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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
StVO 1960 §4 Abs5Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Baden gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Mai 2019, Zl. LVwG-S-1246/001-2018, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: Ing. W in B, vertreten durch Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Behörde vom 4. Mai 2018 wurde der Mitbeteiligte schuldig erachtet, er habe am 8. März 2018 um 10:05 Uhr an einem näher angeführten Ort eine näher angeführte Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO eine Geldstrafe von EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 69 Stunden) verhängt wurde. 2 Gegen das Straferkenntnis erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und äußerte sich darin zum Unfallgeschehen vom 8. März 2018.
3 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gab das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein.
4 Die Einstellung des Verfahrens begründete das Landesverwaltungsgericht damit, dass in der Anzeige der Polizeiinspektion Bad Vöslau vom 16. März 2018 die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden am "08.03.2017" um 10:05 Uhr festgehalten worden sei. Mit Strafverfügung vom 16. März 2018 sei der mitbeteiligten Partei als erste Verfolgungshandlung die in der Anzeige angelastete Verwaltungsübertretung vorgeworfen worden. Dieser Sachverhalt ergebe sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes der revisionswerbenden Partei. Die Strafverfügung der revisionswerbenden Partei sei datiert mit 16. März 2018. Die Zustellung an die mitbeteiligte Partei sei daher jedenfalls nach dem in der Anzeige angelasteten Tatzeitpunkt des "8. März 2017" erfolgt. Aus diesem Grund sei der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen gewesen.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Behörde Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
6 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Die revisionswerbende Partei erachtet die Revision an den Verwaltungsgerichtshof entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes für zulässig, weil das Landesverwaltungsgericht in der bekämpften Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass die vorgeworfene Tat tatsächlich am 8. März 2018 begangen worden sei. Dieser Tatzeitpunkt liege auch dem mit der Beschwerde der mitbeteiligten Partei bekämpften Straferkennnis vom 4. Mai 2018 zugrunde und sei seitens der mitbeteiligten Partei im gesamten Verfahren niemals bestritten worden. Der vom Landesverwaltungsgericht angenommene Tatzeitpunkt "8. März 2017" sei lediglich in der Anzeige aufgeschienen und in der Strafverfügung vom 16. März 2018 fälschlicherweise übernommen worden. Aufgrund des rechtzeitigen Einspruches der mitbeteiligten Partei sei die Strafverfügung jedoch außer Kraft getreten und gehöre nicht mehr dem Rechtsbestand an. Bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. März 2018, mit welcher das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren gegen die mitbeteiligte Partei eingeleitet worden sei, sei als Tatzeitpunkt der 8. März 2018 angeführt worden. Die Berichtigung des Tatzeitpunktes als maßgebliches Tatbestandsmerkmal sei sowohl durch die Aufforderung zur Rechtfertigung, als auch durch das Straferkenntnis der revisionswerbenden Partei rechtzeitig innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen worden.
8 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
9 Das Verwaltungsgericht begründet die Verfahrenseinstellung
mit Verjährung der Tat, weil in der Strafverfügung als Tattag der "08.03.2017" genannt sei und die erste Verfolgungshandlung die Strafverfügung vom 16. März 2018 gewesen sei. Das Verwaltungsgericht geht dabei aktenwidrig davon aus, dass auch im Straferkenntnis der revisionswerbenden Behörde vom 4. Mai 2018 als Tattag der "08.03.2017" genannt sei.
10 Dem steht folgende Aktenlage gegenüber:
11 Dem Mitbeteiligten wurde sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. März 2018, als auch im Straferkenntnis vom 4. Mai 2018 die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unter Anführung des Tattages 8. März 2018 vorgeworfen. Sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. März 2018 als auch das Straferkenntnis vom 4. Mai 2018 wurden der mitbeteiligten Partei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr (§ 31 Abs. 1 VStG) zugestellt. Schon die Aufforderung zur Rechtfertigung ist eine Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG (VwGH 16.1.2019, Ra 2018/02/0300).
12 Die vom Verwaltungsgericht verfügte Verfahrenseinstellung erweist sich daher als rechtswidrig.
13 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 22. Oktober 2019
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020127.L00Im RIS seit
05.02.2020Zuletzt aktualisiert am
05.02.2020