Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafsache gegen Roman S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Roman S***** und Josef S***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. September 2019, GZ 83 Hv 30/19t-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Roman S***** und Josef S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche beider genannter Angeklagter und einen ebensolchen Schuldspruch eines Mitangeklagten enthaltenden Urteil wurden Roman S***** und Josef S***** jeweils des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und 2 (Abs 5 Z 4) StGB (I./A./) und des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB (I./B./) schuldig erkannt.
Danach haben sie in W***** von März 2013 bis Februar 2015
A./ als faktische Geschäftsführer der D***** KG grob fahrlässig (§ 6 Abs 3 StGB) durch kridaträchtiges Handeln (§ 159 Abs 5 StGB) die spätestens am 31. Dezember 2013 eingetretene Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft herbeigeführt und in Kenntnis der dadurch herbeigeführten Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig (§ 6 Abs 3 StGB) die Befriedigung wenigstens eines der Gläubiger dadurch geschmälert, indem sie Geschäftsbücher und geschäftliche Aufzeichnungen so führten, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde, sowie sonstige geeignete und erforderliche Kontrollmaßnahmen, die ihnen einen solchen Überblick verschafft hätten, unterließen;
B./ als Dienstgeber Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung in der Höhe von 28.497,81 Euro dem berechtigten Versicherungsträger Wiener Gebietskrankenkasse vorenthalten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gemeinsam erhobenen, auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Roman S***** und Josef S***** schlagen fehl.
Die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) erblickt einen Widerspruch darin, dass das Schöffengericht für den Tatzeitraum März 2013 bis Februar 2015 vom Vorhandensein liquider Mittel zur Zahlung der Dienstnehmerbeiträge an die Sozialversicherung ausging, obwohl es den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der D***** GmbH mit 31. Dezember 2013 ansetzte. Dieser Einwand trifft vor dem Hintergrund, dass Zahlungsunfähigkeit (bereits dann) vorliegt, wenn der Schuldner durch dauernden Mangel an flüssigen Mitteln nicht im Stande ist, alle fälligen Schulden bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung in angemessener Frist zu begleichen (vgl RIS-Justiz RS0118268; Kirchbacher/Presslauer in WK2 StGB § 153c Rz 19; Kirchbacher in WK2 StGB § 159 Rz 60), nicht zu.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen in Bezug darauf, dass es sich bei dem den Angeklagten (zu B./) zur Last gelegten Betrag um „Dienstnehmeranteile“ gehandelt habe, sowie (trotz des gegenteiligen Vorbringens in der Mängelrüge) dahingehend, „ob und in welchem Umfang“ für die Beitragsleistungen „ausreichend liquide Mittel“ vorhanden gewesen wären. Indem die Beschwerde jedoch die genau dazu getroffenen Konstatierungen (vgl US 10) außer Acht lässt, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung materieller Nichtigkeit (vgl RIS-Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E127271European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00150.19D.0120.000Im RIS seit
07.02.2020Zuletzt aktualisiert am
07.02.2020