitszeiten (Höhe und Ausmaß) der Dienstnehmer ein regelmäßiges Arbeitsbild ergeben hätten. Die BF bot an, entsprechende Aufzeichnungen für den ganzen Prüfungszeitraum vorzulegen.
Die NÖGKK legte den Bezug haben Akt dem Bundesverwaltungsgericht, einlangend mit 5.1.2017, vor und führte aus, die Ausführungen der Beschwerdeführerin würden den niederschriftlich protokollierten Angaben des MB5 vom 23.3.2016 widersprechen. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer der Generalunternehmerin der Aufnahme der genannten Niederschrift beigewohnt habe. Es sei den Angaben des MB5 zu glauben. Es habe keine Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Prüforgan und dem MB5 gegeben. Der MB5 scheine seit 2003 als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet auf. Die NÖGKK beantragte, den Bescheid der vom 28.11.2016 zu bestätigen.
Am 27.06.2019 wurde beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten, an der der Ehemann der BF, Herr XXXX , weiters die steuerliche Vertretung der BF, die nunmehrige Rechtsvertretung der BF, die gleichzeitig ihre Bevollmächtigung bekanntgab, der MB1, MB2, MB4 und MB5, und ein Vertreter der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse teilnahmen. Zur Vernehmung der MB1, MB2, MB4 und MB5 wurde eine Dolmetscherin für die tschechische Sprache beigezogen. Der eingangs genannte Generalunternehmer und der mit der GPLA-Prüfung befasste Mitarbeiter der Finanzverwaltung wurden als Zeugen vernommen.
Der eingangs genannte Generalunternehmer (im Folgenden Z1) machte die folgenden Angaben: Die GPLA Schlussbesprechung habe auf seinem Betriebsgelände stattgefunden, daher sei er bei der Schlussbesprechung dabei gewesen. Er habe z.B. dafür gesorgt, dass die Dienstnehmer der BF geholt werden. Er sei nicht die ganze Besprechung hindurch dabei gewesen. Unterschrieben habe er als teilnehmender Beteiligter. Die BF habe der Z1 nicht regelmäßig auf seinem Betriebsgelände gesehen, sondern nur ihren Mann, zwei bis dreimal im Jahr. Die Generalunternehmerin habe aus Sicherheitsgründen registriert, welche Mitarbeiter das Gelände betreten haben. Wer wann das Gelände verließ, sei nicht registriert worden. Wenn eine Partie das Gelände verließ, sei der Zettel, auf dem die Anwesenheit der Arbeitspartie eingetragen war, beiseitegelegt worden. So habe man gewusst, dass diese Personen das Gelände verlassen haben. Befragt, zum Arbeitsvolumen gab der Z1 an, es gebe saisonale Schwankungen. Im Wesentlichen sei der Umfang über die Jahre jedoch gleichgeblieben. Wenn die Menge an geliefertem Fleisch zerlegt sei, sei der Arbeitstag grundsätzlich zu Ende, es sei denkbar, dass dies auch manchmal schon am Donnerstag der Fall gewesen sein könne. Seine eigenen Dienstnehmer habe der Z1 ebenfalls nach dem Kollektivvertrag für Fleischer entlohnt. Er habe für tägliche Überstunden den Überstundenzuschlag laut Kollektivvertrag bezahlt.
Der Ehemann der BF machte die folgenden Angaben: Er habe den Betrieb mit seiner Gattin gemeinsam geführt. Es habe dort keinen Betriebsrat und keine Betriebsvereinbarungen gegeben. Ein schriftlicher Einzelvertrag sei mit allen mitbeteiligten Dienstnehmern geschlossen worden. Das Einstellungsgespräch habe der Ehemann der BF geführt. Dabei sei etwa gesagt worden, dass die Messer zur Verfügung gestellt werden, dass es eine 40-Stunden-Woche sei, dass die Arbeitnehmer die Verköstigung bekommen, sich die Wohnung aber selber suchen müssten. Befragt, ob man über die vertragliche Bestimmung wonach es sich die Arbeitgeberin vorbehält, die Arbeitszeit auf die Tage der Woche zu verteilen gesprochen habe, gab der Ehemann der BF an, es habe sich niemand beschwert. Wenn es sieben Stunden waren, seien es eben sieben Stunden gewesen und wenn es neun Stunden waren, seien es neun Stunden gewesen. Es habe da keine Wiederrede gegeben. Das habe sich dann ausgeglichen. Den Arbeitsvertrag habe der Ehemann der BF den Dienstnehmern mitgebracht und gesagt, sie sollten sich den durchlesen und unterschreiben. Die Arbeiter hätten sich den Vertrag dann mit nachhause genommen. Tatsächlich sei die wöchentliche Arbeitszeit eher unter 40 Wochenstunden geblieben. Die Arbeitnehmer hätten gewusst, dass das in der Früh gelieferte Stück noch am selben Tag zu zerlegen sei. Das habe dann mal länger, mal kürzer gedauert. Zu Wochenbeginn hätten die Arbeitnehmer nicht gewusst, wie lange die Arbeitstage dieser Woche dauern würden. Der Ehemann der BF habe am Vorabend eines Arbeitstages ungefähr gewusst, wie lange der nächste Arbeitstag voraussichtlich dauern würde. Darüber, wieviel Fleisch in der Früh ankommen würde, habe es eine Liste gegeben. Den Arbeitnehmern habe er diese Information grundsätzlich nicht weitergegeben. Es sei auch vorgekommen, dass etwas dann nicht geliefert wurde, dann sei der Arbeitstag wider Erwarten kürzer gewesen. Es habe auch Arbeitstage mit nur vier Stunden gegeben. Die Arbeitszeitlisten habe der Ehemann der BF dem MB5 gegeben und ihm aufgetragen, die Arbeitszeiten einzutragen. Einmal in der Woche oder nach zwei Wochen habe er sich dann die Listen geholt. Hin und wieder seien die Listen nicht vollständig ausgefüllt gewesen. Dann habe der Ehemann der BF sie nachträglich vervollständigt. Da er die genauen Arbeitszeiten nicht mehr gewusst habe, habe er in solchen Fällen acht Stunden eingetragen. Den MB5 habe er nachträglich nicht mehr gefragt, denn der hätte sich auch nicht mehr erinnert. Der Ehemann der BF sei etwa ein bis zweimal die Woche am Betriebsgelände anwesend gewesen. Um eine Gegenzeichnung der Arbeitsaufzeichnung (wie im schriftlichen Vertrag vorgesehen) habe man sich in der Praxis nicht gekümmert. Das Verhältnis zu den Dienstnehmern sei gut gewesen. Der Ehemann der BF habe diesen vertraut. Es sei nicht viel geredet worden. Es habe gut funktioniert. Wenn jemand frei gebraucht habe, habe die Dienstgeberseite geschaut, dass er frei bekommt. Über Zeitausgleich sei nie gesprochen worden. Es sei gearbeitet worden und "wenn frei war, dann war frei". Das sei gar nicht so genau umgerechnet worden. Das Arbeitsvolumen sei im Laufe der Jahre im Wesentlichen gleich geblieben. Am Wochenende seien die Arbeitnehmer nach Hause gefahren. Es habe auch Freitage gegeben, an denen nur ein bis zwei Stunden gearbeitet wurde. Die Mengen, die an die Generalunternehmerin verrechnet wurden, hätten zu den Arbeitszeiten gepasst. Die vom MB5 seinerzeit angegebenen Pausen würden stimmen. Diese seien strikt eingehalten worden. Das Arbeitsende 15Uhr stimme aber nicht für jeden Tag.
Konfrontiert damit, dass im Zuge der GPLA Aufzeichnungen von Zeitausgleich (der ganzen Arbeitspartie) für Tage vorgelegt wurden, für die die Zerlegelisten ergaben, dass gearbeitet wurde, gab der Ehemann der BF an, er erinnere sich noch, jedoch nicht mehr genau, dass Diskrepanzen zwischen den Arbeitszeitaufzeichnungen und den Anwesenheitslisten festgestellt wurden. Er gehe davon aus, dass er hier aus Versehen falsche Eintragungen gemacht hatte.
Die Steuerliche Vertretung gab dazu an, das Thema Zeitausgleich sei erst im Zuge der Prüfung aufgetaucht. Seitens der steuerlichen Vertretung sei dann vertreten worden, dass Zeitausgleich im Verhältnis 1:1 gewährt wurde. Die Arbeitsaufzeichnungen seien der steuerlichen Vertretung im alltäglichen Geschäft nicht vorgelegen. Die Entlohnung habe jedes Monat im Monatslohn bestanden.
Der MB1 machte die folgenden Angaben: Er sei von 01.11.2010 bis 31.05.2016 bei der BF beschäftigt gewesen. Er glaube, zu Beginn dieser Beschäftigung einen schriftlichen Vertrag bekommen und unterschrieben zu haben. Zu Beginn der Beschäftigung habe er mit dem Ehemann der BF auch über die Arbeitsbedingungen gesprochen.
Hinsichtlich der Arbeitszeit sei gesagt worden: 40 Stunden die Woche. Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit über die Arbeitstage sei gesagt worden: Von Montag bis Freitag. Der Arbeitstag habe regelmäßig zur selben Zeit begonnen, nämlich um 05:00 Uhr Früh. Folgende Pausen seien gehalten worden: Jause 07:30 Uhr bis 08:00 Uhr, dann 10:00 Uhr bis 10:15 Uhr eine weitere Pause, Mittag 11:45 Uhr bis 12:15 Uhr. Arbeitsende sei spätestens 15:00 gewesen. Oft sei aber schon früher Schluss gewesen. Meist habe der Arbeitstag von 05:00 bis 14:30 gedauert. Wie lange der Arbeitstag dauert, habe sich daraus ergeben, wie viel zu tun war. Das habe keiner vorher wissen können. An Freitagen sei meisten früh Schluss gewesen, also 13:00 oder 14:00 Uhr. Wenn es überdies wenig Arbeit gegeben habe, dann wesentlich früher, also um 10:00 oder 11:00 Uhr. Man sei dann schon vor dem Mittagessen hach Hause gefahren. Die Arbeitszeit habe die Gruppe einfach aufgeschrieben und die Aufzeichnung abgegeben. Der MB5 habe sie dem Ehemann der BF abgegeben. Die Gruppenmitglieder hätten immer alle gleich lang gearbeitet. Der Begriff Zeitausgleich sei nie verwendet worden. Das Arbeitsvolumen sei über die Jahre im Wesentlichen gleichgeblieben. Wenn der MB1 einen Arbeitstag frei haben wollte, habe er dies dem MB5 gesagt. Dieser habe das gemeldet. Der MB1 habe dann einen Urlaubstag genommen. Im Sommer habe er sich länger Urlaub genommen. Die Partien der Generalunternehmerin hätten Schweinefleisch zerlegt. Aus hygienischen Gründen hätten diese stets in anderen Räumlichkeiten gearbeitet. Dass andere Arbeiter den Raum der Gruppe bereits nutzen wollten, während die Arbeitsgruppe des MB1 arbeitete, sei nicht vorgekommen.
Der MB2 machte die folgenden Angaben: Er sei von November 2015 bis 31.05.2016 bei der BF beschäftigt gewesen. Er habe insgesamt sieben Monate für die BF gearbeitet. Zu Beginn der Beschäftigung habe er einen schriftlichen Vertrag bekommen und unterschrieben. Ein Kollege habe ihm bei der Übersetzung geholfen. Auch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber habe er zu Beginn der Beschäftigung geführt. Er könne sich aber nicht mehr an die damals besprochenen Arbeitsbedingungen erinnern. Der Arbeitstag habe immer um 05:00 Uhr begonnen. Die genauen Pausenzeiten habe er nicht mehr genau in Erinnerung. Er glaube jedoch, dass die Pausenzeiten, die der MB1 genannt habe, zutreffen, auch dessen Aussagen über das Arbeitsende und die unterschiedliche Dauer der Arbeitstage. Freitag sei kürzer gewesen, von Zeit zu Zeit seien aber auch andere Wochentage kürzer gewesen. Dies sei davon abgehangen, ob es viel Arbeit gab. Der MB2 habe seine Arbeitszeit nicht notiert. Er sei daher davon ausgegangen, dass es reiche, wenn sein Kollege die Arbeitszeit aufzeichne. Die Mitglieder der Gruppe hätten immer zur gleichen Zeit Arbeitsschluss gehabt. Sie hätten einen fixen Lohn bekommen. Für die Stunden, die mehr gearbeitet wurde, hätten sie dann frei bekommen. Es sei auch vorgekommen, dass an Freitagen gar nicht gearbeitet wurde.
Der MB4 machte die folgenden Angaben: Er sei von 01.11.2010 bis 31.10.2015 bei der BF beschäftigt gewesen. Möglicherweise habe er zu Beginn Ihrer Beschäftigung einen schriftlichen Vertrag bekommen und unterschrieben. Ob er ihn gelesen habe, wisse er nicht mehr. Gesprochen sei zu Beginn der Beschäftigung darüber worden, dass 40 Stunden gelten würden. Der Arbeitstag habe immer zur gleichen Zeit begonnen. Hinsichtlich Pausen und Arbeitsende stimme das, was der MB1 gesagt habe. Wenn die Gruppe länger arbeiten musste, habe sie das an diesem Tag erfahren. Die BF oder deren Ehemann seien nicht anwesend gewesen. Es habe einen Bereichsleiter gegeben, der in diesem Fall die Anordnungen gegeben habe. Wenn die Gruppe früher mit der Arbeit fertig gewesen sei, sei sie heimgegangen. Man sei auch manchmal unter der Woche früher heimgegangen. Um die Bezahlung habe sich der MB1 gekümmert. Den Begriff Zeitausgleich habe der MB4 nie gehört. Wenn er frei gebraucht habe, habe er es einen Tag davor dem MB5 gesagt. Dieser habe dann wahrscheinlich angerufen. Im Sommer habe der MB4 14 Tage frei genommen und habe es schon früher gesagt.
Der MB5 machte die folgenden Angaben: Er sei von 01.11.2010 bis 31.05.2016 bei der BF beschäftigt gewesen. Er könne sich nicht mehr im Detail erinnern. Zu Beginn seiner Beschäftigung habe er einen schriftlichen Vertrag bekommen und unterschrieben. Daraus habe er seine Arbeitsstunden entnommen und welche Tätigkeit er auszuführen habe. Auch ein Gespräch zu Beginn seiner Tätigkeit habe es gegeben. Da sei über die Stunden gesprochen worden und die Tätigkeit. Von Montag bis Freitag sei ausgemacht gewesen. Der Arbeitstag habe um 05:00 Uhr begonnen. Der MB5 bestätigte die Aussagen seiner Kollegen bezüglich Pausen und Dauer der Arbeitstage. Die Arbeitszeitlisten habe entweder der MB5 oder ein Kollege ausgefüllt. Wenn der Ehemann der BF kam, habe man ihm diese Zettel gegeben. Mit dem Ehemann der BF über die Aufzeichnungen gesprochen habe man nicht. Die Pausen habe man so eingehalten, wie sie vorgegeben waren. Maximal sei bis 15:00 Uhr gearbeitet worden. Wenn jemand frei gebraucht habe, habe er sich an den MB5 gewendet. Dieser habe den Ehemann der BF angerufen. An Freitagen sei man früher heimgegangen. Auch unter der Woche habe es Tage gegeben, an denen bereits um 13:30 Schluss gewesen sei. Im Sommer habe der MB5 Urlaub genommen.
Befragt zu seiner Vernehmung vom 23.03.2016 gab der MB5 an, er habe nicht alles verstanden. Es habe etwa ein Jahr später noch eine zweite Befragung gegeben, bei der ein Dolmetscher dabei gewesen sei.
Dazu vorgelegt wurde eine am 27.02.2019 vom Finanzamt XXXX im Beisein eines Dolmetschers mit dem MB5 aufgenommene Niederschrift, aus der hervorgeht, dass dem MB5 die Niederschrift vom 23.3.2016 nochmals vorgelesen wurde und er befragt wurde, ob seine seinerzeitige Aussage stimme. Der MB5 bejahte dies laut der vorgelegten Niederschrift und gab an, er habe die Arbeitszeitaufzeichnungen einmal pro Woche oder 14-tägig geschrieben, also nicht laufend. Der Ehemann der BF habe ihm gesagt, was er auf die Arbeitszeitaufzeichnungen schreiben soll - egal ob dies den Tatsachen entsprochen habe oder nicht. Die tatsächliche Arbeitszeit sei von der aufgeschriebenen mitunter um eine halbe oder eine Stunde abgewichen. Der Arbeitsgruppe sei nur wichtig gewesen, dass sie den vereinbarten Lohn erhalte. Zeitausgleich habe es während der Beschäftigung bei der BF nicht gegeben. Beim Portier der Generalunternehmerin habe der MB5 sich täglich mit seiner Arbeitspartie angemeldet. An Lohn hätten sie eine Nettopauschale von € 1550,-- monatlich erhalten. Der MB5 vertrat die Meinung, dass er aufgrund dieser Pauschale gegen Überstunden nichts hätte einwenden können. Das gelieferte Fleisch habe stets am selben Tag abgearbeitet werden müssen. Eher habe man den Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen. Die Pausen habe der Meister der Generalunternehmerin beaufsichtigt. Sonst habe es keine Ruhezeiten gegeben.
Die NÖGKK brachte vor, angesichts der nicht sorgfältig geführten Unterlagen, bzw. Arbeitszeitaufzeichnungen, bestehe ausreichend Grund zur Annahme, dass Urlaubsstunden mit Arbeitsstunden gegenverrechnet wurden. Deshalb erscheine der Ansatz des GPLA-Prüfers von durchschnittlich 43,75 Arbeitsstunden pro Woche, schlüssig und nachvollziehbar.
Der BFV hielt dem entgegen, die Arbeitszeitaufzeichnungen seien sorgfältig geführt worden. Sie würden die Arbeitsstunden lückenlos wiedergeben und mit den verarbeiteten Mengen korrespondieren. Der GPLA-Prüfer habe zu Unrecht unterstellt, dass höhere tägliche Arbeitszeiten geleistet wurden.
Der mit der GPLA befasste Mitarbeiter der Finanzverwaltung (im Folgenden Z2) gab als Zeuge vernommen an, die Befragung vom 27.02.2019 habe sein Teamleiter vorgenommen. Bereits anlässlich der Niederschriftsaufnahme vom 23.3.2016 habe der Z2 den Eindruck gehabt, dass der MB5 sowohl ihn als auch den Generalunternehmer verstand. Der MB5 habe dies auch bejaht. In den vorgelegten Unterlagen sei kein Zeitausgleich nachvollziehbar dokumentiert gewesen. Wenn in den Arbeitsaufzeichnungen einmal kürzere Arbeitstage aufschienen, habe ihm niemand sagen können, wann für dieses Minus mehr gearbeitet wurde. An einer Stelle der Arbeitszeitaufzeichnungen seien dann tatsächlich Zeitausgleichtage aufgeschienen, jedoch sei akkurat für diese Tage den korrespondierenden Zerlegerlisten zu entnehmen gewesen, dass an diesen Tagen im Betrieb gearbeitet wurde. Der Z2 habe nämlich versucht, die Arbeitszeiten anhand einzelner Zerlegerlisten auf ihre Plausibilität zu prüfen. Das sei aber nicht möglich gewesen. Im finanzrechtlichen Verfahren habe der MB5 stets bestätigt, dass seine Arbeitstage von Montag bis Freitag von 05:00 Uhr bis 15:00 Uhr gedauert hätten. Von maximaler Arbeitszeit sei da nie die Rede gewesen. Der Z2 sei auch der Meinung, dass dem MB5 im finanzrechtlichen Verfahren alles genau erklärt wurde. Ein Auszug aus den Arbeitsaufzeichnungen sei dem MB5 anlässlich der genannten Prüfung gezeigt worden und es sei ihm vorgehalten worden, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen mit den jeweiligen Zerlegungsmengen nicht zusammenpassen, dass also weniger Arbeitszeit aufscheine, als Zerlegungen. Der Z2 verwies auf die Niederschrift vom 27.02.2019. Damit konfrontiert, dass der MB5 in der Niederschrift vom 27.2.2019 angesprochen habe, dass die Arbeitszeiten unterschiedlich gewesen seien, vertrat der Z2 die Ansicht, darauf, dass in dieser Niederschrift eine noch längere Mehrarbeit genannt worden sei als in der ersten Niederschrift. Auch sei erwähnt worden, dass die Arbeitsaufzeichnungen mitunter mehrere Wochen im Nachhinein geführt wurden.
Der MB5 gab zur Niederschrift vom 27.2.2019 befragt an, er sei missverstanden worden. Mit 15:00 Uhr habe er die maximale Arbeitszeit gemeint. Tatsächlich hätten sie am Freitag immer - und manchmal auch unter der Woche - kürzere Arbeitstage gehabt. Dass aus den beim Finanzamt aufgenommenen Niederschriften nicht hervorgehe, dass es kürzere Arbeitstage gab, sei dem MB5 nicht aufgefallen. Es sei ihm auch nicht wichtig erschienen. Tatsächlich sei 15:00 Uhr der späteste Arbeitsschluss gewesen. Jedoch seien nicht alle Arbeitstage so lange gewesen. Dass er zu Differenzen zwischen den Arbeitsaufzeichnungen und jeweiligen Zerlegungslisten befragt wurde, bestätigte der MB5 für seine zweite Befragung vom 27.2.2019. Er habe darauf gesagt, dass die Dauer der Arbeitszeit nichts mit dem Gewicht des Fleisches zu tun habe, sondern mit der Art des Fleisches und dass es Abweichungen der tatsächlichen Arbeitszeit von der aufgezeichneten Arbeitszeit gegeben habe.
Die steuerliche Vertretung der BF bestätigte, dass sie den Bescheid über den Prüfungsauftrag gem. § 147 BAO des Finanzamtes XXXX erhalten habe. Am 08.02.2016 habe der steuerliche Vertreter einen Prüfauftrag für die Jahre 2011 bis 2014 unterschrieben, am 06.04.2016 eine Erweiterung des Zeitraums für den Prüfauftrag auf das Jahr 2015. Am 07.04.2015 sei das Ergänzungsersuchen ergangen. Dieses habe die steuerliche Vertretung der BF nicht erhalten. Da dieses Ergänzungsersuchen knapp nach der Unterzeichnung der Erweiterung des Prüfraumes ergangen sei, habe die zuständige Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung keinen Anlass gesehen, aus eigenem mit der Finanzverwaltung in Kontakt zu treten - was sie üblicherweise durchaus in gewissen Abständen tue.
Die NÖGKK verwies auf den folgenden Rechtsatz des VwGH: "Ist der Dienstgeber nicht in der Lage, den Prüfer des Versicherungsträgers Aufzeichnungen über die von seinen Dienstnehmern tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vorzulegen, obgleich er gemäß § 26 Abs. 1 ASVG verpflichtet ist, solche Aufzeichnungen zu führen, darf der Versicherungsträger von seinem Recht zur Schätzung im Sinne des § 42 Abs. 3 ASVG Gebrauch machen (Hinweis E 22.01.1991, 89/08/0279) (VwGH 21.06.2000, 95/08/0050)". Die NÖGKK gehe davon aus, dass hier rechtmäßig geschätzt wurde.
Der Vertreter der BF hielt dem entgegen, dass die BF Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt und dem Prüfer zur Verfügung gestellt habe. Weiters werde bezüglich der Jahre 2011 und 2012 Verjährung eingewendet: Es sei der dreijährige Verjährungszeitraum anzuwenden. Besondere Gründe, die für eine fünfjährige Verjährungsfrist sprechen würden, würden nicht vorliegen. Die Niederschrift von 27.2.2019 könne dem Verfahren nicht zugrunde gelegt werden, zumal sie auch dem Bescheid von 2016 nicht zugrunde gelegt wurde. Im Übrigen sei seit 2016 schon viel Zeit vergangen. Der angefochtene Bescheid gehe von einer statischen Arbeitszeit aus, nämlich von 05:00 Uhr bis 15:00 Uhr, plus, minus 10 Minuten und Berücksichtigung einer Pause. Tatsächlich sei die Arbeitszeit jedoch flexibel gewesen und habe sich nicht nach einem festen Zeitrahmen gerichtet, sondern nach der zu erledigenden Arbeit. Die in den Arbeitszeitaufzeichnungen angeführten Stunden hätten der tatsächlichen Arbeitszeit entsprochen. Immer wieder habe man auch unter der Woche, mangels Arbeit früher Schluss gemacht. An Freitagen sei jedes Mal Frühschluss gewesen bzw. habe die Arbeit immer wieder auch schon vor dem Frühschluss geendet. Es habe Freitage gegeben, an denen gar nicht gearbeitet wurde. Die BF habe im erstinstanzlichen Verfahren kein Gehör erhalten. Hätte sie Gelegenheit gehabt, zu dieser Niederschrift Stellung zu nehmen, hätte man die Sachlage aufklären können. Die Anträge in der Beschwerde würden uneingeschränkt aufrechterhalten.
In der Folge legte das Finanzamt XXXX die anlässlich der GPLA-Prüfung zum Akt genommenen Arbeitszeitaufzeichnungen für die Jahre 2014 und 2015 vor.
Seitens der BF wurden im Zuge des daraufhin gewährten Parteiengehörs Arbeitsaufzeichnungen für die Jahre 2011 bis 2013 vorgelegt.
Die NÖGKK machte von der Möglichkeit einer Stellungnahme im Zuge des ihr gewährten schriftlichen Parteiengehörs keinen Gebrauch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
MB1, MB2, MB3, MB4, MB5 und MB6 waren im Prüfzeitraum bzw. während eines Teils des Prüfzeitraumes Dienstnehmer der BF. Die BF war Subunternehmerin der eingangs genannten Generalunternehmerin. Die MB 1-6 verrichteten als Dienstnehmer der BF am Betriebsstandort der Generalunternehmerin in Arbeitsgruppen bestehend aus vier Personen Fleischzerlegearbeiten.
Die BF schloss mit den MB1-6 schriftliche Arbeitsverträge. Ihr Mann händigte diese den MB1-6 aus, damit sie sie durchlesen bzw. sich ins Tschechische übersetzen lassen, und dann unterschrieben wieder abgeben. Die Arbeitsverträge hatten soweit hier wesentlich folgenden Wortlaut:
[...]
3. Dienstverwendung:
Der Arbeitnehmer wird vornehmlich zu folgender Verwendung aufgenommen: Fleischer. Dem Arbeitgeber steht es jedoch frei, dem Arbeitnehmer vorübergehend oder dauernd andere Tätigkeiten zuzuweisen.
4. gewöhnliche Arbeitsort: A- XXXX .
Dem Arbeitgeber bleibt es vorbehalten, den Arbeitnehmer auch an anderen Betriebsstätten seines Unternehmens vorübergehend oder dauernd einzusetzen.
[...]
6. Einstufung und Entgelt:
Einstufung laut Kollektivvertrag: Fleischer Arbeiter
Verwendungsgruppe: 2, Facharbeiter
Beschäftigungsjahre: [...] Vorrückungsdatum: [...]
Der Monatslohn beträgt ab 1. Januar € 2011: [Betrag]
Sonderzahlungen: Der Anspruch auf Sonderzahlungen richtet sich nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag.
7. Arbeitszeit: Die Normalarbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Wochenstunden. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage bleibt dem Arbeitgeber vorbehalten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Führung fortlaufender, schriftlicher Arbeitsaufzeichnungen und zur wöchentlichen Abgabe und Gegenzeichnung beim Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist darüber hinaus bereit, über die entsprechende Anordnung des Arbeitgebers auch Arbeitsleistungen über die wöchentliche Normalarbeitszeit oder das vereinbarte Ausmaß der Teilzeitbeschäftigung hinaus (Überstundenleistung bzw. Mehrarbeit) im gesetzlichen Ausmaß zu erbringen. Sämtliche Überstunden bzw. Mehrarbeit wird in Form von Zeitausgleich abgegolten.
8. Urlaub: Das Ausmaß des jährlichen Erholungsurlaubs beträgt fünf Wochen. Wird der Urlaub im Vorhinein konsumiert, ist er im Fall einer Lösung des Arbeitsverhältnisses wieder rückforderbar.
9. Arbeitsverhinderungen: Jegliche Arbeitsverhinderung ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Bei krankheitsbedingten Arbeitsverhinderungen hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ohne weitere Aufforderung eine ärztliche Bestätigung über die Ursache und Dauer der Arbeitsverhinderung vorzulegen. Kommt der Arbeitnehmer seinen Meldungs-und Nachweispflichten nicht nach, so verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf Entgelt.
[...]
11. Rechtsquellen: Auf dieses Arbeitsverhältnis findet neben den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der obig angeführte Kollektivvertrag Anwendung. Dieser sowie allenfalls anzuwendende Betriebsvereinbarungen liegen im Sekretariat zur Einsichtnahme auf.
12. Konventionalstrafe: Wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, oder wenn ihn Verschulden an einer vorzeitigen Entlassung trifft, steht dem Arbeitgeber gemäß § 1162 A ABGB Anspruch auf Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens zu. Dieser Schadenersatz beträgt ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Schaden im Einvernehmen als Konventionalstrafe einen Bruttolohn für die Normalarbeitszeit. Die Angemessenheit der vereinbarten Konventionalstrafe wird ausdrücklich anerkannt. Die Fälligkeit tritt mit Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein und wird bei der Endabrechnung eingehalten.
[...]
Der Ehemann der BF, der den Betrieb gemeinsam mit seiner Frau führte, führte mit den Dienstnehmern zu Beginn ihrer Beschäftigung ein Einstellungsgespräch, bei dem er erklärte, dass die Arbeitswoche 40 Stunden wöchentlich betrage und Montag bis Freitag abgeleistet werde.
Zum tatsächlichen Ablauf der Beschäftigungen: Die genannten Dienstnehmer arbeiteten für die BF als Teil einer Arbeitsgruppe bestehend aus vier Personen. Am Morgen eines Arbeitstages erfuhren sie, welche Lieferung angekommen war. Danach bestimmte sich die Dauer ihres Arbeitstages: Die eingetroffene Lieferung musste noch am selben Tag zerlegt werden. Die Arbeitsgruppe begann Montag bis Freitag jeweils um 05:00 morgens zu arbeiten. Der Arbeitstag endete, wenn die Lieferung abgearbeitet war. Lange Arbeitstage - solche gab es von Montag bis Donnerstag - dauerten bis 15:00 oder bis 14:30. Freitags war um 13:00 Frühschluss. Mitunter war der eine oder andere Arbeitstag auch kürzer. Die Arbeitsgruppe verließ den Arbeitsplatz immer gemeinsam. Es wurde zusammengeholfen, bis alle fertig waren. Die Dienstnehmer - sie hatten ihren Hauptwohnsitz in Tschechien - wohnten unter der Woche in der Nähe ihrer Arbeitsstätte. Übers Wochenende fuhren sie nach Hause. Die Gruppe arbeitete unter ständiger Anwesenheit des Bereichsleiters der Generalunternehmerin. Die BF oder ihr Mann kamen nur von Zeit zu Zeit zum Arbeitsplatz.
Der MB5 nahm die Funktion eines Partieführers ein. Er hatte die Aufgabe, Aufzeichnungen über die täglich geleisteten Arbeitsstunden zu machen und die Aufzeichnungen von Zeit zu Zeit dem Ehemann der BF zu übergeben. Die Eintragungen wurden tatsächlich nicht genau geführt. Von einer Gegenzeichnung (wie im schriftlichen Vertrag vorgesehen) wurde abgesehen. Der steuerlichen Vertretung - diese führte die Lohnverrechnung durch - wurden die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht laufend übergeben. An die Dienstnehmer ausgezahlt wurde der kollektivvertragliche monatliche Grundlohn für 40 Wochenstunden.
Mit 18.02.2016 unterzeichnete die steuerliche Vertretung der BF die Bestätigung der Kenntnisnahme vom Bescheid über den Prüfauftrag des Finanzamts XXXX SteuerNr. XXXX vom 18.01.2016 betreffend die Prüfzeiträume 2011 bis 2014.
Am 23.3.2016 wurde der MB5 von einem Vertreter der Finanzverwaltung ohne Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich vernommen. Dieser gab zu Protokoll, seine Arbeitszeit sei Montag bis Freitag 05:00 bis 15:00 plus minus 10 Minuten. Die Pausen seien: 07:30 bis 08:00; 10:00 bis 10: 15 und 11:45 bis 12:15. Dass gelte für alle Mitbeteiligten. Zeitausgleich hätten die Mitbeteiligten noch nie genommen.
Mit 06.04.2016 unterzeichnete die steuerliche Vertretung der BF die Bestätigung der Kenntnisnahme vom Bescheid über den Prüfauftrag des Finanzamts XXXX SteuerNr. XXXX vom 18.01.2016 betreffend die Erweiterung des Prüfzeitraums auf 2015.
Mit 07.04.2016 richtete das Finanzamt XXXX postalisch ein Ergänzungsersuchen, mit dem gleichzeitig die für 26.4.2016 angesetzte Schlussbesprechung bekannt gegeben wurden, an die steuerliche Vertretung der BF. Diese erhielt das Schreiben nicht. Ein Zustellnachweis liegt nicht vor.
Bei der Schlussbesprechung war der Vertreter der Generalunternehmerin anwesend - die Schlussbesprechung fand auf seinem Betriebsgelände statt. Da er zur Unterschrift des dort aufgenommenen Protokolls aufgefordert wurde, unterzeichnete er dieses. Die steuerliche Vertretung der BF erfuhr erst nach Zusendung des Protokolls über die Schlussbesprechung von der bereits abgeschlossenen Prüfung.
1. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere den schriftlichen Werkvertrag, die mit dem MB5 aufgenommene Niederschrift vom 23.03.2016, durch Abhaltung der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2019, weiters durch Einsichtnahme in die im fortgesetzten steuerrechtlichen Verfahren mit dem MB5 aufgenommene Niederschrift vom 27.2.2019 und die im Beschwerdeverfahren, wie oben dargelegt, vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen. Die wesentlichen Beweismittel sind allen Parteien bekannt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gaben die anwesenden MB1, MB2, MB4 und MB5 übereinstimmend und in unbedenklicher Weise an, dass ihre Arbeitstage von Montag bis Donnerstag üblicherweise von 05:00 bis 15:00 Uhr bzw. 14:30 und am Freitag von 05:00 bis 13:00 dauerten, weiters, dass die Pausen von insgesamt 1 Stunde und 15 Minuten stets genau eingehalten wurden und dass von Zeit zu Zeit Arbeitstage auch kürzer dauerten als soeben angegeben. Dafür, dass die Arbeitszeit an den einzelnen Arbeitstagen variiert haben wird, spricht auch der Umstand, dass sich die Arbeitszeit unstrittig nach dem Umfang der täglichen Lieferung zu richten hatte. Der vertragliche Vorbehalt laut Punkt 7, erster Satz des Arbeitsvertrages unterstreicht diese Annahme.
Soweit die NÖGKK diesen Aussagen die beiden im finanzrechtlichen Verfahren mit dem MB5 aufgenommenen Niederschriften entgegenhält, wonach die Arbeitszeit von Montag bis Freitag von 05:00 bis 15:00 mit einer Stunde und 15 Minuten Pause gedauert habe , so wendet die BF zu Recht ein, dass die in diesen Niederschriften festgehaltenen Fragen nicht erkennen lassen, dass der MB5 differenziert zu seinen tatsächlichen täglichen Arbeitszeiten befragt worden wäre. Dies gilt zunächst für die Niederschrift vom 23.3.2016; aber auch im Zuge der Niederschriftsaufnahme vom 27.02.2019 wurde der MB5 nicht detailliert zu seiner tatsächlichen Arbeitszeit befragt. Vielmehr wurde ihm die Niederschrift vom 23.03.2016 vorgelesen und er wurde befragt, ob diese Aussage zutreffe. In der Folge wurde ihm vorgehalten, dass seine Aussage vom 23.03.2016 nicht mit den von der BF vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen übereinstimme. In der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2019 hat der MB5 diesbezüglich angegeben, er sei damals der Meinung gewesen, dass nach der maximalen täglichen Arbeitszeit gefragt werde. Dass es tatsächlich kürzere Arbeitstage gab, sei ihm nicht wesentlich erschienen. Diese Aussage überzeugt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der MB5 einerseits den Grund seiner Befragung nicht kennen musste und dass er andererseits als derjenige, der die Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen hatte, eine gewisse Verantwortung trug. Der MB5 wird mit seiner damaligen Aussage vor allem diese Verantwortung vor Augen gehabt haben und bestrebt gewesen sein, sich diesbezüglich zu rechtfertigen. Für diese Annahme spricht im vorliegenden Gesamtzusammenhang auch der Umstand, dass der MB5 am 27.02.2019 (konfrontiert damit das seine Aussage nicht mit den von der BF vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen übereinstimmt) angab, der Ehemann der BF habe ihn von Zeit zu Zeit angewiesen, unzutreffende Arbeitszeitangaben zu machen, wohingegen er am 27.06.2019 angab, mit dem Ehemann der BF nicht über die Eintragungen der Arbeitszeit gesprochen zu haben.
Der vorliegenden Beurteilung werden somit aus den oben dargelegten Gründen die in der Verhandlung vom 27.06.2019 von den anwesenden Dienstnehmern übereinstimmend gemachten Angaben zur Arbeitszeit zu Grunde gelegt. Dass eine Vereinbarung von Zeitausgleich nicht mit den MB1 bis 6 kommuniziert und in der Praxis auch nicht angewendet wurde, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der in der mündlichen Verhandlung befragten MB1, MB2, MB4 und MB5, die sämtlich angaben, dass ihnen der Begriff "Zeitausgleich" nicht bekannt war und dass ihre tägliche Arbeitszeit stets davon abhing, wieviel Fleisch am Morgen geliefert wurde. Die Aussage des Z2, wonach den bei der GPLA-Prüfung eingesehen Arbeitsaufzeichnungen nicht entnommen werden konnte, wann für welche Mehrarbeit Zeitausgleich genommen wurde und dass eine vorgefundene Eintragung von ganztätigem Zeitausgleich akkurat für Tage vorgelegt wurde, an denen laut den korrespondierenden Listen gearbeitet wurde, unterstreicht diese Annahme. Eine Einsichtnahme in die Arbeitszeitaufzeichnungen bestätigte dies. Weiters spricht der unstrittige Umstand, dass die Lohnauszahlungen stets mit dem kollektivvertraglichen Grundlohn für 40 Wochenstunden erfolgten, ohne dass die Arbeitszeitaufzeichnungen im Rahmen der Lohnverrechnung überhaupt herangezogen wurden, dafür, dass keine Vereinbarung von Zeitausgleich praktiziert wurde. Aus der Aussage des MB2 "für die Stunden, die wir mehr gearbeitet haben, haben wir dann frei bekommen", ist daher im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht zu schließen, dass Zeitausgleich vereinbart wurde, sondern lediglich, dass die Arbeitstage unterschiedlich lang waren und der MB2 dies für rechtens hielt.
Dass die schriftlichen Arbeitsaufzeichnungen nicht sorgsam geführt wurden, bestätigt selbst der Ehemann der BF, indem er angab, dass er immer dann, wenn Eintragungen fehlten diese im Nachhinein durch Schätzung bzw. im Allgemeinen durch Eintragung der Normalarbeitszeit ergänzte. Auch der MB5 gab an, die Arbeitszeitaufzeichungen oft erst nach ein bis zwei Wochen mit ungefähren Angaben geführt zu haben, was gegen das Vorliegen genauer Aufzeichnungen spricht. Übereinstimmend geben der MB5 und der Ehemann der BF an, dass der Ehemann der BF die Arbeitszeitaufzeichnungen nur in Abständen von ein bis zwei Wochen abholte und dass man von einer Gegenzeichnung durch den MB5 - wie im schriftlichen Vertrag vereinbart - in der Praxis absah. Für das vorliegende Verfahren ergibt sich daraus übereinstimmend, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht als zuverlässige Quelle zur Feststellung der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit heranzuziehen sind. Die Arbeitszeitaufzeichnungen wurden von der belangten Behörde daher zu Recht nicht ihren Berechnungen zu Grunde gelegt.
Dass die Dienstnehmer in Gruppen von vier Personen tätig waren, wurde den Arbeitszeitaufzeichnungen entnommen, da diese, was die Zahl der vorgedruckten Beschäftigten Dienstnehmer betrifft, unbedenklich erscheinen. Auch die vorgelegten Anwesenheitslisten der Generalunternehmerin weisen jeweils eine Arbeitsgruppe von vier Personen aus. Ferner ergibt sich aus den Aufzeichnungen des Hauptverbandes der Sozialversicherung, dass nicht alle sechs Mitbeteiligten während des gesamten strittigen Zeitraumes bei der BF beschäftigt waren.
Dass das Arbeitsvolumen über die Jahre im Wesentlichen gleichblieb, ergab sich übereinstimmend aus den Aussagen des MB1, des Ehemanns der BF und des Z1. Dem Beschwerdeeinwand, die Aussage des MB5 vom 23.03.2016 habe sich nur auf das Jahr 2016 bezogen, war daher nicht zu folgen. Die seit dem Jahr 2016 aufgenommenen Beweismittel waren daher für den gesamten Prüfzeitraum heranzuziehen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 grundsätzlich durch EinzelrichterInnen und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Der hier vorliegende Fall ist von dieser Bestimmung erfasst; die BF hat keinen Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gem. § 2 Abs 1 Arbeitszeitgesetz, AZG, in der anzuwendenden Fassung ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von vierundzwanzig Stunden. Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.
Gem. § 3 Abs 1 AZG darf die tägliche Normalarbeitszeit acht Stunden, die wöchentliche Normalarbeitszeit vierzig Stunden nicht überschreiten, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird:
Gem. § 4 Abs 1 AZG kann der Kollektivvertrag eine tägliche Normalarbeitszeit von bis zu zehn Stunden zulassen, soweit nach diesem Bundesgesetz eine kürzere Normalarbeitszeit vorgesehen ist. Darüber hinaus gehende Verlängerungsmöglichkeiten bleiben unberührt.
Gemäß § 4 Abs 2 AZG kann zur Erreichung einer längeren Freizeit, die mit der wöchentlichen Ruhezeit oder einer Ruhezeit gemäß § 12 zusammenhängen muss, die Normalarbeitszeit an einzelnen Tagen regelmäßig gekürzt und die ausfallende Normalarbeitszeit auf die übrigen Tage der Woche verteilt werden. Die Betriebsvereinbarung, für Arbeitnehmer in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, das Arbeitsinspektorat, kann eine andere ungleichmäßige Verteilung der Normalarbeitszeit innerhalb der Woche zulassen, soweit dies die Art des Betriebes erfordert. Die tägliche Normalarbeitszeit darf neun Stunden nicht überschreiten.
§3 des Bundeskollektivvertrages für Arbeiter des österreichischen Fleischergewerbes gültig ab 01.01.1993 regelt die Arbeitszeit wie folgt
1. die regelmäßige wöchentliche Normalarbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten.
2. Die Arbeitswoche beginnt grundsätzlich am Montag 00:00 Uhr. Abweichungen können innerbetrieblich im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegt werden.
3. Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage erfolgt unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, bei Bestehen eines Betriebsrates im Einvernehmen zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat (§ 97 Arbeitsverfassungsgesetz BGBl.22/1974 in der jeweils geltenden Fassung). [... (Sonderbestimmung Jugendliche betreffend)...]
4. Die wöchentliche Arbeitszeit kann sowohl für einzelne Betriebe, als auch für einzelne Betriebsabteilungen auf fünf Tage verteilt werden. Die notwendigen Vereinbarungen erfolgen im Einvernehmen zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat.
5. a) [...(betriffft Arbeitzeiten an Samstagen...]
b) Am 24. Und31. Dezember endet die betriebliche Arbeitszeit nach Ableistung von 6 Arbeitssunden, jedoch spätestens um 13 Uhr am 24. Dezember und um 15 Uhr am 31.Dezember ohne Lohnausfall für diese Tage. Für die nach 6 Stunden bzw. 13 Uhr oder 15 Uhr erbrachte Arbeitsleistung gebührt Überstundenentlohnung (Normalstundenlohn+Überstundenzuschlag).
6. Vor- und Abschlussarbeiten, wie z.B. das Reinigen von Maschinen, Apparaten, Gebrauchsgegenständen und des Arbeitsplatzes, gelten als Arbeitszeit.
7. Allen Arbeitnehmern, die während einer betrieblich festgelegten Pause beschäftigt sind, wird diese Zeit in die Arbeitszeit eingerechnet, sofern die Pause nicht spätestens zwei Stunden vor dem Ende der an diesem Tag geltenden Arbeitszeit nachgeholt werden kann.
§4 des Bundeskollektivvertrages für Arbeiter des österreichischen Fleischergewerbes gültig ab 01.01.1993 regelt Pausen wie folgt:
1. Soweit in gesetzlichen Bestimmungen keine abweichenden Regelungen bestehen, gelten Arbeitspausen nicht als Arbeitszeit.
2. Die Arbeitspausen, ihre Lage und Dauer sind unter Berücksichtigung der einschlägigen Gesetze im Einvernehmen zwischen der Betriebsleitung und dem Betriebsrat zu regeln. §97 Arbeitsverfassungsgesetz BGBl.22/1974 in der jeweils geltenden Fassung ist zu beachten.
3. Für Betriebe, Betriebsabteilungen oder für bestimmte Arbeiten (z.B. Fließbandarbeit) können ablaufbedingte Pausen vereinbart werden, wenn die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit der Arbeitnehmer solche erfordern. Derartige vereinbarte Pausen gelten als Arbeitszeit. Diese Vereinbarungen sind im Einvernehmen zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat zu treffen.
4. Reinigungspausen für die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit sind je nach den Erfordernissen im Betrieb festzulegen.
§ 5 des Bundeskollektivvertrages für Arbeiter des österreichischen Fleischergewerbes gültig ab 01.01.1993 regelt Überstunden wie folgt:
1. Als Überstundenarbeit gilt die über die regelmäßige Arbeitszeit, die gem. §3 festgelegt wurde, hinausgehende Arbeitsleistung. Überstundenarbeit soll jedoch nach Möglichkeit vermieden werden.
2. Erforderliche Überstundenarbeit kann in dem durch das Arbeitszeitgesetz (BGBl 461/1969) festgelegten Rahmen verlangt werden. Die Leistung von Überstundenarbeit über das durch Gesetz bestimmte Ausmaß ist unzulässig.
3. Überstunden sind, von unvorhergesehenen Ausnahmen abgesehen, rechtzeitig, spätestens aber am Vortage anzukündigen, damit sich die in Betracht kommenden Arbeitnehmer in ihrer Zeiteinteilung darauf einstellen können.
4. Die Arbeitnehmer haben für die im Sinne der Ziff.2 verlangten und geleisteten Überstundenarbeit Anspruch auf Vergütung, die aus dem ihnen gebührenden Stundenlohn (Grundlohn) und dem Überstundenzuschlag nach Art und Umfang gem. § 8 zu berechnen ist.
5. Wird Zeitausgleich anstelle von Überstundenzahlungen vereinbart, gilt folgendes:
Überstunden mit einem Zuschlag von 50 % sind im Verhältnis 1:1,5 und solche mit einem Zuschlag von 100% bzw 150% im Verhältnis 1:2 bzw. 1:2,5 abzugelten.
Erfolgt eine Abgeltung nur im Ausmaß 1:1, so bleibt der Anspruch auf Überstundenzuschlag bestehen. Endet das Arbeitsverhältnis vor Konsumation der vereinbarten Freizeit, so besteht Anspruch auf Überstundenentlohnung.
§ 7 des Bundeskollektivvertrages für Arbeiter des österreichischen Fleischergewerbes gültig ab 01.01.1993 definiert Nachtarbeit als Arbeit in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 05:00 Uhr.
Gem. §8 Z1 des Bundeskollektivvertrages für Arbeiter des österreichischen Fleischergewerbes gültig ab 01.01.1993 sind für an Werktagen und nicht während der Nachstunden geleistete Überstunden 50% Zuschläge zu bezahlen.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Der Kollektivvertrag für Fleischer sieht grundsätzlich keine Möglichkeit der Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeit auf mehr als acht Stunden vor. Hinsichtlich der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage verweist der Kollektivvertrag auf die (zwingend-)gesetzlichen Rahmenbedingungen
§ 4 Abs 2 AZG erlaubt die Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeit durch Einzelvertrag auf neun Stunden nur unter der Voraussetzung, dass dies zur Erreichung einer längeren Freizeit, die mit der wöchentlichen Ruhezeit oder einer Ruhezeit gemäß § 12 zusammenhängt und die Normalarbeitszeit an einzelnen Tagen regelmäßig gekürzt und die ausfallende Normalarbeitszeit auf die übrigen Tage der Woche verteilt wird. Die so umverteilte Arbeitszeit muss für den betroffenen Arbeitnehmer vorhersehbar sein (Pfeil in Neumayr/Reissner, Zellkomm § 4c AZG (Stand 1.1.2018, rdb.at).
Im vorliegenden Fall wurde die Normalarbeitszeit am Freitag regelmäßig um 13 Uhr (bisweilen auch schon früher) beendet. Unter Berücksichtigung der Pausen von 1 Stunde und 15 Minuten (von 07:30 bis 08:00. Von 10:00 bis 10:15 und von 11:45 bis 12:15 Uhr) leisteten die Dienstnehmer der BF Freitags somit regelmäßig keine Überstunden.
Was die Verteilung der Arbeitszeit auf die Tage Montag bis Donnerstag betrifft, so war diese Verteilung ungleichmäßig. Die tägliche Arbeitszeit richtete sich