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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Pletzer Bau Gesellschaft m.b.H. in Gmunden, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban und Mag. Andreas Meissner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, Feldgasse 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. April 1998, Zl. BauR-012125/2-1998/PE/Vi, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 21. Oktober 1997 wurden der Beschwerdeführerin gemäß §§ 47 und 48 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 vier "Instandsetzungs- bzw. Sicherungsaufträge" erteilt. Der Auftrag zu Punkt 3. hatte folgenden Wortlaut: "Die Türen im Gebäudeinneren sind so instandzusetzen, daß sie wieder benützt werden können".
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt mit Bescheid vom 21. Jänner 1998 abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, daß als Erfüllungsdatum hinsichtlich der Aufträge zu den Punkten 1. und 3. statt des 30. Dezember 1997 der 30. März 1998 festgesetzt wurde.
Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. Februar 1998 den Bescheid des Stadtsenates vom 21. Jänner 1998 in bezug auf den Auftrag zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit diesbezüglich an die Behörde zweiter Instanz zurückverwiesen. Zur Begründung wurde angeführt, daß zwar WC-Türen im Hinblick auf die Erfordernisse der Hygiene erforderlich seien und fehlende Wohnungseingangstüren ein ordnungsgemäßes Beheizen der Wohnungen nicht zuließen, diese Argumente aber etwa bei sonstigen Verbindungstüren innerhalb einer Wohnung nicht stichhältig seien. Der erteilte Sanierungsauftrag beziehe sich seinem Wortlaut nach aber unterschiedslos auf sämtliche Wohnungsinnentüren und sei damit "überschießend". (Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1998 richtete sich die zur hg. Zl. 98/05/0064 protokollierte Beschwerde.)
Infolge der Aufhebung des Punktes 3. des Bescheides hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 9. März 1998 der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Auftrag zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Bescheides teilweise Folge gegeben und den genannten Auftrag dahingehend abgeändert, daß dieser wie folgt zu lauten hatte:
"Die Wohnungseingangstüren und WC-Türen im Gebäudeinneren sind so instandzusetzen, daß sie wieder benützt werden können.
Die Erfüllung zu diesem Punkt wird mit 30.5.1998 neu festgelegt."
Zur Begründung führte der Stadtsenat aus, der bautechnische Sachverständige habe in der im Berufungsverfahren (im ersten Rechtsgang) ergänzend eingeholten Äußerung vom 26. November 1997 darauf verwiesen, daß WC-Türen im Hinblick auf die Erfordernisse der Hygiene erforderlich seien und daß fehlende Wohnungseingangstüren ein ordnungsgemäßes Beheizen der Wohnungen nicht zuließen. Die Argumentation sei für die Berufungsbehörde nachvollziehbar. Diese Argumente seien aber etwa bei Verbindungstüren innerhalb einer Wohnung, wie z.B. zwischen einem Schlaf- und einem Wohnraum, nicht stichhältig. So werde man etwa dann nicht von dem vom Sachverständigen dabei monierten "unnötigen Wärmeverlust" ausgehen können, wenn nach der Absicht des Wohnungsinhabers die Raumtemperatur in allen Räumlichkeiten (in etwa) gleich hoch sein solle. Soweit es nicht etwa besondere Umstände, wie die Hygiene, erfordern, werde es aus baurechtlicher Sicht im Regelfall vielmehr dem einzelnen Wohnungsinhaber überlassen sein, ob Räume innerhalb einer Wohnung mittels Türen abgetrennt werden sollen oder nicht. Da sich der in Rede stehende (erstinstanzliche) Vorschreibungspunkt unterschiedslos auf sämtliche Wohnungsinnentüren bezog und daher nach den obigen Ausführungen "überschießend" war, sei er auf WC-Türen und Wohnungseingangstüren einzuschränken gewesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. April 1998 abgewiesen, wobei sie im wesentlichen die Rechtsansicht des Stadtsenates teilte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Weiters erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Freiheit des Eigentums verletzt, da es jedem Hauseigentümer selbst überlassen bleiben müsse, ob er im Gebäudeinneren Türen hat oder nicht.
Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsakt mit einer Gegenschrift vorgelegt (der Akt der mitbeteiligten Landeshauptstadt wurde zur hg. Zl. 98/05/0064 vorgelegt) und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Landeshauptstadt, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Entscheidung über eine allfällige Verletzung des Eigentumsrechtes ist der Verfassungsgerichtshof berufen, dem Verwaltungsgerichtshof kommt zufolge des Art. 133 Z. 1 B-VG diesbezüglich keine Kompetenz zu.
Die Bindungswirkung eines aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides erstreckt sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht aber auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0304, u.v.a.). An die die Aufhebung tragenden Gründe sind in der Folge sowohl die Gemeinde, die Aufsichtsbehörde selbst, als auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gebunden. Wenn nun die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hinweist, daß sie bereits in ihrem aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 26. Februar 1998 ausgeführt habe, funktionstüchtige WC-Türen seien in den einzelnen Wohnungen im Hinblick auf die hygienischen Verhältnisse, und Wohnungseingangstüren aus Gründen des Wärmeschutzes erforderlich, so verkennt sie damit, daß diese Ausführungen nicht die Aufhebung des Bescheidpunktes getragen haben, sie hätten in bezug auf die WC-Türen und Wohnungseingangstüren nämlich zu einer Abweisung der Vorstellung führen müssen. Die Aufhebung wurde nämlich damit begründet, daß sich der erstinstanzliche Auftrag zu Punkt 3. unterschiedslos auf sämtliche Wohnungsinnentüren beziehe und daher "überschießend" sei. Nur im Hinblick auf den "überschießenden" Auftrag besteht daher die Bindungswirkung.
Der Stadtsenat hat zur Begründung seiner Berufungsentscheidung § 47 O.ö. BauO 1994 zitiert, aber nicht ausdrücklich angeführt, daß sich dieser Auftrag ausschließlich auf § 47 leg. cit bezog, im erstinstanzlichen Bescheid waren hinsichtlich aller vier Aufträge die §§ 47
und 48 O.ö. BauO 1994 angegeben. Die belangte Behörde hat im nunmehr angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß die Berufungsbehörde im Lichte der Bestimmung des § 47 Abs. 1 O.ö. BauO 1994 hinsichtlich der nicht mehr benützbaren Wohnungseingangstüren und WC-Türen im Gebäudeinneren zu Recht von einem Verstoß gegen die den Eigentümer einer baulichen Anlage nach jener Vorschrift treffende Erhaltungspflicht ausgegangen sei.
Da der erstinstanzliche Bescheid als Rechtsgrundlage für alle vier Aufträge sowohl § 47 als auch § 48 leg. cit. angeführt hat, und im Berufungsbescheid vom 9. März 1998 § 47 leg. cit. hinsichtlich seiner Absätze 1 und 2 im Wortlaut angegeben ist, ist davon auszugehen, daß der Auftrag im Berufungsbescheid vom 9. März 1998 auf § 47 O.ö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66, gestützt ist. Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"(1) Der Eigentümer einer baulichen Anlage hat dafür zu sorgen, daß die Anlage in einem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand erhalten wird. Bei baulichen Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, erstreckt sich diese Verpflichtung insbesondere auch auf die Einhaltung der Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides sowie auf die Erhaltung der nach der Baubewilligung zur baulichen Anlage gehörenden Einrichtungen, wie Kinderspielplätze, Schutzräume, Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Erholungsflächen. Im übrigen sind bauliche Anlagen so zu erhalten, daß die Sicherheit, die Festigkeit, der Brandschutz, die Wärmedämmung und der Wärmeschutz, die Schalldämmung und der Schallschutz der baulichen Anlage und die Erfordernisse der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes und der Bauphysik nicht beeinträchtigt werden und ein nach Art und Zweck der Anlage unnötiger Energieverbrauch sowie schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden.
(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis von einer Verletzung der Erhaltungspflicht, hat sie dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung der festgestellten Mängel aufzutragen.
(3) Zur Ermöglichung der Überprüfung des Bauzustandes ist den Organen der Baubehörde der Zutritt zu allen Teilen einer baulichen Anlage zu gestatten. Außer bei Gefahr in Verzug ist die Vornahme einer solchen Überprüfung dem Eigentümer mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzuzeigen. Der Eigentümer, das von ihm bestellte Aufsichtsorgan und die Bestandnehmer sind verpflichtet, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen."
§ 47 Abs. 1 O.ö BauO 1994 normiert also eine Erhaltungspflicht des Eigentümers einer baulichen Anlage, Abs. 2 dieser Bestimmung verpflichtet die Baubehörde, dann, wenn sie Kenntnis von einer Verletzung der Erhaltungspflicht erlangt, dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung der festgestellten Mängel aufzutragen. § 47 Abs. 1 und 2 O.ö BauO 1994 entsprechen im wesentlichen der Bestimmung des § 59 Abs. 1 und 2 O.ö. BauO 1976. Der Ausschußbericht zu § 59 (vgl. dazu Neuhofer - Sapp, O.ö. Baurecht, III. Auflage, S. 254) führt dazu aus, die Bestimmung, daß bauliche Anlagen in einem den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand zu erhalten seien, verpflichte den Eigentümer an sich auch, auftretende Baugebrechen (§ 60) zu beheben. Nach Möglichkeit solle es aber zum Auftreten von Baugebrechen gar nicht kommen. § 59 Abs. 2 sehe daher eine Eingriffsmöglichkeit der Baubehörde auch für den Fall vor, daß der Eigentümer der baulichen Anlage seine Erhaltungspflicht verletze, ohne daß dadurch schon ein Baugebrechen entsteht.
Die Erhaltungspflicht geht soweit, als die Anlage in einem der Baubewilligung und den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand zu erhalten ist.
Daß die Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude keine WC-Türen und keine Wohnungseingangstüren umfaßt hätte, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. § 3 Z. 1 lit c und d O.ö. Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 5/1995 (O.ö. BauTG), legt fest, daß bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden müssen, daß sie für die Dauer ihres Bestandes den an bauliche Anlagen der betreffenden Art zu stellenden Anforderungen hinsichtlich Wärmedämmung und Wärmeschutz sowie Gesundheit, Hygiene und Bauphysik entsprechen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ein Gebäude, das in baurechtlicher Hinsicht zum Bewohnen bzw. Benützen als Gaststätte genehmigt ist (daß die Beschwerdeführerin selbst eine Anwendung des Verwendungszweckes, z.B. in Lagerräume erwirkt hätte, hat sie selbst nicht behauptet), nur dann den Anforderungen an die betreffende Benützungsart entspricht, wenn im Hinblick auf die Hygiene und die Gesundheit WC-Türen und im Hinblick auf die Wärmedämmung und den Wärmeschutz Wohnungseingangstüren vorhanden sind.
Der Auftrag, Wohnungseingangstüren und WC-Türen wieder herzustellen, ist daher gemäß § 47 Abs. 1 und 2 O.ö. BauO 1994 in Verbindung mit § 3 des O.ö. BauTG gerechtfertigt. Das öffentliche Interesse der Baubehörde an der Einhaltung der Erhaltungspflicht der baulichen Anlage liegt im Beschwerdefall darin, daß bei einem Gebäude, das in baurechtlicher Hinsicht jederzeit wieder benützt werden kann, den Erfordernissen der Gesundheit, Hygiene und des Wärmeschutzes Rechnung getragen wird. Es wäre der Beschwerdeführerin unbenommen geblieben, einen entsprechenden Antrag zu stellen oder eine Abbruchbewilligung zu erwirken und von dieser Gebrauch zu machen.
Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, als gelinderes Mittel wäre die Untersagung der Benützung vollkommen ausreichend, um jegliche Beeinträchtigung zu vermeiden (§ 48 Abs. 7 O.ö. BauO 1994), so verkennt sie zunächst, daß sich § 48 Abs. 7 leg. cit. auf das Vorliegen von Baugebrechen bezieht, jedoch nicht auf die Einhaltung der Erhaltungspflicht, und überdies die Untersagung der weiteren Benützung einer baulichen Anlage im allgemeinen nicht als der geringere baubehördliche Eingriff qualifiziert werden kann, als der Auftrag zur Herstellung von einzelnen Türen entsprechend der erteilten Baubewilligung.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch betreffend den Aufwandersatz stützt sich auf
die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordung
Mit der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050106.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009