TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/11 W197 2002093-2

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Veröffentlicht am 11.07.2019
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Entscheidungsdatum

11.07.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46 Abs2
FPG §46 Abs2a
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch

W197 2002093-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Elmar SAMSINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.09.2015, Zahl: 1000101010/140048998, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.11.2016, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin stellte am 08.01.2014 nach schlepperunterstützter Einreise per Flugzeug ins Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Bei der am 10.01.2014 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die Asylwerberin vor, aus China zu stammen, Chinesisch in Wort und Schrift zu beherrschen, der Volksgruppe der Han anzugehören, ohne religiöses Bekenntnis sowie die verheiratete Mutter einer Tochter zu sein. Sie hätte von 1978 bis 1981 die Schule besucht und sei zuletzt Landwirtin und Besitzerin eines Imbissstandes gewesen. Ihre Eltern wären bereits verstorben, ihr Ehemann und ihre erwachsene Tochter lebten noch im Herkunftsstaat. Die Antragstellerin sei am 08.01.2014 per Flugzeug mit ihrem Reisepass, welchen sie sodann ihrem Begleiter übergeben habe, ausgereist; für die Reise hätte sie nichts bezahlt, zumal es sich nicht um einen klassischen Schlepper, sondern vielmehr einen Bekannten ihres Gatten gehandelt habe, welcher sie unentgeltlich begleitet hätte.

Als Fluchtgrund führte die Genannte ins Treffen, ihr als Baggerfahrer tätiger Ehemann habe Ende August 2013 im Zuge eines Streites einen Beamten der Baubehörde mit einem Obstmesser im Brustbereich verletzt, sodass dieser ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Ihr Gatte wäre daraufhin noch am selben Tag von der örtlichen Polizei festgenommen worden und befinde sich seither in Untersuchungshaft. Die Angehörigen des "Schwerverletzten" würden nunmehr 200.000 RMB Schmerzensgeld von ihr verlangen. Sie hätte aber nicht über ausreichende Geldmittel verfügt und deshalb China verlassen müssen. Dies sei ihr einziger Fluchtgrund.

Im Fall der Rückkehr befürchte sie Probleme mit den Angehörigen des Verletzten.

1.1.3. Am 14.01.2014 wurde die Rechtsmittelwerberin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wobei sie primär auf ihr bisheriges Vorbringen verwies.

Ihr als Baggerfahrer tätiger Gatte habe Streit mit den Behörden gehabt und dabei einen Mann mit einem Messer ins Herz gestochen. Der Beamte liege seither im Koma und seine Familie fordere von ihr mehr als 200.000.- RMB Schmerzensgeld. In weiterer Folge wäre ihr Ehemann verhaftet worden und befände sie sich fortan auf der Flucht vor diesen Leuten. Die Beschwerdeführerin sei bei dem Streit persönlich nicht dabei gewesen. Sonst verfüge sie über keinerlei ethnische, politische oder religiöse Fluchtgründe. Gegenständlicher Streit hätte sich im September 2013 zugetragen und wären noch im selben Monat diese Leute wegen Schmerzensgeld zu ihr gekommen, genauer wisse sie es nicht. Ihre Tochter sei mittlerweile volljährig und lebe derzeit bei einer ehemaligen Schulfreundin. Die Leute wären ein paar Mal zu ihr gekommen, auch ihre Imbissstube sei zerstört worden. Wann genau, könne die Asylwerberin ebensowenig angeben, wie sonstige Details. Sie selbst habe von der Familie des Verletzten erstmalig vom Vorfall erfahren. Später wären dann auch die Behörden bei ihr vorstellig geworden. Wie lange danach die Polizei gekommen sei, wisse sie nicht mehr genau. Seit der Verhaftung hätte sie nicht mehr mit ihrem Gatten gesprochen. Dieser wäre noch am selben Tag am Tatort verhaftet worden. Befragt, weshalb sie nicht versucht habe, den Sachverhalt selbst aufzuklären, verweigerte die Rechtsmittelwerberin eine Antwort. Stattdessen behauptete sie, einfach nur weggewollt zu haben. Die Polizei hätte ihr geraten, dass sie eine Entschädigung zahlen solle. Eine Gerichtsverhandlung habe es nicht gegeben. Nach ihrer Weigerung, Geld zu bezahlen, hätte die Familie ihre Imbissstube zerstört und sie fortan belästigt, was ihr einfach auf die Nerven gegangen sei. Sie selbst wäre von keiner potentiellen Strafe bedroht. Konkrete Gegner gebe es ebensowenig. Weitere Details könne die Asylwerberin nicht nennen. Im Fall ihrer Rückkehr befürchte sie umgebracht zu werden.

Weiters gab die Antragstellerin auf Befragen an, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. Seit ihrer Ausreise habe sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie in der Heimat gehabt. Im Bundesgebiet lebe sie in der staatlichen Betreuung und verfüge darüber hinaus selbst über keinerlei finanzielle Mittel. Verwandte oder Bekannte hätte sie im Bundesgebiet nicht, besuche weder Kurse noch absolviere sie Ausbildungen, sei nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation und habe im Bundesgebiet auch keine Freunde oder Bekannte.

1.1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Der Genannten wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Antragstellerin gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Behörde führte begründend aus, wonach die von der Asylwerberin angegebenen Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates nicht glaubhaft wären und nicht festgestellt werden hätte können, dass sie dort einer realen Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt sei. Die Antragstellerin habe ihr Vorbringen vor dem Bundesamt extrem vage erstattet; sie hätte weder von sich aus Details vorgebracht, noch Ausführungen gemacht, die von einer Erzählung sprechen ließen, welche auf wahren Begebenheiten beruhe. Bei den Angaben zu den Vorfällen mit den Familienangehörigen des von ihrem Mann Verletzten habe sie keine Details nennen können und immer wieder angegeben, wonach sie sich nicht erinnern könne. Die Rechtsmittelwerberin habe nicht einmal von sich aus darlegen können, wie sie von der Verhaftung ihres Ehemannes durch die Polizei benachrichtigt worden sei. Erst auf Nachfrage hätte sie angegeben, dass die Behörden schon da gewesen wären, aber erst nach der Familie des Verletzten, was nicht plausibel sei. Ebenso hätte sie nicht schlüssig darzulegen vermocht, wie sie von dem Messerstich ins Herz erfahren habe. Nach Auffassung des Bundesamtes bediene sie sich lediglich der Eckpfeiler einer erfundenen Geschichte. Letztlich hätte sie angegeben, dass ihr die Auseinandersetzungen mit der Familie des Verletzten einfach auf die Nerven gegangen wären, womit sie erklärt habe, dass sie nicht in Furcht versetzt worden wäre. Diametral dazu habe die Genannte als Rückkehrbefürchtung angegeben, im Fall der Rückkehr in die Heimat umgebracht zu werden. Abgesehen von diesen Ungereimtheiten sei ihr Vorbringen zudem viel zu blass und wenig detailreich geschildert worden.

Im als rechtliche Beurteilung bezeichneten Abschnitt des angefochtenen Bescheides wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl mangels Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens zu den Fluchtgründen nicht gegeben seien.

Für die Asylwerberin bestehe angesichts ihrer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit nicht die Gefahr, im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ausweglose Situation zu geraten, auch aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat ergebe sich nicht die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung.

Die Genannte erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe ihr Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen und es komme daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht.

Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung der Beschwerdeführerin in die VR China. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die die Beschwerdeführerin bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

1.1.5. In der gegen diese Entscheidung durch den gewillkürten Vertreter der Antragstellerin fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid hinsichtlich sämtlicher Spruchpunkte angefochten. Geltend gemacht wurden unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin entspreche der Wahrheit, sei gründlich substantiiert, in sich konsistent und durch die Länderberichte belegt. Es wäre ihr daher Asyl zu gewähren.

1.1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2014, Zl. W117 20002093-1/3E, wurde die Beschwerde in allen Punkten gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF. als unbegründet abgewiesen.

Würdigend wurde hiebei ausgeführt, wonach die Identität der Rechtsmittelwerberin mangels geeigneter Personaldokumente nicht positiv festgestellt werden hätte können. In Bezug auf ihr Fluchtvorbringen sei die inhaltliche Darstellung in wesentlichen Elementen deutlich modifiziert sowie auffallend oberflächlich und vage präsentiert worden, weshalb den Ausführungen in ihrer Gesamtheit keinerlei Glaubwürdigkeit zuerkannt werde. Davon unabhängig entbehre die ins Treffen geführte Fluchtgeschichte jeglichen in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgelisteten Verfolgungstatbeständen, weshalb auch aus diesem Grunde der Antrag auf internationalen Schutz negativ zu finalisieren sei.

In Hinblick auf Spruchpunkt II. wurde auf die allgemeine Situation im Herkunftsland, basierend auf den aktuellen der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen, verwiesen, aus der sich in Zusammenschau mit dem konkret während des Rechtsgangs seitens der Asylwerberin erstatteten Vorbringen keinerlei Ansatzpunkte ergeben hätten, die eine Verletzung ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte im Falle ihrer Rückführung in ihr Heimatland realistisch befürchten lassen würden.

Des Weiteren wurde vor dem Hintergrund der Tatsache, derzufolge die Beschwerdeführerin weder eine begünstigte Drittstaatsangehörige sei noch über Verwandte im Bundesgebiet verfüge, die Verfahrensdauer zudem als sehr kurz zu bezeichnen wäre, eine Selbsterhaltungsfähigkeit der genannten definitiv ausgeschlossen werden könne, keine Deutschkenntnisse feststellbar seien und auch sonst keine integrativen Faktoren behauptet worden respektive im Verfahren hervorgetreten wären, eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich Spruchpunkt III. getroffen.

1.1.7. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 19.02.2015, Zl. E 197/2015-5, abgelehnt und erwuchs somit das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2014, Zl. W117 20002093-1/3E, in Rechtskraft.

1.1.8. Am 16.04.2015 wurde die Genannte im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde mit ihrem nunmehr rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet infolge des rechtskräftig negativ finalisierten Asylverfahrens konfrontiert.

Die diesbezügliche Reaktion der Rechtsmittelwerberin beschränkte sich auf die Aussage, derzufolge "das Leben in Österreich sehr gut ist und ich deshalb nicht nach Hause möchte (Seite 130 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Folgerichtig habe sie seither auch keinerlei Schritte unternommen, das Bundesgebiet in rechtskonformer Weise zu verlassen. Aktuell verfüge sei auch über keinen festen Wohnsitz, sondern nächtige bei einer Bekannten, deren Adresse sie aber nicht kennen würde. An Einkommen könne sie monatlich zwischen € 300,00.- und € 500,00.- über Gelegenheitsarbeiten in der Gastronomie oder als Kindermädchen lukrieren. Grundsätzlich gesund und im Besitz einer dreijährigen Volkschulbildung verweigere sie auch hinkünftig jegliche Kooperation zur Ausreise. "Nein, ich werde die Formulare nicht ausfüllen (Seite 131 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

1.1.9. Mit Schreiben der Botschaft der Volksrepublik China in WIEN, datiert vom 09.05.2015, teilte diese mit, wonach eine Überprüfung durch die chinesischen Behörden nicht die Existenz der Antragstellerin positiv verifizieren hätte können (vgl. Seite 141 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

1.1.10. In weiterer Folge am 28.05.2015 abermals vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, bekräftigte die Beschwerdeführerin die Richtigkeit ihrer bisher behaupteten Personaldaten. Zudem erklärte sie sich nunmehr dazu bereit, diesmal das entsprechende Formular freiwillig eigenhändig auszufüllen (vgl. Seite 148 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

1.1.11. Die daraufhin zum zweiten Mal um Ausstellung eines Heimreisezertifikats ersuchte chinesische Botschaft in WIEN, übermittelte ein Schreiben vom 22.07,2015, in welchem wie bereits zuvor auf die Nichtexistenz einer Staatsbürgerin mit Personalia, wie jenen von der Rechtsmittelwerberin vor den österreichischen Behörden explizit angegebenen respektive im Formular eingetragenen, verwiesen wurde (vgl. Seite 155 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

1.2. Gegenständliches Verfahren:

1.2.1. Mit Antrag vom 03.07.2015 ersuchte die Beschwerdeführerin über schriftliche Eingabe ihres rechtsfreundlichen Vertreters um Ausstellung einer Duldungskarte, und gab als Begründung den Wunsch an, hinkünftig am Rechtsleben in Österreich dauerhaft teilnehmen zu wollen.

Als "Flüchtling" hätte sie 2014 ihre Heimat verlassen müssen und habe sie seither stets realitätskonforme Aussagen zu ihrer Person getätigt, weshalb ihre Identität als geklärt anzusehen sei.

Da zudem die Abschiebung, welche bei tatsächlicher Durchführung die Rechte der Genannten im Sinne der Art. 3 und 8 EMRK verletzen würde, faktisch nicht umsetzbar wäre, sei der Rechtsmittelwerberin gemäß § 46a FPG eine Karte für Geduldete auszustellen.

1.2.2. In weiterer Folge trug die Erstinstanz mittels Verfahrensanordnung vom 06.08.2015 der Antragstellerin auf, binnen zweier Wochen genau anzugeben, "worauf sich Ihr Antrag bezieht (Seite 171 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

1.2.3. Mit Schriftsatz vom 20.08.2015 wies der rechtsfreundliche Vertreter der Genannten ausdrücklich darauf hin, dass sich deren Antrag gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG auf deren Unabschiebbarkeit gründe (vgl. Seite 173 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

1.2.4. Die belangte Behörde forderte daraufhin die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25.08.2015 dazu auf, mehrere aufgelistete Fragen hinsichtlich ihrer Person schriftlich binnen 14 Tage zu beantworten.

1.2.5. Am 03.09.2015 erwiderte die Rechtsmittelwerberin über ihren gewillkürten Vertreter in schriftlicher Form, dass das persönliche Vorsprechen von Flüchtlingen bei der für sie zuständigen Botschaft gefährlich wäre und diese angebliche Gefahr einer allfälligen Festnahme als unzumutbar qualifiziert werden müsste. Ebenso sei es "riskant", sich von Angehörigen Dokumente am Postweg zuschicken zu lassen. Derartige Mitwirkungspflichten würden kein gesetzliches Erfordernis darstellen. "Die Duldungskarte wird daher schleunigst auszustellen sein (Seite 181 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Die seitens der Erstinstanz übermittelten Fragen würden prinzipiell nicht beantwortet werden, zumal diese im gegenständlichen Rechtsgang nach Ansicht der Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreter "keine erkennbare Relevanz" aufweisen würden.

1.2.6. Mit im Spruch genannten Bescheid vom 09.09.2015, Zl. 1000101010/140048998, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Genannten auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Z 3 FPG ab.

Begründend wurde ausgeführt, wonach bei der Feststellung einer Duldung ein hoher Maßstab bezüglich der Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzdokumentes angelegt werden müsse und würden alle Handlungen, die nur dazu dienten, die Erlangung dieses Dokumentes zu verhindern oder die wahre Identität zu verschleiern, um dadurch die drohende Abschiebung zu vereiteln, zu einer Versagung der Duldung führen, da durch diese Duldung nach einem Jahr die Möglichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen bestehe.

In casu habe die Rechtsmittelwerberin mehrmals ihre mangelnde Kooperationsbereitschaft demonstriert, indem sie etwa beim ersten Versuch der Erstinstanz, ein Heimreisezertifikat zu erwirken, sich weigerte, das entsprechende Formular auszufüllen. Dementsprechend erfolglos sei dann der entsprechende Antrag bei der chinesischen Auslandsvertretungsbehörde in WIEN behandelt worden, unter gleichzeitigem Hinweis, wonach die ins Treffen geführte Identität der Antragstellerin nicht in deren Heimatland bestätigt werden hätte können.

Anlässlich eines daraufhin neuerlichen seitens der Erstinstanz unternommenen Versuchs habe die Genannte zwar das Formular selbstständig ausgefüllt, jedoch hätte diesmal die Botschaft der Volksrepublik China die darin eingetragenen Daten als wörtlich "gefälscht oder verborgen" qualifiziert, weshalb abermals die Ausstellung eines Heimreisezertifikats verweigert worden wäre.

Ein persönliches Vorsprechen bei der chinesischen Botschaft habe die Antragstellerin mit dem rational nicht nachvollziehbaren Argument verweigert, demzufolge sie befürchten müsse, dort verhaftet zu werden. Die ebenfalls als objektiv zumutbar erachtete Kontaktaufnahme zu ihren im Herkunftsland befindlichen Angehörigen zwecks - allenfalls elektronischer - Übermittlung diverser identitätsbezeugender Dokumente wäre seitens der Genannten ebenfalls abgelehnt worden.

Zusammenfassend sei somit nicht einmal in Ansätzen ein ernsthaftes Bemühen der Beschwerdeführerin dahingehend erkennbar, sich tatsächlich rechtskonform zu verhalten und ihrer bestehenden Ausreiseverpflichtung im Rahmen ihrer Möglichkeiten nachzukommen. Im Gegenteil lasse die Antragstellerin nichts unversucht, um einer Abschiebung in die Volksrepublik erfolgreich zu entgehen. Sämtliche Gründe, welche zu Fehlschlägen für die Behörde in ihrem Bemühen zur Außerlandesbringung der Genannten geführt hätten, wären ausschließlich im Verantwortungsbereich der Beschwerdeführerin gelegen und von dieser zu verantworten. Daraus resultierend lägen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Duldung gemäß § 46a FPG nicht vor, weshalb das Verfahren negativ zu finalisieren gewesen sei.

1.2.7. Gegen diesen Bescheid erhob die Genannte über ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, demzufolge die Rechtsmittelwerberin stets richtige Angaben zu ihrer Identität präsentiert habe; "wenn die Behörden ihres Heimatlandes China die Identität der Beschwerdeführerin nicht bestätigen können, dann ist dies deren Schuld und nicht die der Beschwerdeführerin (Seite 191 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Sofern die angeblichen Stellungnahmen der chinesischen Botschaft überhaupt tatsächlich existieren würden, müsse es sich um reine Gefälligkeitsbestätigungen handeln, zumal es angesichts des dort vor Ort fehlenden Zentralmelderegisters nicht nachvollziehbar wäre, wie die zuständigen Behörden überhaupt die Existenz potentieller Staatsbürger überprüfen können sollten. Im Ergebnis sei somit dem Antrag zu entsprechen und der Genannten eine Duldung zuzuerkennen, zumal sich diese als "tatsächlich nicht abschiebbar" erweisen würde.

1.2.8. Anlässlich der in weiterer Folge am 24.11.2016 vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten öffentlichen Verhandlung bestätigte die Antragstellerin die Richtigkeit ihrer bisherigen Angaben.

Sie könne sich nicht erklären, weshalb sie in der Volksrepublik China nicht registriert sein sollte, zumal sie am XXXX im Kreis GUANGYUAN in der gleichnamigen Stadt unter der Adresse SHHENGLI Nr. 25 geboren worden sei. Sowohl mit ihren namentlich angegebenen Eltern als auch mit ihrem namentlich genannten Gatten hätte sie immer am selben Ort gelebt.

Im Bundesgebiet führe sie nunmehr seit einem halben Jahr eine Lebensgemeinschaft mit einem Österreicher. Ihren Lebensunterhalt verdiene sie sich in einem Massageinstitut, wo sie täglich für ein bis zwei Stunden € 20,00.- bis € 30,00.- verdienen würde. Wenngleich in einem Sprachinstitut angemeldet, sah sich die Beschwerdeführerin außerstande, einfache Fragen auf Deutsch zu verstehen oder gar zu beantworten. Ihr Gatte in China wäre mittlerweile verstorben, ihre erwachsene Tochter versorge sich selbst. Abgesehen von ihrem derzeitigen Lebensgefährten verfüge die Antragstellerin im Bundesgebiet weder über Verwandte noch Freunde oder andere soziale Kontakte.

In ihrer Heimat habe sie ursprünglich einen Imbissstand betrieben, diesen dann aber mangels Geschäftserfolg geschlossen und sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser gehalten.

Auf Vorhalt, wonach sie im Zuge ihres Asylverfahrens behauptet hatte, demzufolge der Imbiss gewaltsam zerstört worden sei, verweigerte die Rechtsmittelwerberin eine Erklärung mit dem Hinweis, dass sie generell nicht mehr über die Vergangenheit sprechen wolle.

Der ebenfalls als Zeuge einvernommene Lebensgefährte der Antragstellerin bestätigte die persönliche Bekanntschaft mit dieser für einen Zeitraum von drei Jahren; zusammenleben würde man aber erst seit wenigen Monaten. Über eine gemeinsame Zukunft könne er aber keine verbindlichen Angaben machen, dies hänge unter anderem auch von deren künftigen rechtlichen Status ab.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten samt Vorakten des Bundesamtes, des Bundesverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere hinsichtlich der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages der Genannten, sowie den gegenständlichen Antrag vom 03.07.2015, die von der Rechtsmittelwerberin übermittelte Stellungnahme sowie die Beschwerde und die zuletzt durchgeführte Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.

Die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, reiste im Jahr 2014 illegal nach Österreich ein und stellte am 08.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2014, Zl. W117 20002093-1/3E, wurde der Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig als unbegründet abgewiesen und diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden.

Die Genannte kam ihrer Ausreiseverpflichtung in der Folge nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Die Rechtsmittelwerberin stellte am 03.07.2015 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte.

Als Grund für die Notwendigkeit der Ausstellung einer Karte für Geduldete wurde lediglich der Wunsch angeführt, hinkünftig am Rechtsleben in Österreich dauerhaft teilnehmen zu wollen. Ihrer Verpflichtung, sich entweder über die chinesische Botschaft ein Ersatzreisedokument oder über ihre Angehörigen und Freunde im Heimatland Originalurkunden zu beschaffen kam sie bis dato nicht nach gab sie auch keinen rational nachvollziehbaren Grund bekannt, welcher der Erfüllung der ihr aufgetragenen Verpflichtung entgegenstehen sollte. Selbst das Ausfüllen eines entsprechenden Formulars wurde ihrerseits zunächst verweigert und später offenkundig mit falschen - im Rahmen der Beschwerdeverhandlung handschriftlich korrigierten - Angaben versehen, was in sämtlichen Fällen zu einer Vereitelung einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die chinesischen Autoritäten und somit einer erfolgreichen Abschiebung führte. Die Antragstellerin stellte auch in ihrer Beschwerdeverhandlung nicht nachvollziehbar dar, dass sie sich um die Ausstellung eines solchen Dokumentes bemüht oder die Behörde dessen Ausstellung verweigert hätte.

4. Beweiswürdigung:

Die Genannte behauptete im Rahmen ihrer Rechtsmittelverhandlung lediglich, stets wahre Aussagen zu ihrer Identität gemacht zu haben, korrigierte aber vor dem verhandlungsleitenden Richter handschriftlich ihre ehemaligen Angaben im betreffenden Formular, weshalb das durch keinerlei Beweismittel belegte Vorbringen im Ergebnis als reine Schutzbehauptung qualifiziert wird.

5. Rechtliche Beurteilung:

5.1. Anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

5.2. Rechtlich folgt daraus:

Zu Spruchteil A):

Das BVwG hat der Entscheidung die Sach- und Rechtslage zu unterstellen, die es zum Entscheidungszeitpunkt vorfindet (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2006/18/0414; VwGH 11.12.2009, 2006/10/0146, oder VwGH 27.09.2005, 2002/01/0206), soweit nicht auf Grund von Übergangsbestimmungen ein Rückgriff auf die frühere Rechtslage angeordnet wird.

5.2.1. Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

Gemäß § 46a Abs. 3 FPG liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Gemäß § 46a Abs. 4 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

Die Beschwerdeführerin stützt ihren Antrag im gegenständlichen Fall darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen im Sinne von § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheine.

Das mit 01.11.2017 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2017 und die darin enthaltenen Bestimmungen des § 46 FPG setzen es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.

Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.

Die Genannte hat zwar stets behauptet, nicht nachvollziehen zu können, weshalb die chinesischen Behörden die ihrerseits angeblich stets wahrheitskonform präsentierten Personalia nicht verifizieren könnten, hat ihre diesbezügliche Aussage aber nicht nur nicht weiter belegt, sondern sogar vor dem verhandlungsleitenden Richter ihre Daten im ihrerseits angefertigten Formular erkennbar deutlich handschriftlich modifiziert. Es besteht sohin kein Nachweis darüber, dass sie zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes jemals realitätskonforme Angaben gemacht oder sich in objektiv zumutbarer Weise bei der chinesischen Botschaft respektive über ihre in der Heimat bestehenden Kontakte ernsthaft um geeignete Personaldokumente bemüht hat. Die Antragstellerin hat auch keine Gründe genannt, warum ihr ein Dokument nicht ausgestellt werden sollte.

Da die Rechtsmittelwerberin sohin im gegenständlichen Fall nicht ihrer Pflicht nachgekommen ist, bei der für sie zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen oder auf andere objektiv geeignet erscheinende Weise, wie etwa der Anforderung eingescannter und elektronisch übermittelter Dokumente aus der Heimat, beispielsweise über ihre erwachsene Tochter, sowie die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen für eine materielle Prüfung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG (§ 58 AsylG) sowie zu Rückkehrentscheidungen ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung dazu; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Duldung, Karte für Geduldete, Mitwirkungspflicht, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2002093.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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