TE Vwgh Beschluss 2020/1/9 Ra 2019/16/0111

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2020
beobachten
merken

Index

E3R E01500000
E3R E05204020
E6C
E6J
E6O
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
61/01 Familienlastenausgleich

Norm

B-VG Art133 Abs4
FamLAG 1967
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
31962R0011(01) EU-Beamtenstatut Art67 Abs1 litb
31962R0011(01) EU-Beamtenstatut Art67 Abs2
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art2 Abs1
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art68
61985CJ0186 Kommission / Belgien
61985CJ0189 Kommission / Deutschland
61998CJ0411 Ferlini VORAB
62003CJ0293 Gregorio My VORAB
62009CO0286 Ricci VORAB
62014CC0408 Wojciechowski Schlussantrag

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der HYP in P, vertreten durch Dr. Marwin Gschöpf, Rechtsanwalt in 9220 Velden am Wörthersee, Villacher Straße 26, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 29. März 2019, RV/4100157/2019, betreffend Versagung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Klagenfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht die Versagung von Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge ab Mai 2017 für das am X. Mai 2017 geborene Kind M.

Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges vor dem Finanzamt traf das Gericht zunächst folgende Sachverhaltsfeststellungen:

„Das Kind M wurde am X.05.2017 geboren. Die Kindeseltern und das Kind sind österreichische Staatsbürger.

Die [Revisionswerberin] erklärte 2017 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (417,84 €) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (€ 143,78).

Mag. MP. (Kindesvater, KV) ist seit dem 01.04.2011 beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union als Beamter beschäftigt. Sein Wohnsitz ist in der R, Brüssel. Sein derzeitiger Arbeitsplatz ist in Dushanbe.

Die [Revisionswerberin], der KV und M sind mit dem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.

Die weiteren Kinder L, H und L besuchen in Brüssel eine Schule.

Die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder beträgt lt. Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft nach Anhang VII Artikel 1, 2 und 3) € 375,59.

Der KV ist für M unterhaltspflichtig und bezieht nach Artikel 67 des EU-Beamtenstatuts eine um € 111,80 reduzierte Kinderzulage.

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt gründet sich auf den Akteninhalt, den Vorbringen der [Revisionswerberin], den Abfragen im zentralen Melderegister, den Datenbanken der Finanzverwaltung sowie den Schreiben der Personalverwaltung des Rates der Europäischen Union.“

2        Nach weiterer Zitierung der gesetzlichen Grundlagen, namentlich des § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 FLAG schloss das Gericht mit folgender rechtlichen Beurteilung:

„Strittig ist die Frage, ob es sich bei der von der Europäischen Kommission gewährten Kinderzulage (Art. 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut) um eine gleichartige ausländische Beihilfe iSd § 5 Abs. 4 FLAG 1967 handelt, die den Anspruch auf Familienbeihilfe für das Kind M ausschließt.

Für die Anwendung des § 5 Abs. 4 FLAG 1967 ist es ohne Bedeutung, wer für ein Kind einen Anspruch auf ausländische Beihilfe hat. Es liegt kein Anspruch auf Familienbeihilfe vor, wenn für ein Kind ein Anspruch auf ausländische Beihilfe besteht.

Eine ausländische Beihilfe wird dann als gleichartig anzusehen sein, wenn sie auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruht und zur Erleichterung der Belastungen, die durch den Unterhalt entstehen, gewährt wird (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar§ 4, Tz 3).

Der Gatte der [Revisionswerberin] ist als Beamter beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union beschäftigt. Er ist für das Kind M unterhaltspflichtig.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften unterliegen steuerrechtlichen Sonderregelungen, die sie von anderen Arbeitnehmern unterscheiden (EuGH 13. November 2003, C-209/01, Rz 29). Der Gatte der [Revisionswerberin] unterliegt demnach als Beamter den steuerrechtlichen Sonderregeln der Europäischen Union.

Die Europäische Union (und die Europäische Atomgemeinschaft) genießt nach Artikel 343 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (und nach Artikel 191 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft), auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen (zT unten angeführten) Vorrechte und Befreiungen.

Das Protokoll (Nr. 7), Amtsblatt EU vom 26.10.2012, C 326/1, regelt die Vorrechte und Befreiungen.

Artikel 12 (ex-Artikel 13) leg. cit. lautet: Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Union ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlt, wird zugunsten der Union eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Europäischen Parlament und vom Rat durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung der betroffenen Organe festgelegt werden. Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von der Union gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.

Artikel 15 (ex-Artikel 16) leg. cit. lautet: Das Europäische Parlament und der Rat bestimmen durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Anhörung der anderen betroffenen Organe die Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, auf welche Artikel 11, Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 13 ganz oder teilweise Anwendung finden.

Auf der Grundlage von (ex-)Artikel 16 des Protokolls erließ der Rat die Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 549/69 zur Bestimmung der Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, auf welche die Artikel 12, 13 Absatz 2 und Artikel 14 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften Anwendung finden (Abl. L 74, S. 1).

In Artikel 2 dieser Verordnung heißt es:

Artikel 13 Absatz 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften gilt für folgende Gruppen:

a)Personen, die unter das Statut der Beamten oder unter die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften fallen, ... (s. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 8. September 2005, C-288/04).

Artikel 288 (ex-Artikel 249) des AEUV lautet: Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an.

Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

EU-Verordnungen sind verbindliche Rechtsakte, die innerstaatlichen Gesetzen entsprechen.

Artikel 336 (ex-Artikel 283) des AEUV Vertrages bestimmt, dass das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen nach Anhörung der anderen betroffenen Organe das Statut der Beamten der Europäischen Union und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union erlassen.

Die Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten der Europäischen Union und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union ist gültig mit Wirkung vom 6. März 1963, wurde mehrfach mittels anderer Verordnungen abgeändert, es handelt sich beim Statut um eine Regelung, die innerstaatlichen Gesetzen vergleichbar ist.

Die Europäische Union hat eigene Rechtspersönlichkeit. Sie verfügt über eine - wie angeführt - gewisse steuerliche Autonomie. Wie im Falle der einzelnen Mitgliedstaaten sind für die Handlungsfähigkeit von deren Organen Personen, z.B. in Form von Beamten erforderlich. Die Beamten der Organe der Europäischen, wie z.B. des Generalsekretariates des Rates der Europäischen Union sind mit den innerstaatlichen öffentlich Bediensteten vergleichbar.

Art. 62 der Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft (kurz: EU-Beamtenstatuts ABl. 45 vom 14.6.1996, S. 1385 idgF) führt hinsichtlich der Dienstbezüge aus:

Der Beamte hat nach Maßgabe des Anhangs VII und sowie nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist allein auf Grund seiner Ernennung Anspruch auf die Dienstbezüge, die seiner Besoldungsgruppe und seiner Dienstaltersstufe entsprechen.

Der Beamte kann auf diesen Anspruch nicht verzichten.

Diese Dienstbezüge umfassen ein Grundgehalt, Familienzulagen und andere Zulagen.

Artikel 67 lautet:

(1) Die Familienzulagen umfassen:

a)die Haushaltszulage;

b)die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder;

c)die Erziehungszulage.

(2) Beamte, die Familienzulagen nach diesem Artikel erhalten, haben die anderweitig gezahlten Zulagen gleicher Art anzugeben, diese werden von den nach Anhang VII Artikel 1, 2 und 3 gezahlten Zulagen abgezogen.

Artikel 2, Anhang VII lautet:

(1) Der Beamte erhält nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 für jedes unterhaltsberechtigte Kind eine Kinderzulage von monatlich 375,59 EUR.

(2) Als unterhaltsberechtigtes Kind gilt das eheliche, das uneheliche oder das an Kindes Statt angenommene Kind des Beamten oder seines Ehegatten, wenn es von dem Beamten tatsächlich unterhalten wird.

(3) Die Zulage wird gewährt:

a)ohne weiteres für ein Kind unter achtzehn Jahren;

b)auf begründeten Antrag des Beamten für ein Kind von achtzehn bis sechsundzwanzig Jahren, das sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet.

Aus den o.a. gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, dass für M Anspruch auf die Zulage nach Art. 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut besteht. Diese Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder ist iSd § 5 Abs. 4 FLAG 1967 als ‚gleichartige ausländische Beihilfe‘ zu qualifizieren.

So hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.06.2002, G7/02 u.a. zum Zweck der Familienbeihilfe ausgeführt, ...., dass sich der Gesetzgeber spätestens mit dem Budgetbegleitgesetz 1998, BGBl. I/79/1998 dafür entschieden hat, die Familienbeihilfe sowohl zur Familienförderung als auch als Instrument steuerlicher Entlastung der Unterhaltspflichtigen einzusetzen. Somit ist ein Teil der Transferleistungen in bestimmten Situationen und in unterschiedlicher Höhe nicht für die Kinder bestimmt, sondern dient der steuerlichen Entlastung der Unterhaltsverpflichteten.

Nach Artikel 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut umfassen die Familienzulagen die Zulage für unterhaltberechtigte Kinder, d.h., wie im Geltungsbereich des FLAG werden unterhaltspflichtige Personen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise steuerlich entlastet, weil von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Union ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlt, zugunsten der Union eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben wird, die vom Europäischen Parlament und Rat durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung der betroffenen Organe festgelegt werden.

Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von der Union gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit (Art. 12 ex-Art. 13).

Die Union übt daher ihren Beamten gegenüber eine gewisse Steuerhoheit aus. Der finanziellen Belastung der EU-Beamten durch die unterhaltsberechtigen Kinder wird durch die Kinderzulage Rechnung getragen. Diese unterliegt nicht der Steuerpflicht (vgl. Urteil des EuGH vom 25. Jänner 2006, T-33/04). Da kinderlose Beamte nicht in den Genuss dieser Zulagen kommen, findet insoweit ein Lastenausgleich statt.

Ebenso wie im Geltungsbereich des FLAG wird die Familienzulage für unterhaltsberechtigte Kinder nur einmal bezahlt (vgl. § 7 FLAG mit Anhang VII Artikel 2 Z. 6 des Statuts), werden anderweitig gezahlte Zulagen gleicher Art von diesen Zulagen abgezogen (vgl. § 4 FLAG mit Artikel 67 Abs. 2 des Statuts) und gibt es Erhöhungsbeträge für behinderte Kinder (vgl. § 8 Abs. 4 bis 6 FLAG mit Artikel 67 Abs. 3 des Statuts). Der Aufwand an Familienbeihilfen hinsichtlich der meisten öffentlich Bediensteten wird ebenfalls vom Dienstgeber (Bund, Länder und Gemeinden) aus eigenen Mitteln getragen (§ 46 FLAG).

Hinsichtlich der Kinderzulage stimmen daher die Anspruchsvoraussetzungen (das Vorhandensein unterhaltsberechtigter Kinder), die Berechnungsmodalitäten (Erhöhungsbeiträge für behinderte Kinder, Abzug ‚gleichartiger‘ Zulagen), der Zweck (Unterstützung von Familien mit Kindern, steuerliche Entlastung) und die Aufwandstragung durch den Dienstgeber auf gesetzlicher Grundlage im Falle von öffentlich Bediensteten sowie der Grundsatz der Gewährung an nur eine Person mit der Familienbeihilfe überein.

Selbst wenn die Regelungen nicht in allen Punkten völlig übereinstimmen, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Vergleichbarkeit in ausreichendem Maße gegeben ist. Eine völlige Gleichheit wird auch vom Gesetzgeber nicht verlangt, der im Hinblick auf die unterschiedlichen in verschiedenen Staaten möglichen Rechtslagen den unbestimmten Rechtsbegriff ‚gleichartige‘ ausländische Beihilfen gewählt hat.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Bei der Zulage, die dem Kindesvater für M ausbezahlt wird, handelt es sich um eine gleichartige ausländische Beihilfe iSd § 5 Abs. 4 FLAG 1967. Zweck der Familienbeihilfe ist ein Lastenausgleich im Interesse der Familie. Das Familieneinkommen wird durch die Zulagen erhöht. Innerstaatlich wie auch unionsrechtlich gilt der Grundsatz, dass die Beihilfe bzw. die Zulage nur einmal gewährt wird und dass gleichartige Ansprüche anzurechnen sind.

Für M besteht daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 5 Abs. 4 FLAG 1967, weil ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe gegeben ist. § 5 Abs. 4 FLAG 1967 schließt somit den Bezug der Familienbeihilfe in Österreich aus.

Der Beschwerde ist daher ein Erfolg versagt.

Der Ansicht der [Revisionswerberin], dass aufgrund des Artikel 67 Abs. 2 EU-Beamtenstatuts Österreich primär für die Auszahlung der Familienbeihilfe zuständig sei, trifft nicht zu.

Art. 67 Abs. 2 EU-Beamtenstatut verpflichtet Beamte zur Bekanntgabe ‚anderweitig gezahlter Zulagen, weil diese von den gezahlten Zulagen der Europäischen Kommission abgezogen werden‘.

‚Artikel 67 Abs. 2 des EU-Beamtenstatuts ermöglicht einen Ausgleich zwischen der gemeinschaftsrechtlichen Regelung und den verschiedenen nationalen Regelungen in der Weise, dass die Familienzulagen nach dem (EU-Beamten)Statut den Berechtigten nur insoweit gezahlt werden, als sie vergleichbare Zulagen, die aufgrund des Mitgliedstaates gewährt werden, übersteigen. Da der ergänzende Charakter der Zulagen nach dem Statut auf Artikel 67 Absatz 2 beruht, d.h. auf einer Vorschrift, die in einer Verordnung im Sinne von Artikel 189 Abs. 2 EWG-Vertrag enthalten ist, ist er für die Mitgliedstaaten verbindlich und darf durch nationale Rechtsvorschriften nicht verkannt werden (EuGH vom 7. Mai 1987, RS 186/85)‘.

Aus dem ‚ergänzenden‘ Charakter des Artikels 67 Abs. 2 des EU-Beamtenstatus ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Denn im Beschwerdefall liegt ein Konflikt, dass ein Anspruch auf Zulage nach Art. 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut und gleichzeitig ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach §§ 2 Abs. 1 lit. a bzw. 5 Abs. 4 FLAG 1967 bestünde, nicht vor.

Vielmehr besteht im Beschwerdefall ein Anspruch auf Zulage nach Art. 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut, der gleichzeitig den Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe ausschließt (vgl. § 5 Abs. 4 FLAG 1967):

Die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nach EU-Beamtenstatut ist ein Dienstbezug (vgl. Art. 62 3. Satz EU-Beamtenstatut), die österreichische Familienbeihilfe ist eine Transferleistung.

Das im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geregelte System der Familienbeihilfen verleiht nach § 2 Abs. 1 lit a FLAG 1967 denjenigen Personen einen Anspruch auf Familienbeihilfen für ihre minderjährigen Kinder, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und schließt den Anspruch auf Familienbeihilfe aus, wenn Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht, wobei die Gewährung einer Ausgleichszahlung dadurch nicht ausgeschlossen ist. Das heißt, nach österreichischem Recht kommt eine Ausgleichszahlung nur in Betracht, wenn die ausländische Beihilfe niedriger als die österreichische ist.

Wie im EuGH Urteil vom 7. Mai 1987, Rechtssache 186/85 ausgeführt ist, ist immer zu prüfen, bei welchen Sachverhalten der ergänzende Charakter des Art. 67 Abs. 2 EU-Beamtenstatut zum Tragen kommt und wann sich daraus Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten ergeben.

Nach o.a. Urteil des EuGH ermöglicht Artikel 67 Absatz 2 des Statuts einen Ausgleich zwischen der gemeinschaftsrechtlichen Regelung und den verschiedenen nationalen Regelungen in der Weise, dass die Familienzulagen nach dem Statut den Berechtigten nur insoweit gezahlt werden, als sie vergleichbare Zulagen, die aufgrund einer Regelung eines Mitgliedstaates gewährt werden, übersteigen.

Artikel 67 Absatz 2 des Statuts ist Teil der allgemeinen Regelung über die Dienstbezüge, die die Gemeinschaften ihren Beamten nach Artikel 62 des Statuts zu zahlen haben. Die Dienstbezüge umfassen nach dieser Vorschrift auch die Familienzulagen. Aus diesem Grund steht Artikel 67 im Abschnitt 1 des Titels V Kapitel 1 des Status, der die Überschrift ‚Dienstbezüge‘ trägt. Ebenso verleihen die Artikel 19 und 61 BSB den Familienzulagen für die sonstigen Bediensteten den Charakter von Bezügen.

Innerhalb des Gesamtgefüges der Regelung über die Dienstbezüge sieht Artikel 67 Absatz 2 des Statuts insofern eine Ausnahme von Artikel 62 des Status vor, als er die Anrechnung von dritter Seite gezahlter Zulagen gleicher Art auf die von den Gemeinschaften geschuldeten Zulagen vorschreibt.

Familienzulagen stehen als Bestandteile der Dienstbezüge nach der Konzeption des Status im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis bzw. mit einer unselbständigen Berufstätigkeit.

Daraus folgt, dass Artikel 67 Abs. 2 des Statuts nur dann gilt, wenn in dem Mitgliedstaat, nach dessen Recht an sich ein Anspruch auf Zahlung von nationalen Beihilfen für ein Kind gegeben wäre, für das Zulagen nach dem Statut gewährt werden können, Anspruchsvoraussetzungen gelten, die denjenigen für die Gewährung von Zulagen nach dem Statut vergleichbar sind.

Der EuGH führt weiter aus: Nur wenn der Ehegatte eines Beamten, .., in einem Mitgliedstaat eine unselbständige Tätigkeit ausübt ..., untersagt Artikel 67 Abs. 2 des Statuts ........ diesem Mitgliedstaat somit, ihm die Zahlung von in seinem eigenen Recht vorgesehenen Familienbeihilfen unter Hinweis auf die Möglichkeit zu verweigern, dass für dasselbe Kind Zulagen nach dem Statut in Anspruch genommen werden können.

Dagegen ist Artikel 67 Abs. 2 nicht auf ... Fälle anwendbar, in denen der Ehegatte des Beamten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, selbst wenn diese den Anschluss an das nationale System der Familienbeihilfen bewirkt und dadurch grundsätzlich einen Anspruch auf Gewährung dieser Beihilfen eröffnet.

Unter Zulagen gleicher Art, die nach dieser Vorschrift von den im Statut vorgesehenen Zulagen abgezogen werden müssen und folglich die Gemeinschaftsorgane insoweit von ihrer Zahlungspflicht entbinden, sind nämlich nur solche Zulagen zu verstehen, die im Zusammenhang mit einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gezahlt werden.

Folglich ergibt sich aus Artikel 67 Absatz 2 und .... in Fällen, in denen der Ehegatte eines Beamten ..., im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, für die Mitgliedstaaten keine Verpflichtung bezüglich der Familienbeihilfen.

Aus dem Gesagten folgt, dass nach dem EU-Beamtenstatut Familienzulagen nur insoweit gezahlt werden, als sie ‚vergleichbare‘ nationale Zulagen der Mitgliedstaaten übersteigen.

‚Vergleichbarkeit‘ der Zulagen liegt nach EuGH nur vor, wenn die Familienzulagen iS des Artikels 67 Abs. 1 lit b EU-Beamtenstatuts Bestandteil der Dienstbezüge im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis oder allgemein mit einer unselbständigen Berufstätigkeit stehen. Artikel 67 Abs. 2 EU-Beamtenstatut kommt danach nur dann zur Anwendung, wenn in dem entsprechenden Mitgliedstaat, nach dessen nationalem Recht an sich ein Anspruch auf Kindergeld gegeben wäre, Anspruchsvoraussetzungen gelten, die denjenigen für die Gewährung von Zulagen nach dem Statut vergleichbar sind (BFH, 13.07.2016, XI R 16/15).

Die Einwendungen der [Revisionswerberin], dass die ‚nationale‘ Familienbeihilfe aufgrund des ergänzenden Charakters der Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder (Art. 67 Abs. 1 lit. b EU-Beamtenstatut) vorrangig zu gewähren sei, geht angesichts der obigen Ausführungen ins Leere.

Es obliegt dem Ehegatten der Bf. bzw. Kindesvater von M, allfällig ausstehende Familienzulagen, somit Dienstbezüge, bei seinem Dienstgeber geltend zu machen.

Aus der Bescheinigung der Personalverwaltung des Rates der Europäischen Union vom 11.07.2011, wonach auf Wunsch der [Revisionswerberin]. bescheinigt wurde, dass nach dem Urteil des EuGH vom 7. Mai 1987, (gemeint: RS 186/85), ein Vorrang der nationalen Familienbeihilfen bestehe, ist nichts zu gewinnen. Wie dargelegt, entspricht die in der Bescheinigung zum Ausdruck gebrachte ‚Rechtsansicht‘ keineswegs der im Urteil des EuGH dargelegten Rechtsanschauung.

Die Ausführungen der [Revisionswerberin] zur Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit VO (EG) Nr. 883/2004 sind irrelevant, weil diese Verordnung aufgrund des Vorranges des EU-Beamtenstatuts nicht zur Anwendung gelangt.

Wenn die [Revisionswerberin] meint, es lägen die Voraussetzungen für die automationsunterstützte antragslose Familienbeihilfe nach § 10a FLAG 1967 vor, so trifft dies nicht zu. Dieser Modus gelangt nur zur Anwendung, wenn die Anspruchsvoraussetzungen und die maßgeblichen Personenstandsdaten vorliegen. Wie oben ausgeführt, liegen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe für M nicht vor.

Soweit die [Revisionswerberin] auf ihre über Finanz-Online eingebrachten Anträge auf Familienbeihilfe für die Kinder L, H und L hinweist, ist festzuhalten, dass diese nicht Beschwerdegegenstand sind.

Aufgrund von regelmäßigen Problemen im Zusammenhang mit der Zustellung von Dokumenten hat die [Revisionswerberin], nach Vorhalt durch das Bundesfinanzgericht, bekanntgegeben, dass sie sich ab 23.03.2019 an der Adresse ihres Ehegatten Mag. MP, European External Action Service, EU Delegation Port Moresby, B-1049 Brüssel, Belgien, aufhält.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

3        Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision begründete das Gericht damit, dass die Voraussetzungen hiefür im Beschwerdefall nicht vorlägen.

4        Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legt ihre Zulässigkeit wie folgt dar:

„Entgegen dem Ausspruch des Bundesfinanzgerichts ist die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig, da sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, zu welcher bislang eine Rechtsprechung des VwGH fehlt. Der Lösung der hier aufgeworfenen Rechtsfrage kommt auch eine grundsätzliche - über den Einzelfall hinausgehende - Bedeutung zu, da dies alle (vermutlich über 1.000!) österreichischen Staatsbürger, die bei der Europäischen Gemeinschaft als Beamte bzw Vertragsbedienstete beschäftigt sind und Kinder haben, betrifft. Zur Rechtssicherheit bedarf es einer Judikatur des VwGH, aus welcher sich ergibt, wie die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 im Zusammenhang mit den unionsrechtlichen Bestimmungen (EU-Beamtenstatut, VO (EG) Nr. 883/2004, etc) auszulegen und anzuwenden sind.

Das Bundesfinanzgericht beschäftigt sich über viele Seiten mit der Frage, ob es sich bei der von der europäischen Kommission gewährten Kinderzulage um eine ‚gleichartige ausländische Beihilfe‘ im Sinne des § 5 Abs 4 FLAG 1967 handelt, obwohl dies nach Ansicht der Revisionswerberin nie strittig war.

Auf das Vorbringen in der Beschwerde zur VO (EG) Nr. 883/2004 wird hingegen nur mit einem einzigen Absatz auf S 17 des Erkenntnisses Bezug genommen, wobei das eigentliche Problem nicht behandelt wird. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb die VO (EG) Nr. 883/2004 im gegenständlichen Fall irrelevant sein sollte und wird dies vom Bundesfinanzgericht auch nicht näher begründet. Das Bundesfinanzgericht erläutert nicht, warum es davon ausgeht, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht zur Anwendung gelangt und woraus sich der von ihm angenommene Vorrang des EU-Beamtenstatuts ergibt, da die Revisionswerberin selbst dem EU-Beamtenstatut nicht unterliegt.

Wie bereits ausgeführt kommt die Lösung der hier anstehenden Rechtsfrage, also ob die österreichische Familienbeihilfe und der gemeinsam mit ihr zur Auszahlung gelangende Kinderabsetzbetrag - trotz des Anspruchs auf den Differenzbetrag der Kinderzulage gemäß dem EU Beamtenstatuts - zu gewähren ist, eine über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zu. Dies vor allem aus dem Grund, da die Kinderzulage gemäß Artikel 67 Abs 2 EU-Beamtenstatut lediglich ergänzenden Charakter hat.

Die Revision ist somit im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG als zulässig anzusehen.“

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 36 VwGG über diese Revision das Vorverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen das vor dem Verwaltungsgericht belangte Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattete, in der die Abweisung der Revision als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt wird.

6        Hierauf erstattete die Revisionswerberin eine Äußerung zur Revisionsbeantwortung

7        Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

9        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.

10       Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 (über die Zurückweisung der Revision) in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

11       Auch unionsrechtlichen Rechtsfragen kann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen (VwGH 14.8.2018, Ra 2018/16/0085).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es nicht, wenn die Revision im Rahmen der Darstellung ihrer Zulässigkeit nach § 28 Abs. 3 VwGG ohne konkrete Bezugnahme auf den Revisionsfall die Zulässigkeit nur unter Gebrauch allgemeiner Ausführungen beansprucht (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/16/0117, mwN). Ein allgemein gehaltenes Vorbringen zur Verletzung des Unionsrechts reicht nicht aus, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2016/06/0115, mwN).

12       Vor diesem Hintergrund erweist sich das zur Darlegung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision erstattete Vorbringen als nicht stichhaltig:

13       Im vorliegenden Fall beantragte die Mutter des Kindes die Gewährung von Familienbeihilfe ab Mai 2017.

Der Prozessstandpunkt der Revisionswerberin zielt zusammengefasst darauf ab, dass zufolge des Anwendungsvorranges der Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft und der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit die Ausschlussbestimmungen der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 5 FLAG unanwendbar seien.

Unstrittig ist, dass dem Ehegatten der Revisionswerberin und Vater des Kindes M als Bediensteten der Europäischen Union gemäß Art. 67 der Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft ein Anspruch auf Familienzulage zukommt, der u.a. gemäß Abs. 1 lit. b die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder umfasst.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist weiters unstrittig, dass es sich bei der Zulage nach Art. 67 Abs. 1 lit. b der genannten Verordnung um eine mit den Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz vergleichbare Leistung handelt.

14       Gemäß Art. 67 Abs. 2 der genannten Verordnung haben Beamte, die Familienzulagen nach diesem Artikel erhalten, die anderweitig gezahlten Zulagen gleicher Art anzugeben; diese werden von den nach Anhang VII Art. 1, 2 und 3 gezahlten Zulagen abgezogen.

Soweit die Revision zunächst auf eine Subsidiarität der vom Vater des Kindes bezogenen Zulage nach Art. 67 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 der Verordnung Nr. 31 (EWG) 11 (EAG) abzielt, ist auf die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, wonach Art. 67 Abs. 2 leg.cit. nicht auf Fälle anwendbar ist, in denen der Ehegatte des Beamten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt. Aus Art. 67 Abs. 2 und den entsprechenden Vorschriften des Statuts ergeben sich in Fällen, in denen der Ehegatte eines Beamten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, für die Mitgliedstaaten keine Verpflichtungen bezüglich der Familienbeihilfen (EuGH 7.5.1987, 186/85, Rz 33 und 34, sowie 189/85, Rz 28).

Dieses Auslegungsergebnis gewann der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache 189/85 insbesondere zur Vermeidung eines diskriminierenden Ergebnisses (vgl. Rz 21); unter Berücksichtigung dieser Erwägungen des EuGH finden auch die im weiteren geäußerten allgemein gehaltenen Bedenken der Revision eines Verstoßes gegen das unionsrechtliche „Gleichheitsgebot bzw. Diskriminierungsverbot“ eine Beantwortung.

15       Soweit die Revisionswerberin - erstmals - in ihrer Äußerung zur Revisionsbeantwortung davon spricht, bis 30. Juni 2011 unselbständig erwerbstätig gewesen zu sein, betrifft dies nicht den verfahrensgegenständlichen Zeitraum und ist daher nicht von Relevanz. Ausgehend vom unstrittigen Umstand, dass die Revisionswerberin während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums in Österreich selbständig erwerbstätig war, erweist sich die Subsidiaritätsbestimmung des Art. 67 Abs. 2 des Statuts schon deshalb als unanwendbar.

16       Soweit die Revision schließlich einen Erfolg aus der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 erhofft, legt die Revision die Relevanz dieser Verordnung für den geltend gemachten Anspruch nicht dar, aufgrund welcher vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen und aufgrund welcher konkreten Bestimmungen dieser Verordnung die in Rede stehenden Ausschlussbestimmungen des § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 FLAG unanwendbar sein sollten:

Die von der Revision ins Treffen geführte Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist nur anwendbar, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der zwei oder mehr Mitgliedstaaten berührt. Dies ist der Fall, wenn ein Unionsbürger von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht oder gemacht hat und in einem anderen als dem Wohnsitzstaat einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nachgegangen ist (vgl. etwa Csaszar in Csaszar/Lenneis/Wanke, Kommentar zum Familienlastenausgleichsgesetz, Rz 39 zu § 53 FLAG).

Unter Zugrundelegung der von der Revision nicht in Zweifel gezogenen, eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen ist in der Person der Revisionswerberin ein solcher länderübergreifender Sachverhalt nicht erfüllt.

Ein solcher länderübergreifender Sachverhalt wird auch nicht in der Person des Vaters des Kindes erfüllt, weil Beamte der Europäischen Union nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung angesehen werden können, nachdem sie nicht unter den Geltungsbereich nationaler Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit fallen (EuGH C-411/98 - Ferlini, C-293/03 - My , C-286/09 und C-287/09 - Ricci und Pisaneschi, sowie die Schlussanträge des Generalanwaltes Mengozzi in der Rechtssache Aliny Wojciechowski gegen Office national des pensions, C-408/14, Rn 27, mwN).

17       Abgesehen davon setzten die von der Revision explizit ins Treffen geführten Prioritätsregeln des Art. 68 leg.cit. bei Zusammentreffen von Ansprüchen die Gebührlichkeit von Familienleistungen in mehreren Mitgliedstaaten voraus und normieren eine Rangfolge dieser Leistungen untereinander; eine solche Rangfolge von Ansprüchen führt nicht zum grundsätzlichen Entstehen von Ansprüchen, sondern zu deren Reihung zueinander. Im Revisionsfall ist jedoch der Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 FLAG im Hinblick auf die dem Vater des Kindes zustehende Kinderzulage, die nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH im Hinblick auf die selbständige Erwerbstätigkeit der Mutter keiner Kürzung unterliegt, grundsätzlich ausgeschlossen, sodass sich die Frage der Priorität des Anspruches nach dem FLAG 1967 nicht stellt.

18       Im Übrigen lässt das Vorbringen im Rahmen des § 28 Abs. 3 VwGG, wonach „das eigentliche Problem nicht behandelt“ werde, nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im gegenständlichen Fall irrelevant sein sollte und im angefochtenen Erkenntnis nicht erläutert werde, „warum es davon ausgeht, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht zur Anwendung gelangt und woraus sich der von ihm angenommene Vorrang des EU-Beamtenstatuts ergibt, da die Revisionswerberin selbst dem Beamtenstatut nicht unterliegt“, keine konkrete Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, die nicht schon im Rahmen des Gesagten beantwortet worden wäre, erkennen.

19       Die vorliegende außerordentliche Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

20       Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. Jänner 2020

Gerichtsentscheidung

EuGH 61998CJ0411 Ferlini VORAB
EuGH 62003CJ0293 Gregorio My VORAB
EuGH 62009CO0286 Ricci VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160111.L00

Im RIS seit

27.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten