TE Vfgh Beschluss 1996/9/30 B1529/96

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Veröffentlicht am 30.09.1996
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Oö GemeindeO 1990 §43
Oö GemeindeO 1990 §56 Abs2 Z6
Oö GemeindeO 1990 §60

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde (gegen die Neufestsetzung der zu entrichtenden Körperschaftsteuer) mangels Vorliegen eines innerhalb der Beschwerdefrist gefaßten Beschlusses des zuständigen Gemeinderates zur Beschwerdeerhebung bzw mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer Notanordnung seitens des Bürgermeisters

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. März 1996 wurde die Stadtgemeinde Vöcklabruck verpflichtet, für das Kalenderjahr 1995 einen Beitrag zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im Oberösterreichischen Verkehrsverbund in bestimmter Höhe zu leisten.

2. Mit der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bekämpft die Stadtgemeinde Vöcklabruck den eben genannten Bescheid. Sie beantragt - mit näherer Begründung - die Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die Beschwerde wurde am 8. Mai 1996 zur Post gegeben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §43 Abs1 iVm §56 Abs2 Z6 der O.ö. Gemeindeordnung 1990, LGBl. 91, ist für die Einbringung von Beschwerden der Gemeinde an den Verfassungsgerichtshof der Gemeinderat zuständig.

2. Aus der Beschwerde ging nicht hervor, ob ihre Einbringung auf einem entsprechenden Beschluß des Gemeinderates beruht. Die Gemeinde wurde deshalb vom Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß ein Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Gemeinderates, in der die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde beschlossen wurde, fehlt. Gleichzeitig erging unter Androhung der Säumnisfolgen die Aufforderung, diesen Mangel binnen drei Wochen zu beheben.

Innerhalb dieser Frist wurde von der Stadtgemeinde Vöcklabruck ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der betreffenden Gemeinderatssitzung vorgelegt. Diese Sitzung fand am 4. Juni 1996 statt. Der Gemeinderat faßte den Beschluß,

"die gem. Art144 B-VG durch Rechtsanwalt Dr. W H eingebrachte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, die vom Bürgermeister in Anwendung des Notanordnungsrechtes gem. §60 der OÖ. Gemeindeordnung in Auftrag gegeben wurde, gegen den Bescheid ... vom 20.3.1996 ... zu genehmigen."

3.a) Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gemeinde am 29. März 1996 zugestellt. Der letzte Tag der (sechswöchigen) Beschwerdefrist war sohin der 10. Mai 1996. Der in Rede stehende Gemeinderatsbeschluß wurde (wie oben erwähnt) am 4. Juni 1996 - also nach Ablauf der Beschwerdefrist - gefaßt.

b) Gemäß §60 O.ö. Gemeindeordnung 1990 hat zwar der Bürgermeister, wenn bei Gefahr im Verzug der Beschluß des zuständigen Kollegialorganes nicht ohne Nachteil für die Sache oder ohne Gefahr eines Schadens für die Gemeinde eingeholt werden kann, diese Maßnahmen anstelle des sonst zuständigen Kollegialorganes zu treffen. Der Gemeinderatsbeschluß vom 4. Juni 1996 beruft sich auch tatsächlich darauf, daß die Beschwerde "vom Bürgermeister in Anwendung des Notanordnungsrechtes gem. §60 der OÖ. Gemeindeordnung in Auftrag gegeben wurde" (s.o. Pkt. 2). Aus dem vorliegenden Sachverhalt läßt sich jedoch nicht erkennen, daß Gründe vorgelegen wären, die den Bürgermeister verpflichtet hätten, hinsichtlich der Beschwerdeerhebung beim Verfassungsgerichtshof eine Notanordnung im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung zu treffen. Insbesondere sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund welcher die Einberufung einer Sitzung des Gemeinderates zwischen dem Tag der Zustellung des Bescheides und dem letzten Tag der Beschwerdefrist nicht möglich gewesen wäre (vgl. VfSlg. 10646/1985, 13161/1992, 13792/1994, VfGH 6.3.1995 B2798/94, 27.2.1996 B104/95, 27.2.1996 B558/95).

4. Da somit der Beschwerde kein (innerhalb der Beschwerdefrist gefaßter) Beschluß des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrundeliegt und die Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer Notanordnung des Bürgermeisters nicht gegeben waren, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (s. die zu lit 3.b zitierte Judikatur).

5. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, ist abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde in Betracht kommt.

III. Dies konnte gemäß §19 Abs3

Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschloseen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Gemeinderecht, Vertretung nach außen (Gemeinderecht), Gemeinderecht Organe, Bürgermeister, Gemeinderat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B1529.1996

Dokumentnummer

JFT_10039070_96B01529_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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