TE Vwgh Beschluss 2019/12/12 Ra 2019/01/0437

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Veröffentlicht am 12.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

B-VG Art133 Abs4
StbG 1985 §28 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des H S in S, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. September 2019, Zl. VGW-152/089/9096/2019-2, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) vom 5. September 2019 wurde in der Sache der Antrag des Revisionswerbers auf Bewilligung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes des Schweizer Bürgerrechts gemäß § 28 Staatsbürgerschaftsgesetz 198 5 (StbG) abgewiesen.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht fallbezogen - soweit in der vorliegenden Revisionssache wesentlich - aus, die vom Revisionswerber vorgebrachte große Verbundenheit zu Österreich und seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied im Verein "Freunde Österreich" begründe kein Interesse der Republik im Sinne des § 28 Abs. 1 StbG. Auch ein großes Interesse des Revisionswerbers an der österreichischen Politik sowie das Praktizieren von näher bezeichneten österreichischen Traditionen, "Schnapsen" sowie häufige Aufenthalte in Österreich vermögen ein Interesse der Republik im Sinne des § 28 Abs. 1 StbG nicht zu begründen. Würden derart persönliche Vorliegen und Aktivitäten des Revisionswerbers bereits im Interesse der Republik gelegen sein, würde die restriktive Bestimmung des § 28 Abs. 1 StbG ad absurdum geführt werden.

3 Die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Reisen mit zahlreichen Reisewilligen und die damit einhergehenden Konsumationen der Reisenden in Österreich begründeten ebenso kein Interesse der Republik im Sinne des § 28 Abs. 1 StbG, zumal diese Aktivitäten - wenngleich lobenswert - bedeutungslos für die Republik seien. Aus der von der Staatsbürgerschaftsbehörde eingeholten Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus gehe hervor, dass der Revisionswerber im Tourismusbereich unbekannt sei und jährlich rund 40 Millionen Gästeankünfte in Österreich verzeichnet würden. Bei dieser Gästezahl seien die vom Revisionswerber im Zeitraum 2006-2014/2015 mit (insgesamt) 2.000 bis 3.000 Personen getätigten Reisen aus Sicht des Verwaltungsgerichtes für die Interessen der Republik Österreich unbeachtlich. Nach eigenen Angaben führe der Revisionswerber heute keine derartigen Reisen nach Österreich mehr durch und habe dies auch in Zukunft nicht vor.

4 Der Revisionswerber habe im Zeitraum 1995/1996 bis 2006/2007 Herrn L, der schließlich Weltmeister bei der X-Terra Weltmeisterschaft in der Kategorie Amateure geworden sei, gesponsert, wobei er laut eigenem Vorbringen insgesamt rund EUR 50.000,00 an Sponsorenzahlungen getätigt habe. Im Zeitraum 2006-2010/2011 habe der Revisionswerber diverse Sozialprojekte mit insgesamt rund EUR 15.000,00 finanziell unterstützt. Auch hiebei vermöge das Verwaltungsgericht Leistungen im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 1 StbG nicht zu erblicken: der bloße Sponsor eines Amateursportlers, der an Wettkämpfen "erfolgreich" teilnehme, erbringe selbst keine Leistungen im Interesse der Republik Österreich. Er könne nicht an bestimmten Leistungen des Sportlers selbst, die womöglich von gewisser Bedeutung für die Republik Österreich sein könnten, mitpartizipieren bzw. daraus bestimmte Ansprüche für sich ableiten. Dies ergebe sich bereits aus dem Kriterienkatalog des Bundesministeriums für Inneres (zum Begriff des "Interesses der Republik" iSd § 10 Abs. 6 StbG), welcher bei "sportlichen Leistungen" ausschließlich auf die Leistungen des jeweiligen (Leistungs-)Sportlers selbst abstelle. Würde man der Ansicht des Revisionswerbers folgen, wonach auch die finanzielle Unterstützung von Sportlern durch Sponsoren als Leistung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 1 StbG zu qualifizieren sei, würde dies zu dem vom Gesetzgeber nicht gewünschten Ergebnis führen, dass sich reiche Menschen durch Sponsorenzahlungen an talentierte österreichische Sportler die österreichische Staatsbürgerschaft "sichern" könnten. Dies sei aus Sicht des Verwaltungsgerichtes nicht im Sinne des Gesetzes. Dasselbe müsse auch für die finanzielle Unterstützung von Sozialprojekten gelten. 5 Die angeführten Interessen bzw. Aktivitäten des Revisionswerbers stellten auch keine im Privat- und Familienleben begründeten, besonders berücksichtigungswürdigende Gründe im Sinne des § 28 Abs. 2 StbG dar. Auch mit den veranstalteten Reisen nach Österreich könnten derartige Gründe im Sinne des § 28 Abs. 2 StbG nicht dargetan werden, weil der Revisionswerber unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft Reisen nach Österreich (auch mit größeren Personengruppen) durchführen könne.

6 Zum behaupteten Verlust der (Schweizer) "Niederlassungsbewilligung C" führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, mit einem Verlust sei nicht zu rechnen, wenn der Revisionswerber weiterhin seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz habe. Die behauptete Beeinträchtigung ergebe sich nur bei Begründung eines Hauptwohnsitzes bzw. mehr als sechs monatigem Aufenthalt in Österreich. Konkrete Absichten des Revisionswerbers, sich für längere Zeit in Österreich aufzuhalten, hätten im Verfahren jedoch nicht festgestellt werden können. Es sei auch im Rahmen einer Zukunftsprognose nicht ersichtlich, dass sich das Ausmaß oder die Dauer der vom Revisionswerber im Zuge der mündlichen Verhandlung angegebenen, regelmäßigen Aufenthalte in Österreich (zu Urlaubs- bzw. Besuchszwecken) in Hinkunft wesentlich ändern könnte. Diese Aufenthalte führten jedenfalls nicht zum Verlust der Schweizer "Niederlassungsbewilligung C". Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb es dem Revisionswerber bei einem allfälligen Verlust seiner Niederlassungsbewilligung für die Schweiz nicht möglich sein sollte, einen neuen Aufenthaltstitel zu erlangen.

7 Auch extreme Beeinträchtigungen seines Privat- und Familienlebens, die mit der Nichtannahme der Schweizer Staatsangehörigkeit oder dem Verlust der Österreichischen Staatsbürgerschaft verbunden wären, seien im Verfahren nicht hervorgekommen.

8 Der Revisionswerber lebe gemeinsam mit seiner Ehegattin in der Schweiz, wo er auch sein gesamtes bisheriges berufliches und privates Leben verbracht habe. Nach seinen Angaben habe sich der Revisionswerber bisher nur durchschnittlich zehn bis zwölf Mal im Jahr für die Dauer von jeweils drei bis sieben Tagen aus privaten Gründen in Österreich aufgehalten. Er verfüge über keinen Hauptwohnsitz, sondern lediglich einen Nebenwohnsitz in Österreich, den er erst im Zuge des gegenständlichen Verfahrens begründet habe. Aufenthalte in Österreich im bisherigen Ausmaß seien dem Revisionswerber nach wie vor ungehindert möglich, weshalb eine Beeinträchtigung seiner Beziehungen zu in Österreich lebenden Verwandten für den Fall des Verlustes der Österreichischen Staatsbürgerschaft nicht zu erwarten sei. Es liege daher kein im Privat- und Familienleben des Revisionswerbers gründender, besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Beibehaltung im Sinne des § 28 Abs. 2 StbG vor.

9 Aus diesen Gründen sei der Antrag auf Beibehaltung der Österreichischen Staatsbürgerschaft abzuweisen gewesen. 10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend,

"ob es sich bei der Tätigkeit als Vorstandsmitglied in einem Verein zur Förderung des Tourismus in Österreich, das Praktizieren von österreichischen Traditionen sowie das Veranstalten von Reisen nach Österreich mit zahlreichen Reisewilligen (2.000- 3.000 Personen über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren) und der damit verbundenen Förderung des Tourismus in Österreich, um Leistungen und/oder um einen besonders berücksichtigungswürdigenden

Grund iSd. § 28 Abs 1 Z 1 StbG handelt, welche/welcher am Interesse der Republik liegen/liegt,"

sowie

"ob es sich bei Sponsoring von Leistungssportlern, welche in weiterer Folge beachtenswerte Leistungen auf Grund der finanziellen Unterstützung durch den Sponsor für die Republik Österreich erbringen, sowie bei finanzieller Unterstützung von Sozialprojekten, um Leistungen und/oder um einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund iSd § 28 Abs 1 Z 1 StbG handelt, welche/welcher im Interesse der Republik Österreich liegen/liegt,"

sowie

"ob die beiden Tatbestandselemente des § 28 Abs 1 Z 1 StbG, nämlich die bereits erbrachten und vom Antragsteller noch zu erwartenden Leistungen, kumulativ vorliegen müssen".

Dazu wird im Zulässigkeitsvorbringen im Wesentlichen ausgeführt, mehrjährige und umfassende Förderungen des österreichischen Tourismus durch Reisen mit zahlreichen Reisewilligen in das Land Österreich stellten jedenfalls Leistungen iSd § 28 StbG dar. Ebenso sei das Sponsoring von Sportlern als Leistung iSd § 28 Abs. 1 Z 1 StbG zu werten, welche aufgrund der in weiterer Folge erzielbaren außergewöhnlichen Erfolge der Spitzensportler jedenfalls im Interesse der Republik lägen.

15 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt:

16 Dem Verwaltungsgerichtshof kommt im Revisionsmodell eine Leitfunktion zu. Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es, im Rahmen der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (erstmals) die Grundsätze bzw. Leitlinien für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts festzulegen, welche von diesem zu beachten sind. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall kommt hingegen grundsätzlich dem Verwaltungsgericht zu, dem dabei in der Regel ein gewisser Anwendungsspielraum überlassen ist. Ein Aufgreifen des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfalls durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern - diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. zu allem VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

17 In diesem Sinne besteht bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 1 Z 1 StbG. Im Erkenntnis vom 20. September 2011, 2009/01/0023, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten:

"Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 StbG" (...) "muss die Beibehaltung wegen der bereits erbrachten oder noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem anderen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Interesse der Republik liegen. Die Bewilligung kommt also zunächst dann in Betracht, wenn der Betroffene bereits ‚Leistungen' erbracht hat, oder wenn von ihm noch Leistungen zu erwarten sind. Die letztere Voraussetzung erfordert eine Prognoseentscheidung; eine solche Prognose ist dann möglich, wenn der Betreffende bisher zwar noch keine ‚Leistungen' erbracht hat (diesfalls läge ohnedies die erste Voraussetzung vor), aber aus seinem Verhalten und seinen Fähigkeiten (Ausbildung) auf künftige Leistungen geschlossen werden kann. Das Gesetz enthält im Übrigen keine Angaben darüber, welcher Art die erbrachten Leistungen sein müssen, und was überhaupt als Leistung anzusehen ist. Im Hinblick auf die Materialien zur Staatsbürgerschaftsnovelle 1973 - die gegenüber der auf ‚außerordentliche Leistungen' abstellenden Stammfassung eine Erleichterung bringen sollte - wird man annehmen müssen, dass es ausreicht, wenn bloß durchschnittliche ‚Leistungen' erbracht werden (vgl. Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft, Bd. II, S. 302).

Selbst wenn keine Leistungen erbracht wurden (und daher auch in Zukunft nicht zu erwarten sind), hat eine Bewilligung zu erfolgen, wenn ein 'besonders berücksichtigungswürdiger' Grund vorliegt. Damit wollte der Gesetzgeber eine Art Auffangklausel für jene Fälle schaffen, die sich zwar nicht in die Fälle der bereits erbrachten oder vom Antragsteller noch zu erwartenden Leistungen einreihen lassen, bei denen es aber doch aus anderen in der Person des Antragstellers gelegenen besonders berücksichtigungswürdigen Gründen im Interesse der Republik liegt, dass der Antragsteller die österreichische Staatsbürgerschaft beibehalten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1976, Zl. 1505/75 = VwSlgNF 9109).

In beiden Fällen muss die Beibehaltung aber im Interesse der Republik, nicht bloß des Betroffenen selbst liegen (vgl. Thienel, aaO).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat etwa eine Beibehaltungswerberin, die sich darauf stützt, dass sie nach Abschluss eines akademischen Studiums durch einschlägige Berufstätigkeit im Ausland Erfahrungen sammeln werde, die sie dann später in Österreich nützen könne, damit noch keine Umstände dargetan, die eine Beibehaltung der Staatsbürgerschaft im Interesse der Republik gelegen erscheinen lassen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 4. April 1990" (89/01/0119) " , unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1987, Zlen. 86/01/0031, 0032 und 0036)."

18 Insoweit wurden zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z 1 StbG durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits Leitlinien bzw. Grundsätze aufgestellt. Nach diesen muss im Ergebnis die Beibehaltung in beiden Fällen im Interesse der Republik, nicht bloß des Betroffenen selbst liegen (vgl. nochmals VwGH 2009/01/0023, mwN). 19 Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen auch im vorliegenden Einzelfall zutreffen, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 6.7.2016, Ra 2016/01/0008, mwN).

20 Die vom Verwaltungsgericht einzelfallbezogen vorgenommene Beurteilung, ob die vom Revisionswerber vorgebrachten Leistungen und Gründe nach § 28 Abs. 1 Z 1 StbG im Interesse der Republik liegen, erweist sich vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 1 Z 1 StbG als jedenfalls vertretbar.

21 Es liegt keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts vor, wenn dieses angenommen hat, dass die vom Revisionswerber vorgebrachte große Verbundenheit zu Österreich, seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied im Verein "Freunde Österreich", sein Interesse an der österreichischen Politik, das Praktizieren näher bezeichneter österreichischen Traditionen sowie Aufenthalte in Österreich ein Interesse der Republik im Sinne des § 28 Abs. 1 StbG nicht zu begründen vermögen.

22 Dasselbe gilt für die vom Revisionswerber vorgebrachten, von ihm organisierten Reisen nach Österreich, die nach den näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts für den österreichischen Tourismus wenn überhaupt von geringer Bedeutung seien.

23 Letztlich trifft dies auch für die Sponsorentätigkeit des Revisionswerbers für einen näher bezeichneten österreichischen Amateursportler zu.

24 Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. VfGH 17.6.2019, E 1832/2019) in verfassungskonformer Interpretation den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 StbG dahin ausgelegt, dass ein Grund im Interesse der Republik auch dann vorliegt, wenn der gesetzlich angeordnete Verlust der Staatsbürgerschaft eine Verletzung des durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens bedeuten würde (vgl. Rn. 15, mit Verweis auf EGMR 21.6.2016, Ramadan, Appl. 76.136/12, und EuGH 12.3.2019, C-221/17, Tjebbes). 25 Im Hinblick auf diesen (verfassungsrechtlich gebotenen) Inhalt des § 28 Abs. 1 Z 1 StbG ist darauf hinzuweisen, dass sich das Verwaltungsgericht ausführlich mit den Auswirkungen seiner Entscheidung auf das Privat- und Familienleben des Revisionswerbers nach Art. 8 EMRK auseinandergesetzt hat. Auch diese Ausführungen sind nicht als unvertretbar zu beurteilen (vgl. dazu auch VwGH 30.9.2019, Ra 2019/01/0281, zur Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK).

26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

27 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 12. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010437.L00

Im RIS seit

27.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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