TE Vwgh Beschluss 2019/10/15 Ra 2019/02/0128

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Veröffentlicht am 15.10.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §31 Abs3
VStG §54b Abs3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. April 2019, LVwG- 602880/5/MS - 602903/5, betreffend Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung in Angelegenheiten nach § 84 Abs. 2 StVO (mitbeteiligte Partei: A in R, vertreten durch Mag. Thomas Fragner, Rechtsanwalt in 4100 Ottensheim, Kepplingerstraße 2), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) vom 16. April 2019 gab dieses dem Antrag des Mitbeteiligten statt und hob die Vollstreckbarkeitsbestätigung von 24 näher genannten Verwaltungsstrafverfahren auf. Der Antrag, die Vollstreckbarkeitsbestätigung eines weiteren näher bezeichneten Verwaltungsstrafverfahrens aufzuheben, wurde mit Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses als unbegründet abgewiesen. Mit Spruchpunkt III. erklärte das LVwG die Revision gegen dieses Erkenntnis für unzulässig.

2 Begründend führte das LVwG nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass der Mitbeteiligte jeweils wegen Übertretung des § 84 Abs. 2 StVO mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (der nunmehrigen revisionswerbenden Partei) mit Geldstrafen bestraft sowie ihm Verfahrenskosten vorgeschrieben worden seien; der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich habe diese Straferkenntnisse jeweils bestätigt. Es ergebe sich insgesamt ein bestimmter Betrag an Verwaltungsstrafen samt Verfahrenskosten. Aufgrund zahlreicher näher genannter Eingaben sei dem Mitbeteiligten in der Folge mehrmals mit näher genannten Bescheiden der revisionswerbenden Partei ein Vollstreckungs- bzw. Zahlungsaufschub gewährt worden. Über Ladung der revisionswerbenden Partei sei der Mitbeteiligte am 23. Juli 2013 bei der revisionswerbenden Partei erschienen. In der Folge sei an diesem Tag ein mündlich verkündeter Bescheid erlassen worden. Danach sei der Mitbeteiligte 2016 erneut zur Klärung der offenen Beträge vorgeladen worden. Nach Androhung der Exekution sei mit Beschluss des BG Urfahr eine Exekution bewilligt worden. Es bestünden seitens der revisionswerbenden Partei und des Mitbeteiligten unterschiedliche Ansichten, hinsichtlich des mündlich verkündeten Bescheides vom 23. Juli 2013: Die revisionswerbende Partei gehe von einem Strafaufschub unter Vorschreibung einer Auflage und daher von der Vollstreckbarkeit der Geldstrafen aus; der Mitbeteiligte hingegen von einer Ratenzahlungsvereinbarung und dem Eintritt der Vollstreckbarkeitsverjährung.

3 Rechtlich führte das LVwG aus, die Bewilligung eines Zahlungsaufschubes (Stundung) hemme die Vollstreckungsverjährung, nicht hingegen die Bewilligung von Ratenzahlungen. Die Amtshandlung am 23. Juli 2013 habe den Zweck verfolgt, einen Zahlungsmodus für die zu diesem Zeitpunkt offenen Forderungen zu vereinbaren. Der Mitbeteiligte habe in seinem Antrag ersucht, die Zahlung von monatlich EUR 520,-- fortsetzen zu dürfen und gleichzeitig um Strafaufschub hinsichtlich jener Strafen ersucht, die er nicht vor Eintritt der Vollstreckbarkeitsverjährung begleichen könne. Er habe um Strafaufschub bis zumindest 30. Dezember 2017 unter der Bedingung ersucht, dass er seiner Zahlungsverpflichtung regelmäßig und vollständig nachkomme. Aus dem Gesetz ergebe sich, dass entweder eine Ratenzahlung oder eine Stundung beantragt werden könne und dass daher nur eine dieser Möglichkeiten bewilligt werden könne, wobei die Möglichkeit der Ratenzahlung nur dann bestehe, wenn die aushaftende Summe mit den beantragten Raten innerhalb der Vollstreckbarkeitsverjährung beglichen werden könne. Unter Voraussetzung der lückenlosen Ratenzahlung wären die offenen Forderungen zu bestimmten Verfahren zwischen August 2013 und Dezember 2017 abdeckbar. Aus der verwendeten Wortfolge gehe hervor, dass der Mitbeteiligte um die Bewilligung von Ratenzahlungen als auch um die Bewilligung von Stundungen angesucht habe und es sich jeweils um mehrere Anträge, die sich einzeln auf die jeweilige noch offene Forderung bezogen hätten, gehandelt habe, welchen seitens der revisionswerbenden Partei stattgegeben worden sei. Die Androhung der Exekution im Jahr 2016 deute auf eine vereinbarte Ratenzahlung hin, weil der Mitbeteiligte während einer Stundung nicht zur Zahlung von Teilbeträgen hätte gezwungen werden können. Es sei daher davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte in einer bestimmten, chronologischen Reihenfolge um Ratenzahlung ersucht habe. Da der Mitbeteiligte in der Folge jedoch die Raten nicht bezahlt habe, sei Vollstreckbarkeitsverjährung eingetreten, weshalb die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben sei. In einem Verfahren sei der offene Betrag bereits beglichen worden, sodass dieses Exekutionsverfahren bereits eingestellt worden sei. 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

5 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er mit näherer Begründung die Zurück- bzw. Abweisung der Revision unter Zuspruch von Aufwandersatz begehrte. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision nach Darstellung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es liege Aktenwidrigkeit vor. Das LVwG habe zu den Verfahren 4. bis 14. "den Strafaufschub 1 laut beiliegender Liste (die einen integrierenden Bestandteil dieser Revision bil(de)) nicht festgestellt, obwohl dieser nach dem Inhalt der einzelnen Akten gewährt" worden sei. Diese Aktenwidrigkeit sei relevant, weil der Strafaufschub die Vollstreckbarkeit hemme. Das LVwG erkenne zutreffend, dass selbst bei lückenloser Zahlung der Raten die Gesamtsumme nicht abdeckbar sei. Die Subsumtion widerspreche dem Akteninhalt, als die herangezogene Ratenzahl von 53 Raten nicht zu den eigenen Rechtsausführungen passe. Aus der Liste ergebe sich der Eintritt der Vollstreckbarkeitsverjährung der einzelnen Akten, sodass nur 35 Monatsraten möglich gewesen seien. Die Subsumtion sei daher nicht schlüssig und widerspreche den Denkgesetzen. Es sei nur ein Teil verjährt, der Rest weiterhin gestundet.

10 Damit wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11 Die Bewilligung eines Zahlungsaufschubes nach § 54b Abs. 3 VStG (Stundung) hemmt die Vollstreckungsverjährung, nicht hingegen die Bewilligung von Ratenzahlungen (vgl. VwGH 11.9.2013, 2013/02/0183, mwN).

12 Im vorliegenden Fall hat das LVwG die einzelfallbezogene Feststellung getroffen, dass mit mündlich verkündetem Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 23. Juli 2013 eine Ratenzahlung vereinbart worden sei; darauf deute auch die Androhung der Exekution im Jahr 2016 hin.

13 Dazu ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden hat, dass die Auslegung des Inhaltes eines Bescheides nicht über die Bedeutung im Einzelfall hinausgeht. Die Auslegung eines Bescheides oder einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann idS als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. etwa VwGH 27.11.2018, Ra 2017/02/0141, mwN oder 26.9.2017, Ra 2017/05/0158-0200, mwN).

14 Vorweg ist überdies festzuhalten, dass - sofern die revisionswerbende Partei in diesem Zusammenhang bzw. sonst für ihr Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision auf einen Strafaufschub "laut beiliegender Liste" hinweist oder Bezug nimmt - solche Verweise nicht geeignet sind, die nach § 28 Abs. 3 VwGG erforderliche gesonderte Darlegung der Revisionszulässigkeit zu ersetzen (vgl. etwa VwGH 21.6.2017, Ra 2017/03/0016, 0036, mwN). 15 Soweit die revisionswerbende Partei versucht, eine vermeintliche Aktenwidrigkeit des Erkenntnisses des LVwG aufzuzeigen, wendet sie sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des LVwG.

16 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt wäre (vgl. VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0020). Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (siehe VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwH). Gemäß der ständigen hg. Rechtsprechung liegt eine Aktenwidrigkeit dann nicht vor, wenn Feststellungen getroffen werden, die auf Grund der Beweiswürdigung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. etwa VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0023, mwN).

17 Dass das LVwG im vorliegenden Einzelfall zur Beurteilung gelangte, aus der Androhung der Exekution im Jahr 2016 folge, dass 2013 eine Ratenzahlung vereinbart worden sei, erweist sich im Sinne der zitierten hg. Judikatur nicht als grob fehlerhaft; aufgrund dieses die Feststellung der Ratenvereinbarung tragenden Begründungselementes kommt es auf die Überlegungen zur Berechnung der Raten im vorliegenden Einzelfall nicht an (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0267 sowie 27.08.2019, Ra 2018/08/0008).

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020128.L00

Im RIS seit

05.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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