TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/11 LVwG-AV-647/001-2019

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Entscheidungsdatum

11.12.2019

Norm

AWG NÖ 1992 §9 Abs2
AWG NÖ 1992 §11 Abs7
BAO §252

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin

HR Dr. Grassinger über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15. 02.2019, Zl. ***, mit welchem der Berufung gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, betreffend „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ für das Grundstück ***, ***, nach dem NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992, LGBl. 8240-0, idF LGBl. Nr. 42/2017, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde, wie folgt:

Der Beschwerde wird teilweise dahingehend Folge gegeben, dass der im Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom

29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe“ festgesetzte Zeitpunkt der Fälligkeit anstelle von

„ab 01.10.2016“ zu lauten hat „ab 01.11.2016“.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die bezeichnete Berufungsentscheidung bestätigt.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom

29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, bezeichnet mit „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ wurde Herrn

A (in der Folge: Beschwerdeführer) für das Grundstück ***, ***, nach dem NÖ AWG 1992 die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr und –abgabe ab 01.10. 2016 im Betrag von € 105,52 (zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer) vorgeschrieben (Grundgebühr je Behälter und Abfuhr von € 4,16 für eine 120-Liter-Restmülltonne bei 15 Abfuhren pro Jahr), 120 Liter gelber Sack bei 8 Abfuhren pro Jahr, € 0,00.

Mit Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom

29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, bezeichnet mit „Verpflichtungsbescheid Abfallbehandlung ab 01.10.2016“ wurde gegenüber dem Beschwerdeführer für das Grundstück ***, ***, nach dem NÖ AWG 1992 die Anzahl und Art der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter wie folgt neu festgesetzt:

1 Restmülltonne 120 Liter 15 Abfuhrtermine

8 gelber Sack 120 Liter 8 Abfuhrtermine.

Mit Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom

30.09.2016, Konto-Nr. ***, bezeichnet mit „Abgabenbescheid Seuchenvorsorgeabgabe ab 01.10.2016“ wurde gegenüber dem Beschwerdeführer für das Grundstück ***, ***, nach dem NÖ Seuchenvorsorgeabgabegesetz für das jährlich zugeteilte Restmüllbehältervolumen von 1.800,00 Litern eine jährliche Seuchenvorsorgeabgabe von € 13,50 vorgeschrieben.

Alle (drei) bezeichneten Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 05.10.2016 zugestellt (persönliche Übernahme durch den Beschwerdeführer).

Mit E-Mail vom 13. 10.2016 erhob der Beschwerdeführer nach dem Inhalt (ausdrückliche Bezeichnung der angefochtenen Bescheide) fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung gegen den Zuteilungsbescheid, den Bescheid zur Vorschreibung der Abfallwirtschaftsgebühr und –abgabe sowie gegen den Bescheid zur Vorschreibung der Seuchenvorsorgeabgabe.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom

15. 02.2019, Zl. ***, wurde der Berufung gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, betreffend „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Eine Berufungsentscheidung bezüglich der mit E-Mail des Beschwerdeführers vom 13. 10.2016 erhobenen Berufung gegen den Verpflichtungsbescheid sowie gegen den Bescheid zur Vorschreibung der Seuchenvorsorgeabgabe ist bis dato nicht erlassen worden.

In der verfahrensgegenständlich fristgerecht eingebrachten Beschwerde, die sich ausschließlich gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15. 02.2019, Zl. ***, mit welchem der Berufung gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, betreffend „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ für das Grundstück ***, ***, nach dem NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992, LGBl. 8240-0, idF LGBl. Nr. 42/2017, keine Folge gegeben wurde (in der Beschwerdeverhandlung stellte der Beschwerdeführer im Hinblick auf das Nichtvorliegen einer diesbezüglichen Berufungsentscheidung betreffend die Vorschreibung einer Seuchenvorsorgeabgabe klar, dass sich seine Beschwerde nicht auf diese- im Berufungsweg noch nicht entschiedene- Rechtssache beziehe) verwies der Beschwerdeführer nach Hinweisen auf den (lange andauernden) Verfahrensverlauf vor der Abgabenbehörde darauf, dass in Anlehnung an die gesetzlich zugelassenen Möglichkeiten, eine „Ausnahme von der Pflicht zur Verwendung eines Müllbehälters“ berechtigt sei. Immerhin wären demnach auch die Gegebenheiten (Unbewohnbarkeit etc.) durch Vertreter der Marktgemeinde zu prüfen und erst dann über eine Ablehnung der Berufung zu entscheiden. Dies habe der Beschwerdeführer in seinem Berufungsmail vom 13.10.2016, leider ungehört, angeboten.

Der Beschwerdeführer beabsichtige allerdings, die Liegenschaft *** zumindest teilweise wieder nutzbar zu machen. Die erforderlichen Reparatur- und Sanierungsarbeiten würden voraussichtlich bis Ende 2019 andauern, und würde der Beschwerdeführer einer Verrechnung der Müllgebühren ab dem 1. Quartal 2020 zustimmen.

Da der Beschwerdeführer seit dem 4. Quartal 2016 für eine nicht genutzte Restmülltonne unverschuldet bezahlen solle, beantrage er, die bereits vorgeschriebenen Gebühren für die Restmülltonne und die damit zusammenhängende NÖ Seuchenvorsorgeabgabe zu stornieren und selbige Gebühren vom 2. Quartal 2019 bis zum 4. Quartal 2019 auszusetzen.

Im Falle der Zustimmung (Adressat: Vorstand der Marktgemeinde ***) würde der Beschwerdeführer von der „Weiterleitung“ seiner Beschwerde „an das Landesverwaltungsgericht absehen“.

Diese Beschwerde samt dem Bezug habenden Abgabenakt wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schriftsatz vom 06.06.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu am 09.12.2019 eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher anhand des vorliegenden Abgabenaktes, auf dessen Verlesung der Beschwerdeführer und die Vertreterin des Gemeindevorstandes verzichteten, sowie durch Befragung des Beschwerdeführers und der Vertreterin der Berufungsbehörde Beweis erhoben wurde.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens war von folgendem, als feststehend anzusehenden, entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

Verfahrensgegenständlich ist ausschließlich der Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15. 02.2019, Zl. ***, mit welchem der Berufung gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, betreffend „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde.

Da betreffend den Verpflichtungsbescheid vom 29.09.2019, Steuernummer: ***, und betreffend den Abgabenbescheid zur Vorschreibung der Seuchenvorsorgeabgabe jeweils (noch) keine Berufungsentscheidung erlassen wurde, sind diese Entscheidungen nicht Gegenstand dieser Beschwerdeentscheidung.

Mit Verpflichtungsbescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29.09.2016, Steuer-Nr. ***, wurden dem Beschwerdeführer für sein Grundstück in *** ab 01.10.2016 eine Restmülltonne mit 120 Litern Inhalt für 15 Abfuhrtermine pro Jahr und acht gelbe Säcke für 8 Abfuhrtermine pro Jahr zugeteilt.

Dieser Abgabenbescheid wurde, ebenso wie die beiden anderen Bescheide (der verfahrensgegenständlich in Beschwerde gezogene sowie jener betreffend Seuchenvorsorgeabgabe) dem Beschwerdeführer am 05.10.2019 zugestellt, somit mit diesem Datum erlassen.

Dieser Sachverhalt stand auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Beschwerdeverhandlung (der Angaben des Beschwerdeführers und der Vertreterin des Gemeindesvorstandes) unzweifelhaft fest.

In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 252. (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

(2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992, LGBl. 8240:

§ 9. Erfassung und Behandlung von nicht gefährlichem Siedlungsabfall im Pflichtbereich

(1) Im Pflichtbereich sind die Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten verpflichtet, nicht gefährliche Siedlungsabfälle nach Maßgabe der §§ 11, 12 und 14 nur durch Einrichtungen der Gemeinde oder deren sich die Gemeinde bedient, erfassen und behandeln zu lassen.

Dies gilt nicht für kompostierbare Abfälle, wenn sie einer sachgemäßen Kompostierung im örtlichen Nahebereich zugeführt werden, für betriebliche Abfälle sowie für Abfälle, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften erfaßt und behandelt werden.

(2) Der Pflichtbereich einer Gemeinde hat alle Grundstücke zu umfassen, auf denen gewöhnlich nicht gefährlicher Siedlungsabfall anfallen kann, z. B. Grundstücke mit der Widmung Bauland, Grünland-Landwirtschaft, -Forstwirtschaft, im Grünland erhaltenswerte Bauten, -Gärtnerei oder -Kleingärten.

(3) Die Gemeinden haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes für die Erfassung und Behandlung des nicht gefährlichen Siedlungsabfalls zu sorgen und Einrichtungen zu schaffen oder anzubieten.

(4) Mit der Übernahme durch die mit der Abfuhr betrauten Einrichtungen geht das Eigentum am nicht gefährlichen Siedlungsabfall an die Gemeinde über.

§ 11. Erfassung von Müll im Pflichtbereich

(1) Die Gemeinde hat für die Einrichtung und den Betrieb einer Müllabfuhr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu sorgen. Beim Abholen und Abführen soll kein Müll verschüttet, möglichst kein Staub entwickelt und jede andere Beeinträchtigung der Umwelt möglichst vermieden werden.

(2) Die Gemeinde hat Müllbehälter beizustellen und instandzuhalten. Die Müllbehälter sind vom Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten verschlossen und samt ihrer Umgebung sauber zu halten.

(3) Müll kann nach dem Hol-‚ Bring- oder Mischsystem erfasst werden, wobei das Bringsystem nur für jene Abfallarten vorgesehen werden darf, die einer Verwertung zugeführt werden. Die bereitgestellten Müllbehälter sind zu verwenden.

(4) Erfolgt die Erfassung des Mülls nach dem Holsystem, haben die Eigentümer der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke für die Aufstellung oder Anbringung der Müllbehälter zu sorgen. Sie sind so aufzustellen bzw. anzubringen, daß sie auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen benutzbar bleiben. Die Müllbehälter dürfen keine unzumutbare Belästigung für die Hausbewohner oder die Nachbarschaft bilden. Wenn der Eigentümer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat die Gemeinde den Ort der Aufstellung oder Anbringung zu bestimmen.

(5) Im Falle der Erfassung des Mülls nach dem Bringsystem hat die Gemeinde für die Aufstellung oder Anbringung der Müllbehälter zu sorgen.

(6) Die Anzahl und die Größe der aufzustellenden Müllbehälter nach dem Holsystem ist mit Bescheid so festzusetzen, daß in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende (§ 9) und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfaßt werden kann. Bei Verwendung von Säcken ist die Anzahl der jährlich vorzusehenden Säcke in die Entscheidung aufzunehmen.

(6a) Abweichend von Abs. 6 dürfen Grundstücken, auf denen sich Betriebe befinden, für diese Betriebe Müllbehälter mit einem Volumen von maximal 3.120 l pro Jahr insgesamt zugeteilt werden. Über dieses Volumen hinaus anfallenden Restmüll hat die Gemeinde über Ansuchen des Betriebes gegen Berechnung der Kosten in Form eines privatrechtlichen Entgeltes zu erfassen. Für Altstoffe und kompostierbare Abfälle dürfen Betrieben keine Müllbehälter zugeteilt werden.

(7) Von der Pflicht zur Verwendung der Müllbehälter (Abs. 3) sind Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte jener Grundstücke auszunehmen, auf denen sich keine Wohngebäude, keine Betriebe, keine Anstalten oder keine sonstigen Einrichtungen befinden, wenn sie eine den Zielen und Grundsätzen des § 1 entsprechende Erfassung und Behandlung ihres Mülls nachweisen können. Die Ausnahmebewilligung ist von der Gemeinde über schriftliches Ansuchen zu erteilen und hat die erforderlichen Auflagen oder Bedingungen zu enthalten.

§ 24 Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr

(1) Die Abfallwirtschaftsgebühr besteht jedenfalls aus

* einem Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall.

...

(2) Die Höhe der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr ist wie folgt zu errechnen:

         1.       Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall (Behandlungsanteil):

         a.       Bei Verwendung von Müllbehältern für eine wiederkehrende Benützung (Tonnen) ist die Grundgebühr für einen Müllbehälter mit der Anzahl der aufgestellten Müllbehälter und mit der Zahl der Abfuhrtermine oder mit der Zahl der tatsächlichen Abfuhren zu vervielfachen.

§ 25 Berechnung der Abfallwirtschaftsabgabe

Die Abfallwirtschaftsabgabe beträgt jährlich höchstens 100 % der Abfallwirtschaftsgebühr.

§ 26 Abgabenschuldner

(1) Die Abfallwirtschaftsgebühr und die Abfallwirtschaftsabgabe ist von den Eigentümern der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke, bei deren widmungsgemäßer Verwendung mit Abfallanfall gerechnet werden kann, zu entrichten.

§ 27 Entstehen des Abgabenanspruches, Fälligkeit

(1) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe entsteht ab dem Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Abfallwirtschaftsverordnung. Werden Müllbehälter zugeteilt, so entsteht der Abgabenanspruch erst mit dem auf die Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Anzahl der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter nächstfolgenden Monatsersten.

Beim verfahrensgegenständlich dem Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 29. 09. 2016, Steuer-Nr. ***, betreffend „Abgabenbescheid Abfallwirtschaftsgebühr Abfallwirtschaftsabgabe ab 01.10.2016“ zu Grunde zu legenden Verpflichtungsbescheid vom 29.09.2016, Steuernummer: ***, handelt es sich um einen Zuteilungsbescheid im Sinne des § 252 BAO.

An diese Zuteilung, ebenso wie an das NÖ AWG 1992 und die geltende Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeinderates, sind die Abgabenbehörden im Abgabenverfahren- ebenso wie das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren -gebunden.

Im Abgabenverfahren kann gemäß § 252 BAO nicht geltend gemacht werden, dass die im Zuteilungsbescheid getroffene Entscheidung rechtswidrig sei.

Derartige Einwände sind gegen den Verpflichtungsbescheid, der als Grundlagenbescheid wirkt, vorzubringen (vgl. dazu VwGH 10.12.1992, 89/14/0062, 24.11.1994, 94/16/0248).

Die Regelung des § 252 BAO führt nicht dazu, dass eine gegen diese Gesetzesstelle verstoßende Berufung unzulässig wäre. Der Verstoß hat lediglich zur Folge, dass die Berufung gegen einen abgeleiteten Bescheid, die lediglich die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen bekämpft, im Rahmen einer Sachentscheidung als unbegründet abzuweisen ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2588).

Die Anfechtung eines Abgabenbescheides, die lediglich mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Abgabenbescheid zu Grunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (vgl. Ritz, BAO Kommentar5 Rz 3 zu § 252; VwGH 23.3.2000, 2000/15/0001, u.a.).

Der Verpflichtungsbescheid vom 29. 09.2016, mit welchem für das gegenständliche Objekt die Zuteilung, wie oben ausgeführt, erfolgt ist, entfaltet daher für das Abgabenverfahren hinsichtlich der für die Abgabenberechnung zu Grunde zu legenden Anzahl und Art der zugeteilten Müllbehälter gemäß § 252 BAO Bindungswirkung, sobald ein solcher gegenüber dem Bescheidadressaten erlassen ist, dies auch wenn der Feststellungsbescheid (Verpflichtungsbescheid) noch nicht rechtskräftig geworden ist. Auf die Vorgangsweise nach § 295 BAO, nämlich die Anpassung abgeleiteter Bescheide bei nachträglicher Abänderung von Grundlagenbescheiden, wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Die Höhe der durch Verordnung der Marktgemeinde *** festgesetzten Grundgebühr und die nach dieser Verordnung vorzuschreibende Anzahl der Abfuhrtermine wurden nicht in Zweifel gezogen.

Auf Grund des Ausgeführten erwies sich daher die verfahrensgegenständliche Abgabenvorschreibung laut in Beschwerde gezogener Berufungsentscheidung und zu Grunde liegendem Abgabenbescheid der Behörde erster Rechtsstufe dem Grunde und der Höhe nach als rechtmäßig.

Die spruchgemäße Abänderung des Beginnes der Verpflichtung zur Entrichtung der Abfallwirtschaftsgebühr und der Abfallwirtschaftsabgabe hatte gemäß

§ 27 Abs. 1 NÖ AWG 1992 zu erfolgen, da der Abgabenanspruch erst mit dem der Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Anzahl der aufzustellenden oder anzubringenden Müllbehälter nächstfolgenden Monatsersten entsteht (verfahrensgegenständlich: 05.10.2016).

Unvorgreiflich der in einem allfälligen weiteren Beschwerdeverfahren (betreffend die noch offenen Berufungsentscheidungen) von dem/der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter/in notweniger Weise vorzunehmenden Sachverhaltsfeststellung und rechtlichen Beurteilung wird zu den inhaltlichen Einwendungen des Beschwerdeführers darauf hingewiesen, dass gemäß § 11 Abs. 6 NÖ AWG 1992 die Anzahl und die Größe der aufzustellenden Müllbehälter nach dem Holsystem so festzusetzen sind, dass in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende (§ 9) und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfasst werden kann.

Das NÖ AWG 1992 stellt dabei nicht auf den konkret, sondern auf den erfahrungsgemäß anfallenden Müll ab. Das NÖ AWG 1992 verlangt daher von der Behörde nicht eine konkrete Erhebung des in jedem Haushalt tatsächlich anfallenden Mülls (vergleiche dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl. 95/07/0091).

Die Zuteilung hat so zu erfolgen, dass in den zugeteilten Müllbehältern der erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes erfasst werden kann.

Es ist daher auch festzuhalten, dass im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmungen auf einem Grundstück, auf welchem sich ein – wenn auch ungenutztes – Wohn- oder Betriebsgebäude befindet, erfahrungsgemäß Müll anfallen kann, selbst wenn dort kein Wohnsitz begründet ist und das Objekt nicht oder nur sporadisch benützt wird. Auch auf einem unbewohnten Grundstück im Pflichtbereich kann erfahrungsgemäß Müll anfallen, wenn sich darauf ein Wohn- oder Betriebsgebäude befindet (vgl. VwGH vom 25.06.2015, Zl. Ra 2015/07/0006-3).

Für ein solches Grundstück, wie eben das gegenständliche Grundstück des Beschwerdeführers, ist daher zumindest jene Behältermenge zuzuteilen, die erforderlich ist, um an dem von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Entsorgungssystem an jedem Abfuhrtermin mit der kleinstmöglichen Behältermenge teilnehmen zu können.

Für ein Grundstück im Pflichtbereich, auf welchem - wie im gegenständlichen Fall – erfahrungsgemäß Müll anfallen kann, ist daher - unabhängig von der konkret anfallenden Abfallmenge - zumindest eine Restmülltonne mit 120 Liter Inhalt zuzuteilen und die Anzahl der jährlichen Abfuhren mit mindestens 15 festzusetzen.

Gemäß § 11 Abs. 7 NÖ AWG 1992 sind von der Pflicht zur Verwendung der Müllbehälter Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte jener Grundstücke, auf denen sich keine Wohngebäude (Betriebe, Anstalten, sonstige Einrichtungen) befinden auszunehmen, wenn sie eine den Zielen und Grundsätzen des § 1 NÖ AWG 1992 entsprechende Erfassung und Behandlung ihres Mülls nachweisen können. Die Ausnahmebewilligung ist von der Gemeinde (vom Gemeindeverband) über schriftliches Ansuchen zu erteilen und hat die erforderlichen Auflagen oder Bedingungen zu enthalten.

In diesem Falle hätte bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Verbandsobmann eine Ausnahmebewilligung zu erteilen. Ob bei einem konkreten Fall eine solche Ausnahmebewilligung in Frage kommt, kann nur nach entsprechender Antragstellung in einem ordentlichen Verfahren geklärt werden.

Als „Wohngebäude“ gilt grundsätzlich ein baurechtlich bewilligtes (gegenständlich besteht der Baukonsens aufrecht) und nutzbares Gebäude.

„Im Übrigen geht der Gesetzgeber (hinsichtlich Grundstücken iSd § 9 Abs. 2 NÖ AWG 1992) nach dem klaren Wortlaut des § 11 Abs. 7 NÖ AWG 1992 grundsätzlich davon aus, dass auch auf einem Grundstück, auf dem sich kein Wohngebäude befindet, Müll anfällt, wäre es doch sonst unverständlich, für diesen Fall den Nachweis einer den Zielen und Grundsätzen des § 1 NÖ AWG 1992 entsprechende Erfassung und Behandlung des Mülls vorzuschreiben. Umso mehr muss dies aber für ein Grundstück gelten, auf dem sich ein-wenngleich derzeit unbewohntes-bewohnbares Gebäude befindet“ (wörtlich aus VwGH vom 25.06.2015,

Zl. Ra 2015/07/0006-3).

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Abfallwirtschaft; Abfallwirtschaftsgebühr; Zuteilungsbescheid; Ausnahmebewilligung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.647.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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