Entscheidungsdatum
11.12.2019Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Köhler über die Beschwerde der A. B. vom 18.07.2019, ursprünglich vertreten durch Mag. C. D., nunmehr vertreten durch Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Magistratsabteilung 35) vom 19.06.2019, ..., betreffend Abweisung des Antrages vom 25.02.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“ nach dem NAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2019 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde vom 18.07.2019 wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag gemäß § 20 Abs. 4 NAG vom 13.11.2019 wird als unbegründet abgewiesen.
III. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 17 VwGVG, §§ 76 Abs. 1 und 53b AVG wird der beschwerdeführenden Partei der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 18.11.2019, VGW-KO-..., mit 111,– Euro bestimmten Barauslagen für die zur mündlichen Verhandlung am 13.11.2019 beigezogene nichtamtliche Dolmetscherin auferlegt.
Die beschwerdeführende Partei hat der Stadt Wien die genannten Barauslagen durch Banküberweisung auf das Bankkonto mit der Kontonummer IBAN AT16 1200 0006 9621 2729, BIC BKAUATWW, lautend auf „MA6 BA40“ mit dem Verwendungszweck „VGW-KO-...“ binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Beschwerdegegenstand
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Magistratsabteilung 35) vom 19.06.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.02.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“ abgewiesen. Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass ihr unbefristetes Aufenthaltsrecht gemäß § 20 Abs. 4 NAG erloschen sei und sie damit die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel nicht erfülle.
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin brachte am 25.02.2019 persönlich bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“ bzw. einen Antrag auf Neuausstellung einer Dokumentation/Karte „Daueraufenthalt – EU“ ein. Dabei wurde sie von ihrem Ehemann begleitet.
Mit der Einreichbestätigung vom 25.02.2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Nachweise über den tatsächlichen Aufenthalt im Raum Österreich/EWR seit dem Jahr 2014 vorzulegen.
Mit E-Mail vom 26.02.2019 übermittelte E. F. der belangten Behörde eine ärztliche Bestätigung des Dr. G. H. (Arzt für Allgemeinmedizin) vom 25.02.2019, mit der dieser bestätigt, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig in seiner ärztlichen Behandlung stehe. Aus einem Karteiauszug von Dr. I. J. (Ärztin für Allgemeinmedizin) ergeben sich zudem Leistungen im Zeitraum vom 10.11.2014 bis 21.12.2016 dabei wurden jeweils in den Monaten November und Dezember dieser drei Jahre teilweise täglich Leistungen konsumiert.
Mit Aufforderung zur Unterlagenvorlage vom 06.03.2019 wurde die Beschwerdeführerin zum Nachweis über ihren „tatsächlichen Aufenthalt im Raum Österreich/EWR vom Jahr 2017“ (Hervorhebung wie im Original) aufgefordert.
C. D. übermittelte mit E-Mail vom 20.03.2019 der belangten Behörde ein Dokument mit der Überschrift „Erklärung“, das von der Beschwerdeführerin unterschrieben wurde. Sie sei vom 23.12.2016 bis 10.01.2018 nicht in Österreich gewesen. Begründet mit ehelichen Problemen wird in dieser Eingabe ausgeführt, dass sie in Bosnien gelebt habe und erst am 10.01.2018 wieder nach Österreich eingereist sei.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.04.2019 wurde die Beschwerdeführerin auf den Inhalt ihrer Eingabe bezüglich des Aufenthaltes in Bosnien hingewiesen und wurden die rechtlichen Konsequenzen daraus explizit angesprochen.
Die Zwischenerledigungen/Verfahrensanordnungen vom 26.02.2019, 06.03.2019, 09.04.2019 sind alle an die Beschwerdeführerin als Empfänger persönlich gerichtet und wurden von ihr auch tatsächlich übernommen.
C. D. erstattete mit E-Mail vom 24.04.2019 gegenüber der belangten Behörde eine Äußerung, in der er § 20 Abs. 4 NAG thematisierte und einen Eventualantrag gemäß § 41a Abs. 6 NAG stellte. Als Attachment war ein Scan des Reisepasses samt Reisestempeln angehängt.
Mit E-Mail vom 07.05.2019 fragte C. D. nach der weiteren Vorgangsweise der Behörde.
Mit E-Mail vom 08.05.2019 ersuchte die belangte Behörde C. D. „noch um etwas Geduld“.
Mit E-Mail vom 04.06.2019 fragte C. D., ob die Behörde bereits eine Entscheidung getroffen habe.
Es erging der Bescheid vom 19.06.2019, zugestellt an der Wohnanschrift der Beschwerdeführerin (zugestellt durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 25.06.2019).
Mit Antrag vom 04.07.2019 (Unterschrift durch die Beschwerdeführerin) beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde eine Vignette gemäß § 10 NAG-DV.
Am 04.07.2019 wurde die beantragte Vignette im Reisepass der Beschwerdeführerin eingeklebt. Die Beschwerdeführerin hat dies mit ihrer Unterschrift bestätigt.
Gegen den Bescheid vom 19.06.2019 richtet sich die vorliegende rechtzeitige und formgerechte Beschwerde vom 18.07.2019.
Es wurde eine zweite Beschwerde vom 23.07.2019 eingebracht.
Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde samt aktueller und früherer Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht vor.
Mit Schreiben vom 19.09.2019 ergingen Ladungen an die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde sowie die von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13.11.2019. Mit dieser Ladung wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, bis eine Woche vor der Verhandlung folgende Unterlagen vorzulegen (Schreibweise wie im Original):
? Gültiger und frühere Reisepässe samt Nachweis über Ein- und Ausreisen, maßgeblich ist der Zeitraum der letzten 5 Jahre, wobei insbesondere der Zeitraum von Ende 2016 bis Anfang 2018 von der Behörde thematisiert wurde
? Nachweis über den rechtmäßigen (visumfreien oder visumspflichtigen) Aufenthalt im Inland sowie
? Nachweise über Aufenthalte im Ausland (Dauer und Grund)
? Als Nachweise über den tatsächlichen Aufenthalt seit 2014 kommen zum Beispiel Reiserechnungen, Kredit-/Bankkartenbelege, Kontoauszüge über solche Zahlungen, Arztbriefe und Krankenhausbestätigungen in Frage.
Mit Schreiben vom 27.09.2019 teilte die belangte Behörde mit, dass eine Verhandlungsteilnahme nicht erfolgen wird.
Mit Schreiben vom 02.10.2019 beantragte der Beschwerdevertreter die Beiziehung eines Dolmetschs für die bosnische Sprache, weil die Beschwerdeführerin und ein Großteil der Zeugen der deutschen Sprache nicht ausreichend kundig sei.
Das Verwaltungsgericht führte am 13.11.2019 unter Beiziehung einer nichtamtlichen Dolmetscherin für die bosnische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin sowie als Zeugen K. L., M. N., O. P., E. F., Q. R., S. B. und T. B. einvernommen wurden. Der Beschwerdevertreter legte vor:
? eine Kopie sowie das Original des aktuellen Reisepasses der Beschwerdeführerin sowie eine Auflistung der sich daraus ergebenden Aufenthaltszeiträume;
? nochmals/inhaltsgleich die „ärztliche Bestätigung“ von Dr. H.;
? Kontoauszüge (eine völlig ungeordnete Sammlung einzelner Auszugsblätter), aus denen sich ergeben soll, dass Miete und Betriebskosten weiter bezahlt worden seien wie auch andere laufende Kosten weiter bezahlt worden seien. Dabei handelte es sich um das Konto des Ehemannes, weil die Beschwerdeführerin selbst kein eigenes Konto hat;
? eine Betriebskosten-Vorschreibung für Juli und Augst 2017, auch diese ist adressiert an den Ehemann der Beschwerdeführerin und bezieht sich auf die Kontonummer des vorgelegten Auszuges sowie
? der laufende Mietvertrag über die Ehewohnung.
Sogleich nach der Verhandlung wurde gemäß § 31 iVm § 29 Abs. 2 VwGVG der Beschluss verkündet, dass die zweite Beschwerde, nämlich jene vom 23.07.2019, zurückgewiesen wird.
Feststellungen
Die Beschwerdeführerin A. B., geboren am …1952, ist Staatsangehörige von Bosnien. Ihr aktueller Reisepass ist von 31.03.2016 bis 31.03.2026 gültig.
Aus dem Reisepass ergibt sich für den von der Behörde angesprochenen Zeitraum vom 23.12.2016 bis 10.01.2018, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich außerhalb von Österreich aufgehalten hat und nur im Zeitraum vom 02.06.2017 bis 20.06.2017 im EWR-Raum aufhältig gewesen ist. Mit Ausnahme dieser Unterbrechung sowie einem kurzfristigen Wienaufenthalt am 23.11.2017 war die Beschwerdeführerin von 23.12.2016 bis 10.01.2018 in Bosnien und damit außerhalb des EWR-Raumes.
Der vom Beschwerdevertreter vorgelegte Aktenvermerk vom 13.11.2019 lautet auszugsweise:
„[Der vorgelegten Passkopie] ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin sich nur in den nachfolgenden Zeiträumen außerhalb des […] EWR-Gebietes im Sinne des § 20 Abs 4 NAG befand:
23.12.2016 – 02.06.2017 (ca. 5,5 Monate)
20.06.2017 – 10.01.2018 (ca. 6,5 Monate)
23.03.2018 – 21.10.2018 (ca. 7 Monate)
26.11.2018 – 24.01.2019 (ca. 2 Monate)
05.07.2019 – 10.11.2019 (ca. 4 Monate)“
Diese Daten sind auch richtig und nur für den 23.11.2017 gibt es eine Widerlegung, das heißt einen tatsächlichen Aufenthalt in Österreich.
Die Beschwerdeführerin verfügte über einen „Daueraufenthalt – EU“, dessen Dokumentation zuletzt von 21.03.2014 bis 21.03.2019 gültig war. Zuvor verfügte sie über einen „Daueraufenthalt – EG“ (Ausstellungsdatum 20.03.2009, gültig bis 20.03.2014). Sonstige Vermerke sind dem Fremdenregister nicht zu entnehmen. Es wurde auch kein Vorbringen hierzu erstattet.
Die Beschwerdeführerin ist überwiegend mit ihrem Ehemann unterwegs, wenn sie Österreich verlässt. In Bosnien haben sie im ursprünglichen Herkunftsort U. ein Einfamilienhaus. Dieser Ort liegt im Nordwesten des Landes (nach Westen sind es knapp mehr als 10 Kilometer zur kroatischen Grenze, nach Norden weniger als 40 Kilometer Luftlinie zu Kroatien). In Kroatien – dort befindet sich die nächstgelegene Küste von U. aus – verbringt das Ehepaar Kuraufenthalte und Badeurlaube; diese Aufenthalte sind jeweils von kurzer Dauer. In Bosnien besucht das Ehepaar den zweiten Sohn.
Die Beschwerdeführerin verfügt über bestenfalls geringfügige Deutschkenntnisse (sie kann sich selbst nicht ausdrücken und hat weitgehend Probleme andere zu verstehen). Sie war in Österreich nie berufstätig, sie ist mitversichert bei S. B.. Sie war im Sommer 2001 für ca. 1,5 Monate im ZMR in Wien, V.-straße gemeldet, im Sommer 2002 für etwa 3 Wochen, im Sommer 2003 für ca. 2,5 Monate, und dann durchgehend von September 2003 bis April 2019.
S. B. ist der Ehemann der Beschwerdeführerin. Er verfügt über einen „Daueraufenthalt – EU“ (aktuelle Gültigkeit der Dokumentation von 08.08.2016 bis 08.08.2021). Erstmals wurde ihm am 09.10.2006 eine Daueraufenthaltskarte ausgestellt. Sonstige Vermerke sind dem Fremdenregister nicht zu entnehmen. Der Ehemann ist seit 01.10.2010 in Pension. Von März 2000 bis Juli 2010 war er größtenteils berufstätig bei verschiedenen Dienstgebern mit Sitz in Wien.
S. B. verfügt über ein Konto bei der Bank .... Davon wurden im Zeitraum November 2016 bis August 2018 (unter anderem) abgebucht: Miete sowie Strom/Gas betreffend Wohnung in Wien, V.-straße); auf dieses Konto wird auch die Pension überwiesen.
Das Ehepaar wohnt aktuell in Wien, W.-gasse; zuvor war bis April 2019 die gemeinsame Ehewohnung in Wien, V.-straße.
T. B. ist ein Sohn der Beschwerdeführerin. Er hat ein gemeinsames Kind mit Q. R. und ist nun an derselben Adresse gemeldet wie seine Eltern (Unterkunftgeberin ist Q. R.).
Q. „Q.“ R. ist die Mutter des Enkelkindes der Beschwerdeführerin.
X. B., geboren am ...2010, ist das Enkelkind der Beschwerdeführerin. Er geht in die „...schule“, besucht dort Volksschule und Hort (Wien, Y.-gasse). Er wohnt bei seiner Mutter in Wien, Z.-straße. Mit Judo und Fußball direkt am Schulstandort hat er zwei lange Nachmittage dort und geht auch zur …. Auf den Wegen zwischen Schule, Sport und sonstigem Freizeitprogramm wird es teilweise vom Großvater, also dem Ehemann der Beschwerdeführerin begleitet. X. B. verbringt fallweise tagsüber Zeit bei seinen Großeltern (Wohnung der Beschwerdeführerin). Die Geburtstagsfeier des Enkelsohnes am 23.11.2017 und 23.11.2018 hat die Beschwerdeführerin besucht. An diesem Tag war sie im Bundesgebiet/EWR-Raum.
Die Beschwerdeführerin und S. B. haben einen zweiten Sohn. Dieser lebt in Bosnien (Hauptwohnsitz ZA.) und ist verheiratet.
Eine Schwester der Beschwerdeführerin lebt in Slowenien.
K. L. ist eine Freundin von Q. R. und T. B.. Sie hat Kinder, die mit X. B. befreundet sind.
Mag. C. D. ist Rechtsanwalt in Wien. Er wurde durch den Ehemann der Beschwerdeführerin damit betraut, sie in dem gegenständlichen Verfahren vor der belangten Behörde zu unterstützen. Zuvor gab es einen Kontakt zwischen dem Ehemann und C. D. wegen einer Wohn-/Mietrechtsangelegenheit.
Das gegenständliche Verfahren war nicht das erste Verfahren der Beschwerdeführerin zur Verlängerung des „Daueraufenthalt – EU“. Infolge des Verlängerungsantrages vom 21.02.2014 wurde die Beschwerdeführerin auch schon zur Vorlage eines Nachweises über ihren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet und/oder dem EWR-Raum aufgefordert (Einreichbestätigung vom 21.02.2014). In diesem Verfahren brachte die Beschwerdeführerin – unterstützt durch Q. R. – (u.a.) die „Leistungsauskunft“ der WGKK für die Jahre 2010, 2011 und 2012 ein. Aus diesen Leistungsübersichten über sämtliche in einem Kalenderjahr konsumierte Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung ist insbesondere (zumindest indirekt) ersichtlich, welche und wie viele Ärzte aufgesucht wurden und wie viele Medikamente (Rezeptgebühr) bezogen wurden. Auch Krankenhausaufenthalte, Heilbehelfe (Orthopädie) und Laboruntersuchungen (Allergie, Blut) werden hier erfasst.
Beweiswürdigung
Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Abfrage öffentlicher Register (Versicherungsdatenabfrage, Melderegister, Fremdenregister). Es wurden die von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht befragt.
Die Feststellungen zur Identität und zum fremdenrechtlichen Status der Beschwerdeführerin ergeben sich aus vorgelegten Dokumenten und Registerabfragen. Die Feststellung zu ihren Deutschkenntnissen ergeben sich aus dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung sowie aus der Aussage der Beschwerdeführerin selbst, wonach sie nie berufstätig gewesen und überwiegend im familiären (gemeint wohl nicht deutsch-muttersprachlichen) Umfeld gewesen sei und dadurch nicht die Sprache gelernt habe.
Die Feststellungen über Mag. C. D. ergeben sich aus dem Rechtsanwaltsverzeichnis (www.rechtsanwaelte.at) sowie dem vorgelegten Verwaltungsakt und Aussagen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zum Konto des S. B. ergeben sich aus den Kontoauszügen (insgesamt 15 Blätter, erstellt zwischen 07.02.2017 und 14.08.2018; und jeweils kurze Zeiträume von 10.11.2016 bis 15.06.2018 abdeckend).
Die Feststellungen zu Wohnsitzen und Verwandtschafts- und Bekanntschaftsverhältnissen und Kontakten ergeben sich aus Abfragen des Melderegisters und den Aussagen in der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich Qualität und Quantität von Kontakten wurden freilich nicht in gleichem Maß glaubwürdige Angaben der verschiedenen Zeugen erstattet. Aufgrund des persönlichen Eindruckes in dieser Verhandlung besteht der Eindruck, dass aus persönlicher Verbundenheit und Gefälligkeit eine überzeichnete Darstellung von Kontakten/Bindungen durch die Zeugen T. B., O. P. und E. F. erfolgte.
Q. R. schilderte glaubwürdig und nachvollziehbar und im Vergleich zu den Zeugen T. B., P. und F. ein abgeschwächtes Betreuungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Enkelkind. Durch die Darstellung konkreter Tagesabläufe (Schule, Hort, Freizeitgestaltung), örtlicher Gegebenheiten (Distanzen zu und Erreichbarkeit von Wohnungen, Schule usw.) und andere Umstände (Sprachschwierigkeiten der Beschwerdeführerin) konnte Q. R. ein schlüssiges und glaubwürdiges Gesamtbild des Verhältnisses der Beschwerdeführerin zu ihrem Teil der Familie darstellen. Es besteht kein Grund an der Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der Darstellung durch Q. R. zu zweifeln.
Die Feststellungen zu den Aufenthaltszeiträumen ergeben sich beweiswürdigend aus folgenden Überlegungen: Dass die Beschwerdeführerin durchaus wusste, dass Nachweise über ihren tatsächlichen Aufenthalt erforderlich sein werden, ergibt sich aus ihrer Erfahrung im Zuge der früheren Verlängerungsverfahren. Insbesondere gab es im zuletzt vorangegangenen Verlängerungsverfahren (Antrag 2014) bereits eine entsprechende Urkundenanforderung durch die Behörde. In der Folge wurde damals die Leistungsauskunft der Gebietskrankenkasse vorgelegt, aus der sich nachvollziehbare Rückschlüsse über den tatsächlichen Aufenthalt und auch dessen Dauer bzw. Häufigkeit ziehen lassen. Insbesondere ist auch aus den früheren Verwaltungsakten, die mit der Beschwerde vorgelegt wurden, ersichtlich, dass auch die im aktuellen Verfahren als Unterstützer und Zeugen auftretenden Personen bereits in der Vergangenheit unterstützend aufgetreten sind. Auch dadurch ist anzunehmen, dass eine Überraschung über die nunmehrige Nachweis-/Vorlagepflicht nicht nachvollziehbar ist.
Es ist auch zu bedenken, dass die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin um ihre Nachweis- und Mitwirkungspflicht informiert war bzw. wissen musste. Zusätzlich wurde – obwohl eine Manuduktion nicht geboten war – mit der Ladung explizit auf die Nachweis- und Mitwirkungspflicht hingewiesen und es wurden auch ganz konkrete Beispiele für Möglichkeiten der Nachweiserbringung vorgeschlagen.
Auch wenn die Sprachprobleme und daher keine ausreichende Lesekompetenz bei der Beschwerdeführerin nachvollziehbar sind, ist die völlige Unwissenheit über den Inhalt der „Erklärung“, die von C. D. eingebracht wurde, nicht glaubwürdig. Zumindest die Zahlen der angegebenen Daten hätten ihr auffallen müssen und es wäre ein Hinterfragen des Inhaltes der unterschriebenen bzw. zu unterschreibenden Erklärung geboten gewesen. Die Beschwerdeführerin und ihr Mann, der den Kontakt zu C. D. herstellte, wussten um den Gegenstand des Verfahrens und das Thema der behördlichen Erhebung/Aufforderung Bescheid. Das Thema war auch aus früheren Verfahren der Beschwerdeführerin bekannt; es gab dort dieselben Nachweispflichten. Auch der Ehemann verfügt aufgrund seines fremdenrechtlichen Status über persönliche und im Wesentlichen idente Behördenerfahrung. Letztendlich wurden die Zeiträume, die C. D. angab, aber auch im Wesentlichen nicht bestritten. Das betrifft insbesondere das Verlassen des EWR-Raumes von 23.12.2016 bis 02.06.2017 sowie von 20.06.2017 bis 10.01.2018. Diese Zeiträume stimmen mit der Auflistung durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter überein. Jedenfalls gibt es nur punktuell, für einen einzelnen Tag eine Widerlegung, nämlich für den 23.11.2017. Die Urheberschaft und das Zustandekommen der Erklärung sind somit nicht von wesentlicher Bedeutung. Auch die darin angegebene Begründung für das Verlassen von Österreich und deren Richtigkeit können dahinstehen; der angegebene Grund – nämlich Eheprobleme und eine vorübergehende getrennte Lebensführung vom Ehemann – wurde von allen Zeugen in Abrede gestellt. Es ist allerdings anzumerken, dass nicht nachvollziehbar ist, wieso eine inhaltlich unrichtige Erklärung unterschrieben werden sollte. Die Beschwerdeführerin hat im Wissen um Inhalt und Bedeutung ihrer Eingabe, diesen Inhalt gegenüber der Behörde nie bestritten. Erstmals mit der (zweiten) Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde die Unrichtigkeit behauptet. Zudem fällt auf, dass C. D. mit dem Fall durchaus vertraut war; immerhin sind die angegebenen Zeiträume nachvollziehbar und alles andere als völlig aus der Luft gegriffen, außerdem übermittelte er der Behörde auch eine Kopie des Reisepasses. Ein eigenmächtiges oder willkürliches Handeln ohne Wissen der Beschwerdeführerin kann daher nicht nachvollzogen werden.
Die Zeugen haben sich überwiegend darauf beschränkt, äußerst vage und pauschale Auskünfte über eine vermeintlich ständige Anwesenheit in Österreich zu erteilen. Diese Darstellung stellte sich durchgehend als überzogen dar. Angesprochen auf konkrete Anlässe oder Ereignisse, die in Erinnerung geblieben wären, wurden von den insgesamt sieben Zeugen im Wesentlichen lediglich zwei Termine, nämlich ein Sommerfest 2019 (14.06.2019) und die Geburtstagsfeier des Enkelsohnes 2017 und 2018 (23.11.) genannt. Bei diesen Terminen handelt es sich zumindest teilweise um völlig unstrittige Zeiten des Aufenthaltes in Österreich. Und selbst aus einer punktuellen Anwesenheit in Österreich, die sich aus den Reisestempeln im Reisepass nicht ergibt, kann keine im Sinne des § 2 Abs. 7 NAG wesentliche Aufenthaltsdauer bzw. Unterbrechung von schädlichen Zeiträumen angenommen werden. Dass die Beschwerdeführerin auch zuletzt wieder für eine lange, ununterbrochene Zeit Österreich und den EWR-Raum verlassen hat, und insofern ein monatelanges Nichtsehen/Nichttreffen der Beschwerdeführerin üblich und wohl auch in der Vergangenheit schon wiederholt aufgetreten ist, konnte nicht entkräftet werden. Teilweise konnten oder wollten sich einvernommene Zeugen hierzu nicht äußern, teilweise wurden monatelange Lücken im persönlichen Kontakt bestätigt. Bei K. L. und M. N. handelt es sich um keine Person, mit der die Beschwerdeführerin gezielt, persönlich Treffen vereinbart werden und Zustande kommen; es sind beiläufige Treffen anlässlich von Treffen bei/über andere Personen (z.B. Sommerfest der Volksschule und Geburtstagsfeier des Enkelkindes).
Zu den aus dem Pass ersichtlichen Aufenthaltszeiträumen ist auch anzumerken, dass diese vielfach nicht bestritten, sondern bestätigt werden. Dies betrifft etwa den letzten Auslands-/Bosnienaufenthalt von 05.07.2019 bis 10.11.2019. Für eine lückenhafte Praxis beim Vermerken von Ein- und Ausreisestempeln an Grenzübergängen fehlen mit Ausnahme eines einzelnen Tages (23.11.2017) nachvollziehbare Anhaltspunkte. Aufgrund des persönlichen Eindruckes in der mündlichen Verhandlung und des Fehlens handfester Belege hierfür handelt es sich um eine einstudierte Schutzbehauptung.
Zur „ärztlichen Bestätigung“ vom 25.02.2019 (Dr. G. H.) ist festzuhalten, dass völlig abstrakte und pauschale Aussagen über eine vermeintlich regelmäßige Behandlung durch einen Arzt keine nachvollziehbaren Aussagen über die Vergangenheit darstellen. Insbesondere bei völligem Fehlen einer Angabe eines Zeitraumes oder konkreter Behandlungstermine ist die Bedeutung auch nicht nachvollziehbar, schließlich geht es gegenständlich (auch) um einen weiter zurückliegenden Zeitraum. Ein geeigneter Nachweis iSd § 20 Abs. 4 letzter Satz NAG ist hier nicht zu erkennen.
Grundsätzlich könnten sich aus den Leistungsauskünften der gesetzlichen Sozialversicherung/Krankenkasse (abhängig vom konkreten Leistungsumfang) regelmäßige und wiederholte Arztbesuche und ähnliche Termine ableiten lassen, wodurch auch ein regelmäßiger, jedenfalls nicht im relevanten Umfang unterbrochener Aufenthalt in Österreich belegt werden könnte. Anders als in Vorverfahren wurden nun im gegenständlichen Verfahren – vor der Behörde wie vor dem Verwaltungsgericht – keine Leistungsauskünfte der WGKK vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Der ursprüngliche Beschwerdevertreter brachte vor, dass die Rechtsprechung des VwGH zu § 2 Abs. 7 NAG (Hinweis Ra 2014/22/0071) nicht auf einen „Daueraufenthalt – EU“ anwendbar sei. Die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 7 NAG auf einen Daueraufenthalt gemäß § 45 NAG widerspreche der Daueraufenthalts-RL. Im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften eingetreten, nachdem über den Eventualantrag gemäß § 41 Abs. 6 NAG nicht entschieden worden sei.
Der nunmehrige Beschwerdevertreter brachte vor, dass es absolut falsch sei, dass die Beschwerdeführerin vom 23.12.2016 bis 10.01.2018 in Bosnien gelebt habe. Sie habe sich in diesem Zeitraum in Österreich befunden, habe hier gewohnt, und habe sich liebevoll um ihren österreichischen Enkel gekümmert. Die Beschwerdeführerin sei in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich in Österreich niedergelassen gewesen. Der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin befinde sich in Österreich. Hier habe ihr Ehegatte gearbeitet, der ebenfalls über einen „Daueraufenthalt – EU“ verfüge und beziehe nun hier seine Pension. Ihr Sohn und ihr Enkelkind, um den sie sich kümmere, Essen gebe und von der Schule abhole, lebten hier. Die Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ und habe ein berechtigtes Interesse daran.
§ 2 Abs. 7 NAG lautet:
„Kurzfristige Inlands- und Auslandsaufenthalte, insbesondere zu Besuchszwecken, unterbrechen nicht die anspruchsbegründende oder anspruchsbeendende Dauer eines Aufenthalts oder einer Niederlassung. Gleiches gilt für den Fall, dass der Fremde das Bundesgebiet in Folge einer nachträglich behobenen Entscheidung nach dem FPG verlassen hat.“
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 7 NAG ist der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments.
Ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Liegt ein berechtigtes Interesse des Fremden vor, hat die Behörde auf Antrag festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Der Nachweis des Aufenthalts im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden (§ 20 Abs. 4 NAG).
Kurzfristige Aufenthalte, das sind Aufenthalte von nur wenigen Wochen und bloße Ferienaufenthalte oder Aufenthalte zu Besuchszwecken unterbrechen gemäß § 2 Abs. 7 NAG weder die anspruchsbegründende noch die anspruchsbeendende Dauer eines Aufenthalts oder einer Niederlassung (VwGH 16.12.2014, Ra 2014/22/0071). Maßgeblich ist nicht nur das Bundesgebiet, sondern der EWR-Raum. Auch stellt § 20 Abs. 4 NAG lediglich auf den Aufenthalt und nicht auf eine Niederlassung ab (VwGH 19.05.2011, 2008/21/0335).
Aus den vorgelegten Urkunden und Unterlagen ergeben sich die festgestellten Zeiträume, in denen die Beschwerdeführerin in Bosnien aufhältig war. Bosnien ist nicht Teil des EWR. Im Zeitraum vom 23.12.2016 bis 10.01.2018 war die Beschwerdeführerin nicht in Österreich. Von 23.12.2016 bis 02.06.2017 und von 20.06.2017 bis 10.01.2018 war die Beschwerdeführerin in Bosnien.
Es ist der Beschwerdeführerin nicht der Nachweis gelungen, dass sie mehr als über bloße Urlaubs- und Kuraufenthalte in Kroatien oder Besuche in Slowenien Zeit im (sonstigen) EWR-Raum verbracht hätte. Die Unterbrechung des Verlassens des EWR-Raumes von 02.06.2017 bis 20.06.2017 ist somit gemäß § 2 Abs. 7 NAG aus Sicht des § 20 Abs. 4 NAG unbeachtlich. Diese Unterbrechung hemmte nicht den Fristenlauf der zitierten Bestimmung. § 2 Abs. 7 NAG gilt nämlich uneingeschränkt für alle entsprechenden Fristen/Zeiträume des NAG, damit auch für jene in § 20 Abs. 4 NAG für einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gemäß § 45 NAG (explizit ErläutRV 330 XXIV. GP, 41 zu BGBl. I 122/2009).
Im Zeitraum vom 23.12.2016 bis 10.01.2018 war der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in Bosnien und damit außerhalb des EWR-Raumes.
Glaubhaft belegt für den maßgeblichen Zeitraum von 23.12.2016 bis 10.01.2018 (§ 20 Abs. 4 erster Satz NAG: „länger als zwölf aufeinander folgende Monate“) ist lediglich eine Unterbrechung von 02.06.2017 bis 20.06.2017, nämlich ein Urlaub in Kroatien sowie ein kurzfristiger Wien-Aufenthalt anlässlich einer Geburtstagsfeier am 23.11.2017. Weitere Aufenthaltsfenster innerhalb des EWR-Raumes sind nicht ersichtlich. Die genannten Zeitfenster sind jedoch gemäß § 2 Abs. 7 NAG nicht geeignet, den Lauf der anspruchsbeendenden Dauer zu unterbrechen. Es handelt sich um kurzfristige Aufenthalte/Unterbrechungen, zu Urlaub- oder Besuchszwecken.
Dass es theoretisch denkbar sein kann, weitere Tage im Bundesgebiet anwesend gewesen zu sein, reicht nicht aus. Einerseits hat das Verwaltungsgericht keine Zweifel an den festgestellten Aufenthalts- und Ausreisezeiträumen. Andererseits ist das Aufzeigen einer theoretischen, aber unglaubwürdigen Alternativfeststellung kein Nachweis.
Einen Nachweis iSd Pflicht nach § 20 Abs. 4 letzter Satz NAG und im Sinne eines ausreichenden zeitlichen Umfanges iSv § 2 Abs. 7 NAG hat die Beschwerdeführerin nicht erbracht. Beschwerdeführerin und Ehemann selbst haben im Wesentlichen keine Erinnerung, weil sie angeblich viel gereist seien. Wenn Zeugen meinen, dass die Beschwerdeführerin „gefühlt“ ständig oder immer da war, ist offenbar allenfalls gemeint gewesen, immer wieder in Kontakt gestanden zu sein, wobei monatelange Abwesenheiten wie eben zuletzt offenkundig nicht ungewöhnlich und keine Seltenheit waren und sind. Auch wenn keine bestimmte Form für die Nachweiserbringung vorgeschrieben ist, ist eine solche im Beschwerdefall nicht gelungen.
Zu den Stempeln im Reisepass ist auch anzumerken, dass angegeben wurde, mit dem PKW nach Bosnien zu fahren (fallweise mit dem Autobus). Auf dem Landweg ist Bosnien von Österreich generell über zunächst Slowenien oder Ungarn und dann Kroatien und/oder Serbien erreichbar. Es werden somit mehrere Grenzübergänge passiert, an denen jeweils Ein- und Ausreisestempeln „gesammelt“ werden könnten. Im konkreten Fall ist der Hauptbezugspunkt der Beschwerdeführerin in Bosnien die Stadt U., wo sie und ihr Ehemann ein Haus haben. U. liegt im Nordwesten von Bosnien und ist wohl zweckmäßiger weise bei direkter Fahrt von/nach Wien über Kroatien (und Slowenien) anzufahren. Ein Sohn der Beschwerdeführerin lebt in ZA.; diese Stadt liegt relativ zentral in Bosnien und ist wohl zweckmäßiger weise bei direkter Fahrt von/nach Wien über Kroatien (und Slowenien oder allenfalls Ungarn) anzufahren. Eine lückenhafte Stempelpraxis („Offenbar würden die Grenzbeamten schleißig stempeln“), die dazu führen würde, dass Stempel nach einzelnen Autoreisen völlig fehlen und sämtliche Organe an allen passierten Grenzstellen sowohl bei Ein- als auch Ausreise „durchwinken“ ist nicht glaubwürdig. Schließlich sind auf der Fahrt von Bosnien nach Österreich bzw. retour zumindest drei Landesgrenzen zu passieren. Es handelt sich um eine abgestimmte Schutzbehauptung. Abgesehen davon, dass sie nicht als richtig/glaubwürdig erkannt wird, ist sie auch kein Nachweis im Sinne von § 20 Abs. 4 letzter Satz NAG.
Dem Umstand, dass die Miete für die Wohnung in Wien auch in Zeiten des monatelang ununterbrochenen Aufenthaltes außerhalb von Österreich weiter bezahlt worden ist, kommt keine Bedeutung zu. Einerseits sagt dies nichts über einen tatsächlichen Aufenthalt aus. Eine dauerhafte und endgültige Aufgabe jeglicher Verbindung nach/in Österreich ist andererseits auch keine Voraussetzung des § 20 Abs. 4 NAG. Der Mietvertrag läuft und lief jeweils zur Gewährleistung einer Rückkehrmöglichkeit, die man sich wohl offenhalten wollte. Diese Absicht ändert jedoch nichts an der maßgeblichen Verlagerung der Lebensinteressen. Tatsächlich wurde nämlich der Aufenthalt in Österreich – wie festgestellt – in maßgeblichem Umfang unterbrochen (VwGH 16.12.2014, Ra 2014/22/0071; siehe auch VwGH 20.08.2013, 2012/22/0122, zu einem einwöchigen Urlaub in der Slowakei und einem etwas mehr als dreiwöchigen Besuch der Mutter). Die Beschwerdeführerin war nicht durchgehend tatsächlich in Österreich.
Es ist daher zum Erlöschen des Daueraufenthaltsrechts gekommen (VwGH 11.05.2017, Ra 2017/21/0002). Die Voraussetzungen für die Verlängerung bzw. (Neu-)Ausstellung nach § 20 Abs. 3 iVm § 45 NAG liegen nicht vor. Der angefochtene Bescheid erging zu Recht.
Abschließend ist festzuhalten, dass der Beschwerdegegenstand alleine der „Daueraufenthalt – EU“ gemäß § 45 und § 20 Abs. 3 f NAG und nicht auch der Eventualantrag gemäß § 41a Abs. 6 NAG war. Über diesen hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zu recht nicht abgesprochen. Über den Eventualantrag ist nun mit der rechtskräftigen Entscheidung über den Primärantrag (Antrag vom 25.02.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Daueraufenthalt – EU“) von der Behörde zu entscheiden (VwGH 22.12.2009, 2008/21/0561; 13.12.2011, 2010/22/0168; 19.03.2013, 2013/21/0034; 28.02.2019, Ra 2019/22/0032, Rz 15), sofern eine Anrufung der Höchstgerichte unterbleibt. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerde nämlich auch § 19 Abs. 2 NAG übersehen, wonach das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach dem NAG einschließlich Verfahren bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht zulässig ist. Eine gleichzeitige Entscheidung über den Eventualantrag mit dem angefochtenen Bescheid wäre rechtswidrig gewesen. Das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem Eventualantrag ist somit ebenfalls nicht berechtigt. Es ist lediglich zuzustimmen, dass dieser Antrag im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt und die Erteilungsvoraussetzungen des § 41a Abs. 6 (iVm § 11 ff) NAG aussichtsreich scheint.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II.
Die Beschwerdeführerin beantragte aufgrund eines (vermeintlich) berechtigten Interesses, konkret aufgrund ihrer sozialen Verpflichtungen (Verhandlungsprotokoll Seite 5 und 7) festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Die Zeugen würden ein Interesse am Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet begründen.
§ 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG enthält keine Einschränkung, dass der Antrag nur bis zur Erlassung eines Bescheides gestellt werden könnte. Gemäß § 17 VwGVG ist die Bestimmung somit auch für Verwaltungsgerichte anwendbar (vgl. VwGH 08.10.2019, Ra 2018/22/0300, zu § 37 Abs. 4 NAG).
Das Antragsrecht nach § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG wurde mit BGBl. I 122/2009 explizit im Gesetzestext verankert. Eine Definition des „berechtigten Interesses“ ist dem Gesetz und den Materialien hierzu nicht zu entnehmen (ErläutRV 330 BlgNR XXIV. GP, 45).
Das Erlöschen des Daueraufenthaltsrechts (damals noch „Daueraufenthalt – EG“) war bereits in der Stammfassung des NAG, BGBl. I 100/2005, enthalten. § 20 Abs. 4 NAG lautete: „Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf Monate außerhalb des Gebietes des EWR aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monaten außerhalb des Gebietes des EWR aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat.“ Zu dieser Bestimmung lauten die Materialien: „Abs. 4 normiert das ex lege Erlöschen von unbefristeten Aufenthaltstiteln bei Aufenthalt von zwölf Monaten außerhalb des EWR entsprechend Art. 9 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/109/EG. Ob ein Aufenthaltstitel erloschen ist oder nicht, kann der Fremde auf Grund der Wichtigkeit des Umstands mit Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheid – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung – erfragen. Bei besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, deren häufigste Erscheinungsformen Abs. 4 demonstrativ aufzählt, verlängert sich die Dauer der erlaubten Abwesenheit auf 24 Monate“ (ErläutRV 952 XXII. GP, 129). Sonstige Novellen des § 20 Abs. 4 NAG gab es nicht (BGBl. I 29/2009 betraf nur § 20 Abs. 2 NAG).
Die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen lautet auszugsweise:
„Artikel 9
Entzug oder Verlust der Rechtsstellung
(1) Ein Drittstaatsangehöriger ist nicht mehr berechtigt, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn
a) er die Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten nachweislich auf täuschende Art und Weise erlangt hat;
b) eine Ausweisung nach Maßgabe des Artikels 12 verfügt worden ist;
c) er sich während eines Zeitraums von 12 aufeinander folgenden Monaten nicht im Gebiet der Gemeinschaft aufgehalten hat.
(2) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe c) können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Abwesenheit von mehr als 12 aufeinander folgenden Monaten oder eine Abwesenheit aus spezifischen Gründen oder in Ausnahmesituationen nicht den Entzug oder den Verlust der Rechtsstellung bewirken.
(3) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Drittstaatsangehöriger die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten verliert, wenn er in Anbetracht der Schwere der von ihm begangenen Straftaten eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung darstellt, ohne dass diese Bedrohung eine Ausweisung im Sinne von Artikel 12 rechtfertigt.
(4) Ein Drittstaatsangehöriger, der sich gemäß Kapitel III in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten hat, verliert die in dem ersten Mitgliedstaat erworbene Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten, wenn ihm diese Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 23 zuerkannt wird.
Auf jeden Fall verliert die betreffende Person, die sich sechs Jahre lang nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufgehalten hat, der ihr die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten.
Abweichend von Unterabsatz 2 kann der betreffende Mitgliedstaat vorsehen, dass der langfristig Aufenthaltsberechtigte aus besonderen Gründen seine Rechtsstellung in diesem Mitgliedstaat behält, wenn der Zeitraum, in dem er sich nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufgehalten hat, sechs Jahre überschreitet.
(5) Im Hinblick auf die Fälle des Absatzes 1 Buchstabe c) und des Absatzes 4 führen die Mitgliedstaaten, die die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt haben, ein vereinfachtes Verfahren für die Wiedererlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten ein.
Dieses Verfahren gilt insbesondere für Fälle, in denen sich Personen in einem zweiten Mitgliedstaat zum Studium aufgehalten haben.
Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Wiedererlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten bestimmen sich nach dem nationalen Recht.
(6) Das Ablaufen einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung - EG hat auf keinen Fall den Entzug oder den Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zur Folge.
(7) Führt der Entzug oder der Verlust der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten nicht zu einer Rückführung, so gestattet der Mitgliedstaat der betreffenden Person, in seinem Hoheitsgebiet zu verbleiben, sofern sie die in seinen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Bedingungen erfüllt und/oder keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt.“
Auch Art. 4 RL 2003/109/EG nimmt auf „spezifische Gründe oder zeitlich begrenzte Ausnahmesituationen“ Bezug. Eine Definition ist allerdings auch den Erwägungsgründen nicht zu entnehmen. Art. 9 Abs. 2 RL 2003/109/EG räumt somit den Mitgliedstaaten bei der RL-Umsetzung einen Spielraum ein.
§ 20 Abs. 4 NAG stellt auf „ein berechtigtes Interesse des Fremden“ ab. Dazu könnten grundsätzlich wohl auch Interessen eines Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zählen (vgl. die insofern explizite Bezugnahme in § 11 Abs. 3, § 19 Abs. 8, § 21 Abs. 3 oder § 21a Abs. 5 NAG). Diese müssten freilich ein entsprechendes Gewicht haben.
Die Nachweis- und Mitwirkungspflichten des NAG sind auch in diesem Zusammenhang zu beachten (s. insb. § 29 Abs. 1 und 19 Abs. 2 NAG). Der Beschwerdevertreter stützte den Antrag gemäß § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG pauschal auf „soziale Verpflichtungen“. Ein substantiiertes Vorbringen wurde nicht im Ansatz erstattet. Von Amts wegen sind die dem Verwaltungsgericht bekannten Umstände in die Erwägungen einzubeziehen.
Die Möglichkeit im Fall eines berechtigten Interesses eine Ausnahme vorzusehen oder festzustellen, kann nur außergewöhnliche Fälle betreffen. In der Vergangenheit zurückliegende Zeiten eines Aufenthaltes bzw. einer Niederlassung und damit verbundene grundsätzlich vorhandene Kontakte zu anderen Menschen kann schließlich jeder Fremde aufweisen, dessen Daueraufenthalt früher einmal bestanden hat und dann nach der Grundregel des § 20 Abs. 4 NAG erlischt. Der Ausnahmefall des vorletzten Satzes dieser Bestimmung ist daher restriktiv auszulegen (zu dieser allgemeinen Auslegungsregel VwGH 31.03.2006, 2005/02/0305; 10.12.2009, 2009/09/0080; 10.12.2014, Ra 2014/09/0036; VwSlg. 18.407 A/2012) und kann daher nicht jedes abstrakt denkbare Element eines Privat- und Familienlebens erfassen.
Ein besonderes Gewicht von Interessen der Beschwerdeführerin kann im Beschwerdefall nicht erkannt werden. Einerseits liegen die als „berechtigtes Interesse“ eingewendeten „sozialen Verpflichtungen“, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, nicht im entscheidungsrelevanten Umfang vor; andererseits können auch bei amtswegiger Würdigung der bekannten Tatsachen und Feststellungen keine ausreichenden berechtigten Interessen iSd § 20 Abs. 4 NAG erkannt werden:
Der im Zentrum des Beschwerdevorbringens stehende Enkelsohn hat einen weitaus geringeren Betreuungsbedarf als behauptet. Die Mutter dieses Kindes hat schlüssig dargelegt, dass er überwiegend durch Schule, Hort, Freizeiteinrichtungen, Freunde und sonstige Gelegenheiten (u.a. …) wie auch zu Hause (Mutter) versorgt/betreut ist. Vielfach beschränkt sich die Betreuungsleistung der Großeltern nur auf Begleitungen auf Wegen zwischen den genannten Stationen und auch diese Wegbegleitung (Bringen/Holen) wird offenkundig öfters nur vom Großvater (d.h. den Ehemann der Beschwerdeführerin ohne diese selbst) besorgt. Eine iSd § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG ausreichende Bedeutung ihrer Betreuung des und Kontakte mit dem Enkelsohn ist nicht zu erkennen. Der Enkelsohn kann nicht als ausreichende Ankerperson berechtigte Interessen begründen.
Auch im Verbund mit den übrigen Mitgliedern des Familien- und Freundeskreises sind keine derart überwiegenden sozialen Kontakte und Verbindungen gegeben, dass der Tatbestand des § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG verwirklicht wäre. Mit den Zeugen K. L., M. N. und wohl auch Q. R. besteht eine lose Verbindung. Mit K. L. und M. N. gibt es wohl auch nur Zufallstreffen bei Anlässen, die über Personen zustande kommen, die beide kennen. Das durch Q. R. geschilderte Verhältnis ist offenbar mehr distanziert als innig.
Es sind auch keine besonders iSd § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG berücksichtigungswürdigen Gründe für das Verlassen des EWR-Raumes ersichtlich. Es sind also insbesondere keine zwingenden familiären, gesundheitlichen oder irgendwelche der Einflusssphäre entzogenen Gründe für das Verlassen feststellbar. Es wurde ein entsprechender Sachverhalt auch gar nicht behauptet.
Die Beschwerdeführerin ist regelmäßig monatelang und ununterbrochen außerhalb des Bundesgebietes. Dass ihr Lebensmittelpunkt in Österreich liegen würde, hat das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Die Verbindung zu Bosnien ist nicht nur gleichwertig, sondern überwiegt – unter Berücksichtigung von Qualität und Quantität sowie emotional und wie es sich aus der Bezeichnung als „Heimat“ durch den Ehemann der Beschwerdeführerin, Art und Umfang von Aufenthaltszeiträumen und dem Bestehen von sozialen Kontakten (zweiter Sohn samt Schwiegertochter) ergibt – im Ergebnis sogar. Es gibt also auch in Bosnien einen Familienkreis und aufgrund der jahrelangen Verbindungen dorthin wohl auch weitere Kontakte und Freunde. Dass diese Verbindung insgesamt ein geringeres Gewicht haben würde, als jene in/zu Österreich kann nicht erkannt werden. Der Ehemann ist überwiegend zusammen mit der Beschwerdeführerin unterwegs; er befindet sich somit ebenfalls für längere Zeiträume und regelmäßig außerhalb des Bundesgebietes. Dass es einzelne getrennte Reisen oder frühere An- oder Rückreisen nach/von Bosnien gibt, ändert daran nichts Wesentliches.
Im Übrigen ist zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin durch die Rückstufung auf einen Aufenthaltstitel nach § 41a Abs. 6 NAG ohnehin nicht vom Aufenthalt im Bundesgebiet ausgeschlossen ist, sondern sich auf dessen Grundlage weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten können wird. Insofern ergibt sich auch keine Konstellation, in der eine andere Person gezwungen sein könnte, zusammen mit der Beschwerdeführerin das Bundesgebiet oder das EU-Gebiert/den EWR-Raum zu verlassen. Der Eingriff in Rechte der Beschwerdeführerin ist durch die Rückstufung als Auffanglösung somit auch nicht unverhältnismäßig. Es war daher auch nicht weiter zu prüfen, ob auch das Daueraufenthaltsrecht des Ehegatten erloschen ist.
In den letzten fünf Jahren war die Beschwerdeführerin immer wieder und auch zuletzt von 05.07.2019 bis 10.11.2019 monatelang durchgehend nicht in Österreich, sondern in Bosnien. Dort hat sie eine völlig intakte Lebensgrundlage, insbesondere mit einem Einfamilienhaus auch eine Wohnmöglichkeit. Das geographisch naheliegende Heimatland besucht sie insbesondere gemeinsam mit dem Ehemann. Auch mit anderen Zeugen und Familienmitgliedern oder Freunden besteht dort Kontakt, vielfach sind Personen im Umfeld der Beschwerdeführerin nach/mit Bosnien verbunden.
Schließlich ist die Beschwerdeführerin – Rückstufung auf einen Aufenthaltstitel nach § 41a Abs. 6 NAG – auch auf die Möglichkeit der späteren Wiedererlangung des Daueraufenthaltsrechts nach zwischenzeitlicher Rückstufung zu verweisen. Derart gravierende Nachteile, die einen Erhalt oder Fortbestand des Aufenthaltsrechtes nach § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG begründen müssten, sind damit im Ergebnis nicht gegeben.
Über den Antrag nach § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG war gesondert abzusprechen. Das Beschwerdebegehren zielt auf den angefochtenen Bescheid und dessen Inhalt ab. Der vor der belangten Behörde noch nicht gestellte Antrag war davon eben noch nicht umfasst. Zudem ist für § 20 Abs. 4 vorletzter Satz NAG anders als für andere (Zusatz-)Anträge nach dem NAG nicht normiert, dass im Fall der Zurück- oder Abweisung darüber in der und gemeinsam mit der verfahrensabschließenden Entscheidung abzusprechen ist (§ 21 Abs. 4 und § 21a Abs. 5a NAG; VwGH 18.02.2010, 2010/22/0009). Schließlich kann die Beschwerdeführerin durch eine gesonderte Entscheidung nicht in Rechten verletzt sein. Materiell würden sich Beschwerde- und Antragserfolg nur im Grund des Nichterlöschens des Daueraufenthaltsrechts unterscheiden. Die Voraussetzung für die Verlängerung der Dokumentation dieses Rechts waren bei der gegebenen Sach- und Rechtslage allerdings so oder so nicht gegeben.
Zu Spruchpunkt III.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine klare und verlässliche Verständigung in einer mündlichen Verhandlung zu gewährleisten (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0109). Insoweit hat eine antragstellende oder beschwerdeführende Partei für die in Rechnung gestellten Gebühren von zu diesem Zweck beizuziehenden nichtamtlichen Dolmetschern aufzukommen (zur Tragung allfälliger Kosten für die zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts erforderlichen Amtshandlungen VwGH 20.09.2012, 2010/06/0108).
Die Übersetzung in der mündlichen Verhandlung war aufgrund der nicht ausreichenden Deutschkenntnisse der beschwerdeführenden Partei, ihres Ehemannes und von weiteren von ihr beantragten Zeugen für eine gänzlich unbeeinträchtigte Verständigung sowie zur verlässlichen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts erforderlich.
Mit Schreiben vom 02.10.2019 beantragte der Beschwerdevertreter die Beiziehung eines Dolmetschs für die bosnische Sprache, weil die Beschwerdeführerin und ein Großteil der Zeugen der deutschen Sprache nicht ausreichend kundig sei.
Dem Verwaltungsgericht stand eine amtliche Dolmetscherin oder ein amtlicher Dolmetscher für die bosnische Sprache nicht zur Verfügung. Für die mündliche Verhandlung hat es daher eine externe Person zur Übersetzung beigezogen.
Die Dolmetscherin legte in der Verhandlung am 13.11.2019 ihre Gebührennote, welche zur Einsicht angeboten wurde. Es wurden nach Einsichtnahme keine Einwendungen erhoben.
Die in der Gebührennote nach dem Gebührenanspruchsgesetz verzeichneten Gebühren hat das Verwaltungsgericht geprüft und in der im Spruch genannten Höhe für in Ordnung befunden (hg. Beschluss vom 18.11.2019, Zl. VGW-KO-...). Die Buchhaltungsabteilung der Stadt Wien wurde zur Bezahlung der Gebühr aus Amtsmitteln angewiesen (vgl. zu alldem § 53b in Verbindung mit § 53a Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 erster Satz AVG).
Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 erster und zweiter Satz sowie § 53b AVG hat die beschwerdeführende Partei für diese Barauslagen aufzukommen. Die Gebühren sind nunmehr nach Anweisung an die Dolmetscherin der beschwerdeführenden Partei der Höhe nach aufzuerlegen.
Zu Spruchpunkt IV.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Verfahren betreffend Aufenthaltstitel erfordert eine Einzelfallbeurteilung. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel. Die Rechtslage ist aufgrund der zitierten Gesetzeslage völlig klar (siehe die einzelnen Begründungsstränge oben) und durch die angeführte Rechtsprechung (insbesondere auch zu § 20 und § 2 Abs. 7 NAG) geklärt. Der gegenständlich vorgenommenen Würdigung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (insbesondere die Beweiswürdigung zur Nachweiserbringung betreffend einen tatsächlichen Aufenthalt). Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Eine Klärung der entscheidungsrelevanten Rechtsfragen durch den VwGH ist nicht erforderlich.
Schlagworte
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen; Aufenthalt; Daueraufenthalt EU; Richtlinie 2003/109/EG; Mittelpunkt der Lebensbeziehungen; Mitwirkungspflicht; Eventualantrag; gleichzeitiges Stellen mehrerer AnträgeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.V.007.10885.2019Zuletzt aktualisiert am
04.02.2020