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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der 1963 geborenen LW in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1996, Zl. 118.248/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 24. Jänner 1995 im Weg über die österreichische Botschaft in Budapest die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser ausdrücklich als Erstantrag bezeichnete Antrag langte am 6. Februar 1995 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz ein. Aus den dem Antrag beiliegenden Unterlagen ist ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin am 16. September 1994 die Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossen hatte und im Jahr 1995 in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis als Raumpflegerin stand (vgl. die Arbeits- und Lohnbestätigung vom 13. September 1995, Aktenseite 19). Anläßlich einer niederschriftlichen Einvernahme am 29. September 1995 gab die Beschwerdeführerin an, bereits im Jahr 1991 nach Österreich gekommen zu sein.
Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 6. November 1995 den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1993 (FrG) ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie darauf hinwies, "seit Jänner 1995 eine unkündbare Stellung" zu haben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juli 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin halte sich nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage seit ihrer Einreise nach Österreich im Jahr 1991 ohne Aufenthaltsbewilligung und somit unerlaubt im Bundesgebiet auf. Nach ihren eigenen Angaben sei sie bereits seit 3. Jänner 1995 in Österreich beschäftigt. Die Aufnahme einer Beschäftigung durch den Ausländer dürfe nur erfolgen, wenn dieser zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt sei. Diese Tatsachen rechtfertigten die Annahme, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich die öffentliche Ruhe, näherhin das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährde. Die Beschwerdeführerin sei mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und es bestünden daher private Bindungen zum Bundesgebiet. Nach Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten gelange die erkennende Behörde zum Ergebnis, daß die öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin. Bei der Entscheidung sei auf die private und familiäre Situation Rücksicht genommen und dem Art. 8 MRK vollinhaltlich Rechnung getragen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Die Beschwerdeführerin verweist in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde darauf, daß sie entgegen der Annahme der belangten Behörde bereits "von der Republik Österreich einen Sichtvermerk erhalten haben solle, jedoch ihre diesbezüglichen Dokumente verloren habe, aus denen sich dieser Sichtvermerk ergeben hätte". Abgesehen davon, daß sich die Beschwerdeführerin offenbar selbst nicht sicher ist, ob ihr ein Sichtvermerk erteilt wurde (arg.: "soll sie bereits ... erhalten haben"), unterliegt dieses Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, weshalb es nicht weiter zu beachten war.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt die Beschwerdeführerin vor, selbst wenn ihr noch kein Sichtvermerk erteilt worden sei, so sei sie doch seit knapp fünf Jahren ordnungsgemäß in Österreich gemeldet, bereits zwei Jahre mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet, sozialversicherungsrechtlich gemeldet und verfüge über eine ortsübliche Unterkunft im Bundesgebiet. Eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei daher keineswegs gegeben. Die Beschwerdeführerin stellt in der Beschwerde jedoch nicht in Abrede, daß sie sich seit ihrer Einreise nach Österreich im Jahr 1991 ohne Aufenthaltsbewilligung und somit unerlaubt im Bundesgebiet aufhält. Ebensowenig bestreitet die Beschwerdeführerin die Feststellung der belangten Behörde, daß sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachging.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein langdauernder unberechtigter Aufenthalt eines Fremden nach einer sichtvermerksfreien oder unrechtmäßigen Einreise bereits für sich allein die Annahme, die Fortsetzung desselben gefährde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 95/19/1615). Die belangte Behörde konnte somit zu Recht davon ausgehen, im Fall der Beschwerdeführerin liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor.
Liegt aber ein Ausschließungsgrund vor, so ist der Beschwerdeführerin auf ihr Vorbringen, daß sie infolge Eheschließung mit einem Österreicher gemäß § 3 AufG einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe, zu erwidern, daß bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes eine Aufenthaltsbewilligung an die im § 3 Abs. 1 AufG genannten Personen nicht erteilt werden darf (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0714).
Hinsichtlich der in der Beschwerde gerügten Verletzung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin auf Basis der Bescheidfeststellungen weder über einen gewöhnlichen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Eine Einschränkung eines gedachten durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes der Beschwerdeführerin auf Neuzuwanderung zur Wahrung ihrer familiären Interessen im Inland durch die hier auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützte Enscheidung wäre aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1997, Zl. 96/19/2895 bis 2897).
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996192728.X00Im RIS seit
02.05.2001