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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Franz Dvorzsak und 2. der Elisabeth Dvorzsak, beide in Stotzing, vertreten durch Dr. Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien I, Neuer Markt 8, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. Juli 1994, Zl. VI/1-891-1994, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei:
Österreichischer Rundfunk in Wien, vertreten durch
Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien IV,
Argentinierstraße 20/1/3), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und dem Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte beantragte mit Schreiben vom 17. Februar 1994 die Erteilung der Baubewilligung und der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Fernsehsendestation (Antennentragemast und Senderunterkunft) auf dem als "Grünland-Landwirtschaft" gewidmeten Grundstück Nr. 1801/1, EZ 11, KG Stotzing. Nordwestlich davon befindet sich das den Beschwerdeführern gehörige bebaute Grundstück Nr. 390/28; ein Grundstück liegt dazwischen.
Anläßlich der Bauverhandlung am 31. März 1994 wurde das Projekt wie folgt beschrieben:
"Der geplante Standort für die Sendeanlage liegt in einem Hang am nordwestlichen Ortsrand von Stotzing neben dem Wasserhochbehälter. Die Anlage besteht aus einem 15 m hohen Stahlgittermast mit dreieckförmigem Querschnitt mit einer Seitenlänge am Fuß von 78 cm und einem Sendegeräteraum in Stahlkonstruktion in einer Höhe von 2,85 m und einer Grundfläche von 2,15 m x 2 m. Die Anlage erhält ihr Signal von der Sendeanlage Leithaprodersdorf. Das Signal wird im Container umgesetzt und für die Versorgung der Gemeinde Stotzing am Mast mit einer elektrischen Sendeleistung von 1 Watt abgestrahlt. Die daraus resultierende elektrische Feldstärke wird von Seiten des ORF in einer Entfernung von 10 m mit drei Volt pro Meter angegeben. Der vertikale Öffnungswinkel der in ca. 13 m über dem Gelände liegenden Antenne beträgt 5 Grad, das heißt, die unmittelbaren Anrainer liegen unter der Sendekeule und sind somit vom Sender nicht direkt bestrahlt."
An dieser Verhandlung nahmen auch die - nicht geladenen - Beschwerdeführer teil. Die Zweitbeschwerdeführerin forderte in der Verhandlung, der Fernsehsender solle 200 m vom Haus der Beschwerdeführerin entfernt aufgestellt werden. Andere Einwendungen wurden nicht erhoben.
Der Amtssachverständige für Elektrotechnik führte in der Verhandlung aus, aufgrund der geringen Sendeleistung der verwendeten Antenne sowie der bekanntgegebenen Parameter (im direkten Bereich der Antenne liege die elektrische Feldstärke bereits um mehr als den Faktor 10 unter dem Grenzwert gemäß ÖNORM S 1120) könne eine Beeinträchtigung von Personen (egal, in welchem Abstand sie sich von der Anlage entfernt aufhielten) ausgeschlossen werden.
Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung erklärte in der Verhandlung, aus den Ausführungen des Amtssachverständigen für Elektrotechnik sei eine Beeinträchtigung der nächstgelegenen Anrainer aus medizinisch-fachlicher Sicht nicht ableitbar.
Mit Bescheid vom 26. April 1994 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung die begehrten Bewilligungen (die naturschutzbehördliche Bewilligung unter der Auflage, daß sämtliche Stahlteile des Gittermastes und des Geräteraumes olivgrün zu beschichten seien). Die Bezirkshauptmannschaft stützte ihre Zuständigkeit für die Erteilung der Baubewilligung auf die Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97. In der Begründung verwies die Baubehörde auf die Ausführungen des elektrotechnischen und der medizinischen Sachverständigen. In der Begründung der naturschutzbehördlichen Bewilligung wurde darauf verwiesen, daß das Grundstück im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Stotzing als "Grünland-landwirtschaftlich genutzt" gewidmet sei.
Gegen den Baubewilligungsbescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Die geplante Anlage stehe ca. 20 m neben dem auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befindlichen Haus. Sie befürchteten Strahlenschäden und Gefahren bei "schlechter Witterung", wie bei Gewittern usw.. Nach Auskunft eines Dr. H., Wien, Umweltmedizin, sei jegliche Strahlung schädlich. Schließlich seien Auswirkungen auf Obst und Gemüse zu befürchten. Der Erstbeschwerdeführer befürchtete auch im Hinblick auf seine Gesundheit Auswirkungen. Es wurde um fachlich fundierte Gutachten ersucht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge und bestätigte den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft. Den Gutachten der Amtssachverständigen sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet worden; die Beschwerdeführer hätten in ihrer Berufung nur persönliche Ängste artikuliert.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen "die Verletzung des Rechtes auf Einhaltung des sich aus der Überschreitung der Gebäudehöhe (§ 94 Abs. 3 Bgld. BauO iVm § 6 Abs. 2 leg. cit) ergebenden subjektiven Rechtes als Nachbar, daß das Orts- und Landschaftsbild durch die technische Anlage nicht gestört wird und des Rechtes auf Entscheidung der gegenständlichen Bewilligung durch die zuständige Behörde" geltend. Sie begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie der Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was das Einschreiten der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung als Baubehörde erster Instanz und der belangten Behörde als Baubehörde zweiter Instanz betrifft, ist zunächst auf die Verordnungsermächtigung im § 51 Abs. 4 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965, zu verweisen. Danach kann auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung durch Verordnung der Landesregierung auf eine staatliche Behörde übertragen werden. Auf Dauer der Wirksamkeit einer solchen Verordnung ist die Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde eine Angelegenheit der staatlichen Verwaltung und als solche dem in Betracht kommenden administrativen Instanzenzug unterworfen. Dementsprechend wurden mit Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, LGBl. Nr. 97, u.a. die Angelegenheiten: "Baubewilligung und Benützungsbewilligung für Bauten in Grünflächen (§ 16 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes)" aus dem Bereich der Gemeinde Stotzing auf die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung übertragen.
Der in dieser Verordnung genannte Begriff "Bauten" ist im § 2 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (im folgenden in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994; BO), definiert. Danach sind Bauten Anlagen, die mit dem Boden in Verbindung stehen und zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind.
Der Antennentragemast und die Senderunterkunft stellen jedenfalls Bauten im Sinne dieser Bestimmung dar; sie sollen weiters auf einem Grundstück errichtet werden, das als "Grünland-landwirtschaftlich genutzt" gewidmet ist, weshalb in erster Instanz die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung, in zweiter Instanz aufgrund der genannten Bestimmung der Burgenländischen Gemeindeordnung die Burgenländische Landesregierung zuständig war.
Gemäß § 94 Abs. 1 BO sind die Nachbarn im Baubewilligungsverfahren Parteien, sie können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Vorhaben in ihren subjektiven Rechten verletzt werden.
Abs. 3 dieser Gesetzesstelle lautet:
"(3) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen baurechtlichen Vorschriften des Landes behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (öffentlich-rechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid (§ 93 Abs. 2) zu erkennen und die Einwendung als unbegründet abzuweisen oder die Bewilligung zu versagen. Öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden."
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung ihres subjektiven Rechtes auf Einhaltung der "Gebäudehöhe" allerdings erst in der Beschwerde, weshalb es dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund des im Falle eines mängelfreien Verfahrens aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbotes verwehrt ist, auf dieses Vorbringen Bedacht zu nehmen; eine Störung des Orts- oder Landschaftsbildes bewirkt aber keinesfalls eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte.
Wenn auch die Aufzählung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte im § 94 Abs. 3 BO nur demonstrativ ist, verweist diese Bestimmung selbst im Einleitungssatz auf die Vorschriften dieses Gesetzes und sonstige baurechtliche Vorschriften. Es kommen daher zur Begründung solcher Rechte nur baurechtliche Vorschriften in Betracht (hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/05/0270, m.w.N.). Keinesfalls können die Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren aus § 6 Abs. 1 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes, LGBl. Nr. 27/1991, eine Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur im betreffenden Lebensraum geltend machen.
Schließlich rügen die Beschwerdeführer, daß keine Feststellungen über die Auswirkungen der elektromagnetischen Keule auf die Natur getroffen wurden. Ökologische Komponenten seien nicht beschrieben oder qualifiziert worden. Auch damit zeigen sie weder Mängel des Bauverfahrens auf, noch machen sie die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte geltend.
Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, daß weiterhin eine Gesundheitsbeeinträchtigung behauptet wird; diesbezüglich sei aber auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Baubehörde gesundheitliche Belange im Zusammenhang mit einer Fernmeldeanlage nicht zu prüfen hat, weil dieser Aspekt von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfaßt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0194, m.w.N.).
Die Beschwerde erwies sich sohin insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. September 1998
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenBewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994050301.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009