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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A D M, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. November 2019, Zl. W104 2199955- 1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 29. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, von den Taliban wegen einer ihm unterstellten politischen Gesinnung Drohbriefe erhalten zu haben sowie entführt und festgehalten worden zu sein. 2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 4. Juni 2018 zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen fest. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe dem Revisionswerber insofern keine angemessene und ausreichende Gelegenheit zur Widerlegung von Beweismitteln gegeben, als die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte nicht erörtert worden seien und dem Revisionswerber keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, zu diesen eine Stellungnahme abzugeben.
6 Dem ist entgegenzuhalten, dass die damit geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichts ausweislich der Aktenlage nicht besteht. Das Bundesverwaltungsgericht brachte dem Revisionswerber in der Ladung zur mündlichen Verhandlung jene Unterlagen zur Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis, die es nachfolgend seiner Entscheidung zugrunde legte, und räumte ihm gleichzeitig die Möglichkeit ein, sich dazu vorab schriftlich, spätestens jedoch in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Die Rechtsvertretung des Revisionswerbers brachte im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine schriftliche Stellungnahme zur Lage im Herkunftsstaat ein und erstattete dazu eine mündliche Äußerung.
7 Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung die Feststellung unterlassen, wonach er außerhalb seiner Herkunftsprovinz über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte verfüge und von einer finanziellen oder sonstigen Unterstützung durch Familienangehörige nicht auszugehen sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Frage auseinandersetzte und die Unterstützungsmöglichkeit - wenn auch disloziert in der Beweiswürdigung - feststellte.
Was die Frage des sozialen Netzwerkes bei der Prüfung der innerstaatlichen Schutzalternative betrifft, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach allein die Tatsache, dass ein Revisionswerber in seinem Herkunftsstaat bzw. - wie im vorliegenden Fall - außerhalb seiner Herkunftsprovinz über keine familiären Kontakte verfügt, die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht hindert (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2018/19/0546, mwN). Vor dem Hintergrund der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Feststellungen zur Person des Revisionswerbers erweist sich daher die Beurteilung, dem Revisionswerber stehe als mobilem und arbeitsfähigem Mann mit Berufserfahrung und möglicher Unterstützung durch seine im Heimatdistrikt Jaghuri (Provinz Ghazni) lebende Familie eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, nicht als unvertretbar.
8 Wenn in der Revision schließlich die Minderjährigkeit des Revisionswerbers im Zeitpunkt der Antragstellung behauptet wird, ist der Revisionswerber auf seine eigenen, im Verfahren gemachten Angaben zu verweisen, nach denen er im Zeitpunkt der Antragstellung bereits volljährig war und die das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legte. 9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 9. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190540.L00Im RIS seit
13.02.2020Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020