Entscheidungsdatum
12.06.2019Norm
AVG §62 Abs4Spruch
W210 2209647-1/15E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER als Vorsitzende und den Richter Dr. Stefan KEZNICKL und die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, Mariahilfer Straße 116, 1070 Wien, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht Österreich vom 18.09.2018, Zl. FMA-KL29 0380.100/0001-LAW/2017 den Beschluss gefasst:
A)
Das Erkenntnis vom 08.05.2019, W210 2209547-1/12E, wird gemäß § 17 VwGVG iVm. § 62 Abs. 4 AVG berichtigt, sodass im Spruchpunkt II. statt der Wortfolge "2018 idF BGBl. I Nr. 107/2017" die Wortfolge "2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012" einzufügen ist und dieser nunmehr wie folgt lautet:
"II. Die Strafnorm lautet § 95 Abs. 1 WAG 2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die belangte Behörde erließ das oben angeführte Straferkenntnis vom 18.09.2018, das sich gegen XXXX wendet. Dabei stützte die belangte Behörde sich als Strafsanktionsnorm auf "§ 95 Abs 1 WAG 2018, BGBl I Nr 107/2017 iVm § 22 Abs 8 FMABG, BGBl I Nr 97/2001 idF BGBl I Nr 17/2018".
Mit Erkenntnis vom 08.05.2019 wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen und die verhängte Strafe in Höhe von € 5.900 bestätigt. Zur Strafbemessung und zur Strafsanktionsnorm führte das Bundesverwaltungsgericht wie folgt an:
"Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Wie oben angeführt, änderten sich durch das In-Kraft-Treten des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, mit 03.01.2018 die verfahrensgegenständlichen Normen dahingehend, dass nun gemäß § 95 Abs. 1 Z 53 WAG 2018 eine Verwaltungsübertretung begeht, wer gegen die Pflichten zur Meldung von Geschäften gemäß Art. 26 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 bis 5, Abs. 6 UAbs. 1, Abs. 7 UAbs. 1 bis 5 und 8 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 verstößt, die Strafe darauf beläuft sich auf eine Geldstrafe bis zu 5 Millionen Euro oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich der Nutzen beziffern lässt. Die Meldeverpflichtung des § 64 Abs. 1 WAG 2007 findet sich nun in Art. 26 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014, die materielle Rechtslage hat sich hier bis auf die Fundstelle nicht geändert.
Die belangte Behörde führt nun aus, dass im vorliegenden Verfahren der seit 03.01.2018 wie folgt lautende § 22 Abs. 8 FMABG, eingefügt mit BGBl. I 107/2017, zu beachten sei, demnach bei Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen (Taten) "eine einzige Verwaltungsstrafe zu verhängen" und diese Verwaltungsstrafe jeweils nach der Strafdrohung zu bestimmen ist, die die höchste Strafe androht (§ 22 Abs. 8 FMABG letzter Satz); sie führt dazu aus:
'Aufgrund des seit 03.01.2018 geltenden Absorptionsprinzips, das anstelle des Kumulationsprinzips, keine Zusammenrechnung der Strafen vorsieht (§ 22 Abs 8 FMABG), ist die nunmehr geltende Rechtslage in seiner Gesamtauswirkung gemäß § 1 Abs 2 VStG das für den Beschuldigten günstigere Recht, weil nun von einer Strafdrohung von EUR 5.000.000,- und nicht wie beim Kumulationsprinzip von EUR 7.080.000,- auszugehen ist. Die Strafdrohung von EUR 7.080.000,-
beim Kumulationsprinzip ergibt sich daraus, dass die RLB Vlbg die Meldeverpflichtung an 118 Handelstagen nicht rechtzeitig erfüllt hat und der Strafrahmen pro Verstoß EUR 60.000,- beträgt. Deshalb war gemäß § 22 Abs 8 FMABG eine einzige Verwaltungsstrafe zu verhängen.'
Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hier ein fortgesetztes Delikt vorliegt. Diese wird vom Verwaltungsgerichtshof wie folgt definiert (VwGH, 19.12.2018, Ra 2018/02/0107):
‚Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (VwGH vom 25. August 2010, 2010/03/0025; VwGH vom 29. Jänner 2009, 2006/09/0202; VwGH vom 18. September 1996, 96/03/0076).
....
In der Regel kommt das fortgesetzte Delikt nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht. Allerdings kann auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden (vgl. VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108).'
Es handelt sich nach diesen Vorgaben somit klar um ein fortgesetztes Delikt mit -nahezu täglich - wiederholten Verwirklichungen des gleichen Tatbestands im Rahmen eines deutlich erkennbaren zeitlichen Rahmens von 13.10.2016 bis 27.03.2017. § 22 Abs. 8 FMABG hat hier deswegen außer Acht gelassen zu werden, damit führt auch der von der belangten Behörde durchgeführte Günstigkeitsvergleich ins Leere.
§ 95 Abs. 1 WAG 2007 in der im Tatzeitraum geltenden Fassung sah eine Geldstrafe von bis 60.000 EUR vor. Die für die gegenständliche Verletzung vorgesehene Strafdrohung nach dem WAG 2018 hat sich für einen einzelnen Verstoß im Vergleich zur Rechtslage zum Zeitpunkt der Tat wesentlich erhöht, beträgt nun bis zu 5 Mio. EUR. Das ergibt somit, dass das zum Zeitpunkt der Tat anwendbare Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger ist.
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände, insbesondere der hohen Bedeutung des geschützten Rechtsgutes - die Meldeverpflichtung dient dem Funktionsschutz des Kapitalmarktes und soll die Bekämpfung von Marktmissbrauch ermöglichen und für Gleichberechtigung sorgen -, der Schwere und der Dauer des Verstoßes, wobei hier ins Auge fällt, dass nicht einmal eine einzige Überprüfung der Übermittlung nach einer derart tiefgreifenden IT-Umstellung für nötig befunden wurde, sowie der Tatsache, dass der Beschwerdeführer weiterhin eine Vorstandsfunktion in der haftungspflichtigen Gesellschaft innehat und die Verhängung der Strafe daher zur Abhaltung weiterer Verstöße gegen die relevanten Bestimmungen des WAG 2018 und der korrespondierenden unionsrechtlichen Bestimmungen erforderlich ist, erscheint die von der belangten Behörde verhängte Strafe in der Höhe von 5.900,-- EUR durchaus angemessen. Sie bewegt sich unter der 10%-Marke des möglichen Strafrahmens und erscheint tat- und schuldangemessen; eine Beeinträchtigung der Sorgepflichten des Beschwerdeführers kann hier nicht erkannt werden.
..."
Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seiner Begründung somit evident auf § 95 Abs. 1 WAG 2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012, Spruchpunkt A.II. dieser Entscheidung lautete aber wie folgt (Hervorhebung nicht im Original):
"II. Die Strafnorm lautet § 95 Abs 1 WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A) zur Berichtigung:
Die Rechtsgrundlage der Berichtigung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses bildet der gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG sinngemäß anzuwendende § 62 Abs. 4 AVG. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde (das Verwaltungsgericht) "Schreib- und Rechenfehler oder diesen
gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen ... beruhende
Unrichtigkeiten" in Entscheidungen "jederzeit von Amts wegen berichtigen." (vgl. zum erkennbaren Fehler in der Mitteilung und nicht in der Willensbildung: VwGH 28.02.2019, Ra 2018/12/0041).
Im vorliegenden Fall lag eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit darin, dass das Bundesverwaltungsgericht zwar in der Begründung die richtige, günstigere Strafsanktionsnorm des § 95 Abs. 1 WAG 2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012 heranzog, jedoch es übersah, entgegen den Vorgaben des § 44a Z 3 VStG die Fassung der angewendeten Strafsanktionsnorm statt mit "§ 95 Abs 1 WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017" auch im Spruch auf § 95 Abs. 1 WAG 2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012 richtigzustellen. Das Versehen des Gerichts ist offenkundig, weil allen Parteien aus der Begründung der ergangenen Entscheidung klar sein musste, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die Strafsanktionsnorm des § 95 Abs. 1 WAG 2007 idF BGBl. I Nr. 35/2012 zugrundelegte.
Da es sich dabei um eine "offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit" im Sinne von § 62 Abs. 4 AVG handelt, war die nunmehrige Berichtigung in der Weise vorzunehmen, dass die Sanierung des behördlichen Fehlers auch im verwaltungsgerichtlichen Spruch erfolgt, somit der Spruch auch die tatsächlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrundegelegte Strafsanktionsnorm wiedergibt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 62 Rz 46 und 47 mwN); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Berichtigung, Berichtigung der Entscheidung, Berichtigungsbescheid,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W210.2209647.1.01Zuletzt aktualisiert am
03.02.2020