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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der U in G, vertreten durch Dr. Günther Nowak, Rechtsanwalt in Klagenfurt, St. Veiter Ring 51A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 9. Juni 1997, Zl. 56.034/18-I/D/7a/97, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin begann im Wintersemester 1991/92 an der Universität Klagenfurt ihr Studium der "Angewandten Betriebswirtschaft". Sie war drei Semester (bis einschließlich des Wintersemesters 1992/93) in dieser Studienrichtung inskribiert.
Im Wintersemester 1996/97 inskribierte die Beschwerdeführerin an der Universität Graz die Studienrichtung Rechtswissenschaften. Am 13. Dezember 1996 stellte sie bei der zuständigen Stipendienstelle Graz einen Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe für dieses Studium.
Die Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Graz, wies mit Bescheid vom 5. März 1997 diesen Antrag ab. Sie begründete dies damit, daß die Beschwerdeführerin ihr Studium erst nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt habe, weshalb kein günstiger Studienerfolg im Sinn des § 17 Abs. 1 Z. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992) in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 vorliege.
Die dagegen erhobene Vorstellung wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Graz mit Bescheid vom 11. April 1997 ab.
In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe in ihrem Studium an der Universität Klagenfurt (im folgenden: Vorstudium genannt) nur deshalb in drei Semestern einen Prüfungserfolg über zwei Wochenstunden nachweisen können, weil sie bereits am 7. Jänner 1992 nach Wien verzogen sei und am gleichen Tag ihren Dienst im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten angetreten habe. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, ihr Studium in Klagenfurt fortzusetzen. Sie habe in den beiden folgenden Semestern noch inskribiert, weil sie ihre Hoffnung auf Fortsetzung des Studiums nicht habe aufgeben wollen. Im Dezember 1992 habe sie von ihrer Versetzung an das Österreichische Generalkonsulat in Mailand erfahren. Ab diesem Zeitpunkt habe sie überhaupt keine Möglichkeit für die Fortsetzung ihres Studiums gesehen. Im Jänner 1996 habe sie sich entschlossen, den Dienst im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten per 30. September 1996 zu beenden, um sich dem Studium der Rechtswissenschaften widmen zu können. Sie habe sich bei der Stipendienstelle Graz genauestens informiert, vor allem auch in bezug auf das Sparpaket. Immer wieder sei ihr geantwortet worden, daß sie ein Stipendium beziehen könne. Die negative Antwort im September 1996 sei für sie schockierend gewesen. Einem Menschen, der im guten Glauben auf die bestehende Rechtslage eine derartig tiefgreifende Entscheidung getroffen habe, könne man nicht so einfach die Existenzgrundlage entziehen. Die Beschwerdeführerin legte auch Prüfungsnachweise aus den ersten beiden Semestern ihres neuen Studiums bei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 1997 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm den §§ 6 Z. 3 und 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin habe ihr Vorstudium an der Universität Klagenfurt erst nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt, weshalb der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vorliege. Damit sei aber kein günstiger Studienerfolg im Sinn des § 6 Z. 3 StudFG 1992 gegeben. Für den Eintritt dieser Rechtsfolge seien die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründe für den Studienwechsel unerheblich. Die einzige Ausnahme von dieser Rechtsfolge sei im § 17 Abs. 2 StudFG 1992 festgelegt. Die Einrechnung der gesamten Vorstudienzeiten könne mangels eines entsprechenden Bescheides ausgeschlossen werden. Daß der Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt worden sei, sei nicht einmal behauptet worden. Entsprechende Feststellungen seien aufgrund der vorhandenen Unterlagen und Angaben nicht vorzunehmen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der jedoch die Behandlung mit Beschluß vom 24. Februar 1998, B 1881/97, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in ihrer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde aufgrund der zeitlichen Lagerung (Studienwechsel nach einem dreisemestrigen Vorstudium der Studienrichtung "Angewandte Betriebswirtschaft" an der Universität Klagenfurt vom Wintersemester 1991/92 bis einschließlich Wintersemester 1992/93 durch Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Graz im Wintersemester 1996/97) das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305 idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, angewendet. Paragraphenzitate ohne Angabe des Gesetzes beziehen sich in der Folge auf das StudFG 1992.
Vorab ist festzuhalten, daß die belangte Behörde bei der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation zutreffend von der Anwendbarkeit des StudFG 1992 in der genannten Fassung, die am 1. September 1996 in Kraft getreten ist (§ 78 Abs. 7), ausgegangen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/12/0163, mit näherer Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ausgeführt hat, ist dies aus der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 9 abzuleiten: Wenn der Gesetzgeber ausdrücklich nur die Anwendbarkeit der neuen Rechtslage für Studienwechsel ausschließt, die vor dem 1. September 1996 vorgenommen wurden, ergibt sich daraus, daß die neue Rechtslage gilt, wenn das Vorstudium vor dem Inkrafttreten der Novelle begonnen wurde, der Studienwechsel jedoch - wie im Beschwerdefall - erst nach deren Inkrafttreten erfolgte.
Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 Z. 3 unter anderem, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).
§ 17 lautet in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996:
"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1.
das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2.
das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, sowie Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, gelten nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1."
Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst vor, es liege in ihrem Fall überhaupt kein Studienwechsel vor, weil sie ihr Vorstudium der "Angewandten Betriebswirtschaft" mit Ende des Wintersemesters 1992/93 beendet habe, zwischen 1993 und 1996 an keiner Universität inskribiert, sondern berufstätig gewesen sei.
Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß das StudFG 1992 - abgesehen vom § 14 Abs. 1 letzter Satz, der für den Sonderfall von Mehrfachstudien eine spezielle Regelung trifft - keine Definition enthält, was unter einem Studienwechsel zu verstehen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch bereits in seinem Erkenntnis vom 1. Februar 1990, Zl. 89/12/0175, zu diesem im § 2 Abs. 3 lit. a des Studienförderungsgesetzes 1983 verwendeten Begriff ausgesprochen hat, liegt ein Studienwechsel dann vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium, nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes fallendes Studium beginnt. Im Falle der gleichzeitigen Absolvierung mehrerer Studien (Mehrfachstudien) liegt ein Studienwechsel dann vor, wenn der Studierende anstelle des bisher angegebenen Studiums ein anderes von ihm betriebenes Studium benennt.
Dies gilt auch für das Studienförderungsgesetz 1992. Es wird zwar in der Regel der Fall sein, daß der Abbruch des Vorstudiums und der Beginn des neuen Studiums unmittelbar zeitlich aufeinanderfolgen. Dem Gesetz läßt sich aber kein Hinweis dafür entnehmen, daß nur bei einer solchen zeitlichen Abfolge ein Studienwechsel im Sinn des StudFG 1992 vorliegt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß es für einen Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 1 ohne rechtserhebliche Bedeutung ist, ob der Studierende unmittelbar im Anschluß an den Abbruch des Vorstudiums ein neues (anderes) Studium aufnimmt oder ob dazwischen ein mehr oder weniger langer Zeitraum liegt. Irrelevant ist es auch, ob der Studierende im Vorstudium Studienbeihilfe bezogen oder zumindestens einen Anspruch auf Studienbeihilfe gehabt hätte.
Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, sie habe ihre berufliche Tätigkeit beim Generalkonsulat in Mailand erst nach mehrfach erteilter Information aufgegeben, daß sie die Voraussetzungen für die Gewährung einer Studienbeihilfe erfülle. Wäre sie über die im September 1996 in Kraft getretene neue Rechtslage zuvor richtig informiert worden, hätte sie ihren Dienst beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nicht aufgegeben, um sich dem Studium der Rechtswissenschaften widmen zu können, da sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten müsse. Der Verwaltungsgerichtshof habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß man auf behördliche Rechtsbelehrungen vertrauen dürfe (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 2. Juni 1981, Zl. 3530/80, und vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0010). Sie sei in Irrtum geführt worden und hätte sich bei entsprechender Belehrung anders verhalten, um in den Genuß einer Studienbeihilfe zu kommen.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten: Es kann dahingestellt bleiben, wann die Beschwerdeführerin bei wem im Jahr 1996 Rechtsauskünfte einholte und ob diese nicht im Zeitpunkt ihrer Erteilung der damaligen Rechtslage entsprachen. Die von ihr angeführte Judikatur betrifft Fälle des entschuldbaren Rechtsirrtums im Verwaltungsstrafverfahren, der das für die Bestrafung nach § 5 Abs. 1 VStG erforderliche Verschulden ausschließt. Mangels einer vergleichbaren Rechtslage kann die Beschwerdeführerin für ihren nach dem StudFG 1992 zu beurteilenden Fall nichts gewinnen: Zum einen würde nämlich selbst eine unrichtige Rechtsauskunft keinen Einfluß darauf haben, die dem Gesetz entsprechende Rechtslage anzuwenden. Zum anderen würde auch bei Zutreffen schon deshalb kein taugliches Vorbringen im Sinn des § 17 Abs. 2 zweiter Tatbestand vorliegen, weil die Beschwerdeführerin selbst im Verwaltungsverfahren nicht einmal behauptet hat, durch diese Auskunft zum Studienwechsel veranlaßt worden zu sein.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei von der Behörde nicht angeleitet worden, Gründe darzulegen, wonach die Aufnahme ihres Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Graz im Wintersemester 1996/97 nicht als Studienwechsel im Sinn des § 17 Abs. 1 zu werten wäre, ist entgegenzuhalten, daß sich die angesprochene Manuduktionspflicht nach § 13a AVG nur auf Verfahrenshandlungen und deren Rechtsfolgen bezieht, die Behörden des Verwaltungsverfahrens aber nicht verhalten sind, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten haben, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band2, angeführte Judikatur, insbesondere E 10 zu § 13a AVG).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erfüllt auch die Beendigung ihres Vorstudiums aus wirtschaftlichen Gründen (Aufnahme einer mehrjährigen Beschäftigung zwecks Bestreitung des Lebensunterhaltes) für sich allein schon deshalb nicht die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 17 Abs. 2 zweiter Tatbestand, weil gerade die Studienbeihilfe durch eine entsprechende finanzielle Absicherung die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluß eines zielstrebig betriebenen Studiums in jenen Fällen sicherstellen soll, in denen dies auf Grund der Einkommenssituation des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten unter Berücksichtigung von Familienstand und Familiengröße (nach einer durchschnittlichen Einschätzung des Gesetzgebers) nicht hinreichend gegeben ist (in diesem Sinne bereits das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0074 = Slg. NF Nr. 14.312 A).
Die Beschwerde erweist sich daher aus diesen Gründen als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 2. September 1998
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998120099.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
25.10.2011