Entscheidungsdatum
27.11.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W266 2208257-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ, vom 03.10.2018, OB XXXX , betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ (in der Folge: belangte Behörde) ausgestellten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 60%.
Am 12.09.2017 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Mit dem im Spruch zitierten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies damit, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein ärztliches Gutachten eingeholt worden wäre, welches dem Bescheid beigelegt sei und einen Bestandteil der Begründung bilde. Aufgrund dieses Gutachtens sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und lägen somit die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vor.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer - unter Vorlage neuer Beweismittel - fristgerecht Beschwerde erhoben und bringt darin im Wesentlichen vor, dass er sämtliche getätigten Einwände und Stellungnahmen vollinhaltlich aufrecht halte. Insbesondere wiederhole er, dass es ihm, entgegen der Aussage des Sachverständigen, nicht möglich sei, eine Wegstrecke von 300 bis 400 m so zurückzulegen, dass man sie als zumutbar bezeichnen könne. Weiters führte aus, dass sich der Sachverständige auf einen durchgeführtes Belastungs-EKG beruft, wozu er festhalten wolle, dass er vor einigen Jahren bei einem solchen Test ein Ergebnis von 121 % aufwies, was sich nunmehr 64 % reduziert habe. Seit der Reduktion auf 64 % seien zudem noch weitere 15 Monate vergangen in denen sich sein Zustand rapide verschlechtert habe. Alleine durch die Kombination seiner PNP, seiner eingeschränkten Lungenfunktion, des Vorhofflimmerns und seines Übergewichts sei es ihm kaum möglich, eine längere, als 100 m leicht ansteigende Wegstrecke mit mindestens zwei oder drei Pausen, je nach Steigung, zu bewältigen.
Zur Überprüfung wurde ein Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin und Fachärztin für Orthopädie eingeholt.
Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs Namen der Beschwerdeführer zu diesem Gutachten ausführlich Stellung und wiederholte im Wesentlichen die Angaben aus seiner Beschwerde.
Am 5.11.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers sowie der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie statt, in deren Rahmen das Gutachten der Sachverständigen erörtert wurde.
Mit Schreiben vom 20.11.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er am 11.11.2019 ins Spital in XXXX eingeliefert worden sei, da er einen Rotlauf am rechten Bein erlitten habe und sich gleichzeitig eine Entzündung mit Erguss im linken Knie bilde, welche eine OP erforderlich mache. Aus diesem Grund benötige er derzeit sieben verordnete Schmerzmittel.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Nach Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere in das Gutachten der Sachverständigen für Orthopädie, die im Akt erliegenden Befunde und Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Einholung eines aktuellen Auszuges aus dem zentralen Melderegister, steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger, am XXXX geboren und wohnhaft in XXXX , XXXX . Er ist Inhaber eines Behindertenpasses.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes wird folgendes festgestellt:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 174,00 cm Gewicht: 140,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, keine Rasselgeräusche. HAT rein, arrhythmisch, Vorhofflimmern.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein
Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, soweit bei Adipositas beurteilbar symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich der Finger als gestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Handgelenk links: kleine Narben nach Fixateur externe, im Seitenvergleich keine
Umfangsvermehrung, keine Schwellung, stabil
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke frei, Unterarmdrehung links Supination endlagig eingeschränkt sonst beidseits frei, Handgelenke rechts frei, links in der
Sagittalebene endlagig eingeschränkt, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich.
Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind rechts uneingeschränkt, links endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken kurz durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, geringgradig Ödeme, beidseits Varizen, distale
Unterschenkelhautverfärbung, geringgradig rot/livid, Haut geschlossen, die Sensibilität wird im Bereich der Vorfußballen und Zehen als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich
Hüftgelenke beidseits: kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz.
Kniegelenk rechts: mäßige Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, Patella deutlich verbacken, Beugeschmerzen und Überstreckungsschmerzen, stabil.
Kniegelenk links: mäßige Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, Patella harmonisch, stabil, keine Bewegungsschmerzen auslösbar.
Sprunggelenk beidseits: geringgradige Umfangsvermehrung bei distalem
Unterschenkelödem, Bewegungsschmerzen werden links angegeben bei beidseits stabilen Gelenken.
Geringgradig Senkspreizfuß beidseits
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/90 (konstitutionsbedingt), IR/AR 10/0/30 Kniegelenk rechts 0/5/100, links 0/0/110, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich endlagig eingeschränkt beweglich
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte
Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich
BWS/LWS: FBA: 30 cm, in allen Ebenen zur Hälfte eingeschränkt Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe nicht auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit angelegten Unterschenkelstützstrümpfen ohne Hilfsmittel, das Gangbild ist hinkfrei, Richtungswechsel sicher durchführbar, teilweise geringgradig behäbig und kleinschrittig.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
?
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig• Stimmungslage ausgeglichen.
Funktionseinschränkungen:
1. Aufbrauchserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates
2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, diabetische Polyneuropathie
3. Vorhofflimmern
4. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, COPD Il, moderates Schlafapnoesyndrom Bluthochdruck
5. Geringgradige Einschränkung des Hörvermögens, Tinnitus
6. Zustand nach Vestibularisläsion 2019
7. Karpaltunnelsyndrom links
8. Karpaltunnelsyndrom rechts
9. Parästhesien der Zehen 2-5 beidseits
10. Chronisch venöse Insuffizienz, Kompressionsstrümpfe erforderlich
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor.
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor?
Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.
Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten bzw. ca. 300 bis 400m ist möglich.
Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein-und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich.
Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich.
Es bestehen keine höhergradigen Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.
Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da durch Medikamente und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers am Antragsformular, auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt sowie auf dem eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten und dem Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes bzw. den Funktionsstörungen beruhen die Feststellungen auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten der Sachverständigen für Allgemeinmedizin und für Orthopädie welches auf einer persönlichen Untersuchung basiert. Dieses ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Es wird darin vollständig und in nachvollziehbarer Art und Weise auf alle, vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde eingegangen.
Die Sachverständige bringt nachvollziehbar vor, dass keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen, da im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten keine höhergradigen Funktionseinschränkungen, sondern eine ausreichende Beweglichkeit ohne Hinweis für eine aktivierte Arthrose festgestellt werden konnte. Soweit der Beschwerdeführer die Aussagekraft der gegenständlichen Untersuchung infrage stellt, da die Sachverständige entgegen seinem Vorschlag nicht mit ihm den Versuch des Stiegensteigen sowohl hinauf als auch hinab unternommen hätte ist auszuführen: Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Sachverständige die von ihr vorgenommene Untersuchung insbesondere auch des Gangbildes geschildert. Sie erläuterte auch, dass sie in der Ordination den Beschwerdeführer auf dem Weg vom Warteraum zum Untersuchungszimmer über einen längeren Gang (mehrere Meter) beobachtet hat und sich so einen ausreichenden Eindruck vom Gangbild des Beschwerdeführers hat machen können. Für den erkennenden Senat ist nachvollziehbar, dass diese Beobachtung durch einen geschulten Sachverständigen sowie die von diesem durchgeführten Untersuchungen aus medizinischer Sicht ausreichend sind, um die vom Beschwerdeführer beanstandeten Rückschlüsse zu ziehen. Im Übrigen decken sich die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen hinsichtlich des Gangbildes mit den Beobachtungen des erkennenden Senates im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Ebenso verständlich schildert sie, dass keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Dazu führt sie aus, dass weder eine relevante Einschränkung der Herzleistung noch eine höhergradige Lungenerkrankung bzw Funktionseinschränkung vorliegt. Die COPD Il mit gutem Ansprechen auf medikamentöse Behandlung stellt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit dar (vgl. dazu auch die unten wiedergegebenen Erläuterungen zur beantragten Zusatzeintragung).
Zum Vorliegen erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen wird von ihr schlüssig ausgeführt, dass zwar eine diabetische Polyneuropathie mit Gefühlstörungen im Bereich der Fußsohlen dokumentiert ist, jedoch keine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden konnte, sicheres Gehen ohne Gehhilfe ist möglich. Hierüber konnte sich der erkennende Senat auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Bild machen, welches den Ausführungen der Sachverständigen entspricht, da der Beschwerdeführer unter anderem ohne Hilfsmittel zur Verhandlung gekommen ist und sein Gangbild auch für den erkennenden Senat im Wesentlichen und beeinträchtigt ist. Der erkennende Senat verkennt keinesfalls, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines hohen Gewichts Schwierigkeiten beim Gehen bzw. auch Überwinden von Niveauunterschieden hat, dennoch ergab der persönliche Eindruck des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem medizinischen Ausführungen der Sachverständigen, dass es dem Beschwerdeführer möglich ist eine Strecke von 300 bis 400 m in einer Zeit von rund 10 Minuten zurückzulegen. Die Sachverständige bestätigt dies auch indem sie ausführt, dass weder ein höhergradiges orthopädisches Leiden vorliegt noch ein neurologisches Defizit, welches das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m erheblich erschweren würde. Weiters führt sie aus, dass das Überwinden von Niveauunterschieden möglich ist und eine ausreichende Beweglichkeit im Bereich der Hüft- und Kniegelenke festgestellt werden konnte.
Dass eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vorliegt wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Nachvollziehbar äußert sich die Sachverständige auch zur Frage, in welchem Ausmaß sich die festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.
Demnach führen die Aufbrauchserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates zu keiner höhergradigen Funktionseinschränkung, insbesondere konnte ein ausreichend sicheres Gehen ohne Gehilfe festgestellt werden. Die diabetische Polyneuropathie führt zu keiner maßgeblichen Gangbildbeeinträchtigung. Bei Zustand nach Vestibularisläsion 2009 konnte keine Gleichgewichtsstörung mehr festgestellt werden. Das Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne relevante klinische Funktionsbeeinträchtigung erschwert nicht das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel. Die Gefühlsstörungen im Bereich der Zehen verunmöglichen nicht das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke.
Auch das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, da weder ein Hinweis für eine Gleichgewichtsstörung vorliegt noch die Polyneuropathie zu einer erheblichen Gangunsicherheit führt.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er zwar nicht unter Carpaltunnelsyndrom beidseits leide sich jedoch dennoch nicht anhalten könne, ist auf die diesbezügliche Stellungnahme der Sachverständigen zu verweisen. Aus dieser geht hervor, dass der Beschwerdeführer Gefühlsstörungen im Bereich der Hände angibt, diese jedoch zu keiner Änderung der getroffenen Beurteilung führen. Es ist daher auch nicht von Relevanz, ob es sich um Gefühlsstörungen durch ein Carpaltunnelsyndrom oder ein Wurzelreizsyndrom oder ein Polyneuropathiesyndrom handelt. Ein motorisches Defizit liegt jedenfalls nicht vor und sind im Bereich beider Hände die Greiffunktionen nicht beeinträchtigt und somit ein Anhalten ausreichend sicher möglich. Dies entspricht auch dem persönlichen Eindruck des Senates, da der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung, ohne ersichtliche Probleme, mit einer Hand einen dicken A4 Ordner mit Unterlagen aus seiner Tasche ziehen konnte.
Zur Frage von vorliegenden Schmerzzuständen (Art und Ausmaß), die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen und deren Benützung erheblich einschränken oder verunmöglichen würden, erläutert die Sachverständige, dass Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, nur indirekt erfasst werden können.
Anhand des beobachteten Gangbilds und der Gesamtmobilität - ohne Hilfsmittel hinkfrei, Richtungswechsel sicher durchführbar, teilweise geringgradig behäbig und kleinschrittig, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Bedarfsmedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren. Diese Beurteilung des Sachverständigen entspricht auch dem persönlichen Eindruck, den der erkennende Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen hat.
Dass noch therapeutische Möglichkeiten bestehen, ergibt sich daraus, dass entsprechend der Angabe der Sachverständigen durch Medikamente und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.
Zudem beschäftigt sich die bestellte medizinische Sachverständige auch eingehend mit den im Akt aufliegenden Befunden, die sie wie folgt zusammenfasst:
* Abl. 83-126,187-190,211 Abl. 83 Röntgen-LWS und Beckenübersicht 17.9.2015 (Bandscheibenräume untere BWS und untere LWS deutlich höhenreduziert, degenerative Veränderungen, beginnende degenerative Veränderungen der Hüftgelenke) - Steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung
* Abl. 84, MRT der LWS 17.9.2015 (Protrusionen L2/L3, geringe degenerative
Veränderungen) - Steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung
* Abl. 85, MRT der HWS, BWS 21.11.2015 (Fehlhaltung, kein Nachweis von
Diskusvorwölbungen im Bereich der HWS, BWS: osteoporotisch bedingte Höhenreduktion einzelner BWK) - Steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung
* Bericht Dr. XXXX Facharzt für Neurologie und Psychiatrie 11.7.2016 (Diabetische
Polyneuropathie, HbA1c 7,0, Thioctacidinfusionen, gutes Ansprechen) - Steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung
* Abl. 90 Befund Dr. XXXX Facharzt für Lungenkrankheiten 19.7.2017 und 18.10.2017 (COPD Il, leichtgradige obstruktive Ventilationsstörung, Besserung auf Spiolto) - In Leiden 4 erfasst. Befund Polygraphie 18.10.2017 (Hinweis auf mittelgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, ad Schlaflabor) - In Leiden 4 erfasst
* Abl. 97-99 Labor 4.1.2017 und 8.3.2017 (HbA1c 7,1 %) - Steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung
* Abl. 101-113 Bericht RZ Bad Schallerbach 27.6.2017 (Adipositas Grad III, BMI 47,1, permanentes Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus seit 01/2017, Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Zustand nach Neuritis N.vestibularis 02/2009 Cervikalsyndrom, Lumbalgie, Dorsalgie, Zustand nach Morbus Scheuermann, Zustand nach arthroskopischer Meniskusresektion an beiden Kniegelenken, Gonarthrose beidseits rechts mehr als links, periphere Polyneuropathie, Zustand nach Nikotinabusus, COPD Il) - keine neuen Informationen.
* Abl. 187 Befund Dr. XXXX Facharzt für Neurologie 20.4.2018 (Gehstrecke 150 m, Claudicatio, neuropathische Schmerztest: negativ, Zehen-Fersengang möglich, Lasgue negativ, Babinski negativ, Hypästhesie Fußsohlen beidseits, NLG der unteren Extremitäten:
höhergradige axonale Polyneuropathie. Procedere: Angiografie, Behindertenausweis beantragt) - Eine Einschränkung der Gehstrecke auf 150 m ist nicht nachvollziehbar. Weder liegen höhergradige Arthrosen im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten noch ein radikuläres Defizit, noch ein Polyneuropathiesyndrom mit motorischem Defizit, noch eine Gefäßerkrankung mit peripherer Durchblutungsstörung vor.
Die vorgelegten und im Gutachten berücksichtigten Befunde stehen gemeinsam mit dem Ergebnis der am 21.3.2017 durchgeführten persönlichen Untersuchung und der durchgeführten mündlichen Verhandlung im Einklang mit den Ausführungen der bestellten medizinischen Sachverständigen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
* erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
* erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
* erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
* eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
* eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).
Daraus folgt:
Das gegenständliche Sachverständigengutachten entspricht den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Einschätzungsverordnung und wird, aus den unter Punkt 2 näher ausgeführten Gründen, der Entscheidung zugrunde gelegt.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
* erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
* erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
* erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
* eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
* eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Beim Beschwerdeführer liegen keine der genannten oder diesen entsprechende Einschränkungen oder Erkrankungen vor und ist das Erreichen, ein gesichertes Ein- und Aussteigen und ein gesicherter Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich.
Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Zur vom Beschwerdeführer am 20.11.2019 vorgebrachten Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ist darauf Hinzuweisen, dass diese aufgrund des Neuerungsverbotes des § 46 BBG nicht mehr berücksichtigt werden darf.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Hinweis:
Wenn eine entsprechende Verschlechterung eingetreten ist, dann kann aufgrund dieser ein neuer Antrag eingebracht werden.
ZU B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung im Gegenstand von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W266.2208257.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.02.2020