TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/3 96/09/0110

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Veröffentlicht am 03.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6;
AVG §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Verein H H in Wien, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien XVI, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. März 1996, Zl. 10/6702B/153 3202, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 27. November 1995 beim Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für Dobrilla Ilic - eine Staatsangehörige von "Jugoslawien" - für die berufliche Tätigkeit als Heimhilfe; als spezielle Kenntnisse oder Ausbildung seien Qualifikationsnachweise im Sinne des beiliegenden Zeugnisses (Kursbestätigung über einen Ausbildungskurs analog dem Curriculum für Heimhilfe) erforderlich.

Das Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien wies den Antrag der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 5. Dezember 1995 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, die beantragte Ausländerin habe eine abgeschlossene Ausbildung zur Heimhilfe und wolle bei der beschwerdeführenden Partei arbeiten. Ein "Inserat beim AMS für 20 Heimhilfen" habe zu keiner Beschäftigung geführt. Im Fall der beantragten Ausländerin sei § 4 Abs. 6 AuslBG dadurch erfüllt, daß die berufliche Tätigkeit im Bereich der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege erfolge.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 1996 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage aus, die beantragte Arbeitskraft zähle nicht zum begünstigten Personenkreis des § 4b AuslBG. Derzeit sei eine Ersatzkraftstellung durch inländische und ausländische Heimhilfen möglich; diese Arbeitskräfte stünden beim Arbeitsmarktservice in Vermittlungsvormerkung und würden der beantragten Arbeitskraft im Rang vorgehen. An Stelle der beantragten Ausländerin "wurden Ihnen in Vermittlungsvormerkung stehende Heimhilfen angeboten und in der Folge zugewiesen". Zu einer Einstellung sei es nicht gekommen. Seitens des Arbeitsmarktservice "wurden Ihnen jedenfalls vier geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung gestellt, die die Ausbildung als Heimhilfe nachweislich absolviert haben und auch als solche beschäftigt waren". Daß es zu keiner Einstellung gekommen sei, liege "in der Einflußsphäre des Arbeitgebers". Die Beweisführung, daß geeignete (bevorzugt zu vermittelnde) Arbeitskräfte vorhanden seien, erübrige sich, wenn der Arbeitgeber die Ersatzkraftstellung von vornherein ohne Angabe von Gründen ablehne oder die Nichteinstellung in seiner Einflußsphäre liege. Im Hinblick auf die "aufgezeigten Umstände" werde die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG "nicht für vertretbar erachtet".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin verletzt. Sie bringt dazu unter anderem vor, der angefochtene Bescheid sei deshalb mangelhaft, weil er keinen Hinweis auf ein konkretes Ermittlungsverfahren und keine konkreten Feststellungen enthalte, die zu dem negativen Prüfungsergebnis im Sinne des §4b AuslBG führen könnten. Die Ausführungen über die Ersatzkräfte seien derart unbestimmt, daß diese nicht überprüfbar seien. Der angefochtene Bescheid sei daher in dieser Hinsicht mangelhaft begründet.

Schon mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG muß auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung dieses Bewilligung konkret beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die bei einer Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zugrunde zu legen sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1995, Zl. 93/09/0451, und vom 29. August 1996, Zl. 95/09/0040).

Die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen (zweiter Tatbestand des § 4 Abs. 1 AuslBG) kommen jedoch erst dann zum Tragen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, ob für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer (in der Reihenfolge nach § 4b AuslBG zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung (Prüfung der Arbeitsmarktlage) erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Arbeitskraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1994, Zl. 93/09/0426, und vom 29. August 1996, Zl. 95/09/0040).

Gemäß § 58 Abs. 2 - des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice anzuwendenden - AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Diesen Anforderungen entspricht die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die beschwerdeführende Partei einen Vermittlungsauftrag erteilte. In der Beschwerde wird auch eingeräumt, daß der beschwerdeführenden Partei zahlreiche, jedenfalls mehr als vier Ersatzkräfte zugewiesen wurden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid jedoch nicht festgestellt, welche konkret und individualisiert umschriebenen Arbeitskräfte der beschwerdeführenden Partei tatsächlich angeboten wurden, welche der zahlreichen zugewiesenen "Ersatzkräfte" die "vier geeigneten" waren und aus welchen Gründen die Einstellung dieser "vier geeigneten Ersatzkräfte" hätte erfolgen müssen bzw. aus welchen Gründen der beschwerdeführenden Partei in diesen Fällen eine ungerechtfertigte Ablehnung einer geeigneten Ersatzkraft vorzuwerfen wäre. Schon im Hinblick auf diese Begründungsmängel ist der Verwaltungsgerichtshof an der nachprüfenden Kontrolle (Beurteilung) der wesentlichen Rechtsfrage gehindert, ob es taugliche Arbeitskräfte zur Deckung des von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Arbeitskräftebedarfes gibt, und ob deren Einstellung aus von der beschwerdeführenden Partei zu vertretenden Gründe unterbleiben ist (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 6. September 1993, Zl. 93/09/0052, und vom 8. September 1993, Zl. 93/09/0245).

Daran vermag der Umstand, daß im vorgelegten Verwaltungsakt die Zuweisung von Ersatzkräften erkennbar und Erklärungen der beschwerdeführenden Partei zu angebotenen Ersatzkräften vorhanden sind, nichts zu ändern, weil der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid gemäß § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat. Unterläßt es die belangte Behörde den rechtlich notwendigen Sachverhalt festzustellen, dann kann dies - abgesehen von den Fällen des Art. 132 B-VG (vgl. § 41 Abs. 2 VwGG) - vom Verwaltungsgerichtshof im Fall einer Bescheidbeschwerde nicht nachgeholt werden. Derartige Feststellungsmängel können im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht dadurch saniert werden, daß die belangte Behörde nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in ihrer Gegenschrift unterlassene Feststellungen nachholt. Diese Ausführungen in der Gegenschrift sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. insoweit auch die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 560f wiedergegebene hg. Judikatur).

Die belangte Behörde hat aus den dargelegten Gründen somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil der festgestellte Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den überhöht verzeichneten Schriftsatzaufwand; dieser gebührt ausschließlich in der pauschalierten Höhe, wobei daneben weder "Einheitssatz" noch "Umsatzsteuer" gesondert zu vergüten sind.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090110.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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