TE Vwgh Erkenntnis 1961/5/25 0715/60

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Veröffentlicht am 25.05.1961
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Index

Wasserrecht

Norm

WRG 1959 §32 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Borotha, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Richters Dr. Kirschner als Schriftführer, über die Beschwerde des KK in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. Jänner 1960, Zl. III a 1 - 129/1-1960, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Städtische Sicherheitswache in Kitzbühel erstattete am 27. Oktober 1959 bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel die Anzeige, daß "in den letzteren Tagen" vom Schweinestall des Hotels K Schweinemist in die Kitzbüheler Ache abgelagert worden sei. Es handle sich dabei um einen großen Schubkarren voll Mist, welcher infolge des niedrigen Wasserstandes der Ache im Bachbett direkt bei der Einbringungsstelle liegengeblieben sei. Der Beschwerdeführer sei bereits wiederholt wegen Verunreinigung der Ache beanstandet worden. Der Beschwerdeführer habe vor der Stadtpolizei im Gegenstande vorgebracht, daß er "nicht einsehe, daß er den Schweinemist nicht in die Ache werfen solle". Er wisse nicht, wohin er den Schweinemist geben solle, seit keine Düngerstätte mehr vorhanden sei.

Als die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel am 9. November 1959 gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung erließ, mit der über ihn wegen Übertretung nach "§ 30 c (2) a Wasserrechtsgesetz" eine Geldstrafe von S 500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von drei Tagen, verhängt wurde, erhob der Beschwerdeführer dagegen Einspruch. Er führte darin im wesentlichen aus, daß er keine andere Möglichkeit besitze, den Schweinekot zu entfernen.

Daraufhin bestrafte ihn die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit Straferkenntnis vom 11. Dezember 1959 wegen Übertretung nach § 32 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 abermals mit S 500,-- bzw. im Nichteinbringungsfalle mit drei Tagen Ersatzarrest, weil er "im Oktober 1959 ohne wasserrechtliche Bewilligung beim Hotel K in Kitzbühel Schweinemist in die Kitzbüheler Ache eingebracht habe".

In der gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Berufung bestritt der Beschwerdeführer, für die ihm angelastete Tat unmittelbar in Anspruch genommen werden zu können. Das Straferkenntnis entspreche nicht der Vorschrift des § 44 a des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) über die Individualisierung und Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale, insbesondere auch nicht in zeitlicher Hinsicht. Es handle sich außerdem nur um eine geringfügige Einwirkung auf das Gewässer im Sinne des § 32 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, also um keine bewilligungspflichtige Maßnahme.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1960 bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis.

Über die gegen diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde erwogen:

Der Einwand der Beschwerde, daß Ort und Zeit der Übertretung entgegen der Vorschrift des § 44 a VStG nicht zureichend konkretisiert worden seien, ist nicht begründet. Es ist im Verwaltungsverfahren nicht in Streit gezogen worden, daß die angezeigte Ablagerung im Bette der Kitzbüheler Ache beim Hotel K erfolgt sei, und auch nicht vorgebracht worden, daß diese Stelle ungenau bezeichnet sei. In dieser Richtung liegt demnach eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1952 unbeachtliche Neuerung vor. Was den Tatzeitpunkt anlangt, so blieb es unbestritten, daß die Ablagerung im Laufe des Monates Oktober 1959 stattgefunden habe. Wenn aber dem Beschwerdeführer für diesen Zeitraum - wie sich aus dem angezeigten Tatbestand ergibt - nur eine einmalige Übertretung solcher Art zur Last zu legen war, so war mit der spruchgemäß gewählten Zeitbestimmung die Tat auch in dieser Hinsicht ausreichend konkretisiert.

Gemäß § 32 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215/1959, (WRG 1959) sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 39 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung gelten bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung. Der Bewilligung in diesem Sinne bedarf insbesondere auch die Einbringung von Stoffen in festem oder flüssigem Zustand (§ 32 Abs. 2).

Wenn der Beschwerdeführer für sich die Bewilligungsfreiheit der ihm angelasteten Einbringung von Schweinemist in ein öffentliches Gewässer mit der Argumentation in Anspruch nimmt, daß es sich dabei um eine geringfügige Einwirkung im Sinne des § 32 Abs. 1 WRG 1959 gehandelt habe, kann ihm darin nicht beigepflichtet werden:

Was unter "Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit zu beeinträchtigen geeignet sind", zu verstehen sei, hat der Gesetzgeber durch den in § 32 Abs. 1 WRG 1959 aufgenommenen Verweis auf § 30 Abs. 2 dargetan. Danach handelt es sich dabei um solche Einwirkungen, welche geeignet sind, die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte) zu beeinträchtigen bzw. das Selbstreinigungsvermögen zu mindern.

Was unter "geringfügigen" Einwirkungen zu verstehen sei, hat der Gesetzgeber nicht näher dargelegt. Die "Erläuternden Bemerkungen" zu § 30 c der Wasserrechtsnovelle 1959 (nunmehr § 32 WRG 1959), enthalten in 594 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates VIII. GP., bringen zum Ausdruck, daß unter "geringfügigen" Einwirkungen solche zu verstehen sein werden, die einer zweckmäßigen Nutzung des Gewässers nicht im Wege stehen. Mit dem Hinweis auf diese vom Gesetzgeber gewählte Begriffsausdeutung ist jedoch für den Beschwerdeführer entgegen seiner Ansicht nichts zu gewinnen.

Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß unter einer "zweckmäßigen Nutzung des Gewässers" in diesem Sinne eine solche verstanden werden muß, welche dem Ziel und Begriff der Reinhaltung im Sinne des § 30 Abs. 1 WRG 1959 entspricht, die also die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet und den Gemeingebrauch nicht behindert. (Die übrigen in § 30 Abs. 1 WRG 1959 aufgezählten Momente sind für den Beschwerdefall offensichtlich nicht von wesentlicher Bedeutung.)

Ist im Einzelfall ein Widerspruch zu diesen Grundsätzen unverkennbar gegeben, dann kann von einer bloß geringfügigen Einwirkung im Sinne des § 32 Abs. 1 WRG 1959 nicht mehr gesprochen werden.

Wohl hat sich die belangte Behörde mit dieser Frage nicht zureichend auseinandergesetzt. Darin kann jedoch deshalb kein entscheidender Verfahrensmangel zu erblicken sein, weil ihre Annahme, daß ein "großer Schubkarren voll Mist" keine geringfügige Einwirkung mehr bedeuten könne, nach dem Vorgesagten berechtigt sein muß. Es genügt dabei, auf die Gefährdung des Gemeingebrauches (z.B. Waschen, Tränken, Schwemmen) in jenem gewiß nicht sehr kurzen Gewässerbereich zu verweisen, in welchem eine derartige Ablagerung die Wasserzusammensetzung zu beeinflussen imstande ist. Daß anderseits Schweinemist in einer solchen Menge nicht abgelagert worden sei, hat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht behauptet, obwohl ihm hiezu Gelegenheit geboten war. Seine erst in der Beschwerde vorgebrachte Gegenbehauptung, daß der Schweinemist immer ausgespritzt worden sei und sich deshalb eine derartige Anhäufung nicht habe ergeben können, stellt darum ebenfalls eine unbeachtliche Neuerung dar.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich einwendet, daß das Verfahren deshalb mangelhaft durchgeführt worden sei, weil er nicht der unmittelbare Täter gewesen sei bzw. als Hotelier "die Ausspritzung" nicht persönlich vorgenommen habe, so ist auch dieses Vorbringen nicht dazu angetan, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Sofern die belangte Behörde meinte, aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers anläßlich seiner Vernehmung durch die Stadtpolizei deshalb seine unmittelbare Täterschaft als erwiesen annehmen zu dürfen, weil er damals erklärt hatte, nicht einzusehen, warum er den Schweinemist nicht in die Ache werfen solle, kann darin allerdings kein den Denkgesetzen entsprechender Schluß erblickt werden. Denn abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer im weiteren Verwaltungsverfahren die mittelbare Täterschaft in Abrede stellte, konnte einer derartigen, offensichtlich im Zusammenhange mit der Frage der grundsätzlichen Berechtigung zu solchen Immissionen gebrachten Redewendung noch nicht folgerichtig entnommen werden, daß der Beschwerdeführer zugebe, die Tat selbst begangen zu haben. Darauf kam es aber im Beschwerdefalle gar nicht an. Denn als strafbarer Täter im Sinne des in § 32 Abs. 1 WRG 1959 enthaltenen Verbotes kann nur jene Person in Betracht kommen, welche eine Einwirkung auf ein Gewässer vornimmt oder durch andere Personen vornehmen läßt, obwohl sie zur vorausgehenden Einholung einer Bewilligung verpflichtet gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat keineswegs bestritten, daß die Mistablagerungen aus dem von ihm geführten Betrieb mit seinem Wissen und Willen getätigt worden sind. Daraus folgt, daß er verpflichtet gewesen wäre, die nach dem Vorgesagten unerläßliche Bewilligung einzuholen und daß er sich durch die von seinem Betrieb ausgehende, bewilligungslos vorgenommene Einwirkung strafbar machen mußte.

Die Beschwerde mußte mithin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am 25. Mai 1961

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1961:1960000715.X00

Im RIS seit

13.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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