Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer, Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der I P in W, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Mai 2019, W224 2217470- 1/2E, betreffend Anerkennung von Prüfungen gemäß § 78 Universitätsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stellvertretende Curriculumdirektorin für das Diplomstudium Humanmedizin (N 202) und für das Doktoratsstudium der Medizin (N 201) der Medizinischen Universität Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Medizinische Universität Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Die Revisionswerberin wurde am 1. Oktober 1991 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, nunmehr Medizinische Universität Wien, zum Studium der Medizin (N 201) zugelassen. Den ersten Studienabschnitt des Studiums der Medizin (N 201) bestand sie am 13. April 2002.
2 Im Wintersemester 2002/2003 wurde an der Medizinischen Universität Wien ein neues Curriculum für das Diplomstudium Humanmedizin (N 202) implementiert, das mit 1. Oktober 2002 in Kraft trat.
3 Die in Punkt 8. Abs. 1 des neuen Curriculums ("Übergangsregelung") vorgesehene Möglichkeit für Studierende, die zum Zeitpunkt der Kundmachung des Mitteilungsblattes 2015/16, mit dem diese Übergangsregelung novelliert wurde, zum Studium der Medizin (N 201) zugelassen waren, sich im zweiten Studienabschnitt befanden und daher den ersten Studienabschnitt des Studiums der Medizin (N 201) sowie sämtliche Lehrveranstaltungen und Pflichtpraktika aller drei Studienabschnitte des Studiums der Medizin (N 201) positiv absolviert hatten, die fehlenden Rigorosumsteilprüfungen des zweiten Studienabschnitts bis zum 28. Februar 2018 abzulegen, konnte die Revisionswerberin nicht erfolgreich nutzen und wurde deshalb nach der Anordnung in Punkt 8. Abs. 3 des Curriculums automatisch dem Curriculum für das Diplomstudium der Humanmedizin (N 202) unterstellt. 4 Am 9. Juli 2018 stellte die Revisionswerberin zum einen einen Antrag auf "Anerkennung aller offenen Studienplanpunkte" des Diplomstudiums Humanmedizin (N 202) auf Basis der bereits im Studium der Medizin (N 201) absolvierten Studienplanpunkte sowie zum anderen einen Antrag auf Feststellung, dass alle Studienplanpunkte des ersten bis sechsten Semesters des Diplomstudiums Humanmedizin (N 202) anerkannt und/oder absolviert worden seien; diese Anträge konkretisierte die Revisionswerberin durch eine tabellarische Gegenüberstellung der jeweiligen Studienplanpunkte.
5 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. Mai 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - den erstgenannten Antrag der Revisionswerberin ab, deren Feststellungsantrag hingegen zurück.
6 Die Abweisung des Anerkennungsantrages der Revisionswerberin stützte das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf, dass aufgrund der in Punkt 9. des erwähnten Curriculums enthaltenen "Anerkennungsverordnung" im Sinn des § 78 Abs. 1 letzter Satz Universitätsgesetz 2002 - UG eine individuelle Anerkennung von (darin nicht genannten) Pflichtfächern für die nunmehr im Rahmen des Diplomstudiums der Humanmedizin (N 202) zu absolvierenden Elemente nicht möglich sei. Angesichts dieser generellen Regelung sei kein Raum für einen Bescheid, der im Einzelfall die Gleichwertigkeit von Prüfungen ausspreche (Hinweis auf VwGH 18.2.2002, 2001/10/0029 = VwSlg. 15.762 A). Ein solcher Bescheid stünde im Widerspruch zur generellen Regelung der Anerkennung von Prüfungen im Zuge der Umstellung einer Studienordnung in Form der genannten Verordnung; Punkt 9. des Curriculums stelle eine generelle Anerkennungsregel dar, welche aus den zu absolvierenden Pflichtlehrveranstaltungen bzw. Pflichtfächern sämtliche Gleichwertigkeiten mit den im Studium der Medizin (N 201) absolvierten Pflichtlehrveranstaltungen
bzw. Pflichtfächern herausarbeite und letztlich abbilde. 7 Zu Recht habe die belangte Behörde den Antrag der Revisionswerberin auch hinsichtlich der individuellen Anerkennung von bestimmten Prüfungsleistungen aus dem Studium Medizin (N 201) als Elemente des nunmehrigen Curriculums für das Diplomstudium Humanmedizin (N 202) "Block", "Line", "Tertiale" und "Prüfungen" abgewiesen:
8 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der "Gleichwertigkeit" der vom Antragsteller abgelegten und zur Anerkennung beantragten Prüfungen sei entscheidend, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt werde, wobei es entsprechender Darlegungen unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften bedürfe (Hinweis u.a. auf VwGH 21.1.2015, Ro 2014/10/0020 = VwSlg. 19.019 A). Die Gleichwertigkeitsprüfung erfordere aber nicht nur eine Beurteilung nach Inhalt und Umfang der Anforderungen, sondern auch nach der Art und Weise, wie die Kontrolle der Kenntnisse vorgenommen worden sei (Hinweis auf VwGH 19.4.1995, 94/12/0131 = VwSlg. 14.238 A).
9 Schon mit Blick auf die grundsätzlichen Ausführungen zum "Wiener Curriculum-Modell" in der Präambel des Curriculums für das Diplomstudium Humanmedizin - aus der das Verwaltungsgericht einen einzigen Absatz wörtlich wiedergab - sei eine Gleichwertigkeit im Sinn der ständigen hg. Rechtsprechung nicht gegeben. Die Revisionswerberin tue in ihrer Beschwerde auch nicht dar, inwieweit die von ihr absolvierten und nicht von den "Übertrittsbestimmungen" des Punktes 9. des Curriculums erfassten Prüfungen im Sinn der hg. Judikatur in Hinblick auf den geprüften Stoff im jeweiligen Schwierigkeitsgrad und Umfang sowie in Hinblick auf die Kontrolle der Kenntnisse den genannten Elementen des Curriculums des Diplomstudiums der Humanmedizin (N 202) gleichwertig seien.
10 Die Zurückweisung des Feststellungsantrages der Revisionswerberin begründete das Verwaltungsgericht im Kern damit, dass dieser "im Ergebnis" auf das Vorliegen des Anwendungsbereichs des § 14 der "Verordnung über die Zulassungsbeschränkung zu den Diplomstudien Human- und Zahnmedizin" (Zulassungsverordnung) in Bezug auf die Revisionswerberin abziele.
11 Die Revisionswerberin falle allerdings nicht in den Anwendungsbereich der Zulassungsverordnung, weil sie (durch die automatische Unterstellung unter das Curriculum nach dessen Punkt 8. Abs. 3) zum Diplomstudium Humanmedizin (N 202) zugelassen sei bzw. zuvor zum Studium der Medizin (N 201) zugelassen gewesen sei. § 14 Zulassungsverordnung, der auf sogenannte "QuereinsteigerInnen" abstelle, sei auf die Revisionswerberin nicht anzuwenden, weil diese bereits Studierende der Medizinischen Universität Wien sei.
12 "Bei diesem Ergebnis" erübrige es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes, weitere Ausführungen zum Vorbringen der Beschwerde zu tätigen, wonach der Feststellungsantrag ein "notwendiges Mittel zur Rechtsverfolgung" sei.
13 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung nicht zu, dass sich die anzuwendenden Regelungen als klar und eindeutig erwiesen (Hinweis auf VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053 = VwSlg 18.862 A).
14 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 1. Für den vorliegenden Revisionsfall sind folgende
Bestimmungen in den Blick zu nehmen:
16 § 78 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120/2002 idF
"Anerkennung von Prüfungen
§ 78. (1) Auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden sind positiv beurteilte Prüfungen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind, vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen, wenn sie
1. an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung,
2. in Studien an einer anerkannten inländischen Bildungseinrichtung, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert,
3. an einer berufsbildenden höheren Schule in den für die künftige Berufstätigkeit erforderlichen Fächern,
4. an einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung in den für die künftige Berufstätigkeit erforderlichen Fächern,
5. an allgemein bildenden höheren Schulen unter besonderer Berücksichtigung der musischen oder der sportlichen Ausbildung in künstlerischen und künstlerisch-wissenschaftlichen sowie in sportlichen und sportlich-wissenschaftlichen Fächern, oder
6. an österreichischen Konservatorien mit Öffentlichkeitsrecht abgelegt wurden. Die an einer inländischen postsekundären
Bildungseinrichtung oder an einer anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung eines EU- oder EWR-Staates für ein Fach abgelegten Prüfungen sind für das gleiche Fach im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen. Solche Anerkennungen können im Curriculum generell festgelegt werden.
(...)
(7) Die Anerkennung einer Prüfung gilt als Prüfungsantritt und positive Beurteilung der entsprechenden im Curriculum vorgeschriebenen Prüfung in dem Studium, für welches die Prüfung anerkannt wird.
(...)
(10) Über Anerkennungsanträge ist abweichend von § 73 AVG spätestens zwei Monate nach Einlangen des Antrages bescheidmäßig zu entscheiden."
Curriculum für das Diplomstudium Humanmedizin (idF Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien für das Studienjahr 2017/2018, 29. Stück, Nr. 35):
"1. Allgemeine Bestimmungen
1.1. Präambel
Das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien dient der wissenschaftlichen Vorbildung für den ärztlichen Beruf in allen Fachrichtungen. Durch die Vermittlung umfassender Kenntnisse mit einem hohen Stellenwert des praxisorientierten Unterrichts und eine frühe Auseinandersetzung mit konkreten medizinischen Fragestellungen, die auch Wissen über geschlechterspezifische Unterschiede, sowie mit diesen Unterschieden praktisch umzugehen beinhaltet, wird für die AbsolventInnen eine breite medizinische Bildung mit fundierter Handlungskompetenz angestrebt, die beste Voraussetzungen für den Eintritt in das Berufsleben und optimale Grundlage für die postpromotionelle Ausbildung in allen ärztlichen Fachbereichen schaffen soll.
(...)
Das Wiener Curriculum-Modell
Integration durch das Block-Line-Modell und das Tertial-Modell
Der Unterricht im ersten und zweiten Studienabschnitt ist in so genannte Themenblöcke inhaltlich und zeitlich strukturiert, in denen die Krankheitslehre einerseits systematisch im Kontext mit den Grundlagenflächen und andererseits in Zusammenschau mit klinischen Diagnose- und Therapieprinzipien bearbeitet wird. Die Blöcke werden von Lines begleitet, das sind Praktika bzw. Seminare in Kleingruppen, gegliedert in 'Line-Elemente', mit dem Ziel spezielle Bezüge zum klinischen Unterricht herzustellen. In den Lehrveranstaltungen der Lines werden auch die notwendigen klinischen Fertigkeiten (Skills) wie physikalische Krankenuntersuchungen, Blutabnahme etc. trainiert, wobei ein möglichst enger zeitlicher Bezug zum Unterricht der inhaltverwandten Themen in den Blöcken hergestellt wird.
Die im Wiener Curriculum-Modell geschaffene Integration der Fächer (Interdisziplinarität) hat eine horizontale (vorwiegend durch die Themenblöcke) und eine vertikale Komponente (wie den Lines). Lern- und Ausbildungsziele, in Kapiteln und Themen exakt aufeinander abgestimmt, sind im Hinblick auf die Lehr-, Lern- und Prüfungsformen und den dafür bereitgestellten Lernunterlagen in einem Themenraster vernetzt. Bei der vertikalen Integration wird der strukturiert aufbauende Charakter des Curriculums durch blockbzw. tertialübergreifende 'Lehrveranstaltungsreihen' mit modularem Charakter verfolgt.
Praxisorientierung - Klinische Ausbildung
Die Lerninhalte des Curriculums orientieren sich an publizierten epidemiologischen Daten aus der Primärversorgung.
Im ersten und zweiten Studienabschnitt werden im Rahmen der Line-Elemente klinische Fertigkeiten und Fähigkeiten im Kleingruppenunterricht von Beginn des Studiums an trainiert. Die hier bearbeiteten Lerninhalte werden im dritten Studienabschnitt mit der Zielsetzung vertieft, ein hohes Kompetenzniveau zu erreichen.
Im dritten Studienabschnitt finden gem.
Universitätsstudiengesetz Klinische Praktika an den Stationen und Ambulanzen der Universitätskliniken sowie an von der Universität anerkannten Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen statt. Dabei durchlaufen die Studierenden nach dem so genannten 'Tertialmodell' (ein Semester ist in 3 Tertiale zu je 5 Wochen gegliedert) in 'Zügen' nach einem Rotationsprinzip die einzelnen Tertiale. In den Tertialen finden neben den Klinischen Praktika auch Seminare, Vorlesungen und Fallkonferenzen (Rounds) der entsprechenden klinischen Fachbereiche statt. Als Line-Elemente des dritten Abschnitts finden integrierte Lehrveranstaltungen aus diagnostischen, therapeutischen und nicht-klinischen Fächern sowie aus dem Fach Allgemeinmedizin statt.
Die Bearbeitung von Fallvignetten (Fallstudien, Kasuistiken), ausgehend von einem definierten klinischen Problem und nach Maßgabe evidenzbasiert, ist die wichtigste Grundlage der problembasierten klinischen Ausbildung.
Wissenschaftliche Ausbildung
Neben den für alle Studierenden verpflichtenden Inhalten des Curriculums, das notwendigerweise eine große Breite abdecken muss, gibt es Wahlpflichtelemente (Spezielle Studienmodule, SSMs) zur Förderung des selbstgesteuerten Lernens, in denen auf die Tiefe der Durchdringung Wert gelegt wird. In diesen SSMs lernen die Studierenden die Grundzüge des wissenschaftlichen Arbeitens kennen als Vorbereitung auf die Diplomarbeit. Die Diplomarbeit ist parallel zu den Lehrveranstaltungen des 2. und 3. Studienabschnitts
nach erfolgreicher Absolvierung des SSM 3 anzufertigen.
Prüfungssystem
Prüfungen sind methodisch so gestaltet, dass sie nachvollziehbar objektiv, reliabel und valide sind. Die verschiedenartigen Lernziele zum Erwerb von Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen erfordern den gezielten Einsatz
unterschiedlicher Prüfungsmethoden ('Methodenmix'). Entsprechend dem Unterricht findet auch die Prüfung in integrierter Form statt. Die Zahl der Prüfungen mit Konsequenzen auf den Studienfortschritt (= 'summative integrierte Prüfungen', SIP) wird deutlich reduziert und Prüfungsereignisse zur Steuerung des Lernprozesses und zur Selbstevaluierung (formative integrierte Prüfung = FIP) angeboten."
(...)
8. Übergangsregelung für Studierende des Studiums der Medizin (N 201)
(1) Studierende, die zum Zeitpunkt der Kundmachung des Mitteilungsblattes Studienjahr 2015/2016, 10. Stück, Nr. 13, zum Studium der Medizin (N 201) zugelassen sind, sich im zweiten Studienabschnitt befinden und daher
a) den ersten Studienabschnitt des Studiums der Medizin (N 201) sowie
b) sämtliche Lehrveranstaltungen und Pflichtpraktika aller drei Studienabschnitte des Studiums der Medizin (N 201) positiv absolviert haben
sind berechtigt, die fehlenden Rigorosumsteilprüfungen des zweiten Studienabschnittes bis zum 28.02.2018 abzulegen.
(2) (...)
(3) Studierende des zweiten bzw. dritten Studienabschnitts des Studiums der Medizin (N 201), welche die fehlenden Rigorosumsteilprüfungen nicht innerhalb der in Abs. 1 bzw. Abs. 2 vorgesehenen Fristen abgelegt haben, werden automatisch dem Curriculum für das Diplomstudium der Humanmedizin (N 202) i.d.g.F. unterstellt.
(...)
9. Übertrittsbestimmungen
Bei einem Übertritt aus dem II. Studienabschnitt des Curriculums N 201 in das Curriculum N 202 werden gemäß § 78 Abs. 1 UG folgende Studienleistungen anerkannt:
N 201
Lehrveranstaltungen und Teilprüfungen des ersten Rigorosums\td\N 202 Block 2 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 2 der SIP1a)/td/
Block 3 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 3 der SIP1a)
Block 4 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 4 der SIP1b)
Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter der Blöcke und Line-Elemente des ersten Studienabschnittes
Lehrveranstaltungen mit immanentem Prüfungscharakter der Blöcke des zweiten Studienabschnittes aus Histologie (Histologie- PR Block 12, 15, 18 und 19)
Kolloquium aus Medizinischer Psychologie
Block 1 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 1 der SIP1a)
Teilprüfung aus Funktioneller Pathologie
Block 5 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 5 der SIP1b)
Teilprüfungen Pathologische Anatomie und Funktionelle Pathologie
Block 8 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 8 der SIP2)
Teilprüfungen Pathologische Anatomie, Funktionelle Pathologie, Pharmakologie und Toxikologie und Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin
Block 9 (Pflichtlehrveranstaltungen und Prüfungsteil/Block 9 der SIP2)
Teilprüfung Anatomie und Radiologie und Strahlenschutz
Organmorphologie I, II und III
(...)"
Verordnung über die Zulassungsbeschränkung zu den Diplomstudien Human- und Zahnmedizin (Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien, Studienjahr 2018/2019, 3. Stück, Nr. 3):
"I. Regelungsinhalt
§ 1. Diese Verordnung regelt die Beschränkung des Zugangs für die Diplomstudien der Humanmedizin (N 202) und Zahnmedizin (N 203) aufgrund eines Aufnahmeverfahrens vor der Zulassung zum Studium gem. § 71c UG.
II. Geltungsbereich
§ 2. Die Regelung über Zugangsbeschränkungen gilt für alle StudienwerberInnen für die Diplomstudien Human- und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Wien für das Studienjahr 2019/20. Die Aufnahme von StudienwerberInnen erfolgt ausschließlich zu Beginn des Studienjahres.
§ 3. Die Bestimmungen für das Aufnahmeverfahren gemäß §§ 5 bis 13 gelten nicht für:
(...)
2. Studierende, die zum Zeitpunkt des Aufnahmeverfahrens zum Studium der Medizin (N 201) zugelassen sind und ex lege (aufgrund des Curriculums) oder freiwillig in das Diplomstudium der Humanmedizin (N 202) überwechseln,
(...)
4. QuereinsteigerInnen (§§ 14f).
(...)
VI. QuereinsteigerInnen
§ 14. (1) Ein/e Studienwerber/in, der/die bereits im Rahmen eines Studiums der Humanmedizin oder der Zahnmedizin an einer inländischen oder gleichwertigen ausländischen anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung mindestens 180 ECTS-Anrechnungspunkte erworben hat und sein/ihr Studium an der Medizinischen Universität Wien fortsetzen will, ist ungeachtet von § 5 auf Antrag zum Studium der Humanmedizin oder der Zahnmedizin für das 7. oder ein höheres Semester zuzulassen, wenn
1. er/sie einen Nachweis über die an einer inländischen oder gleichwertigen ausländischen anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung zurückgelegten und im Zuge des Quereinstiegs für das betreffende Studienjahr jeweils erforderlichen ECTS-Anrechnungspunkte vorlegt,
2. er/sie die Zulassungsvoraussetzungen für das 7. oder ein höheres Semester sowie die sonstigen Zulassungsvoraussetzungen nach §§ 63ff und 91 UG erfüllt,
3. nach Maßgabe des jeweiligen Curriculums freie Plätze in den Lehrveranstaltungen mit beschränkter Platzzahl verfügbar sind
und an den/die Studienwerber/in im Rahmen des für QuereinsteigerInnen festgelegten Verfahrens gemäß Abs. 2 ein freier Platz vergeben wurde.
(...)"
17 2.1. Mit Blick auf die Abweisung ihres Anerkennungsantrages bringt die Revisionswerberin in den Zulässigkeitsausführungen der Revision vor, das Verwaltungsgericht habe das hg. Erkenntnis 2001/10/0029 verkannt; der darin angesprochene abschließende Charakter einer Anerkennungsverordnung beziehe sich ausschließlich auf die von der Anerkennungsverordnung umfassten Prüfungen und nicht auch auf alle weiteren Prüfungen, für die die Anerkennungsverordnung gerade keine Regelung treffe. Für die von der Anerkennungsverordnung in Punkt 9. des Curriculums nicht umfassten Prüfungen wäre ein Anerkennungsverfahren gemäß § 78 Abs. 1 erster Satz UG durchzuführen gewesen.
18 Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht nicht die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Prüfung dahin angestellt, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad, in welchem Umfang und mit welcher Art und Weise der Kenntniskontrolle in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt werde, wobei es entsprechender Darlegungen unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften bedürfe (Hinweis u.a. auf VwGH 20.3.2018, Ra 2016/10/0132). Auch habe das Verwaltungsgericht mit seiner Begründung unzulässigerweise in Verkennung des Amtswegigkeitsprinzips (Hinweis auf VwGH 27.1.2016, Ra 2014/10/0038) die Verpflichtung zur Prüfung der individuellen Gleichwertigkeit quasi auf die Revisionswerberin "überwälzt". 19 2.2. Die Revision ist mit Blick auf dieses Vorbringen zulässig und erweist sich auch als berechtigt.
20 Der Abweisung des Anerkennungsantrages der Revisionswerberin liegt die Auffassung des Verwaltungsgerichts zugrunde, angesichts der generellen Anerkennungsregelung in Punkt 9. des Curriculums für das Diplomstudium Humanmedizin bleibe kein Raum für einen Bescheid, welcher im Einzelfall die Gleichwertigkeit von Prüfungen "ohne Beisetzung der in der Verordnung normierten Bedingung" beurteile; entgegen der Auffassung der Revisionswerberin stehe dieser deshalb eine individuelle Anerkennung gemäß § 78 Abs. 1 UG für alle nicht von der angeführten Anerkennungsregelung erfassten Studienplanpunkte nicht offen.
21 Diese Rechtsauffassung stützt das Verwaltungsgericht maßgeblich auf das erwähnte hg. Erkenntnis 2001/10/0029. In jenem Erkenntnis hatte sich der Gerichtshof mit einer an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien erlassenen Anerkennungsverordnung gemäß § 59 Abs. 1 zweiter Satz Universitäts-Studiengesetz zu befassen, in der als "Bedingung für die Anerkennung" einer an der Universität Graz abgelegten Prüfung aus "Bürgerlichem Recht einschließlich Internationalem Privatrecht" die Ablegung einer schriftlichen Prüfung aus "Bürgerlichem Recht" nach dem Wiener Rechtswissenschaftlichen Studienplan normiert worden war. Nur mit Blick auf diese, in der Anerkennungsverordnung ausdrücklich genannte Prüfung hielt der Gerichtshof fest, dass die dargestellte Regelung der Frage der Gleichwertigkeit einer im Fach "Bürgerliches Recht" an der Universität Graz abgelegten Prüfung abschließend sei und eine solche Prüfung nur unter der genannten Bedingung als gleichwertig anerkannt werden könne. Angesichts der genannten Regelung der Verordnung sei "kein Raum für einen Bescheid, der im Einzelfall die Gleichwertigkeit der Prüfungen ohne Beisetzung der in der Verordnung normierten Bedingung ausspricht".
22 Diese Aussage ist auf den vorliegenden Fall soweit übertragbar, als es um die Anrechnung von in der Verordnung genannten Studienleistungen geht. Die dort angeführten Studienleistungen des Diplomstudiums Humanmedizin (N 202) werden als solche nur bei erfolgreicher Absolvierung der in der entsprechenden linken Spalte angeführten Prüfungsleistungen des Doktoratsstudiums Humanmedizin (N 201) anerkannt.
Der einleitende Antrag der Revisionswerberin vom 9. Juli 2018 zielt jedoch auf die "Anerkennung aller offenen Studienplanpunkte" des Diplomstudiums Humanmedizin (N 202) auf Basis der bereits im Studium der Medizin (N 201) absolvierten Studienplanpunkte ab, somit auf die Anerkennung jener Prüfungen, welche von der ex lege-Anerkennung durch die Anerkennungsverordnung des Punktes 9. des Curriculums nicht erfasst sind.
23 Nach § 78 Abs. 1 letzter Satz UG können Anerkennungen der in § 78 Abs. 1 UG genannten Prüfungen (vgl. dazu VwGH 20.3.2018, Ra 2016/10/0132) im Curriculum generell festgelegt werden. Die Anerkennung der in einer solcherart erlassenen Verordnung genannten Prüfungen erfolgt bereits ex lege durch die Verordnung selbst, sodass kein eigener Anerkennungsbescheid zu erlassen ist (vgl. Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3 § 78 Rz 11). 24 Dem Gesetz ist allerdings nicht zu entnehmen, dass - wovon das Verwaltungsgericht ausgeht - bei von in einer Anerkennungsverordnung nicht erfassten Prüfungen deren individuelle Anerkennung (oder Nichtanerkennung) durch Bescheid aufgrund einer Beurteilung der Gleichwertigkeit der vom Antragsteller abgelegten und der zur Anerkennung beantragten Prüfungen im Sinn der vom Verwaltungsgericht und der Revisionswerberin zitierten hg. Rechtsprechung (vgl. oben Rz 8 und 18) ausgeschlossen wäre.
Das Verwaltungsgericht geht zwar erkennbar davon aus, dass die Verordnung alle Pflichtlehrveranstaltungen bzw. Pflichtfächer des Diplomstudienplans erfasst und diesen die dazu gleichwertigen Studienleistungen aus dem bisherigen Doktoratsstudium gegenüberstellt, es trifft jedoch keine Aussagen dazu, ob der eine tabellarische Gegenüberstellung von Prüfungsleistungen inkludierende Antrag ausschließlich nach der Verordnung ex lege anerkannte Elemente oder auch andere enthält, die einer individuellen Gleichwertigkeitsprüfung zu unterziehen wären. 25 Soweit die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses auf den Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich der individuellen Anerkennung von Prüfungsleistungen aus dem Studium Medizin (N 201) eingeht (vgl. oben Rz 7 bis 9), gibt das Verwaltungsgericht zwar die erwähnte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs wieder, beruft sich allerdings im Folgenden - zur Begründung einer mangelnden Gleichwertigkeit - lediglich auf einen Teil der Präambel des Curriculums für das Diplomstudium Humanmedizin zu dem sogenannten "Wiener Curriculum-Modell".
26 Die Revision bringt zutreffend vor, dass damit den Anforderungen der hg. Rechtsprechung an die Beurteilung der individuellen Gleichwertigkeit von Prüfungen nicht entsprochen wird; der Revisionswerberin ist darin zuzustimmen, dass eine solche Begründung die von der Behörde bzw. vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Gleichwertigkeitsprüfung nicht ersetzen kann. 27 Ausgehend von den wiedergegebenen Gründen des angefochtenen Erkenntnisses erweist sich daher die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abweisung des Anerkennungsantrages als inhaltlich rechtswidrig.
28 3.1. Mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zurückweisung des Feststellungsantrags der Revisionswerberin bringt die Revision (bereits) in ihren Zulässigkeitsausführungen vor, das Verwaltungsgericht habe diesen Antrag nicht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entsprechend geprüft (Hinweis u.a. auf VwGH 2.8.2016, Ro 2014/05/0017). Zudem verkenne die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, wonach der genannte Feststellungsantrag im Ergebnis auf das Vorliegen des Anwendungsbereichs des § 14 Zulassungsverordnung abziele, den klaren Wortlaut des Begehrens der Revisionswerberin. 29 3.2. Auch insoweit erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.
30 Der gegenständliche Antrag vom 9. Juli 2018 begehrte die Feststellung, "dass alle Studienplanpunkte des ersten bis sechsten Semesters des Diplomstudiums Humanmedizin (N 202) anerkannt und/oder absolviert wurden". Auch wenn sich die Revisionswerberin zur Begründung ihres Antrages (näher ausgeführt) auf eine Erfüllung der Voraussetzungen des § 14 Zulassungsverordnung (betreffend "QuereinsteigerInnen") beruft, hätte sich das Verwaltungsgericht in der Begründung der Zurückweisung des Antrages nicht darauf beschränken dürfen, dass diese Bestimmung auf die Revisionswerberin nicht anwendbar sei.
31 Nach der in der Revision angesprochenen hg. Rechtsprechung besteht auch ohne besondere Rechtsgrundlage ein Rechtsanspruch auf Feststellung strittiger Rechtsverhältnisse auf Antrag einer Person, die ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung hat. Ein ausreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung ist dann anzunehmen, wenn diese für die Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung bzw. Rechtsverfolgung darstellt (vgl. etwa die Rechtsprechungsnachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 75). Allerdings stellt der Feststellungsbescheid nach der Rechtsprechung einen bloß subsidiären Rechtsbehelf dar, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind (vgl. etwa VwGH 27.11.1995, 95/10/0134, oder die weitere bei Hengstschläger/Leeb a.a.O. Rz 77 angeführte Judikatur). 32 Mit diesen Voraussetzungen eines Feststellungsbescheides nach der hg. Rechtsprechung hat sich das Verwaltungsgericht allerdings nicht befasst, weshalb das angefochtene Erkenntnis auch im Umfang der Zurückweisung des Feststellungsantrags der Revisionswerberin mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist. 33 4. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. Dezember 2019
Schlagworte
AllgemeinAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBesondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019100093.L00Im RIS seit
22.05.2020Zuletzt aktualisiert am
22.05.2020