Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** U*****, vertreten durch die gerichtliche Erwachsenenvertreterin C***** U*****, diese vertreten durch Dr. Meinrad Einsle und andere Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei M***** M*****, vertreten durch Dr. Günther Riess und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 122.027,55 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. September 2018, GZ 2 R 94/18t-76, mit dem das Endurteil des Landesgerichts Innsbruck vom 18. Mai 2018, GZ 67 Cg 16/15k-71, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Am 18. Februar 2012 ereignete sich im Schigebiet von Ellmau in Tirol ein Schiunfall zwischen den Streitteilen, bei dem beide schwer verletzt wurden; es trifft sie ein gleichteiliges Verschulden. Die im Unfallszeitpunkt 59 Jahre alte Klägerin erlitt ein lebensbedrohliches Schädel-Hirn-Trauma, ein Epiduralhämatom, ausgeprägte Gesichtsfrakturen und eine Speichenfraktur links. Der damals 70 Jahre alte Beklagte erlitt ein Polytrauma mit Rippenserienfraktur, einen Schlüsselbeinbruch, einen Beckenringbruch, einen Bruch des Kreuzbeins und eine Oberschenkelfraktur bei nachfolgendem Multiorganversagen und Myokardinfarkt bei vorbestehender Herzerkrankung. Die Klägerin kann nicht alleine gehen oder stehen und benötigt einen Rollstuhl. Es besteht eine ständige Schwindel- und Sturzneigung. Sie hat Schwierigkeiten mit Zahlen und eine zentrale Sprachstörung (Aphasie). Sie muss Windeln benutzen und benötigt Pflege „in allem“. Sie ist zu 100 % invalid; ihr Zustand wäre nach den Kriterien in Österreich mit Pflegestufe 5 verbunden. Eine signifikante funktionale Besserung ist nicht zu erwarten.
Die im Unfallszeitpunkt gesunde und berufstätige Klägerin war immer in Österreich sozialversichert. Ihre Töchter brachten sie nach ihrer Entlassung aus der stationären Pflege des Krankenhauses im März 2013 in einem Pflegeheim in Deutschland unter, „weil es in Tirol kein derartiges Pflegeheim gibt“. Ihre Wohnung in Österreich hat sie zum 31. 8. 2014 gekündigt. Die Klägerin erhält aus Österreich kein Pflegegeld, sie bezieht allerdings Leistungen von der deutschen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK). Diese übernimmt seit 1. 1. 2017, nach Überführung der Klägerin von der Pflegestufe II in den Pflegegrad 4, Leistungen der vollstationären Pflege bis zu einem Höchstbetrag von 1.775 EUR. Dieses Pflegegeld wird seit Juli 2017 direkt an das Pflegeheim ausbezahlt. Die Klägerin erhält seither nur noch eine Rechnung über den verbleibenden Restbetrag. Davor, bis Juni 2017, wurde das Pflegegeld erst in der Rechnung vom Gesamtbetrag abgezogen. Weiters bezieht die Klägerin eine Alterspension von der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt (PVA).
Die Klägerin begehrte vom Beklagten zuletzt noch Zahlung von 122.027,55 EUR sA. Dieser Betrag umfasst nach einer Akontozahlung von 60.000 EUR ein restliches, um das Mitverschulden von 50 % bereits gekürztes Schmerzengeld von 70.700 EUR sowie die ebenfalls um den Mitverschuldensanteil gekürzten, nach Monaten aufgeschlüsselten Kosten für die Unterbringung im deutschen Pflegeheim, einschließlich diverser Pflege- und Heilungskosten sowie diverser Gerichtsgebühren, für die Monate August bis Dezember 2013 sowie Mai 2014 bis November 2017 von insgesamt 51.327,55 EUR.
Zur Begründung brachte die Klägerin vor, dass sie sich monatelang in ärztlicher und therapeutischer Behandlung befunden habe und seit März 2013 in einem Pflegewohnheim in Deutschland untergebracht sei. Sie habe unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens Anspruch auf ein Schmerzengeld in Höhe von 108.700 EUR; zusätzlich komme für die nächsten fünf Jahre bis einschließlich 2022 ein „globales Teilschmerzengeld“ von 22.000 EUR dazu, weil eine Globaleinschätzung des Schmerzengeldes aus neurologischer Sicht nicht möglich sei.
Bei den begehrten Kosten für die Heimunterbringung seien neben ihrem Mitverschulden auch die Leistungen der AOK sowie die Haushaltsersparnis nach Kündigung ihrer Wohnung ab 1. 9. 2014 bereits berücksichtigt. Im deutschen Recht gebe es kein Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers, sodass der Klägerin der um ihren Mitverschuldensanteil gekürzte Teil des Schadenersatzanspruchs verbleibe, der dem Verhältnis ihres von der Sozialleistung nicht gedeckten Restschadens zum Gesamtschaden entspreche. Die AOK regressiere sich auch nicht bei der PVA, zumal das Pflegegeld in Österreich viel niedriger wäre, als die Höhe der Sachleistungen, die die Klägerin in Deutschland erhalte.
Abschließend brachte die Klägerin „informativ“ noch vor, dass zwischen der Klägerin und der AOK kein Versicherungsverhältnis bestehe. Die AOK erbringe an die Klägerin „eigene“ Leistungen und nicht solche für die österreichische Sozialversicherung.
Der Beklagte entgegnete, dass eine sukzessive Schmerzengeldbemessung unzulässig sei; außerdem sei das von der Klägerin begehrte Schmerzengeld überhöht. Unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens seien sämtliche Ansprüche aus diesem Titel bereits erledigt.
Hinsichtlich der Kosten für die Heimunterbringung sei das Quotenvorrecht des österreichischen Sozialversicherungsträgers zu berücksichtigen. Die Klägerin sei in Österreich beschäftigt gewesen und daher in Österreich sozialversichert. Es gelange österreichisches Recht zur Anwendung. Zur deutschen AOK bestehe kein Versicherungsverhältnis. Diese werde ausschließlich im Rahmen der „Auftragsverwaltung“ für die österreichische Sozialversicherung tätig, weshalb die geleisteten Beträge vom österreichischen Sozialversicherungsträger retour gefordert werden könnten. Bei Berechnung eines allfälligen Anspruchs der Klägerin sei nach Abzug der Eigenersparnis die Quotierung vorzunehmen und das Pflegegeld von der Quote in voller Höhe abzuziehen. Danach verbleibe der Klägerin kein Anspruch mehr, sodass es ihr insoweit an der aktiven Klagslegitimation mangle.
Da auch der Beklagte beim Unfall schwer verletzt worden sei, stünden ihm Schadenersatzansprüche aus dem Titel des Schmerzengeldes sowie der Haushalts- bzw Gartenhilfe und Pflege, weiters der Ersatz der Zuzahlung an das Klinikum O*****, der Übernachtungskosten der Ehegattin in Salzburg sowie der unfallkausalen Nebenspesen zu. Seine Gegenforderung beziffere sich mit insgesamt 24.831 EUR.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 122.027,55 EUR und die eingewendete Gegenforderung mit 8.150 EUR als zu Recht bestehend, verpflichtete den Beklagten daher zur Zahlung von 113.877,55 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 8.150 EUR zwar nicht im Spruch, wohl aber implizit in den Gründen seiner Entscheidung ab.
Dabei stützte es sich im Wesentlichen auf den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und führte aus, dass die von der Klägerin erlittenen Verletzungen im Sinn einer Globalbemessung unter globaler Mitberücksichtigung der kommenden fünf Jahre ein Schmerzengeld von 261.400 EUR rechtfertigten. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens der Klägerin und der geleisteten Akontozahlung verbleibe ein Anspruch in Höhe von 70.700 EUR. Bezüglich der Kosten des Pflegeheims richte sich der Forderungsübergang auf den Sozialversicherungsträger gemäß Art 19 Rom II-VO nach deutschem Recht. § 116 Abs 3 SGB X sehe jedoch kein Quotenvorrecht vor, sodass der entsprechende Einwand des Beklagten nicht zu berücksichtigen sei.
Die weiteren Ansprüche der Klägerin bestünden daher mit 51.327,55 EUR sA zu Recht, weshalb sich der Gesamtanspruch mit 122.027,55 EUR sA errechne. Die Gegenansprüche des Beklagten seien ungekürzt mit 45.000 EUR (Schmerzengeld 35.000 EUR und Pflegeleistungen 10.000 EUR) angemessen; unter Berücksichtigung des Mitverschuldens und der erhaltenen Zahlungen verbleibe ein berechtigter Betrag von 8.150 EUR. Daraus ergebe sich ein Zuspruch von 113.877,55 EUR an die Klägerin.
Während die Klägerin den abweisenden Teil dieser Entscheidung unbekämpft ließ, begehrte der Beklagte in seiner Berufung die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dahin, dass die Klagsforderung und die Gegenforderung nur mit jeweils 3.827,45 EUR als zu Recht bestehend erkannt und das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde.
Das Berufungsgericht gab der Nichtigkeitsberufung des Beklagten (wegen zugesprochener vorprozessualer Kosten) Folge und wies das Klagebegehren im Betrag von 1.506 EUR zurück (Pkt I. des Spruchs). Im Übrigen änderte es das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren mit Teilurteil „einschließlich der in Teilrechtskraft erwachsenen Klagsabweisung“ im Umfang von 8.150 EUR sowie weiterer 258,22 EUR sA (wegen Verjährung) mit eingliedrigem Spruch abwies (Pkt II.A). Weiters hob es das erstinstanzliche Urteil im Umfang der Klagsstattgebung von 112.113,33 EUR sA auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück (Pkt II.B). Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei, ließ jedoch den Rekurs gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung zu.
Das Berufungsgericht erwog in rechtlicher Hinsicht, im Fall einer ausnahmsweise zulässigen Teilbemessung des Schmerzengeldes sei diese nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorzunehmen. Eine „Teil-Globalbemessung“ sei unzulässig. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ließen nicht erkennen, ob die künftigen Schmerzen und Beschwerden der Klägerin in ihrer Gesamtheit bereits vorhersehbar seien, sodass eine endgültige Globalbemessung möglich sei. Zur bestrittenen Unfallskausalität der Arztkosten in Höhe von insgesamt 655,72 EUR habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, weshalb in dieser Hinsicht sekundäre Feststellungsmängel gegeben seien. Außerdem seien Pflegekosten in Höhe von insgesamt 1.264,46 EUR (Frisör, Fußpflege, Lebensmittel, Ausflüge/Urlaube, Taschengeld) in den Pflegeheimkosten enthalten. Da der Beklagte in seinen Einwendungen dazu lediglich auf eine Urkunde verwiesen habe, liege ein Erörterungsmangel vor.
Zum Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers verwies das Berufungsgericht zunächst auf den Vorrang des Art 85 Abs 1 lit a VO 883/2004/EG vor jenem des Art 19 Rom II-VO. Maßgeblich sei das Zessionsgrundstatut. Erbringe daher der österreichische Krankenversicherungsträger medizinische Leistungen, richte sich die Frage, ob er beim Schädiger Regress nehmen könne, nach österreichischem Recht. Die Legalzession sei in allen Mitgliedstaaten anzuerkennen. Aus Art 11 Abs 1 VO 883/2004/EG ergebe sich der Grundsatz, dass Personen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fielen, nur den Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen sollten. Die in Deutschland vom Träger des Wohnorts erbrachten Pflegegeldleistungen zur Abdeckung von Heimkosten seien im Sinn der erwähnten Verordnung als Sachleistungen zu qualifizieren, während das österreichische Pflegegeld ausschließlich Geldleistung sei. Die AOK erbringe die Sachleistungen für Rechnung des zuständigen österreichischen Sozialversicherungsträgers. Aus diesem Grund seien für den gesamten Sachverhalt die österreichischen Rechtsvorschriften maßgebend. Dementsprechend sei auch die Frage, inwieweit der Sozialversicherungsträger für erbrachte Leistungen beim Schädiger Regress nehmen könne, nach österreichischem Sozialversicherungsrecht zu beurteilen. Das bedeute, dass das Quotenvorrecht des österreichischen Sozialversicherungsträgers Anwendung zu finden habe. Demnach gehe der Ersatzanspruch des Geschädigten, auch wenn er wegen Mitverschuldens geringer als der eingetretene Schaden sei, im Umfang seines Leistungsanspruchs gegenüber dem Sozialversicherungsträger zur Gänze auf diesen über; nur ein allfälliger Rest des Deckungsfonds verbleibe dem Geschädigten. Für die Berechnung der der Klägerin zustehenden Ansprüche seien ergänzende Feststellungen erforderlich, nämlich zur Höhe des monatlichen Rechnungsbetrags für die Heimunterbringung (unter Herausrechnung sonstiger in den einzelnen Rechnungen enthaltener Kosten für Frisör, Ausflüge, Post etc) sowie zur Höhe des an die Klägerin monatlich geleisteten (deutschen) Pflegegeldes.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers bei Leistungen Anwendung finde, die ein ausländischer Sozialversicherungsträger für Rechnung des zuständigen österreichischen Sozialversicherungsträgers erbringe, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin, der insoweit auf eine Wiederherstellung der stattgebenden Entscheidung des Erstgerichts abzielt.
In seiner Rekursbeantwortung beantragt der Beklagte, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist zulässig, weil die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts zur Anwendbarkeit des Quotenvorrechts des Sozialversicherungsträgers ergänzungsbedürftig sind und sich daraus ein weiterer Erörterungs- und Erhebungsbedarf ergibt. Im Ergebnis bleibt es aber bei der Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichts, weshalb der Rekurs der Klägerin nicht berechtigt ist.
Zu ihrem Anspruch auf Schmerzengeld steht die Klägerin auf dem Standpunkt, dass alle, auch zukünftige, bereits abzusehende Schmerzen im Rahmen des Schmerzengeldes zuzusprechen gewesen wären. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, wie die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zu verstehen seien. Diese seien vollständig, eine Ergänzung des Sachverhalts sei nicht erforderlich. Das Berufungsverfahren sei mangelhaft, weil das Berufungsgericht die Sache im Umfang des Schmerzengeldzuspruchs dennoch an das Erstgericht zurückverwiesen habe.
Das Quotenvorrecht eines österreichischen Sozialversicherungsträgers komme nach Auffassung der Klägerin nicht in Betracht. Die Legalzession nach § 16 BPGG beziehe sich nur auf Pflegegeld, nicht aber auf Pflegesachleistungen, auf die die Klägerin auch bei einem Wohnort im Inland keinen Anspruch hätte. Nur auf Geldleistungen beziehe sich die Exportverpflichtung gemäß Art 7 VO 883/2004/EG. Die PVA sei daher auch nicht verpflichtet, die Heimkosten für die Klägerin zu bezahlen, nur weil diese in einem ausländischen Pflegeheim untergebracht sei. § 16 BPGG könne auch nicht analog auf Leistungen eines ausländischen Versicherungsträgers angewendet werden. Da die Klägerin aus Österreich kein Pflegegeld erhalte, gebe es keine Leistung der PVA an die Klägerin, aus der ein Regress gegenüber dem Schädiger und das Quotenvorrecht abgeleitet werden könnte. Auch seien solche Regressansprüche bisher nicht geltend gemacht worden, sie wären teilweise bereits verjährt. Es sei daher unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage die AOK der Klägerin Pflegesachleistungen gewähre. Die Klägerin erhalte diese Leistungen gleich einem deutschen Staatsangehörigen, weil sie in Deutschland wohnhaft sei. Ein Anspruch der AOK auf Ersatz durch die PVA könnte nach Art 25 VO 883/2004/EG nur dann bestehen, wenn die Klägerin auch in Österreich Anspruch auf Pflegesachleistungen hätte, was jedoch nicht der Fall sei.
Hiezu wurde erwogen:
I. Schmerzengeld:
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die bisherigen Feststellungen ließen nicht erkennen, ob die Voraussetzungen einer Global- oder einer ausnahmsweisen Teilbemessung des Schmerzengeldes vorlägen, ist nicht zu beanstanden, vermag sich doch selbst die Klägerin beim Versuch der Entkräftung dieses Vorwurfs nur auf diverse Aussagen eines der Sachverständigen zu beziehen. Es liegt daher der vom Berufungsgericht richtig erkannte Feststellungsmangel vor.
2. Sollten nach den ergänzend zu treffenden Feststellungen die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Teilbemessung des Schmerzengeldes gegeben sein, weil das Gesamtbild der psychischen und physischen Beeinträchtigungen noch nicht vorhersehbar ist, so käme nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine „Teil-Globalbemessung“ auch unter Einbeziehung der bereits bekannten zukünftigen Schmerzen, wie sie das Erstgericht vornahm, nicht in Betracht (RS0115721). In diesem Fall sind vielmehr nur die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz aufgetretenen Schmerzen global zu bemessen (2 Ob 150/06g; RS0115721 [T2]). Auch dazu fehlten ausreichende Feststellungen.
II. Arzt- und Pflegekosten:
Der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang aufgezeigte weitere Erörterungs- und Klärungsbedarf wird in der Revision nicht in Frage gestellt. Zum einen fehlen Feststellungen zur Unfallskausalität der zugrunde liegenden, von der Klägerin in Anspruch genommenen Leistungen. Zum anderen hat die Klägerin ihre Ansprüche aus der Heimunterbringung für die Monate ab Mai 2014 als Gesamtbeträge geltend gemacht, in denen nicht nur die Pflegeheimkosten, sondern auch Arzt- und Pflegekosten enthalten sind. Da die vom deutschen Sozialversicherungsträger erbrachten Leistungen den einzelnen Anspruchskategorien zuordenbar sein müssen, ist es auch erforderlich, dass die Klägerin die geltend gemachten Positionen nach Pflegeheimkosten, Arztkosten (bzw Kosten für medizinische Behandlungen) und Pflegekosten aufgliedert.
III. Kosten des Pflegeheims:
1. Zu den nationalen Regelungen:
1.1 Liegt die Ursache für die Pflegebedürftigkeit in einem von einem Dritten schuldhaft herbeigeführten Ereignis, geht der Schadenersatzanspruch des Geschädigten – mit Ausnahme des Anspruchs auf Schmerzengeld – gemäß § 16 Abs 1 BPGG insoweit auf den Bund oder den Träger der Sozialversicherung über, als dieser aus diesem Anlass Pflegegeld zu leisten hat.
Der Forderungsübergang vollzieht sich schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses in jenem Umfang, in dem der Bund oder der Träger der Sozialversicherung sachlich und zeitlich kongruente Leistungen zu erbringen hat (2 Ob 56/98v SZ 71/3; 10 Ob 34/10p). Für den Forderungsübergang ist es unerheblich, ob der Geschädigte bereits vor dem Unfall Pflegegeld bezogen hat, wann der Pflegegeldträger vom Schadensfall Kenntnis erhält und ob der Geschädigte überhaupt einen Antrag auf Pflegegeld stellt oder die Pflegegeldleistung in Anspruch nimmt. Entscheidend ist allein der Eintritt der materiellen Leistungspflicht des Pflegegeldträgers (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 [2017] Rz 4.33 und 4.35). Denn in jenem Ausmaß, in dem ein Anspruch auf Pflegegeld besteht, fehlt es dem Geschädigten gegenüber dem Schädiger an der Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs (10 Ob 34/10p). Der Rechtsübergang konkretisiert sich während des gesamten künftigen Schadensverlaufs der Höhe nach im Umfang des jeweiligen Ersatzanspruchs und des jeweiligen Anspruchs auf das Pflegegeld (vgl RS0045190 [T6] zum insoweit gleichgelagerten Forderungsübergang nach § 332 ASVG).
Pflegegeld ist sachlich kongruent zum Anspruch auf Ersatz der Pflegekosten (2 Ob 190/07s SZ 2007/178; 10 Ob 34/10p). Davon werden auch die Kosten für die stationäre Pflege in einem Pflegeheim erfasst (vgl 2 Ob 190/07s), werden in einem solchen doch grundsätzlich jene Leistungen gewährt, zu deren Abgeltung das Pflegegeld an sich dient (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 10.7; vgl dazu auch Punkt 1.3).
1.2 Nach den Feststellungen des Erstgerichts war die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls am 18. 2. 2012 in Österreich berufstätig und sozialversichert. Derzeit bezieht sie eine Alterspension von der PVA und „erhält“ kein österreichisches Pflegegeld. Anhand dieser Feststellungen könnte nach den dargestellten Grundsätzen nicht beurteilt werden, ob und in welchem Ausmaß während des klagsgegenständlichen Zeitraums (August bis Dezember 2013; Mai 2014 bis Dezember 2017) ein Anspruch auf österreichisches Pflegegeld bestand:
Grundsätzlich – und vorbehaltlich der noch folgenden kollisionsrechtlichen Überlegungen – bestand ein solcher Anspruch auf das Pflegegeld als Annexleistung zu einer Grundleistung jedenfalls seit der Zuerkennung der Alterspension durch die PVA (§ 3 Abs 1 Z 1 lit a BPGG), wobei der Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin (Österreich oder Deutschland) wegen der im Anwendungsbereich der VO 883/2004/EG bestehenden Verpflichtung, das Pflegegeld in das Ausland zu exportieren (EuGH C-215/99, Jauch; vgl 10 ObS 144/12t; Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 3.82 mwN), in diesem Zusammenhang bedeutungslos ist. Ab welchem Zeitpunkt der Klägerin eine Alterspension zuerkannt wurde, blieb aber bisher ebenso ungeklärt, wie die Frage, ob – die Zivilgerichte bindende – Bescheide des zuständigen Entscheidungsträgers (§ 22 BPGG) über die Gewährung von Pflegegeld oder die Verneinung eines diesbezüglichen Leistungsanspruchs der Klägerin erlassen wurden. Der Umstand, dass die Klägerin derzeit kein Pflegegeld „erhält“, gibt nämlich, wie noch zu zeigen sein wird, keinen Aufschluss darüber, ob nicht dennoch ein Anspruch darauf besteht (oben 1.1). Sollten Bescheide nicht vorhanden sein, hätte das Gericht Grund und Höhe des Anspruchs der Klägerin selbständig als Vorfrage zu prüfen (2 Ob 56/98v). Erst für diesen Fall könnte die weitere „Feststellung“, dass ihr Zustand in Österreich mit Pflegestufe 5 verbunden wäre, Bedeutung erlangen, wobei auch dann noch geklärt werden müsste, ob sich diese rechtliche Beurteilung der Pflegebedürftigkeit auf den gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum bezieht.
1.3 § 13 Abs 1 Z 1 BPGG normiert eine weitere Legalzession für den Fall der stationären Pflege auf Kosten eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim. Danach geht für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Pflegekosten, höchstens jedoch bis zu 80 %, auf den jeweiligen Kostenträger über, während die pflegebedürftige Person für die Dauer des Anspruchsübergangs nur ein Taschengeld in Höhe von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 zur Deckung ihrer sonstigen Bedürfnisse erhält; im Übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld („Differenzruhen“). Dieser Anspruchsübergang hängt (im Gegensatz zur Legalzession nach § 16 BPGG) von einer Verständigung des Entscheidungsträgers des Pflegegeldes ab (§ 13 Abs 2 BPGG). Mit dem Anspruchsübergang nach § 13 Abs 1 BPGG, der mit dem auf das Einlangen der Verständigung beim Entscheidungsträger folgenden Monat eintritt, verliert der Betroffene die Aktivlegitimation hinsichtlich der vom Anspruchsübergang erfassten Teile des Pflegegeldes (RS0107497). Bei vollen Selbstzahlern kommt eine Legalzession nach dieser Bestimmung mangels Kostenbeteiligung eines der genannten Kostenträger nicht in Betracht (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 10.6).
Wäre daher die Klägerin nach ihrem Unfall in einem österreichischen Pflegeheim auf Kosten der in § 13 Abs 1 BPGG genannten Kostenträger untergebracht worden, würde sich die für den Umfang der Legalzession nach § 16 Abs 1 BPGG maßgebliche Leistungspflicht des Pflegegeldträgers (Punkt 1.1) in jenem Ausmaß vermindern, in dem der Anspruch auf das Pflegegeld ruht (vgl 10 ObS 194/09s mwN; Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 Rz 10.21). Die Legalzession nach § 16 BPGG würde in diesem Fall nur im Umfang des nicht ruhenden Anspruchs (80 % des Pflegegeldes zuzüglich „Taschengeld“) eintreten.
Auf die Legalzession nach § 13 Abs 1 Z 1 BPGG und allfällige Folgen für die Legalzession nach § 16 BPGG wird im Folgenden noch zurückzukommen sein (unten Punkt 4.4).
1.4 In Österreich kommt dem Sozialversicherungsträger, auf den infolge Legalzession Schadenersatzansprüche des Geschädigten übergehen, das Quotenvorrecht zu:
Dieses besteht konkret darin, dass der Ersatzpflichtige gegenüber dem Legalzessionar das Mitverschulden des Geschädigten geltend machen kann. Der Regress beschränkt sich daher auf denjenigen Schadensteil, der dem Geschädigten vom Schädiger ohne Legalzession zu vergüten wäre. Dabei kann der Versicherungsträger vom Schädiger vollen Ersatz für seine zu gewährenden Leistungen verlangen, soweit diese in dem durch den Mitverschuldensanteil verkürzten Schadenersatzanspruch Deckung finden. Dem Geschädigten verbleibt nur ein allfälliger durch die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers nicht gedeckter Rest seines (um die Mitverschuldensquote gekürzten) Ersatzanspruchs. Bei der Ermittlung des Betrags, auf den der Geschädigte dem Schädiger gegenüber Anspruch hat, ist demnach der Schaden zunächst ohne Bedachtnahme auf die Leistungen des Legalzessionars zu ermitteln und um die Mitverschuldensquote zu kürzen. Von dem so errechneten Betrag sind die auf den Legalzessionar übergegangenen Ansprüche in voller Höhe abzuziehen (7 Ob 89/14k; RS0026975; RS0027370). Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen der Legalzession nach § 16 Abs 1 BPGG (vgl 10 Ob 34/10p).
1.5 Demgegenüber enthält das zehnte Buch des deutschen Sozialgesetzbuchs zwar auch eine Regelung über die Legalzession (§ 116 Abs 1 SGB X), jedoch ist ein Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers ausgeschlossen (§ 116 Abs 3 S 1 SGB X; vgl 2 Ob 238/07z mwN; Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 332 ASVG Rz 79).
1.6 Somit ist als erstes Zwischenfazit festzuhalten:
Im Zeitpunkt des Unfalls lag ein reiner Inlandssachverhalt vor. Bereits in diesem Zeitpunkt gingen die Schadenersatzansprüche der Klägerin nach § 16 Abs 1 BPGG auf den Träger der Sozialversicherung über. Das Ausmaß des Rechtsübergangs ist anhand der bisherigen Feststellungen noch nicht beurteilbar. Sollte österreichisches Recht maßgeblich sein, wären die fehlenden Feststellungen nachzuholen. Denn in diesem Fall würde im Umfang der übergegangenen Ansprüche das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers zur Anwendung gelangen.
1.7 Ob dies zutrifft, hängt jedoch entscheidend vom Ergebnis der kollisionsrechtlichen Betrachtung anhand der VO 883/2004/EG ab, die infolge der Unterbringung der Klägerin in einem deutschen Pflegeheim ab März 2013 geboten ist. Sollte sich daraus die Pflicht zur Anerkennung einer nach deutschem Recht erfolgten Legalzession ergeben, könnte diese die Legalzession nach § 16 Abs 1 BPGG verdrängen. Dies setzt einerseits voraus, dass tatsächlich nach deutschen Rechtsvorschriften eine Legalzession eintritt, andererseits, dass sich die Anerkennungspflicht tatsächlich aus der einschlägigen Kollisionsnorm der VO 883/2004/EG ergibt.
2. Allgemein zur VO 883/2004/EG:
2.1 Seit 1. 5. 2010 wird die Verordnung 883/2004/EG auf die in Art 3 leg cit genannten Sozialversicherungsleistungen anstelle der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften angewendet, soweit die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission dazu keine zulässigen Ausnahmen notifiziert haben. Ab dem genannten Zeitpunkt finden daher auf die von der Verordnung erfassten Leistungen grundsätzlich nur mehr die Vorschriften der Verordnung Anwendung.
2.2 Die hier fraglichen Pflegegeldleistungen werden vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) – mangels eigener unionsrechtlicher Koordinierungsvorschriften – den Leistungen bei Krankheit iSd VO 883/2004/EG (sowie der Vorgänger-VO 1408/71/EWG) zugeordnet (EuGH C-215/99, Jauch, Rn 28; C-286/03, Hosse, Rn 38).
2.3 Zum besseren Verständnis der folgenden Ausführungen sind zunächst einige der in Art 1 VO 883/2004/EG festgelegten Definitionen voranzustellen:
„Art 1
Definitionen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
[…]
j) 'Wohnort' den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;
k) 'Aufenthalt' den vorübergehenden Aufenthalt;
[…]
p) 'Träger' in jedem Mitgliedstaat die Einrichtung oder Behörde, der die Anwendung aller Rechtsvorschriften oder eines Teils hiervon obliegt;
q) 'zuständiger Träger':
i) den Träger, bei dem die betreffende Person zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Leistungen versichert ist,
oder
ii) den Träger, gegenüber dem die betreffende Person einen Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie selbst oder ihr Familienangehöriger bzw ihre Familienangehörigen in dem Mitgliedstaat wohnen würden, in dem dieser Träger seinen Sitz hat,
[…]
r) 'Träger des Wohnorts' und 'Träger des Aufenthaltsorts' den Träger, der nach den Rechtsvorschriften, die für diesen Träger gelten, für die Gewährung der Leistungen an dem Ort zuständig ist, an dem die betreffende Person wohnt oder sich aufhält, […]
s) 'zuständiger Mitgliedstaat' den Mitgliedstaat, in dem der zuständige Träger seinen Sitz hat;
[…]
va)'Sachleistungen'
i) für Titel III Kapitel 1 (Leistungen bei Krankheit sowie Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellte Leistungen bei Vaterschaft) Sachleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehen sind und die den Zweck verfolgen, die ärztliche Behandlung und die diese Behandlung ergänzenden Produkte und Dienstleistungen zu erbringen bzw zur Verfügung zu stellen oder direkt zu bezahlen oder die diesbezüglichen Kosten zu erstatten. Dazu gehören auch Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit.
[…]
w) 'Renten' nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an ihre Stelle treten können, und Beitragserstattungen sowie, soweit Titel III nichts anderes bestimmt, Anpassungsbeträge und Zulagen;
[...]“
3. Zur Kollisionsnorm des Art 85 VO 883/2004/EG:
3.1 Die Bestimmung lautet auszugsweise:
„Art 85
Ansprüche der Träger
(1) Werden einer Person nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Leistungen für einen Schaden gewährt, der sich aus einem in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Ereignis ergibt, so gilt für etwaige Ansprüche des zur Leistung verpflichteten Trägers gegenüber einem zum Schadenersatz verpflichteten Dritten folgende Regelung:
a) Sind die Ansprüche, die der Leistungsempfänger gegenüber dem Dritten hat, nach den für den zur Leistung verpflichteten Träger geltenden Rechtsvorschriften auf diesen Träger übergegangen, so erkennt jeder Mitgliedstaat diesen Übergang an.
b) […]
(2) […]
(3) Haben zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden gemäß Artikel 35 Absatz 3 und/oder Artikel 41 Absatz 2 eine Vereinbarung über den Verzicht auf Erstattung zwischen Trägern, die in ihre Zuständigkeit fallen, geschlossen oder erfolgt die Erstattung unabhängig von dem Betrag der tatsächlich gewährten Leistungen, so gilt für etwaige Ansprüche gegenüber einem für den Schaden haftenden Dritten folgende Regelung:
a) Gewährt der Träger des Wohn- oder Aufenthaltsmitgliedstaats einer Person Leistungen für einen in seinem Hoheitsgebiet erlittenen Schaden, so übt dieser Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften das Recht auf Forderungsübergang oder direktes Vorgehen gegen den schadenersatzpflichtigen Dritten aus.
b) Für die Anwendung von Buchstabe a) gilt:
i) der Leistungsempfänger als beim Träger des Wohn- und Aufenthaltsorts versichert und
ii) dieser Träger als zur Leistung verpflichteter Träger.
c) Die Absätze 1 und 2 bleiben für alle Leistungen anwendbar, die nicht unter die Verzichtsvereinbarung fallen oder für die keine Erstattung gilt, die unabhängig von dem Betrag der tatsächlich gewährten Leistungen erfolgt.“
3.2 Durch diese Regelung soll der leistungspflichtige Träger bei grenzüberschreitenden Sachverhalten so gestellt werden wie bei innerstaatlichen Sachverhalten (Spiegel in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 [2018] Art 85 VO 883/2004 Rz 1; Baumann/Brunner in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 85 VO 883/2004 Rz 1). Sie verdrängt gemäß deren Art 27 die Bestimmungen der Rom II-VO (2 Ob 9/19s; Neumayr in KBB5 Art 27 Rom II-VO Rz 1). Eigenständige Regressrechte oder Legalzessionen werden durch diese Kollisionsnorm aber nicht geschaffen; dies bleibt in der Zuständigkeit der nationalen Gesetzgeber (Spiegel in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 85 VO 883/2004 Rz 3). Maßgeblich für den Rechtsübergang sind die Rechtsvorschriften jenes Trägers (Art 1 lit p VO), der zur Leistung verpflichtet ist.
3.3 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die (deutsche) AOK oder die (österreichische) PVA die Leistungspflicht iSd Art 85 VO 883/2004/EG trifft. Dazu sind zunächst folgende Klarstellungen erforderlich:
(a) Die AOK ist Träger des Wohnorts der Klägerin (Art 1 lit j und r VO). „Wohnort“ ist nach Art 1 lit j VO der gewöhnliche Aufenthalt der betroffenen Person. Darunter ist der Ort des Mittelpunkts ihrer Lebensinteressen zu verstehen (EuGH Rs 13/73, Hakenberg; Rs 76/76, Di Paolo ua; vgl auch Kahil-Wolff in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 1 VO 883/2004 Rn 19 f; Spiegel in Spiegel, Kommentar zum Zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht Art 1 VO 883/2004 Rz 31), wobei allerdings ein auch langjähriger unfreiwilliger, krankheitsbedingter Aufenthalt in einem Mitgliedstaat für sich nicht ausreichen muss, einen Wohnort zu begründen (EuGH C-255/13, Health Executive Service).
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin seit März 2013 in einem deutschen Pflegeheim untergebracht. Dieser Aufenthalt ist auf Dauer angelegt, die Wohnung in Österreich wurde zum 31. 8. 2014 gekündigt. Tatsächliche Umstände, wie sie der Entscheidung des EuGH C-255/13 zugrunde lagen (Erkrankung im Urlaubsort, Hinderung an der Rückkehr aus medizinischen Gründen), sind hier nicht gegeben. Die durch ihre Sachwalterin (jetzt Erwachsenenvertreterin) vertretene Klägerin hat sich vielmehr ganz bewusst für ein Pflegeheim in Deutschland und gegen ein solches in Österreich entschieden. Unter diesen Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihren den Wohnort nach Art 1 lit j VO 883/2004/EG begründenden gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
(b) Die PVA ist zuständiger Träger (Art 1 lit q VO), bei dem die Klägerin sozialversichert war und ist (sublit i). Unstrittig ist, dass zwischen der Klägerin und der AOK kein Versicherungsverhältnis besteht.
(c) Die Klägerin erhält von der AOK als Träger des Wohnorts Sachleistungen iSv Art 1 lit va sublit i VO. Denn das deutsche „Pflegegeld“, dessen Höhe seit 1. 1. 2017 der in § 43 Abs 2 Z 3 SGB XI festgelegten Leistung der Pflegekasse für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 in vollstationären Einrichtungen entspricht, dient der direkten (teilweisen) Bezahlung bzw (vor dem 1. 1. 2017) der Erstattung der durch die Pflegebedürftigkeit entstandenen Kosten (EuGH Rs 61/65, Vaassen-Göbbels; C-160/96, Molenaar, Rn 32; C-466/04, Acereda Herrera, Rn 29). Auch Teilerstattungen unter Eigenbeteiligung des Pflegebedürftigen werden vom Begriff der Sachleistungen erfasst (Kahil-Wolff in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 1 VO 883/2004 Rn 37).
(d) Erbringt der Träger des Wohnorts (und nicht der zuständige Träger) Sachleistungen, so geschieht dies in der Regel gemäß Art 17 oder Art 24 VO als Leistungsaushilfe in der Krankenversicherung auf Rechnung des zuständigen Trägers. Die Zuständigkeit zur Leistungserbringung ergibt sich in diesem Fall (nur) aus dem Koordinierungsrecht. Dieses verpflichtet den nach nationalem Recht eigentlich unzuständigen Träger zur Gewährung von Leistungen, obwohl der Leistungsempfänger durch das Recht eines anderen Mitgliedstaats gesichert ist (vgl Kahil-Wolff in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 1 VO 883/2004 Rn 32; Dern in Schreiber/Wunder/Dern, VO [EG] Nr 883/2004 [2012] Art 1 Rn 51). Diese Verplichtung setzt allerdings die Anwendbarkeit von Art 17 oder Art 24 VO voraus. Ob das im vorliegenden Fall zutrifft, ist fraglich (unten III.4.4.).
(e) Angesichts des in Deutschland bestehenden Systems der Pflegeversicherung, das – wie jedes Versicherungssystem – Einzahlungen in das Versicherungssystem und den Ablauf der Wartezeiten voraussetzt, sowie des unstrittigen Nichtbestehens eines Versicherungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der AOK, würde dies an sich dafür sprechen, dass die Klägerin deren Leistungen jedenfalls nicht aufgrund eines originären Anspruchs erhält. Liegt eine Sachleistungsaushilfe vor (vgl aber wieder unten Punkt III.4.4), ist zu prüfen, ob Art 85 zur Anwendung einer (allfälligen) deutschen Legalzessions- oder Regressregelung führt, die der Anwendung von § 16 BPGG entgegenstünde. Das trifft aus den nachstehend genannten Gründen nicht zu:
3.4 Zwar wäre es theoretisch denkbar, dass der Träger des Wohnorts, der auf Rechnung des zuständigen Trägers eine Sachleistungsaushilfe erbringt, der „zur Leistung verpflichtete Träger“ iSd Art 85 Abs 1 VO 883/2004/EG ist. Bei einem solchen Verständnis hätte allerdings Art 85 Abs 3 VO keinen Anwendungsbereich: Denn nach dieser Bestimmung kann sich der Sachleistungsaushilfe leistende Träger nur unter bestimmten Bedingungen (Verzicht auf Erstattung oder pauschale Erstattung) auf eine Legalzession oder einen Direktanspruch nach eigenem Recht berufen. Nur unter dieser Voraussetzung gilt dieser Träger als „zur Leistung verpflichteter Träger“ (Art 85 Abs 3 lit b sublit ii VO). Daraus folgt zwingend, dass der „zur Leistung verpflichtete Träger“ im Fall der Sachleistungsaushilfe ansonsten jener ist, der als zuständiger Träger nach Art 35 Abs 1 VO zur Erstattung „in voller Höhe“ verpflichtet ist.
3.5 Die Voraussetzungen des Art 85 Abs 3 VO 883/2004/EG liegen nicht vor. Ein Erstattungsverzicht wurde zwischen Deutschland und Österreich nicht vereinbart, beide Mitgliedstaaten gehören auch nicht zu jenen, in denen die Erstattung auf der Grundlage einer Pauschalabgeltung erfolgt (vgl Art 35 Abs 2 VO iVm Art 63 Abs 1 DVO 987/2009/EG und deren Anhang 3; Zaglmayer in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 35 VO 883/2004 Rz 9 ff; Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 35 VO 883/2004 Rz 8 f). Demnach wäre eine allenfalls nach deutschem Recht existierende Legalzession nicht anzuerkennen, wenn den österreichischen Träger die Erstattungspflicht für gewährte Sachleistungsaushilfe trifft. Da – wie erwähnt – zwischen den Streitteilen das Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der AOK überdies unstrittig ist, scheidet zumindest ein daraus ableitbarer Forderungsübergang auf den deutschen Sozialversicherungsträger ohnehin aus.
3.6 Daraus folgt als weiteres Zwischenfazit, dass sich, wenn die AOK lediglich Sachleistungsaushilfe erbringen sollte, die Legalzession nach dem Recht des erstattungspflichtigen zuständigen Trägers richtet, sodass die innerstaatliche Legalzession nach § 16 Abs 1 BPGG zur Anwendung käme und die Verfahrensergänzung laut Punkt III.1.7 notwendig wäre. In Höhe des – derzeit noch nicht abschließend beurteilbaren – Anspruchs auf österreichisches Pflegegeld (dazu oben Punkt III.1) wäre daher auch das Quotenvorrecht anzuwenden (vgl Eichenhofer in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, VO 883/04 K Art 85 Rn 6), was im konkreten Fall zu einer Minderung des Ersatzanspruchs der Klägerin führen würde. Allerdings ist noch ungeklärt, auf welcher Rechtsgrundlage die AOK ihre Leistungen an die Klägerin erbringt.
3.7 Fraglich ist weiters, was im Falle einer Erstattungspflicht des österreichischen Trägers für die Differenz zwischen der (höheren) deutschen Leistung und dem Anspruch auf österreichisches Pflegegeld gelten würde. Dazu bedarf es zunächst der Klärung der Erstattungspflicht des zuständigen österreichischen Trägers gegenüber der allenfalls Sachleistungsaushilfe gewährenden AOK.
4. Erstattungspflicht der PVA:
4.1 Die VO 883/2004/EG enthält in Titel III besondere Bestimmungen über die verschiedenen Arten von Leistungen. Kapitel 1 regelt (ua) die Leistungen bei Krankheit, wobei zwischen Versicherten und ihren Familienangehörigen mit Ausnahme von Rentnern und deren Familienangehörigen einerseits (Abschnitt 1: Art 17 bis 22 VO) sowie Rentnern und ihren Familienangehörigen andererseits (Abschnitt 2; Art 23 bis 30 VO) unterschieden wird. Abschnitt 3 (Art 31 bis 35 VO) enthält gemeinsame Vorschriften.
4.2 Nach den erstinstanzlichen Feststellungen bezieht die Klägerin eine Alterspension von der PVA. Dabei handelt es sich um eine Rente iSd Art 1 lit w VO (Kahil-Wolff in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 1 VO 883/2004 Rz 38). Zwar steht nicht fest, seit wann die Klägerin die Alterspension bezieht, was noch zu klären sein wird (vgl Punkt II.1.2). In den folgenden Erwägungen wird jedoch zur Vereinfachung die Eigenschaft der Klägerin als „Rentnerin“ für den gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum unterstellt, weshalb die Regelungen des 2. Abschnitts auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen sind.
4.3 Von den grundsätzlich in Frage kommenden Art 23 bis 25 VO scheiden Art 23 und 25 von vornherein aus:
(a) Art 23 setzt den Bezug einer Rente oder Renten von zwei oder mehr Mitgliedstaaten voraus, wovon einer der Wohnmitgliedstaat ist. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil die Klägerin eine Rente nur aus Österreich, nicht aber auch aus Deutschland bezieht.
(b) Art 25 trifft eine Sonderregelung für Personen, die Renten aus einem oder mehreren Mitgliedstaaten beziehen, ohne dort zu wohnen und in deren Wohnstaat ein nationaler Gesundheitsdienst besteht. Ein solcher ist dadurch gekennzeichnet, dass der Anspruch auf Sachleistungen (ua) bei Krankheit durch den bloßen Wohnsitz begründet ist und nicht von Versicherungszeiten oder der Ausübung einer Beschäftigung abhängig ist (Janda in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 25 VO 883/2004 Rn 1; Zaglmayer in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 25 VO 883/2004 Rz 1). Trotz eines ursprünglich originären Anspruchs auf Leistungen im Wohnmitgliedstaat allein aufgrund des Wohnsitzes tritt an dessen Stelle ausnahmsweise die Sachleistungsaushilfe unter Rückgriff auf die Kostenträgerschaft nach Art 24 Abs 2 VO (dazu sogleich; Schreiber in Kasseler Kommentar [2019] VO [EG] Nr 883/2004 Art 25 Rn 1). Deutschland gehört – wie Österreich – nicht zu den von dieser Regelung erfassten Wohnmitgliedstaaten (vgl Schreiber in Kasseler Kommentar VO [EG] Nr 883/2004 Art 25 Rn 6).
4.4 Als mögliche Rechtsgrundlage für eine Leistungspflicht der PVA verbleibt Art 24 VO 883/2004/EG.
(a) Diese Bestimmung lautet (Hervorhebung durch den Senat):
„Art 24
Nichtvorliegen eines Sachleistungsanspruchs nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats
(1) Eine Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erhält und die keinen Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats hat, erhält dennoch Sachleistungen für sich selbst und ihre Familienangehörigen, sofern nach den Rechtsvorschriften des für die Zahlung ihrer Rente zuständigen Mitgliedstaats oder zumindest eines der für die Zahlung ihrer zuständigen Mitgliedstaaten Anspruch auf Sachleistungen bestünde, wenn sie in diesem Mitgliedstaat wohnte. Die Sachleistungen werden vom Träger des Wohnorts für Rechnung des in Absatz 2 genannten Trägers erbracht, als ob die betreffende Person Anspruch auf Rente und Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats hätte.
(2) In den in Absatz 1 genannten Fällen werden die Kosten für die Sachleistungen von dem Träger übernommen, der nach folgenden Regeln bestimmt wird:
a) hat der Rentner nur Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats, so übernimmt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats die Kosten;
[...]“
(b) Art 24 VO 883/2004/EG erfasst den Fall, dass Rentner mangels hinreichender Beziehungen zum Rentensystem des Wohnortstaats keinen originären Anspruch auf Sachleistungen bei Krankheit im Wohnortstaat haben. Ihnen wird ein Anspruch auf Sachleistungsaushilfe gegenüber dem Träger des Wohnortstaats gewährt (Schreiber in Kasseler Kommentar VO [EG] Nr 883/2004 Art 24 Rn 1). Voraussetzung für die Sachleistungsaushilfe ist, dass zumindest in einem der die Renten zahlenden Mitgliedstaaten unter der Fiktion, dass die Person in diesem Staat wohnte, ein Anspruch auf Sachleistungen besteht. Der zuständige Träger dieses Staats trägt dann die Kosten der erbrachten Sachleistungen (Zaglmayer in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 24 VO 883/2004 Rz 2).
(c) Der in Art 24 VO 883/2004 verwendete Begriff der „Sachleistungen“ ist im Sinne der „für Titel III Kapitel 1“ geltenden Definition des Art 1 lit va VO zu verstehen (Zaglmayer in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 24 VO 883/2004 Rz 11; vgl auch Kahil-Wolff in Fuchs, Europäisches Sozialrecht7 Art 1 VO 883/2004 Rn 37). Die innerstaatliche Abgrenzung zwischen Sach- und Geldleistungen ist hingegen unbeachtlich (Klein in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, VO 883/04 K Art 24 Rn 7 iVm K Art 17 Rn 10).
(d) Wie bereits ausführlich erörtert wurde (Punkt III.3.3), erbringt die AOK der Klägerin Sachleistungen. Diese Leistungen wären als „Sachleistungsaushilfe“ zu werten, wenn die Klägerin, würde sie hier wohnen, auch in Österreich einen Anspruch auf Sachleistungen (iSd Art 1 lit va sublit i VO) zur Abdeckung ihres Pflegebedarfs hätte, was im Folgenden zu prüfen ist.
(e) Die VO 883/2004/EG enthält zwar einen umfassenden Sachleistungsbegriff, für Geldleistungen fehlt jedoch eine Definition. In der Rechtsprechung des EuGH wurde ein Pflegegeld unter der Voraussetzung als Geldleistung eingestuft, dass 1. die Zahlung periodisch erfolgte und es weder davon abhing, dass zuvor bestimmte Auslagen entstanden waren, noch gar davon, dass Nachweise über entstandene Auslagen vorgelegt wurden, 2. es sich um einen festen Betrag handelte, der von den Ausgaben unabhängig war, die der Begünstigte tatsächlich bestritten hat, um für seinen täglichen Lebensunterhalt aufzukommen, und 3. der Begünstigte bei der Verwendung des Pflegegeldes über weitgehende Freiheit verfügte (EuGH C-160/96, Molenaar, Rn 34 ff; C-466/04, Acereda Herrera, Rn 32 f). Auf dieser Grundlage wurde (auch) das österreichische Pflegegeld als Geldleistung bei Krankheit angesehen (EuGH C-215/99, Jauch, Rn 35).
(f) Diese Wertung trifft auf das Pflegegeld nach dem Grundkonzept des BPGG jedenfalls zu; denn der Bezieher von Pflegegeld kann über dieses unabhängig von seinen Aufwendungen frei verfügen und muss keinen Verwendungsnachweis erbringen. Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Denn im Fall der bereits erörterten Legalzession nach § 13 Abs 1 Z 1 BPGG (Punkt II.1.3), bei der der Anspruch auf das Pflegegeld bis zu 80 % auf den Kostenträger des Pflegeheims übergeht, verliert der Anspruchsberechtigte jede Verfügungsmöglichkeit über den ihm bescheidmäßig zuerkannten Betrag. Es wird ihm lediglich ein Taschengeld zur Abdeckung sonstiger (nicht Pflege-)Bedürfnisse ausbezahlt, während das auf den Kostenträger des Pflegeheims übergegangene Pflegegeld ausschließlich der Abdeckung der „Verpflegskosten“ dient.
Zwar wird der nach nationalem Recht als Anspruch auf eine Geldleistung zu qualifizierende Anspruch auf das Pflegegeld durch den Übergang auf den Legalzessionar nicht zu einem solchen auf eine Sachleistung. Unionsrechtlich erbringt der Entscheidungsträger des Pflegegeldes aber insoweit keine Geldleistung mehr, sondern – vergleichbar den aktuellen Leistungen der AOK an die Klägerin in Deutschland – eine Sachleistung gemäß der Definition des Art 1 lit