TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/3 98/06/0086

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Veröffentlicht am 03.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs2;
AVG §71 Abs2 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 4. Mai 1998, Zl. A 17-K-13.223/1995-7, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß dem Stmk. Kanalgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides samt beigeschlossenen Beilagen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Dezember 1993, Zl. A 8-17/1993-943, wurde der Beschwerdeführer gemäß den §§ 2 und 4 Kanalabgabengesetz in Verbindung mit der dazu ergangenen Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz zur Zahlung eines Kanalisationsbeitrages von S 33.671,-- verpflichtet.

Mit Bescheid vom 28. November 1993, Zl. A 10/2-K-5669/1993-3, wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, bis längstens drei Monate ab Rechtskraft dieses Bescheides um die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung der Hauskanalanlage anzusuchen und diese an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen.

Mit Bescheid vom 18. September 1995, Zl. A 10/2-K-5.669/95-4, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers stattgegeben, daß bis längstens ein Jahr ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides um die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung beim Magistrat Graz - Kanalbauamt planbelegt (2-fach) anzusuchen und die Hauskanalanlage innerhalb von 18 Monaten ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen sei.

Mit Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Februar 1998 wurde dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Verpflichtung, die näher angeführte Liegenschaft mit einer Hauskanalanlage zu versehen und sie an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen, eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- angedroht. Dieses Schreiben ist dem Beschwerdeführer am 9. Februar 1998 zugestellt worden. Unter Hinweis auf dieses Schreiben vom 6. Februar 1998 stellte der Beschwerdeführer in einem bei der Behörde am 11. Februar 1998 eingelangten Schreiben folgende Anträge:

"1. Bei der Feststellung der Anschlußpflicht wurde dem Antragsteller erläutert, daß seine dem Anschluß zugeordnete nächste Liegenschaftsgrenze weniger als 100 m vom öffentlichen Kanal (Straßenzug des öffentlichen Weges: am Ragnitzbach) läge.

...

Bei den Vorarbeiten für das Projekt Kanalausgestaltung wurde nun eine Vermessung vorgenommen und diese hat ergeben, daß selbst die direkte Verbindung zwischen dem Kanal: Am Ragnitzbach und der nördlichen Grundgrenze des Antragstellers, wesentlich mehr als 100 m, exakt jedoch 112 m ausmacht.

Daher bestünde für den Antragsteller überhaupt keine Anschlußpflicht und er ist diesbezüglich seitens des Magistrates Graz über eine unrichtige Angabe einer Anschlußverpflichtung (innerhalb 100 m) dazu verhalten worden, die Anschlußpflicht überhaupt zu akzeptieren.

...

Aufgrund dieses Umstandes wird der

A n t r a g

auf Wiederaufnahme der Verfahren A 8-17/1993-943 (Bescheid vom 6.12.1993) sowie des Verfahrens A 10/2-K-5669/1995-4 gestellt, mit dem Antrag, durch einen Amtssachverständigen die Nachmessung des Abstandes zwischen dem öffentlichen Kanal:

Am Ragnitzbach zur Liegenschaft des Antragstellers, nachzumessen und die bezogenen Bescheide zu beheben und den Antragsteller von der Kanalanschlußpflicht zu entheben.

2. Weiters wird der

A n t r a g

gestellt, die Frage der Errichtung des Anschlusses des Hauskanals an das öffentliche Kanalnetz bis zur Rechtskraft über die beantragte Wiederaufnahme aufzuschieben, mindestens jedoch bis zum 31.3.1999."

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 26. Februar 1998 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens A 10/2-K-5669/1995-4, verbunden mit dem Antrag, durch einen Amtssachverständigen die Nachmessung des Abstandes zwischen dem öffentlichen Kanal am Ragnitzbach zur Liegenschaft des Antragstellers vornehmen zu lassen, die bezogenen Bescheide zu beheben und den Antragsteller von der Kanalanschlußpflicht zu entheben sowie die Frage der Errichtung des Anschlusses des Hauskanales an das öffentliche Kanalnetz bis zur Rechtskraft über die beantragte Wiederaufnahme aufzuschieben, abgelehnt.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, der im Antrag angeführte Bescheid vom 6. Dezember 1993,

"GZ A 8-17/1993-943", sei nach seinem eindeutigen Inhalt ein Abgabenbescheid, mit dem ein Kanalisationsbeitrag nach dem Kanalabgabengesetz 1955 in der Höhe von S 33.671,-- vorgeschrieben worden sei. Der dieses Verfahren betreffende Wiederaufnahmeantrag sei von der Baubehörde erster Instanz an die für die Abgabenbehörde zuständige Abteilung übermittelt worden, sodaß im vorliegenden Fall ausschließlich über den das Verfahren "A 10/2-K-5669/1995-4" betreffenden Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden sei. Das zuletzt angeführte Verfahren sei nach dem diesbezüglich eindeutigen Inhalt des "Gegenstandsaktes" mit dem Antrag des Beschwerdeführers vom 1. September 1995 begonnen worden, die Frist zur Einreichung eines Kanalplanes bis zum 31. März 1996 zu verlängern. Dieser Antrag sei deshalb erfolgt, weil die Behörde dem Beschwerdeführer die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht habe, weil er mit Bescheid vom 28. November 1993 u.a. verpflichtet worden sei, bis längstens drei Monate ab Rechtskraft dieses Bescheides um die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung beim Magistrat Graz-Kanalbauamt planbelegt (2-fach) anzusuchen. Mit Bescheid vom 18. September 1995, "GZ A 10/2-K-5669/95-4", sei dem Antrag des Beschwerdeführers dahin stattgegeben worden, daß bis längstens ein Jahr ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides um die diesbezügliche baubehördliche Bewilligung beim Magistrat Graz anzusuchen und die Hauskanalanlage innerhalb von 18 Monaten ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen sei. Das ausdrückliche Antragsbegehren des Beschwerdeführers richte sich also daraufhin, das "Fristverlängerungsverfahren" wieder aufzunehmen. Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages sei nicht die Wiederaufnahme jenes Verfahrens, mit dem dem Beschwerdeführer gegenüber die grundsätzliche Verpflichtung zum Anschluß an den öffentlichen Kanal ausgesprochen worden sei, nämlich das Verfahren unter der "GZ A 10/2-K-5669/1993", welches mit rechtskräftigem Bescheid vom 28. November 1993 geendet habe, in welchem der Beschwerdeführer u.a. als Eigentümer der näher angeführten Liegenschaft bzw. der darauf befindlichen Bauwerke (hauptsächlich) verpflichtet worden sei, diese mit einer Hauskanalanlage zu versehen und sie an die öffentliche Kanalanlage anzuschließen. Dies sei deshalb zu erwähnen, weil sich der Beschwerdeführer nach der Begründung des wiedergegebenen Wiederaufnahmeantrages nicht durch die ihm gewährte Fristverlängerung beschwert zu erachten scheine (und nur dieses Verfahren begehre er nach dem eindeutigen Antragswortlaut - neben dem Abgabenverfahren - wiederaufzunehmen), sondern offenkundig dadurch, daß dereinst von der Behörde die Distanz zwischen dem öffentlichen Kanal und den Bauwerken auf seiner Liegenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 Stmk. Kanalgesetz 1988 von 100 m für die Anschlußpflicht unrichtig festgestellt worden sei.

Der Beschwerdeführer releviere nunmehr in der Berufung eine Wiederaufnahme von amtswegen gemäß § 69 Abs. 3 AVG, die beim Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG auch "außerhalb" der objektiven Wiederaufnahmefrist von drei Jahren vorgenommen werden könne. Für eine solche Wiederaufnahme bestehe jedoch keinerlei Anlaß, weil der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG nur dann bestehe, wenn die vom Beschwerdeführer behauptete Erschleichung des Bescheides von einer Partei oder ihrem Vertreter vorgenommen worden sei.

Was die Wiederaufnahme des Verfahrens

"A 10/2-K-5669/1995-4", also das Verlängerungsverfahren betreffe, sei die dreijährige "objektive" Antragsfrist noch nicht abgelaufen. Nach Auffassung der Behörde erster Instanz leide der vorliegende Wiederaufnahmeantrag an einem unverbesserlichen inhaltlichen Mangel, weil die Einhaltung der subjektiven Antragsfrist, nämlich 14 Tage nach Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes, nicht nachgewiesen worden sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes treffe die Partei die Beweislast für die Einhaltung der subjektiven Frist. Die Partei müsse bereits in ihrem Antrag angeben, wann sie von dem geltend gemachten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Werde die Behauptung nicht erwiesen, gehe dies zu Lasten der Partei. Nach dieser Judikatur müsse der Wiederaufnahmewerber die Kenntnisnahme des von ihm behaupteten Wiederaufnahmegrundes datumsmäßig bezeichnen und nachweisen. Das Fehlen der Angabe dieses Zeitpunktes im Wiederaufnahmeantrag stelle kein verbesserbares Formgebrechen, sondern einen wesentlichen inhaltlichen Mangel dar. Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag enthalte überhaupt nur einen Satz, in dem ein "Nachweisführungsversuch" betreffend die Einhaltung der zweiwöchigen, subjektiven Antragsfrist unternommen werde. Diese Passage laute:

"Bei den Vorarbeiten für das Projekt Kanalausgestaltung wurde nun eine Vermessung vorgenommen ...".

Darin habe die Unterbehörde "keine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Aussage über den genauen Zeitpunkt der Kenntnisnahme des vom Antragswerber behaupteten Wiederaufnahmegrundes" erblickt. Diese Auffassung sei ungeachtet des "weitwendigen" Berufungsvorbringens und des Versuches einer "sprachwissenschaftlich-etymologischen" Deutung des Wortes "NUN" zutreffend. Beim Nachweis der Einhaltung einer Frist, die - wie im § 69 Abs. 2 AVG ausdrücklich formuliert - mit dem Zeitpunkt beginne, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt habe, und die exakt zwei Wochen nach diesem Zeitpunkt ende, sei es unerläßlich, wenigstens glaubhaft zu machen, wann denn dieser "Kenntniserlangungszeitpunkt" gewesen sei. Eben diese Angabe geschweige denn diesen Nachweis lasse der nun mehrfach wiedergegebene Satz gänzlich vermissen. Unabhängig von der Bedeutung des Wortes "NUN" werde behauptet, bei den Vorarbeiten für das Projekt Kanalausgestaltung sei eine Vermessung vorgenommen worden. Es werde aber keine Angabe getätigt, wann diese Vermessung stattgefunden habe bzw. wann vom Vermessungsergebnis Kenntnis erlangt worden sei. Nähme man einmal an, daß das angebliche Vermessungsergebnis von 112 m Distanz anstelle von 100 m Distanz zwischen öffentlichem Kanal und Bauwerk des Beschwerdeführers überhaupt zutreffe, sei diese Behauptung durch kein Beweis- oder Bescheinigungsmittel auch nur irgendwie belegt worden. Mangels einer zeitlichen Lokalisierbarkeit der Vermessung bzw. der Kenntnis vom Vermessungsergebnis sei es der Behörde unmöglich, die Einhaltung der "subjektiven Antragsfrist" von zwei Wochen ab Kenntnis des behaupteten Wiederaufnahmegrundes auch nur irgendwie zu überprüfen, wie dies die Unterbehörde bereits zutreffend erkannt habe. Von einem Nachweis der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes könne also nicht die Rede sein. Die erstinstanzliche Ablehnung des auf das Fristverlängerungsverfahren gerichteten Wiederaufnahmeantrages erweise sich daher als rechtens. Die eingebrachte Berufung sei daher - wie im Spruch erfolgt - als unbegründet abzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

"1.

der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahren voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.

..."

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß § 69 Abs. 2 AVG binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Gemäß § 70 Abs. 3 AVG steht dem Antragsteller gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiederaufnahme das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde zu, wenn aber in der Sache eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß der verfahrensgegenständliche Wiederaufnahmeantrag an einem unverbesserbaren inhaltlichen Mangel leide, da nämlich die Einhaltung der subjektiven Antragsfrist nicht "nachgewiesen" worden sei. Es stelle sich die Frage, ob es sich um einen unverbesserbaren oder verbesserbaren inhaltlichen Mangel handle. Die belangte Behörde selbst gebe zu, daß der Begriff "nun" zweideutig sein könne. Es sei "damit eine zeitlich normierte, nach Ansicht der belangten Behörde, aber unklare Begriffsbestimmung" enthalten. Bei Vorliegen eines unklaren Begriffes, der nach Ansicht der belangten Behörde mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulasse, sei eine Verbesserungsfähigkeit des Antrages anzunehmen. Es hätte dem Beschwerdeführer eine Konkretisierung seines diesbezüglichen Vorbringens aufgetragen werden müssen. Zeitliche Begriffsbestimmungen müßten im Sinne der für die deutsche Sprache auch zulässigen Verwendung des Dudens ausgelegt werden. Wenn einzelne Begriffe zweifelhaft seien, müsse dem Antragsteller die Möglichkeit einer Konkretisierung gegeben werden, um eine zweifelsfreie Auslegung auch durch die belangte Behörde sicherzustellen. Dies stelle eine "zulässige Verbesserungsfähigkeit" dar, weil im Prinzip die formellen Voraussetzungen sehr wohl gegeben gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei somit in Rechten verletzt, weil ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, seinen Antrag zu verbessern.

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1480f, in E 64 zu § 69 AVG angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) hat der Wiederaufnahmantrag nicht nur den Wiederaufnahmegrund, sondern auch die Angaben über die Rechtzeitigkeit der Erhebung des Begehrens zu enthalten. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrags trägt der Antragsteller. Dieser muß schon im Antrag angeben, wann er von dem Vorhandensein des Beweismittels Kenntnis erlangt hat. Ein Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages kann nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen angesehen und dementsprechend behandelt werden. Der Wiederaufnahmeantrag hat den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes datumsmäßig oder sonst genau zu enthalten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1990, Zl. 90/17/0429). Wenn der Beschwerdeführer in seinem Antrag ausgeführt hat, daß bei den Vorarbeiten für das Projekt Kanalausgestaltung "nun eine Vermessung vorgenommen und diese ... ergeben" hat, daß die direkte Verbindung zwischen dem Kanal und der nördlichen Grundgrenze des Beschwerdeführers mehr als 100 m ausmache, wurde damit der Zeitpunkt der Kenntnis des neuen Beweismittels nicht entsprechend genau - wie erforderlich - angegeben. Der Ausdruck "nun" wie auch der Ausdruck "nunmehr" erlaubt eine präzise zeitliche Fixierung, wie sie für eine Fristenberechnung nach Wochen erforderlich wäre, nicht und läßt keinen Schluß darauf zu, wann der Antragsteller von dieser Beweismöglichkeit erfahren hat (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1482 in E 76 zu § 69 angeführten hg. Erkenntnissen). Wenn der Beschwerdeführer meint, aus dem Hinweis auf das Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Februar 1998, in dem die Verhängung einer Zwangsstrafe angedroht worden sei, hätte die belangte Behörde ableiten müssen, daß sich das "nun" nur auf jenen Zeitraum erstrecken könne, der mit dem Erhalt des Schreibens (am 9. Februar 1998) begonnen und mit der Abfassung seines Schreibens, das am 11. Februar 1998 bei der Behörde eingelangt sei, geendet habe, ist er nicht im Recht. Die Verpflichtung des Beschwerdeführers, den Hauskanalanschluß herzustellen, bestand bereits im Zeitpunkt der wegen bisheriger Nichterfüllung erfolgten Androhung der Zwangsstrafe mit dem Schreiben vom 6. Februar 1998 aufgrund des angeführten Bescheides vom 18. September 1995 innerhalb von 18 Monaten ab Rechtskraft des Verlängerungsbescheides (am 28. September 1995). Diese Frist ist ca. mit Ende März 1997 abgelaufen. Daß die Androhung einer Zwangsstrafe, die mit der Nichterfüllung der vorgeschriebenen Hauskanalanschlußverpflichtung im Zusammenhang steht, für den Beschwerdeführer Anlaß war, erstmals Messungen der Entfernung seines Grundstückes von dem Kanal durchführen zu lassen, konnte von den Behörden aus dem vorliegenden Wiederaufnahmeantrag nicht abgeleitet werden. Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Auffassung vertreten, daß die Angaben des Beschwerdeführers über die Einhaltung der subjektiven Frist gemäß § 69 Abs. 2 AVG nicht ausreichend gewesen sind und daß es sich dabei um einen nicht verbesserungsfähigen Mangel des verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeantrages handelt. Dies muß dem Beschwerdeführer auch im Zusammenhang mit seinen Ausführungen betreffend die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides entgegengehalten werden. Soweit der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1980, Zl. 2621/1980, verweist, ist folgendes festzustellen: Im Gegensatz zu der Wendung "vor einigen Tagen" in Verbindung mit einem datierten Schreiben kann die Verwendung des Wortes "nun" in einem datierten Schreiben nicht als ausreichende Präzisierung des Zeitpunktes der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes angesehen werden. Für die vorliegende Rechtsfrage, ob mit dem Wort "nun" eine ausreichende Präzisierung des Zeitpunktes der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes erfolgt ist, sind vielmehr die bereits angeführten hg. Erkenntnisse maßgeblich, deren Gegenstand der Ausdruck "nunmehr" war.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß er in der Berufung den Zeitpunkt der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes ausreichend präzisiert hätte, ist darauf zu verweisen, daß - wie bereits dargelegt - die Angaben über die Rechtzeitigkeit der Erhebung eines Wiederaufnahmeantrages im Wiederaufnahmeantrag enthalten sein müssen und das Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit kein gemäß § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähiges Formgebrechen darstellt. Eine Verbesserung eines Wiederaufnahmeantrages in dieser Hinsicht kann somit auch nicht im Rahmen der Berufung erfolgen.

Aber selbst wenn man diesbezüglich keine Mangelhaftigkeit des verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeantrages annähme, würde sich die Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages schon deshalb als rechtmäßig erweisen, weil das behauptete neue Vermessungsergebnis in bezug auf den im Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers angesprochenen Bescheid vom 18. September 1995, "GZ A 10/2-K-5669/95-4", mit dem die Frist zur Einbringung eines baubehördlichen Ansuchens betreffend die Hauskanalanlage um längstens ein Jahr ab Rechtskraft des Fristverlängerungsbescheides verlängert wurde, keine Rolle spielt. Die Frage der Entfernung des Grundstückes des Beschwerdeführers vom öffentlichen Kanal bildete vielmehr bei der Erlassung des Bescheides vom 28. November 1993, "GZ A 10/2-K-5669/1993-3", eine zentrale Rolle. In bezug auf diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer jedoch keine Wiederaufnahme beantragt. Solange der Bescheid betreffend die Kanalanschlußverpflichtung der Rechtsordnung angehört, hat jeder andere darauffolgende Bescheid davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für die Kanalanschlußverpflichtung vorliegen und die Kanalanschlußpflicht gegeben ist.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998060086.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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