TE Vwgh Erkenntnis 2019/12/20 Ro 2018/10/0014

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Veröffentlicht am 20.12.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
60/01 Arbeitsvertragsrecht
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

B-GlBG 1993
B-GlBG 1993 §4a
B-GlBG 1993 §4a Abs5
B-VG Art133 Abs4
GlBG 2004 §5 Abs1
UniversitätsG 2002
UniversitätsG 2002 §42 Abs3
UniversitätsG 2002 §42 Abs8
UniversitätsG 2002 §43 Abs1 Z2
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen der Johannes Kepler Universität Linz, vertreten durch Lichtenberger & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wollzeile 19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. Februar 2018, Zl. W129 2140354-1/20E, betreffend Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und Verletzung des Benachteiligungsverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Schiedskommission der Johannes Kepler Universität Linz; weitere Partei: Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Bestätigung der behördlichen Zurückweisung des Antrags auf Feststellung einer Verletzung des Benachteiligungsverbots richtet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen Umfang wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit am 7. April 2016 eingelangtem Schriftsatz beantragte der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Johannes Kepler Universität Linz (im Folgenden: AKG) bei der Schiedskommission der Johannes Kepler Universität Linz (der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde) die Feststellung, dass A „im Sinne des § 20b B-GlBG wegen ihrer Tätigkeit als Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen an der Johannes Kepler Universität ... diskriminiert und entgegen § 42 Abs 3 UG in ihrem beruflichen Fortkommen benachteiligt“ worden sei. Dem Inhalt dieses Schriftsatzes sowie einer Stellungnahme des AKG vom 23. Mai 2016 zufolge bezieht sich dieser Antrag auf die am 26. März 2016 erfolgte Entlassung von A durch den Rektor, wobei (auch) geltend gemacht wurde, dass diese Entlassung eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstelle.

2        Mit Bescheid der Schiedskommission der Johannes Kepler Universität Linz vom 23. September 2016 wurde dieser Antrag, soweit die Feststellung der Benachteiligung im beruflichen Fortkommen von A begehrt wurde, zurückgewiesen und im Übrigen abgewiesen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. Februar 2018 wurde eine dagegen vom AKG erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 43 Abs. 1 Z 2 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt B).

4        Begründend ging das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst davon aus, dass gegen A, Leiterin der Abteilung für Lehr- und Studienmanagement sowie Vorsitzende des AKG, am 16. September 2015 der Vorwurf erhoben worden sei, Mitarbeiter aus ihrer Abteilung gemobbt zu haben. Im Dezember 2015 habe der AKG eine Befragung der Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der Abteilung für Lehr- und Studienmanagement durchgeführt, wobei (lediglich) mit fünf Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern ein Termin vereinbart und diese befragt hätten werden können. Vier Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter hätten sich zumindest vorsichtig positiv, zum Teil aber auch ausdrücklich positiv über ihre Vorgesetzte geäußert, lediglich ein Mitarbeiter negativ. Vier Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter hätten sich unter Verweis auf eine angebliche Sinnlosigkeit geweigert, mit dem AKG zu sprechen. Eine fünfte Person habe ebenfalls das Gespräch verweigert, eine sechste Person nicht auf die Anfrage reagiert. Eine seitens des Betriebsrates durchgeführte Befragung mit Hilfe von standardisierten Formularen der Arbeiterkammer habe im Wesentlichen ergeben, dass sich fünf Personen kritisch oder besonders kritisch zu Lasten ihrer Vorgesetzten geäußert hätten und lediglich eine Person positiv.

5        Aufgrund einer schriftlichen Weisung des Rektors vom 4. Jänner 2016 sei A der Universitätsbibliothek zur Dienstleistung zugewiesen worden. Im Schreiben sei dies als „vorläufige Maßnahme“, insbesondere mit dem Zweck der abschließenden Klärung der erhobenen Vorwürfe begründet worden. Am 5. Februar 2016 habe der Rektor X (eine Richterin eines Bezirksgerichtes) den Auftrag erteilt, die erhobenen Mobbingvorwürfe zu eruieren und einen schriftlichen Bericht zu erstatten. Das Rektorat habe diesen Bericht am 21. März 2016 erhalten. Der Bericht schließe mit den Absätzen:

„[...] Der konkrete Führungsstil von A lässt sich wie folgt charakterisieren:

Verlangen nach kritikloser Befehlsbefolgung und Anerkennung, Totalkontrolle, ungerechtfertigter psychischer Druck, unsachliche und persönlich diffamierende Kritik, negative Äußerung über Mitarbeiter zu Kollegen und unbeteiligten Dritten, sprunghafte Direktiven, Nichtweitergabe von Informationen, fälschliches Verantwortlichmachen für (eigene) Fehler, Ausspielen von Mitarbeitern, abwertende Gesten und verletzender Tonfall.

Durch ihre Unberechenbarkeit erzeugte sie ein von Angst und Tränen geprägtes Arbeitsklima.

Außer Zweifel steht, dass dieses Verhalten von A als völlig inakzeptabler und verwerflicher Führungsstil zu beurteilen ist.

In der Gesamtschau erfüllt das konkrete Verhalten auch die Qualität von Mobbing, da A durch ihr schikanöses Verhalten jedenfalls die menschliche Würde der Mitarbeiter verletzt und die dienstliche Zusammenarbeit und den Betriebsfrieden ernstlich gestört hat. Sie hat den Mitarbeitern eine die Menschenwürde missachtende und persönlichkeitszersetzende Behandlung zuteilwerden lassen. Die Anfeindungen und Angriffe seitens A betrafen mit Ausnahme von einer Mitarbeiterin alle ihr unterstellten Personen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Es beschränkte sich auch nicht auf ein bloß einmaliges Fehlverhalten, vielmehr kam es häufig, nämlich durchschnittlich einmal pro Woche zu einem massiven Vorfall. Die Handlungen wurden auch wiederholt gesetzt. Diese belastende Situation dauerte über Jahre hindurch an. Die Handlungen gegen die betroffenen Mitarbeiter waren auch nicht zufällig, sondern hatten System. Von der Wirkung her hatten die Verhaltensweisen für die Betroffenen katastrophale Auswirkungen bis hin zur Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Einzig die sonst in den schikanösen Handlungen grundsätzlich implizierte Täterabsicht, die Opfer bzw. ihr Ansehen zu schädigen und gegebenenfalls aus ihrer Position zu vertreiben, konnte nicht mit der nötigen Sicherheit bei A geortet werden. Als Ausfluss ihrer verzerrten Wahrnehmung einerseits und ihrem Hochmut andererseits ist A in ihrer Überzeugung verfangen, dass ihr Umgang mit den Mitarbeitern absolut passend und legitim sei und kein Änderungsbedarf bestehe.“

6        Es könne - so das Verwaltungsgericht weiter - nicht festgestellt werden, dass dieser Bericht einseitig (zu Lasten von A) verfasst worden sei bzw. „apologetischen Charakter“ aufweise. Es könne nicht festgestellt werden, dass A „mit schonungsloser Härte in eine ausweglose Situation gedrängt“ worden sei. Mit Schreiben vom 26. März 2016 habe der Rektor gegenüber A die Entlassung ausgesprochen. Am 29. März 2016 sei eine (einvernehmliche) schriftliche Auflösungsvereinbarung getroffen und festgehalten worden, dass die ausgesprochene Entlassung als „zurückgenommen“ bzw. „gegenstandslos“ gelte. Hinsichtlich der vom AKG geltend gemachten Vergleichsfälle werde Folgendes festgestellt:

7        Zu N: Mit (nicht vom Verfasser abgeschicktem) Mail vom 12. Februar 2016 sei auf angeblich untragbare Arbeitsbedingungen am Institut für W aufmerksam gemacht worden. Das Rektorat habe Gespräche mit dem Institutspersonal geführt und habe die Vorwürfe nicht verifizieren können. Es sei „zu einer (Ver-)Warnung (im weiteren Sinne)“ durch den amtierenden Rektor gekommen.

8        Zu S: Aufgrund diverser Vorwürfe, auch in Bezug auf dessen Führungskultur, sei es am 30. September 2015 zur Kündigung durch den Vorgänger des amtierenden Rektors gekommen.

9        Zu U: Aufgrund massiver Mobbingvorwürfe gegen den Leiter der Abteilungen Y sowie Z sei es zur Halbierung der Zuständigkeit des Leiters durch den Bereichsleiter in Abstimmung mit der damals zuständigen Vizerektorin für Personal gekommen. Dem amtierenden Rektor sei das konkrete Ausmaß der Vorwürfe nicht bekannt gewesen; sein Kenntnisstand habe sich auf „Meinungsverschiedenheiten“ und (strittige) „Kompetenzfragen“ beschränkt. Es sei ihm berichtet worden, dass nach der getroffenen Personalmaßnahme „vernünftige Arbeitsverhältnisse“ herrschen würden.

10       In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, die belangte Behörde begründe ihre Zurückweisungsentscheidung damit, dass sie schon aufgrund des Wortlauts des § 43 UG 2002 nicht zur Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen die Benachteiligungsverbote der Bestimmungen der §§ 42 Abs. 3 UG 2002 bzw. 20b B-GlBG zuständig sei, wobei dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen worden sei. Der AKG verweise darauf, dass auch die Benachteiligung von A in deren beruflichem Fortkommen eine Diskriminierung darstelle. Auch sei A durch Assoziierung diskriminiert, da sie als Vorsitzende des AKG Rechtsmittel aufgrund der Diskriminierung einer Bewerberin um eine Professur erhoben habe. Diese Ausführungen erwiesen sich jedoch zum einen als überschießend (§ 4a Abs. 5 B-GlBG normiere ohnedies die Diskriminierung aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Person aufgrund deren Geschlechts) und änderten zum anderen nichts daran, dass das Benachteiligungsverbot einen eigenen Tatbestand iSd B-GlBG darstelle, sodass sich die Zurückweisung durch die belangte Behörde nicht nur auf eine (schlüssige) systematische Interpretation, sondern auch auf eine Wortinterpretation stützen könne (Verweis auf VwGH 25.11.2015, 2013/10/0149). Die Zurückweisung des Feststellungsbegehrens zur Benachteiligung von A in ihrem beruflichen Fortkommen durch die belangte Behörde sei somit zu Recht erfolgt.

11       Die belangte Behörde habe sich im abweisenden Teil ihrer Entscheidung insbesondere mit drei bestimmten Vergleichsfällen befasst und ausgeführt, dass in diesen drei Vergleichsfällen zwar männliche Führungskräfte beteiligt gewesen seien, aber zwei Vergleichsfälle im wissenschaftlichen Bereich (mit eingeschränkter Vergleichbarkeit) und nur einer im administrativen Bereich stattgefunden habe. Die unterschiedlichen Dienstgeberreaktionen wie Entlassung, Kündigung, Versetzung bzw. bloße Abklärung der Situation fänden in unterschiedlichen personellen und strukturellen Gegebenheiten ihre Begründung. Es sei aus Sicht des Verwaltungsgerichtes zunächst zu prüfen, ob mit der Vorlage des Berichts von X überhaupt plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen Entlassungsausspruch gegeben gewesen seien. Dies sei der Fall, es bestehe kein Zweifel, dass sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Bericht für das Rektorat ausreichend plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen Entlassungsausspruch ergeben hätten. Der prinzipielle Ausspruch der Entlassung erscheine somit im gegenständlichen Einzelfall als in objektiver Hinsicht jedenfalls vertretbare Handlung. In weiterer Folge sei zu prüfen, ob der Ausspruch der Entlassung diskriminierende Wirkung gehabt habe bzw. ob der Rektor - wie von der revisionswerbenden Partei vorgebracht - bei anderen Personen zu anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegriffen hätte. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes sei dabei der Ausspruch der Entlassung und nicht die (spätere) einvernehmliche Kündigung prüfungsgegenständlich. Nach § 4a B-GlBG liegt eine (unmittelbare) Diskriminierung dann vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfahre, als eine andere Person erfahre, erfahren habe oder erfahren würde.

12       Seitens des AKG sei auf drei Vergleichsfälle verwiesen worden. Im ersten Vergleichsfall (N) sei nur eine Art Ermahnung (im weiteren Sinn) ausgesprochen worden. Dem (amtierenden) Rektor sei lediglich ein Beschwerdemail vorgelegen, das von der anzeigenden Person zwar auf dem PC verfasst, aber nicht mehr abgeschickt worden sei (da diese Person am PC sitzend einen Schlaganfall erlitten habe; in weiterer Folge habe der Ehepartner einen Ausdruck des Mails an das Rektorat übermittelt). Der (amtierende) Rektor habe in der Beschwerdeverhandlung - unwidersprochen - dargelegt, dass die von ihm befragten Mitarbeiter dieses Professors ausdrücklich alle genannten Vorwürfe verneint und von einem ausgezeichneten Arbeitsverhältnis gesprochen hätten. In einer Gesamtschau erweise sich dieser Fall somit als nicht mit der Entlassung von A vergleichbar. Während bei A zwei interne Untersuchungen zu gegensätzlichen Ergebnissen gekommen seien, weswegen eine externe Untersuchung als notwendig erachtet worden sei, sei es im Vergleichsfall zu einem ausdrücklich positiven Feedback durch die Mitarbeiter des kritisierten Professors gekommen. Die vom Rektor ausgesprochene „Mahnung“ bzw. Warnung, wonach es Konsequenzen gebe, wenn sich Mobbingvorwürfe (doch) als wahr erwiesen, erscheine dem Verwaltungsgericht als sachlich und ausreichend.

13       Der zweite Vergleichsfall (S) sei vor der Amtszeit des amtierenden Rektors gelegen und könne daher schon aus diesem Grund nicht prüfungsgegenständlich sein, da der jeweils amtierende Rektor in seiner Funktion als oberster Dienstvorgesetzter des gesamten Universitätspersonals einen eigenen Führungsstil einbringe und unter Beachtung insbesondere der verfassungsgesetzlichen Schranken (z.B. des Willkürverbots bzw. des Vertrauensschutzes) nicht an die Verwaltungspraxis des Vorgängers gebunden sei.

14       Beim dritten Vergleichsfall (U) sei es nach massiven Mobbingvorwürfen gegen den Leiter der beiden Abteilungen Y sowie Z zur Halbierung seiner Führungszuständigkeit gekommen. Die Entscheidung sei durch den Bereichsleiter in Abstimmung mit der damals zuständigen Vizerektorin für Personal getroffen worden. Dem amtierenden Rektor sei das konkrete Ausmaß der Vorwürfe nicht bekannt gewesen; sein Kenntnisstand habe sich auf „Meinungsverschiedenheiten“ und (strittige) „Kompetenzfragen“ beschränkt. Es sei ihm berichtet worden, dass nach der getroffenen Personalmaßnahme „vernünftige Arbeitsverhältnisse“ herrschten. In einer Gesamtschau erweise sich auch dieser Fall somit als nicht mit der Entlassung von A vergleichbar, da der Rektor glaubwürdig zu Protokoll gegeben habe, im Gegensatz zum gegenständlichen Fall nicht über alle Vorwürfe Bescheid gewusst zu haben und nicht damit befasst gewesen zu sein. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht ankomme, erachte aber diesen Fall angesichts der dort getroffenen Entscheidung durch den Bereichsleiter im Zusammenwirken mit der (damaligen) Vizerektorin für Personal für nicht vergleichbar mit dem vorliegenden Fall, in welchem der Rektor die Entscheidung nach Durchführung einer externen Untersuchung ausgesprochen habe.

15       Zuletzt sei zu prüfen, ob auch im hypothetischen Vergleichsfall ein männlicher Abteilungsleiter eine andere arbeitsrechtliche Sanktion erfahren hätte; dies werde in den Schriftsätzen der revisionswerbenden Partei zusammengefasst insbesondere mit dem negativen Eindruck einer energischen, resoluten und entschlossenen weiblichen Führungskraft auf das Arbeitsumfeld begründet. Diesbezüglich sei vom Rektor glaubwürdig dargelegt worden, dass er als oberster Dienstvorgesetzter auch seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern nachzukommen gehabt habe. Unter Bedachtnahme auf das schlüssige Gesamtbild der Aussagen des Rektors in der Beschwerdeverhandlung stehe für das Verwaltungsgericht zweifelsfrei fest, dass der amtierende Rektor eine derartige Beschreibung einer Führungskraft (wie im Bericht von X ausgeführt) an der Universität als - im negativen Sinne - überraschend und einzigartig empfunden habe und dass die mit einstimmiger Unterstützung durch das Rektorat ausgesprochene Entlassung keine geschlechts- oder funktionsabhängige Diskriminierung darstelle. Die Beschwerde gegen den abweisenden Teil des angefochtenen Bescheides sei somit abzuweisen gewesen.

16       Seinen Ausspruch nach § 25a VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es - im Gegensatz zur belangten Behörde - bei der Prüfung einer etwaigen Diskriminierung einer weiblichen Führungskraft an einer Universität zeitnahe Vergleichsfälle an derselben Universität deswegen nicht herangezogen habe, weil die arbeitsrechtliche Zuständigkeit „beim Vorgänger des amtierenden ... Rektors“ gelegen sei. Soweit ersichtlich liege diesbezüglich keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

17       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

18       Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.

19       Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20       Das Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 129/2017 (UG 2002), lautet auszugsweise:

Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen

§ 42. (1) An jeder Universität ist vom Senat ein Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen einzurichten, dessen Aufgabe es ist, Diskriminierungen durch Universitätsorgane auf Grund des Geschlechts sowie auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung entgegenzuwirken und die Angehörigen und Organe der Universität in diesen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen.

...

(3) Die Mitglieder des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen sind bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen oder Aufträge gebunden (Art. 81c B-VG). Sie dürfen bei der Ausübung ihrer Befugnisse nicht behindert und wegen dieser Tätigkeit in ihrem beruflichen Fortkommen nicht benachteiligt werden.

...

(8) Hat der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen Grund zur Annahme, dass die Entscheidung eines Universitätsorgans eine Diskriminierung von Personen auf Grund ihres Geschlechts oder auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darstellt, ist er berechtigt, innerhalb von drei Wochen die Schiedskommission anzurufen.

...

Schiedskommission

§ 43. (1) An jeder Universität ist eine Schiedskommission einzurichten. Zu ihren Aufgaben zählen:

...

2.   die Entscheidung über Beschwerden des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen wegen einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung durch die Entscheidung eines Universitätsorgans;

...

(5) Die Schiedskommission hat in den Angelegenheiten gemäß Abs. 1 Z 2 innerhalb von drei Monaten mit Bescheid darüber abzusprechen, ob durch die Entscheidung des Universitätsorgans eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung vorliegt.

...

Anwendung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes

§ 44. Auf alle Angehörigen der Universität sowie auf die Bewerberinnen und Bewerber um Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zur Universität oder um Aufnahme als Studierende ist das B-GlBG mit Ausnahme des dritten und vierten Abschnitts des ersten Hauptstücks des zweiten Teils und der §§ 12 und 12a mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Universität als Dienststelle und als Zentralstelle (§ 2 Abs. 1 und 2 B-GlBG) gilt und sie die Pflicht zur Leistung von Schadenersatz gemäß §§ 17 bis 19b B-GlBG trifft. Das Recht zur Erstellung eines Vorschlags für den Frauenförderungsplan (§ 11a Abs. 1 B-GlBG) steht dem Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen zu.“

21       Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. Nr. 100/1993 idF BGBl. I Nr. 65/2015 (B-GlBG), lautet auszugsweise wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 4a. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

...

(5) Eine Diskriminierung liegt auch vor, wenn eine Person auf Grund ihres Naheverhältnisses zu einer Person wegen deren Geschlechts diskriminiert wird.

...

Benachteiligungsverbot

§ 20b. Die Dienstnehmerinnen oder die Dienstnehmer dürfen durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch eine andere Dienstnehmerin oder ein anderer Dienstnehmer, die als Zeugin oder Zeuge oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde einer Dienstnehmerin oder eines Dienstnehmers unterstützt, darf als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 20a ist anzuwenden.

...

Sonderbestimmungen für Angehörige von Universitäten

Anwendungsbereich

§ 41. (1) Dieses Bundesgesetz ist auf alle Angehörigen der Universität sowie auf die Bewerberinnen und Bewerber um Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes für eine der in § 94 Abs. 1 Z 2 bis 6 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, genannten Funktionen bestimmtes Rechtsverhältnis zur Universität oder um Aufnahme als Studierende, mit Ausnahme des 3. Abschnittes des 1. Hauptstückes des I. Teiles, des § 20c und des 3. und 4. Abschnittes des 1. Hauptstückes des II. Teiles mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Universität als Dienststelle und als Zentralstelle (§ 2 Abs. 1 und 2) gilt und sie die Pflicht zur Leistung von Schadenersatz gemäß § 17 Abs. 1 trifft.

...“

22       Zu I.: Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 30.1.2019, Ro 2017/10/0037; 8.8.2018, Ro 2017/10/0002; 4.7.2018, Ro 2017/10/0031). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 27.3.2019, Ro 2019/10/0001; 17.10.2017, Ro 2016/01/0011; 26.9.2017, Ro 2015/05/0018).

23       Die oben wiedergegebene Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes bezieht sich - ausschließlich - auf die Bestätigung der behördlichen Abweisung des Antrags des AKG, soweit dieser eine Diskriminierung gemäß § 42 Abs. 8 UG 2002 geltend macht. Zur Frage der Zurückweisung des Begehrens auf Feststellung der Benachteiligung im beruflichen Fortkommen enthält die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes keine Ausführungen.

24       Die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision macht geltend, die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bestehe insofern darin, ob eine Benachteiligung gemäß § 42 Abs. 3 UG 2002 vom AKG vor der Schiedskommission geltend gemacht werden könne, „wenn die Benachteiligung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters des AKG eine ‚Diskriminierung durch Assoziierung‘ darstellt“. Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar festgehalten (Verweis auf VwGH 25.11.2015, 2013/10/0149), dass das Benachteiligungsverbot des § 20b B-GlBG einen eigenen Tatbestand darstelle, der unabhängig davon bestehe, ob eine Diskriminierung als gegeben erkannt werde oder nicht. Der AKG sei daher zur Erhebung einer auf § 20b B-GlBG gestützten Beschwerde an die Schiedskommission nicht berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber nicht darüber abgesprochen, „ob gleiches auch für den gesondert geregelten Fall der Benachteiligung aufgrund einer Tätigkeit für den AKG“ gelte.

25       Mit diesen Ausführungen wird eine im Hinblick auf die Zurückweisung des Begehrens auf Feststellung der Benachteiligung im beruflichen Fortkommen relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt, ergibt sich doch bereits aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 42 Abs. 8 UG 2002, dass der AKG - wie auch im genannten hg. Erkenntnis 2013/10/0149 ausgeführt - (lediglich) dazu berechtigt ist, die Schiedskommission anzurufen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass die Entscheidung eines Universitätsorganes eine Diskriminierung von Personen auf Grund ihres Geschlechts oder auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darstellt. Eine Befugnis des AKG, wegen einer („bloßen“) Benachteiligung im beruflichen Fortkommen von Mitgliedern des AKG im Sinne des § 42 Abs. 3 UG 2002 die Schiedskommission anzurufen, ist dem UG 2002 hingegen nicht zu entnehmen. Liegt nach Ansicht des AKG - etwa wegen einer Diskriminierung im Sinne des § 4a Abs. 5 B-GlBG - aber ein Fall des § 42 Abs. 8 UG 2002 vor, so steht diesem nach dieser Bestimmung ohnehin die Anrufung der Schiedskommission offen.

26       Da das Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision daher insofern keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigt, war die Revision im genannten Umfang zurückzuweisen.

27       Zu II.: In Bezug auf die Bestätigung der behördlichen Abweisung des Antrags des AKG, soweit dieser eine Diskriminierung gemäß § 42 Abs. 8 UG 2002 geltend macht, erweist sich die Revision mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht angesprochene Rechtsfrage hingegen als zulässig und im Ergebnis auch als begründet.

28       Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die revisionswerbende Partei ihre im Grunde des § 42 Abs. 8 UG 2002 erfolgte Anrufung der Schiedskommission (auch) darauf gestützt hat, dass die am 26. März 2016 erfolgte Entlassung von A eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstelle. Dass eine derartige Diskriminierung vorliege, begründete der AKG insbesondere damit, dass „in den letzten Monaten drei Fälle“ beobachtet hätten werden können, wo „auf massive Vorwürfe von MitarbeiterInnen ... wesentlich mildere arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen“ worden seien.

29       Das Verwaltungsgericht hat zu diesen drei Fällen - die als „zeitnahe Vergleichsfälle“ angesehen wurden - die oben wiedergegebenen Feststellungen getroffen, einen Vergleichsfall (S) aber deshalb nicht in die Beurteilung des Vorliegens einer allenfalls weniger günstigen Behandlung von A im Sinne des § 4a B-GlBG einbezogen, weil dieser Fall „vor der Amtszeit des amtierenden Rektors gelegen“ sei. Dies wurde damit begründet, dass der jeweils amtierende Rektor in seiner Funktion als oberster Dienstvorgesetzter des gesamten Universitätspersonals „einen eigenen Führungsstil“ einbringe und unter Beachtung insbesondere der verfassungsgesetzlichen Schranken „nicht an die Verwaltungspraxis des Vorgängers“ gebunden sei.

30       Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:

31       Weder dem UG 2002 noch dem B-GlBG ist zu entnehmen, dass bei der Beurteilung im Sinne des § 4a B-GlBG, ob eine Person auf Grund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfahren hat, auf die Person des jeweiligen Organwalters, der die Entscheidung des Universitätsorgans im Sinne der §§ 42 Abs. 8 und 43 Abs. 1 Z 2 UG 2002 getroffen hat, oder dessen Funktionsperiode abzustellen wäre. Es fehlen jegliche Hinweise dafür, dass dem Gesetzgeber im gegebenen Zusammenhang ein derartiges Verständnis der „vergleichbaren Situation“ zu unterstellen wäre (vgl. auch die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 65/2004, RV 285 BlgNR 22. GP S. 6, wonach - lediglich - „hinsichtlich der vergleichbaren Situation ein zeitlicher Zusammenhang bestehen muss“). Auch ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber eine derartige Sichtweise etwa zu der insofern wortidenten Begriffsbestimmung des § 5 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetzes vor Augen gestanden haben könnte (vgl. dazu Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner, Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3, 2018, § 5 GlBG Rz 2 ff; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG, 2009, § 5 GlBG Rz 19 ff; Rebhan, GlBG, 2005, § 5 Rz 3 f). Dass ein Rektor „einen eigenen Führungsstil“ einbringt und „nicht an die Verwaltungspraxis des Vorgängers“ gebunden ist, kann nicht begründen, dass eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des § 4a B-GlBG nicht (mehr) vorläge, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation (durch den nunmehrigen Rektor) eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person (durch den vormaligen Rektor) erfahren hat. Es bedarf vielmehr auch insoweit einer Beurteilung, ob eine Ungleichbehandlung auf Grund des Geschlechts oder auf Grund eines - im gesetzlichen Rahmen zulässigen - anderen, nicht diskriminierenden Umstandes erfolgte.

32       Das angefochtene Erkenntnis war nach dem Gesagten daher schon deshalb im Umfang der Bestätigung der behördlichen Abweisung des Antrags auf Feststellung einer Diskriminierung gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

33       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 20. Dezember 2019

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018100014.J00

Im RIS seit

09.06.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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