TE Vwgh Erkenntnis 1998/8/28 96/19/3207

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Veröffentlicht am 28.08.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §13 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der 1970 geborenen MS in Wien, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. August 1996, Zl. 119.940/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsangehörige, beantragte am 31. Jänner 1995 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag langte am 10. Februar 1995 beim Amt der Burgenländischen Landesregierung ein und wurde mit Schreiben vom 13. Februar 1995 der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See zuständigkeitshalber zugeleitet und langte dort am 15. Februar 1995 ein (vgl. Aktenseite 17). Die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See forderte daraufhin die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. März 1995 zur Nachreichung verschiedener Unterlagen auf (vgl. Aktenseite 13). Schließlich forderte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See mit Schreiben vom 2. August 1995 die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz des Aufenthaltsgesetzes (AufG) auf, "den beiliegenden Antrag bis spätestens 1. September 1995 bei einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland einzubringen und weitere Nachweise vorzulegen, widrigenfalls gemäß § 13 Abs. 3 AVG negativ entschieden" würde. Die Beschwerdeführerin ersuchte, rechtsfreundlich vertreten, diesbezüglich um Fristverlängerung bis zum 30. September 1995 und reichte am 25. September 1995 einen (weiteren) Antrag auf Aufenthaltsbewilligung bei der österreichischen Botschaft in Budapest ein. Dieser Antrag findet sich unter Aktenseite 1 des Verwaltungsaktes.

Beide Anträge wurden (nach Verlegung des Wohnsitzes der Beschwerdeführerin) an den Landeshauptmann von Wien als nunmehr zuständige Aufenthaltsbehörde erster Instanz weitergeleitet. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 31. Jänner 1995 langte am 23. Oktober 1995 beim Landeshauptmann von Wien ein. Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. September 1995 wurde am 24. Oktober 1995 an den Landeshauptmann von Wien übermittelt und langte dort am 3. November 1995 ein.

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 29. April 1996 den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Oktober 1995 (gemeint wohl: vom 31. Jänner 1995) auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab und begründete dies damit, daß die Beschwerdeführerin über einen vom 25. September 1995 bis zum 25. Oktober 1995 gültigen Touristensichtvermerk verfüge und die Bewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk begehrt werde.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, nicht am 23. Oktober 1995, sondern bereits am 15. Februar dieses Jahres einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung nach dem AufG gestellt zu haben. Einem Verbesserungsauftrag vom 2. August 1995 habe sie entsprochen. Es sei daher nicht eine neue Antragstellung erfolgt, sondern habe sich die Verbesserung durch Vorlage bei der ausländischen Vertretungsbehörde auf den ursprünglichen Antrag vom 15. Februar 1995 bezogen. Sie sei Ehegattin eines bereits seit mehr als fünf Jahren in Österreich aufhältigen ägyptischen Staatsbürgers, sodaß ihr Aufenthalt wirtschaftlich und versicherungsmäßig abgesichert sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. August 1996 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 FrG ab. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin sei erstmals am 29. Jänner 1995 mit einem am 13. Jänner 1995 von der österreichischen Botschaft in Kairo ausgestellten und bis 13. März 1995 gültigen Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und habe in weiterer Folge am 31. Jänner 1995 bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, wobei sie am 2. August 1995 einen Verbesserungsauftrag erhalten habe, wonach die Beschwerdeführerin den Antrag vom Ausland aus zu stellen hätte. Diese "Auflage" hätte die Beschwerdeführerin mit Antrag vom 25. September 1995 erfüllt und einen weiteren Touristensichtvermerk von der österreichischen Botschaft in Budapest ausgestellt erhalten, mit Gültigkeit vom 25. September bis 25. Oktober 1995, um danach wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Nach Verlegung des Wohnsitzes der Beschwerdeführerin nach Wien sei der Antrag an die nach dem Wohnsitz örtlich zuständige Behörde weitergeleitet worden, wo dieser am 23. Oktober 1995 eingelangt sei. Unbeschadet des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Berufung sei diese nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist und habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Seit Ablauf des letzten Touristensichtvermerkes am 24. Oktober 1995 halte sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil sie als ägyptische Staatsangehörige sichtvermerkspflichtig sei (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG). Der Aufenthalt im Bundesgebiet werde auf Grund des in der Berufung angeführten österreichischen Wohnsitzes nachgewiesen.

Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erübrige sich das Eingehen auf eventuelle familiäre und private Interessen, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn ihr Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

....

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag auf Aufenthaltsbewilligung handelt. § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 findet daher auf den Beschwerdefall keine Anwendung.

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, daß es sich beim Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See vom 2. August 1995 nicht um einen Verbesserungsauftrag, sondern um eine Zurückweisung gehandelt habe, wobei diese Behörde aus Gründen der Verwaltungseffizienz noch den Auftrag erteilt habe, dem neu im Ausland einzubringenden Antrag einen Meldezettel beizulegen. Sie sei daher dieser Aufforderung nachgekommen und habe den gesetzlichen Vorschriften entsprechend am 25. September 1995 den Antrag neu eingebracht. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, es handle sich um einen Verbesserungsauftrag, sei rechtlich unhaltbar, weil im Gesetz keine derartige Verbesserungsmöglichkeit vorgesehen sei. Die Einbringung ihres Antrages vom 25. September 1995 stelle gleichzeitig eine Rückziehung des Antrages vom 31. Jänner 1995 dar.

Der Beschwerdeführerin ist insofern Recht zu geben, als die mangelnde Antragstellung vom Ausland aus nicht durch einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG saniert werden kann, weil es sich bei diesem Mangel nicht um ein bloßes Formgebrechen handelt. Offenbar versuchte die Behörde erster Instanz gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG auf Grund der von ihr als vorliegend erachteten Vermutung, daß die Regelung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG umgangen werden solle, die Beschwerdeführerin zur persönlichen Einbringung des Antrages vom Ausland aus zu veranlassen. In ihrer Berufung erklärte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den Antrag vom 25. September 1995 ausdrücklich, bei diesem habe es sich nicht um eine neue Antragstellung gehandelt, sondern um eine Befolgung des Verbesserungsauftrages der Behörde. Die im Ausland am 25. September 1995 eingebrachte Eingabe stellt daher lediglich die Ergänzung des Antrages vom 31. Jänner 1995 und nicht etwa dessen Zurückziehung dar. Dieser - ergänzte - Antrag der Beschwerdeführerin vom 31. Jänner 1995, beim Landeshauptmann von Wien am 23. Oktober 1995 eingelangt, lag dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. April 1996 zugrunde; mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen gerichtete Berufung wegen Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen.

Wenn die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den beiden Anträgen rügt, die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See hätte sie darauf hinzuweisen gehabt, daß der Antrag im Ausland einzubringen und gleichzeitig der im Inland eingebrachte Antrag zurückzuziehen sei, ist sie darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde sich ohnedies nicht auf den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG gestützt hat.

Die Beschwerdeführerin bringt schließlich vor, sie habe die Ausstellung eines Touristensichtvermerkes bei der österreichischen Botschaft in Budapest nicht beantragt und der Konsulatsbeamte hätte sie darauf hinzuweisen gehabt, daß der Antrag auf Erteilung eines Touristensichtvermerkes die Abweisung des gleichzeitig eingebrachten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach sich ziehe. Die österreichische Botschaft hätte ihr einen gewöhnlichen Sichtvermerk zu erteilen gehabt und könne ihr dieses Fehlverhalten nicht zur Last gelegt werden. Dazu ist zu bemerken, daß es der (rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführerin freigestanden wäre, gegen die Erteilung eines Touristensichtvermerkes, den sie (angeblich) gar nicht beantragt hat, zu berufen und darauf zu bestehen, daß ihr der (angeblich) beantragte Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG erteilt werde. Ein derartiger auf Erteilung eines Sichtvermerkes nach dem FrG gerichteter Antrag ist den vorliegenden Verwaltungsakten allerdings nicht zu entnehmen.

Unbestritten ist, daß sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufgehalten hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG dann verwirklicht, wenn sich der Beschwerdeführer im für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgte Einreise oder nach sichtvermerksfreier Einreise (weiterhin) im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. zur Maßgeblichkeit des Entscheidungszeitpunktes das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500). Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist auch gegeben, wenn die Bewilligung nicht nahtlos an den Touristensichtvermerk anschließen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/18/0293). Dieser Sichtvermerksversagungsgrund steht dem Erfolg eines innerhalb des Zeitraumes, für den der Touristensichtvermerk erteilt wurde, vom Ausland aus gestellten Antrages nur dann nicht entgegen, wenn der Fremde nicht wieder im Anschluß an die Antragstellung vom Ausland aus in das Bundesgebiet einreist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1997, Zl. 95/19/1343). Überdies ist eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung aus den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1993, Slg. 13497, dargelegten Gründen ausgeschlossen.

Auch die Verfahrensrüge erweist sich als verfehlt, weil angesichts der obigen Ausführungen nicht davon auszugehen ist, daß die belangte Behörde zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre, wenn sie der Beschwerdeführerin Parteiengehör gewährt hätte.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. August 1998

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Ausschluß Verbesserungsauftrag Bejahung Einschreiter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193207.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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