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E1PNorm
AVG §37Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2019/02/0186 E 16.12.2019Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Finanzmarktaufsichtsbehörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Juni 2019, Zl. W158 2173890- 1/24E, betreffend Übertretung des BWG bzw. FM-GwG (mitbeteiligte Partei: U AG in W, vertreten durch Dr. Bettina Hörtner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landhausgasse 4, weitere Partei:
Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 21. August 2017 hat die revisionswerbende FMA die mitbeteiligte Partei folgender Übertretung schuldig erkannt:
"Die (mitbeteiligte Partei), ein konzessioniertes
Kreditinstitut ... hat als juristische Person folgenden Verstoß zu
verantworten:
(Die mitbeteiligte Partei) verfügte jedenfalls von 01.01.2014 (Inkrafttreten des § 99d BWG) bis jedenfalls 30.11.2015 über keine angemessenen und geeigneten Strategien und Verfahren für die Einhaltung des § 40 Abs. 2 erster Halbsatz zweiter Fall BWG, einer Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden und eine einschlägige Vorschrift im Sinne des § 41 Abs. 4 Z 1 BWG, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern. Konkret hatte (die mitbeteiligte Partei) weder (schriftliche) Arbeitsanweisungen an die für sich tätigen Personen erteilt, noch technische oder sonstige Vorkehrungen getroffen, die sicherstellten, dass bei Durchführung von nicht in den Rahmen einer dauernden Geschäftsbeziehung fallenden Transaktionen (im Folgenden auch gelegentliche Transaktionen), deren Betrag sich auf mindestens 15.000,-- Euro oder Euro-Gegenwert beläuft ..., die Kunden stets aufgefordert werden, bekannt zu geben, ob sie die Transaktionen auf eigene oder fremde Rechnung bzw. in fremden Auftrag betreiben wollen. Den rechtmäßigen Zustand hat (die mitbeteiligte Partei) frühestens im Dezember 2015 durch eine entsprechende Adaptierung der (in der mitbeteiligten Partei) verwendeten EDV-Programme, wonach die Kundenbetreuer bei derartigen Transaktionen nunmehr ein Freitextfeld zu befüllen haben, in welchem zu vermerken ist, ob die Transaktionen auf eigene oder fremde Rechnung bzw. in fremden Auftrag erfolgen soll, hergestellt.
Die Verantwortlichkeit (der mitbeteiligten Partei) ergibt sich folgendermaßen:
Die im Tatzeitraum (01.01.2014 bis 30.11.2015) zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstandes (der mitbeteiligten Partei) (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch, welcher einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) haben durch mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch für (die mitbeteiligte Partei) tätige Personen ermöglicht.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 41 Abs. 4 Z 1 BWG, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 13/2014 iVm § 40 Abs. 2 erster Halbsatz zweiter Fall iVm Abs. 1 Z 2 BWG, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 184/2013 iVm § 35 Abs. 3 FM-GwG, BGBl. I Nr. 118/2016 iVm § 34 Abs. 1 Z 8 FM-GwG, BGBl. I Nr. 118/2016."
2 Über die mitbeteiligte Partei wurde deswegen eine Geldstrafe von EUR 60.000,-- gemäß § 35 Abs. 3 iVm § 34 Abs. 1 Z 8 FM-GWG, BGBl. I Nr. 118/2016, verhängt.
3 Der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und das Straferkenntnis vom 21. August 2017 "ersatzlos aufgehoben". 4 Begründend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einer Aussetzung des Verfahrens die mitbeteiligte Partei in einer Stellungnahme vom 14. Mai 2019 mitgeteilt habe, dass Mag. C. seit 2. Mai 2014 als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt sei. Die revisionswerbende FMA teilte mit, dass sie das Verfahren gegen die im Straferkenntnis vom 21. August 2017 bestimmten zur Vertretung nach außen befugten Vorstandsmitglieder eingestellt habe. Dazu stellte das Verwaltungsgericht fest, Mag. C. sei vom 2. Mai 2014 bis zum 27. April 2017 für den verfahrensgegenständlich einschlägigen Bereich (insbesondere § 40 BWG) als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt gewesen. Die Beschuldigtenrechte der zur Vertretung nach außen befugten Mitglieder des Vorstandes der mitbeteiligten Partei, insbesondere jenes auf Parteiengehör, seien im Verfahren gegen die mitbeteiligte Partei (die juristische Person) nicht gewahrt worden. Die revisionswerbende FMA habe die Einstellung des Verfahrens gegen die zur Vertretung nach außen befugten Mitglieder des Vorstandes des Kreditinstitutes verfügt.
5 Nach beweiswürdigenden Überlegungen führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage in rechtlicher Hinsicht aus, dass das Strafverfahren gegen die mitbeteiligte Partei als juristische Person ab der Bestellung von Mag. C. mit 2. Mai 2014 als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG einzustellen gewesen sei. Nach dem angefochtenen Straferkenntnis habe sich die Verantwortlichkeit der juristischen Person nicht vom verantwortlichen Beauftragten Mag. C., sondern von den zur Vertretung nach außen berufenen Mitgliedern des Vorstandes des Kreditinstitutes abgeleitet. Der ab 2. Mai 2014 bestellte verantwortliche Beauftragte werde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses weder namentlich genannt noch sei seine Bestellungsurkunde dem Erkenntnis angeschlossen gewesen. Ein Austausch der im Spruch genannten Personen durch das Verwaltungsgericht sei nicht möglich. Es liege kein Fall eines sanierbaren, fehlerhaften Abspruchs der ersten Instanz hinsichtlich eines konstituierenden Verantwortungsmerkmals vor, welches das Verwaltungsgericht verpflichtet wäre, richtig zu stellen. Es müsste sich zumindest um dieselbe natürliche Person handeln, deren (Organ-)Eigenschaft im Unternehmen von der belangten Behörde lediglich falsch bezeichnet worden sei. 6 Hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Jänner bis zum 1. Mai 2014 wäre eine Ableitung der Verantwortlichkeit des Kreditinstitutes von den zur Vertretung nach außen berufenen Mitgliedern des Vorstandes zumindest denkbar. Jedoch sähen die gesetzlichen Vorschriften vor, dass jenen natürlichen Personen, die namentlich genannt oder aus der sonstigen Umschreibung eindeutig nach individuellen Kriterien bestimmbar seien und denen als Führungsperson in einer Verfolgungshandlung gegen die juristische Person einer der genannten Straftaten vorgeworfen worden sei, sofern diese Führungspersonen für eine Bestrafung in Betracht kämen, was auf Grund der in § 99d BWG verwiesenen Bestimmungen (nur) auf die Verantwortlichen gemäß § 9 VStG zutreffe, gemäß § 32 Abs. 1 VStG die Rechtsstellung von Beschuldigten zukomme, weil sie ab diesem Zeitpunkt im Verdacht dieser Verwaltungsübertretung stünden. Diese Rechtsstellung gehe mit Beschuldigtenrechten einher, die von der revisionswerbenden FMA offensichtlich nicht gewährt worden seien. Auf Grund der Abhängigkeit der Strafbarkeit der juristischen Person von der der natürlichen Person zum Vorwurf gemachten Übertretung habe die Verletzung von Beschuldigtenrechten gegenüber Letzterer unweigerlich Auswirkungen auf die juristische Person, schon allein in Anbetracht der Verteidigungsrechte, die die juristische Person anders gar nicht ausüben könne. Die fehlende Wahrung der Rechte der natürlichen Person durch die revisionswerbende FMA bedeute also auch eine fehlende Wahrung der Rechte der juristischen Person und könne nicht, wie von dieser behauptet, durch die Einstellung des Verfahrens gegen die natürliche Person gleichermaßen saniert werden oder deren Feststellung dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Verfahren habe die natürliche Person die Beschuldigtenrechte nicht ausüben können, eine Sanierung dieses Mangels sei auf Grund der Einstellung des Verfahrens gegen die natürliche Person nicht mehr möglich. Der Beschwerde sei daher auch hinsichtlich des verbleibenden Zeitraums vom 1. Jänner 2014 bis zum 1. Mai 2014 stattzugeben gewesen.
7 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. 9 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 I. Zum Tatzeitraum vom 2. Mai 2014 bis 30. November 2015:
Als zulässig erachtet die revisionswerbende FMA die Revision, weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung abgewichen sei, wonach trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten die Verantwortlichkeit der juristischen Person von den zur Vertretung nach außen berufenen Mitgliedern des Vorstandes abgeleitet worden sei (Verweis auf VwGH 29.3.2019, Ro 2018/02/0023).
11 Dem angeführten Erkenntnis sind dahingehende Ausführungen weder im Sachverhalt noch im rechtlichen Bereich zu entnehmen, weshalb sich die Revision aus diesem Grund als unzulässig erweist. 12 Zudem sei die Revision nach Ansicht der revisionswerbenden FMA zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung zum Inhalt einer Bestellungsurkunde gemäß § 9 Abs. 2 VStG abweiche. Es sei fraglich, ob der sachliche Bereich, für den Mag. C. zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung des § 40 BWG bestellt worden sei, durch die bloße Verwendung der Bezeichnung "Verantwortungsbereich Retail Banking" in der Bestellungsurkunde klar von anderen sachlichen Bereichen der mitbeteiligten Partei abgegrenzt sei. Für die Prüfung der Wirksamkeit der Bestellung hätte das Verwaltungsgericht weitere Beweise aufnehmen müssen. Das Verwaltungsgericht hätte die mitbeteiligte Partei oder die revisionswerbende FMA fragen müssen, ob und gegebenenfalls für welche weiteren sachlichen Bereiche die mitbeteiligte Partei im Tatzeitraum zeitgleich zu Mag. C. Verantwortliche für die Einhaltung des § 40 BWG bestellt habe und gegebenenfalls um Vorlage der entsprechenden Bestellungsurkunden ersuchen müssen. Diesfalls hätten die Genannten dem Verwaltungsgericht diverse Bestellungsurkunden vorgelegt. Daraus hätte sich ergeben, dass für einen näher genannten Zeitraum neben Mag. C. ein weiterer Mitarbeiter der mitbeteiligten Partei als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung des § 40 BWG bestellt worden sei. Die Bestellungsurkunde von Mag. C. lasse Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offen.
13 Mit dem Vorbringen zu weiteren Bestellungsurkunden gemäß § 9 Abs. 2 VStG und allfälligen Überschneidungen der Verantwortungsbereiche verstößt die revisionswerbende FMA gegen das Neuerungsverbot, weil solches im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht behauptet wurde.
14 Allerdings hat das Verwaltungsgericht mit der auch diesen Tatzeitraum betreffenden Fassung des Spruches gegen die Rechtsprechung verstoßen, wonach es gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. In Verwaltungsstrafsachen gemäß § 50 VwGVG kommt eine Aufhebung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheids samt Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids nicht in Betracht. Es macht dabei keinen Unterschied, ob das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis nur (ersatzlos) behebt oder zusätzlich ausspricht, dass die Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids zurückverwiesen werde; in beiden Fällen wird die Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt (VwGH 7.3.2017, Ra 2016/02/0271, mwN).
15 Das Verwaltungsgericht hat in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache weder die Beschwerde zurückgewiesen, noch hat es in der Sache selbst - sei es durch Einstellung des Verfahrens oder im Sinne eines Schuldspruches - entschieden; es hat den angefochtenen Bescheid ersatzlos behoben. Damit hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
16 II. Zum übrigen Tatzeitraum:
Zum Tatzeitraum 1. Jänner bis zum 1. Mai 2014 sieht die revisionswerbende FMA eine Zulässigkeit ihrer Revision im Fehlen von Rechtsprechung zur Frage, ob die durch die fehlende Wahrnehmung der Rechte der natürlichen Person (Führungsperson gemäß § 35 Abs. 1 FM-GwG) verursachte Verletzung der Rechte der juristischen Person vom Verwaltungsgericht saniert werden könne, wenn die FMA zwischenzeitig das Verfahren gegen die natürliche Person gemäß § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG "eingestellt" habe. 17 Das Verwaltungsgericht vertrat dazu die Ansicht, eine Nachholung der Ausübung der Beschuldigtenrechte der natürlichen Person sei auf Grund der "Einstellung" des Verfahrens gegen die natürliche Person nicht mehr möglich.
18 Zu dieser Frage fehlt Rechtsprechung, weshalb die Revision zulässig ist, sie ist auch berechtigt:
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2019/02/0184, festgehalten, dass durch das Absehen von der Bestrafung der natürlichen Person gemäß § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG kein Hindernis für die (weitere) Verfolgung der juristischen Person besteht, diese also unabhängig davon weiter verfolgt und bestraft werden kann. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Gemäß § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache.
20 Die natürliche Person ist demnach ab dem Zeitpunkt, in dem von ihrer Bestrafung gemäß § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG abgesehen worden ist, formal nicht mehr als Beschuldigte in dem gegen sie beendeten Verfahren anzusehen. Wird das Verfahren gegen die juristische Person weitergeführt, müssen ihr jedoch dort die Beschuldigtenrechte eingeräumt werden. Dies ist wegen der Abhängigkeit der Bestrafung der juristischen Person von der Strafbarkeit der natürlichen Person nur dann gewährleistet, wenn auch der natürlichen Person im weiteren Verfahren gegen die juristische Person Beschuldigtenrechte eingeräumt werden. Keinesfalls kommt die Beiziehung der natürlichen Person als Zeugin in Betracht.
21 Die gegenteilige Ansicht des Verwaltungsgerichtes, der natürlichen Person komme nach dem Absehen von ihrer Bestrafung gemäß § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG im (weiteren) Verfahren gegen die juristische Person keine Beschuldigtenrechte mehr zu, war daher nicht zu teilen.
22 Das Unionsrecht verlangt (vgl. zum hier anwendbaren Art. 47 GRC das Vorerkenntnis), dass zur Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes zumindest ein im Instanzenzug anrufbares Gericht insofern über eine ausreichende Rechts- und Tatsachenkognition verfügt, als es möglich sein muss, alle für die Wahrung der in Rede stehenden individuellen Unionsrechte relevanten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu überprüfen. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts oder mindestens die Kontrolle durch unabhängige Instanzen (wenn der maßgebliche Sachverhalt bereits festgestellt wurde) ist im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und bei Geltendmachung gemeinschaftsrechtlicher (nunmehr unionsrechtlicher) Positionen geboten, weil nur so effektiver Rechtsschutz im Sinne dieser Vorgaben gewährleistet werden kann (VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121, mwN; zur Sanierung von Beschuldigtenrechten durch die Behörde zweiter Instanz vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vgl. etwa VwGH 19.3.2010, 2009/02/0317, mwN).
23 Betreffend die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist - wie bereits oben ausgeführt - festzuhalten, dass gemäß Art. 130 Abs. 4 erster Satz B-VG (vgl. auch § 50 VwGVG) in Verwaltungsstrafsachen das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst entscheidet, woraus folgt, dass in Verwaltungsstrafverfahren
dem Verwaltungsgericht in jedem Fall auch die Befugnis und Verpflichtung zu allenfalls erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zukommt (VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048-0049, mwN).
24 Es sind demnach allfällige Verletzungen der Beschuldigtenrechte der natürlichen Person im erstinstanzlichen Behördenverfahren kein Grund für das Verwaltungsgericht zur "ersatzlosen Aufhebung" des Verfahrens gegen die juristische Person, auch wenn mittlerweile von der Bestrafung der natürlichen Person gemäß § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG abgesehen worden ist. 25 Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 13. Dezember 2019
Schlagworte
AllgemeinBerufungsverfahrenBesondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Verantwortlichkeit (VStG §9)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020147.L00Im RIS seit
13.05.2020Zuletzt aktualisiert am
13.05.2020