TE OGH 2020/1/21 1Ob163/19f

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2020
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** H*****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner und Dr. Judith Kolb, Rechtsanwältinnen in Graz, gegen die K***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch die Korn Rechtsanwälte OG, wegen 6.338,84 EUR sA und Feststellung, über den in der Revision enthaltenen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den (richtig:) Beschluss des Handelsgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. April 2019, GZ 1 R 287/18d-13, mit dem der (richtig:) Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 31. Juli 2018, GZ 20 C 20/18i-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der sich gegen die Zurückweisung des Klagebegehrens von 1.938,84 EUR sA richtende Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies mit „Urteil“ – neben einer Abweisung der weiteren Begehren – einen Teil des Klagebegehrens von 1.938,84 EUR sA zurück. Bei den begehrten Kosten für die außerhalb des Gerichtsverfahrens eingeholten Gutachten, die einerseits der Tatsachenfeststellung, andererseits der Abschätzung der eigenen Prozesschancen gedient hätten, handle es sich um vorprozessuale Kosten, die in die Kostennote aufzunehmen und nach den Regeln über den Prozesskostenersatz zu behandeln wären. Diesbezüglich liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor.

Das Gericht zweiter Instanz gab („als Berufungsgericht“) der „Berufung“ der Klägerin nicht Folge. Bei den geltend gemachten Kosten der beiden vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachten von 1.938,84 EUR handle es sich um vorprozessuale Kosten. Das Erstgericht habe den Anspruch rechtsrichtig wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass der Wert „des“ Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision nachträglich für zulässig, weil in Bezug auf die Klageabweisung eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vorliegen könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die „Revision“ der Klägerin, mit der sie die „vollinhaltliche“ Stattgebung des Klagebegehrens anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Zum inhaltlich als Revisionsrekurs zu behandelnden Rechtsmittel der Klägerin:

1. Die Zulässigkeit einer Anfechtung richtet sich allein nach der vom Gesetz vorgeschriebenen Entscheidungsform (RIS-Justiz RS0041880). Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RS0036324 [T1]). Ob eine Entscheidung anfechtbar ist und mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen hat, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat oder wählen wollte, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist (RS0041859 [T3]; RS0041880 [T1]). Hat das Erstgericht die Klage – hier: zum Teil – wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs verfehlt in Urteilsform zurückgewiesen, steht dagegen nur der Rekurs offen (RS0040285); die Anfechtung der Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich nach § 528 ZPO.

2. Das Erstgericht hat das Klagebegehren über 1.938,84 EUR (Kosten von zwei Privatgutachten) wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen (vgl RS0035826; RS0035770 [T12]). Da die Zurückweisung mit Beschluss zu erfolgen hat, wäre dagegen von der Klägerin Rekurs (und nicht Berufung) zu erheben gewesen, wobei die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise hindert (RS0036258). Über diesen hätte das Gericht zweiter Instanz nicht mit Urteil, sondern mit Beschluss zu entscheiden gehabt, der – im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 ZPO – mit Revisionsrekurs zu bekämpfen wäre.

Die Klägerin bekämpft, ohne dass sie dazu inhaltlich Ausführungen tätigt, formal auch die vom Gericht zweiter Instanz bestätigte Zurückweisung des Zahlungsbegehrens über die Kosten der beiden Privatgutachten wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs. Zwar steht die Anfechtungssperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht entgegen, weil die Vorinstanzen die Klage diesbezüglich ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen haben. Allerdings sind auch in einem solchen Fall die Revisionsrekursbeschränkungen nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO zu beachten (RS0044496). Danach ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt. Da der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Gericht zweiter Instanz als – richtig – Rekursgericht entschied, unter diesem Betrag liegt, ist die diesbezüglich als Revisionsrekurs zu behandelnde Revision der Klägerin jedenfalls unzulässig. Eine Zusammenrechnung mit dem als Berufungsgericht zu beurteilenden Entscheidungsgegenstand hat nicht stattzufinden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses (nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO) nicht hingewiesen.

Textnummer

E127212

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00163.19F.0121.000

Im RIS seit

05.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten