TE Bvwg Beschluss 2019/7/23 W112 2199681-1

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Veröffentlicht am 23.07.2019
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Entscheidungsdatum

23.07.2019

Norm

AVG §76 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W112 2199681-1/41Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA AFGHANISTAN, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zl. 1049916903-180577108, und die Anhaltung in Schubhaft seit 21.06.2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer

der Ersatz der Barauslagen für die Dolmetscherin XXXX für die Sprache DARI in der Verhandlung am 06.07.2018 iHv € 193,50 auferlegt.

Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 193,50 auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC:

BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Schriftsatz vom 13.06.2018 [gemeint wohl: 29.06.2018] erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Vertreter fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.06.2018 und die Anhaltung in Schubhaft und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid beheben, aussprechen, dass die Anordnung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß der VwG-Aufwandersatz-VO sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe, auferlegen.

Das Bundesamt legte am 02.07.2018 den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Stellungnahme, in der es beantragte, dass Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid bestätigen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten zu verpflichten.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.07.2018 von 14:15 Uhr bis 18:20 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung der im Spruch genannten Dolmetscherin für die Sprache DARI durch, da der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war.

Mit dem am 06.07.2018 mündlich verkündeten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet ab, stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen, wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG ab und trug dem Beschwerdeführer auf, dem Bund (Bundesminister für Inneres) gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Abspruch über den Barauslagenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.

Keine der Parteien stellte einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 06.07.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses; das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 20.02.2019 gekürzt aus.

2. Die Dolmetscherin legte mit Schriftsatz vom 16.07.2018, der fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € 193,50. Mit Schriftsatz vom 22.02.2019 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur Kostennote der Dolmetscherin ein.

Mit Stellungnahme vom 01.03.2019, die am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, führte der Beschwerdeführer zur beabsichtigten Auferlegung der Dolmetscherkosten als Barauslagen aus, dass sich die Bestimmung des § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG lediglich auf Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG beziehe; Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei aber die Entscheidung über die Beschwerde betreffend die Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft und das Vorliegen der Voraussetzungen der Fortsetzung der Haft. Das Bundesverwaltungsgericht setze sohin die Verfahrenshandlung gemäß § 22a BFA-VG, Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG setze es nicht. In den Materialien zu § 53 Abs. 1 BFA-VG werde diesbezüglich festgehalten, dass diese Bestimmung lediglich auf das Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG anzuwenden sei; eine analoge Anwendung dieser Bestimmung im Schubhaftverfahren scheide somit aus. Dieser Rechtsansicht habe sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0071, angeschlossen. Die Auferlegung der Dolmetschkosten komme auch nicht als Barauslage iSd § 76 AVG in Betracht, da § 53 Abs. 1 VFA-VG [gemeint wohl: BFA-VG] und § 113 Abs. 1 FPG in dieser Hinsicht als speziellere Normen anzusehen seien. Die Anwendung des AVG sei grundsätzlich subsidiär. Gegen die Gebührennote der Dolmetscherin brachte der Beschwerdeführer keine Einwände vor.

Mit Beschluss vom 24.04.2019 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche der Dolmetscherin nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 193,50. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 19.09.2018 an.

3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

II. Erwägungen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Barauslagenersatz

1. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden.

Dem steht das Vorbringen des Beschwerdeführers, es gebe speziellere Normen, die den nur subsidiär geltenden § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG in seiner Anwendung verdrängen würden, nicht entgegen, weil er selbst - zutreffend - ausführt, dass die spezielleren Normen des § 53 BFA-VG und des § 113 Abs. 1 FPG im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht anwendbar sind und § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG daher nicht verdrängen können.

2. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der "Antragsteller" die Barauslagen zu tragen hat.

Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen. Die Dolmetscherin verzeichnete € 193,50 an Gebühren; die Gebührennote musste vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 193,50 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. auf das Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).

Schlagworte

Barauslagen, Dolmetschgebühren, mündliche Verhandlung,
Schubhaftverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W112.2199681.1.01

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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