TE Vwgh Beschluss 2020/1/9 Ra 2019/19/0547

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Veröffentlicht am 09.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache der I I H A in P, vertreten durch die Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried/Innkreis, Claudistraße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2019, L504 2213223- 1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige des Irak, stellte am 23. Juli 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen brachte sie vor, ihr Mann sei von der schiitischen Miliz bedroht und für zehn Tage entführt worden. Die Revisionswerberin selbst sei persönlich nicht bedroht worden. Sie leide an diversen Krankheiten, darunter auch an Hepatitis B und Thalassämie.

2 Mit Bescheid vom 14. Dezember 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das BVwG aus, dass das Fluchtvorbringen der Revisionswerberin nicht glaubhaft sei, es im Herkunftsland Behandlungsmöglichkeiten für ihre Erkrankungen bestünden und sie bei der Rückkehr in keine existenzbedrohende Notlage im Sinne des Art. 3 EMRK kommen würde.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle einschlägige Rechtsprechung dahingehend, inwiefern eine Verletzung von Art. 3 EMRK vorliege, wenn grundsätzlich Zugang zur notwendigen Behandlung bestehe, dieser aber aufgrund der Verfolgung der Revisionswerberin nicht zugänglich sei. Weiters liege ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz vor, weil eine ergänzende Einvernahme von Familienangehörigen der Revisionswerberin trotz Beantragung nicht stattgefunden habe. 9 Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist gemäß § 41 VwGG der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt. Der Verwaltungsgerichtshof ist hierbei nicht berufen, abstrakte Rechtsfragen zu klären. Soweit die Revision die Frage aufwirft, ob eine Verletzung von Art. 3 EMRK vorliege, wenn eine Behandlung der Krankheiten der Revisionswerberin aufgrund von Verfolgung nicht möglich sei, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Das BVwG hat im Rahmen seiner Beweiswürdigung das Fluchtvorbringen als unglaubwürdig beurteilt. Die Revision legt nicht dar, dass die Beweiswürdigung in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. zur eingeschränkten Befugnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Überprüfung der Beweiswürdigung etwa VwGH 4.4.2019, Ra 2019/01/0048, mwN).

10 Mit dem Vorbringen, das Erkenntnis verstoße gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach der mit einem Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz ein Verfahrensmangel behauptet wird, dessen Relevanz aufzuzeigen ist (vgl. VwGH 22.2.2017, Ra 2017/10/0014; 31.1.2019, Ra 2018/22/0301; 5.4.2019, Ra 2019/01/0106). Eine solche Relevanz wird in der vorliegenden Revision nicht dargelegt, weil das Revisionsvorbringen sich darauf beschränkt auszuführen, dass durch ergänzende Einvernahmen von Familienangehörigen "wesentliche Punkte des Verfahrens geklärt und sachverhaltserhebliche Tatsachen gewonnen" hätten werden können, ohne darzulegen, welche konkreten Angaben gemacht worden wären, die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können. 11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 9. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190547.L00

Im RIS seit

13.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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