TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/27 W127 2162650-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2019
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Entscheidungsdatum

27.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W127 2162650-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. FISCHER-SZILAGYI über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2017, Zl. 1097774004-151921484, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 04.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.12.2015 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, er habe Afghanistan verlassen, da er von der Polizei verdächtigt worden sei, Alkohol und Bibeln verkauft zu haben. Deshalb drohe ihm die Todesstrafe.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 12.10.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari sowie einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen. Er machte nähere Angaben zu dem bei der Erstbefragung angegebenen Fluchtgrund und führte aus, bei einer Rückkehr in seine Heimat würden ihn die Bewohner töten, bevor er noch zur Polizei käme. Für Hazara gebe es keine ruhige Provinz.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

In der Begründung wurde dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aufgrund vager Angaben und einer "offensichtlich konstruierte[n] Geschichte" zur Gänze die Glaubhaftigkeit abgesprochen. Der Beschwerdeführer verfüge über tragfähige familiäre und soziale Bindungen in Afghanistan. Eine Rückkehr nach Ghazni sei zwar aufgrund der dortigen Lage nicht zumutbar, Kabul sei aber ausreichend sicher und der Beschwerdeführer verfüge über Ortskenntnis.

5. Hiegegen wurde Beschwerde erhoben und der gesamte Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtiger Beweiswürdigung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie falscher und unvollständiger Sachverhaltserhebung bekämpft. In rechtlicher Hinsicht wurde insbesondere auf eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan unterstellte Abkehr vom Islam und seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara hingewiesen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative scheide aufgrund einer von staatlicher Seite in allen Teilen Afghanistans drohenden Verfolgung aus und wäre diese überdies nicht zumutbar.

Der Beschwerde wurde eine Teilnahmebestätigung betreffend einen Deutschkurs beigeschlossen.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 27.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Mit Schreiben vom 11.09.2017, 29.06.2018 und 11.07.2018 wurden hinsichtlich des Beschwerdeführers ÖSD Zertifikate A1 und A2 sowie ein ärztlicher Befund vom 21.06.2018 betreffend eine Schilddrüsenuntersuchung vorgelegt.

8. Am 27.02.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein einer Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Für eine schriftliche Stellungnahme zu den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten zur Situation in Afghanistan wurde eine Frist von einer Woche gewährt.

Im Rahmen der Verhandlung brachte der Beschwerdeführer ein Konvolut von Unterlagen zum Nachweis seiner Integration in Österreich zur Vorlage.

9. In der Stellungnahme vom 06.03.2019 machte der Beschwerdeführer Ausführungen zu den aktuellen UNHCR-Richtlinien, den EASO-Leitlinien sowie zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und verwies ergänzend auf einen Länderbericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 12.09.2018, der auch für Personen, die gegen soziale Normen verstoßen würden, ein Risikoprofil vorsehe. In der Beilage wurde eine Tazkira in Kopie vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt sowie insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 22.01.2019; EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018; UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Hazara zugehörig und bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 04.11.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan in einem Dorf im Distrikt Jaghori der Provinz Ghazni geboren und hat dort bis zu seiner Reise nach Österreich gelebt. Er hat in seiner Heimatprovinz acht Jahre lang die Schule besucht und spricht Dari. Vor seiner Ausreise aus Afghanistan hat der Beschwerdeführer etwa drei Jahre lang als Autohändler seinen Lebensunterhalt bestritten. Die Eltern und mehrere Geschwister des Beschwerdeführers leben weiterhin in seinem Heimatdorf, seine Verlobte lebt in der Hauptstadt Kabul und ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Deutschland. Der Beschwerdeführer hatte jedenfalls bis Ende des Jahres 2018 telefonischen Kontakt zu seiner Familie und kann bei einer Rückkehr nach Afghanistan wieder Kontakt zu seinen Angehörigen aufnehmen.

Der Beschwerdeführer ist gesund, volljährig, ledig und hat keine Kinder. Er hat in Österreich keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Er hat in Österreich einen Werte- und Orientierungskurs sowie Deutschkurse besucht, die Prüfung ÖSD Zertifikat A2 bestanden und spricht etwas Deutsch. Der Beschwerdeführer ist Mitglied in einem Volleyball-Club und hat insbesondere in diesem Umfeld auch österreichische Freunde. Er hat bereits gemeinnützige Arbeit geleistet, ist darüber hinaus in Österreich aber keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich.

1.2. Zum Fluchtvorbringen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan Bibeln bzw. sonstige christliche Bücher verteilt hat. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer wegen des Verkaufs alkoholischer Getränke seitens afghanischer Behörden gesucht wird bzw. ihm bei einer Rückkehr in diesem Zusammenhang Strafverfolgung droht.

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in eine afghanische Großstadt keine physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung aufgrund eines ihm unterstellten Glaubensabfalls bzw. einer ihm unterstellten Konversion zum Christentum. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht.

Dem Beschwerdeführer droht aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. aufgrund seiner Religionszugehörigkeit weder Gewalt noch Diskriminierung von erheblicher Intensität. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

Der Beschwerdeführer hat bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine sonstige konkret gegen seine Person gerichtete Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Privatpersonen zu erwarten.

1.3. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Paschtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.

Die schiitische Minderheit der Hazara besiedelt traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert, gesellschaftliche Spannungen bestehen aber fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Ungefähr seit dem Jahr 2016 wurden insbesondere von Taliban und dem IS vermehrt terroristische Angriffe auf schiitische kulturelle und religiöse Einrichtungen bzw. Veranstaltungen verübt, bei denen zahlreiche schiitische Muslime - überwiegend ethnische Hazara - verletzt oder getötet wurden.

Etwa 99,7 % der Bevölkerung Afghanistans sind Muslime, der Großteil davon sind Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen etwa 0,3 % der Bevölkerung aus.

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt. Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber.

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u.a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30 %. Rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, die aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, tagen regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern. Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - gelegentlich kommt es dabei aber zu Auseinandersetzungen mit Paschtunen. Ungefähr seit dem Jahr 2016 wurden insbesondere von Taliban und dem IS vermehrt terroristische Angriffe auf schiitische kulturelle und religiöse Einrichtungen bzw. Veranstaltungen verübt, bei denen zahlreiche schiitische Muslime - überwiegend ethnische Hazara - verletzt oder getötet wurden.

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.02.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften.

Eine Person wird in Afghanistan nicht notwendigerweise als nichtgläubig angesehen, wenn sie nicht an religiösen Handlungen im öffentlichen Raum teilnimmt, da es auch viele Muslime gibt, die nicht regelmäßig die Moschee besuchen. Auch für als "verwestlicht" wahrgenommene Männer besteht in Afghanistan generell nur ein geringes Verfolgungsrisiko - insbesondere im urbanen Bereich.

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.

Ghazni, die Heimatprovinz des Beschwerdeführers, ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans, deren Bevölkerung hauptsächlich aus großen Stämmen der Paschtunen sowie Tadschiken und Hazara besteht. Die Provinz zählt zu den relativ volatilen Provinzen und grenzt an unruhige Provinzen des Südens. Die Taliban und Aufständische anderer Gruppierungen sind in gewissen Distrikten aktiv. Es kommt zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen.

Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.

Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.

Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, Schulbildung und Berufstätigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seinen Familienangehörigen beruhen auf den diesbezüglich plausiblen und im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens.

Eine bereits erfolgte Eheschließung des Beschwerdeführers mit seiner Verlobten konnte aufgrund widersprüchlicher Angaben bei den Einvernahmen bzw. der mündlichen Verhandlung mangels Vorlage geeigneter Nachweise nicht festgestellt werden. Bei der Einvernahme am 12.10.2016 hat der Beschwerdeführer befragt zu seinem Familienstand etwa ausdrücklich angegeben, er sei verlobt und seine Verlobte lebe in Kabul; er habe keine Kinder, da er ja noch nicht verheiratet sei. Die über Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung ins Treffen geführte Erklärung des Beschwerdeführers, er habe beim Bundesamt gemeint, dass sie das Hochzeitsfest aus Geldmangel nicht gefeiert hätten, aber bereits bei der Verlobung auch die Ehe geschlossen hätten, vermag aufgrund der oben zitierten Aussage des Beschwerdeführers zu seinem Familienstand und dem Grund seiner Kinderlosigkeit nicht zu überzeugen.

Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen Befund betreffend eine Schilddrüsenuntersuchung am 15.06.2018 vorgelegt hat, in der mündlichen Verhandlung am 27.02.2019 gab der Beschwerdeführer allerdings an, es gehe ihm gut, er stehe nicht in dauernder ärztlicher Behandlung und nehme keine Medikamente ein. Über konkrete Nachfrage führte er zu der genannten Schilddrüsenuntersuchung aus, er habe keine Schilddrüsenprobleme und gehe lediglich einmal im Jahr zur Kontrolle.

Hinsichtlich der Feststellungen zu dem aktuellen Privat- und Familienleben sowie insbesondere der Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Nachweise und Empfehlungsschreiben den Feststellungen zugrunde gelegt. Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS) hervor. Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.2. Zum Fluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer begründete seine Ausreise aus Afghanistan im Wesentlichen mit drohender Strafverfolgung aufgrund des Verkaufs alkoholischer Getränke und der Verteilung von Bibeln.

Bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr aufgrund vager und unplausibler Angaben als unglaubhaft. Dieser Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers verstärkte sich in der Folge noch, da sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens weitere Ungereimtheiten im Vorbringen ergaben, welche der Beschwerdeführer nicht schlüssig zu erklären vermochte.

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hat vor allem auch zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Fluchtvorbringens die Wahrheit gesagt hat. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer bereits zu seinem Familienstand (siehe oben) und zu seiner Tazkira widersprüchliche Angaben gemacht: Während der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt die Frage nach Dokumenten, die er vorlegen könne, verneinte und lediglich angab, er habe eine Tazkira gehabt, die sei aber in Afghanistan geblieben, bejahte der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung die Frage, ob er eine Tazkira habe, und erklärte, diese würde sich in seinem Zimmer befinden; beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe er die Tazkira mitgehabt. Über Vorhalt der Angabe des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde änderte dieser sein Vorbringen neuerlich und gab nunmehr an, eine Kopie seiner Tazkira befinde sich in seinem Zimmer und das Original in Afghanistan. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe vor dem Bundesamt angegeben, dass das Original seiner Tazkira in Afghanistan sei, er aber ein Foto der Tazkira bei sich habe, findet keine Deckung in der Niederschrift vom 12.10.2016 und vermag überdies nicht zu erklären, warum der Beschwerdeführer am 12.10.2016 die Frage nach Dokumenten verneinte, am 27.02.2019 die Frage nach einer Tazkira aber bejahte. Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, das Bundesamt habe das Foto der Tazkira nicht gewollt, ist nicht plausibel und auch im Einvernahmeprotokoll vom 12.10.2016 findet sich kein dahingehender Hinweis.

Wenngleich das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dem angeblichen Verkauf von alkoholischen Getränken und der Verteilung von Bibeln keine gravierenden Widersprüche aufweist, ist es dem Beschwerdeführer dennoch nicht gelungen, nachvollziehbar darzulegen, dass er als selbständiger Autohändler, dessen Familie über ein eigenes Haus verfügt, - auch im Falle finanzieller Schwierigkeiten - "Alkohol" verkaufen und insbesondere auch christliche Bücher verteilen würde, obwohl ihm eigenen Angaben zufolge bewusst gewesen sei, dass beides in Afghanistan verboten ist und schwere Strafen nach sich ziehen kann. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer selbst nicht Christ, sondern gläubiger Moslem ist. Gerade die im Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers vorgenommene Verknüpfung des Verkaufs alkoholischer Getränke mit einer Verteilung von Bibeln - zwei bekanntermaßen nach islamischer Rechtsprechung streng verbotene Handlungen - verstärkt in der Gesamtbetrachtung den Eindruck einer konstruierten Geschichte.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer den für seine in der Beschwerdeverhandlung vorgebrachte Fluchtgeschichte zentralen Vorfall, bei dem es bei einer Hochzeit, auf der er Alkohol verkauft habe, unter alkoholisierten Personen zu Streit, einer Beschädigung der Stromversorgung und in weiterer Folge zu einem großen Tumult gekommen sei, vor dem Bundesamt in keiner Weise erwähnt. Abweichend von der diesbezüglichen Erklärung des Beschwerdeführers, er sei nicht danach gefragt worden bzw. habe von sich aus nichts erzählen dürfen, ist der Niederschrift vom 12.10.2016 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer über Aufforderung seitens der belangten Behörde seinen Ausreisegrund detailliert und möglichst lebensnah zu schildern ("Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!"), lediglich angab: "Mein Leben war in Gefahr!" Auch über mehrmalige Nachfrage nach Details und konkreten Problemen im Zusammenhang mit dem in der Folge erwähnten Verkauf von Alkohol bzw. der Verteilung christlicher Bücher, gab der Beschwerdeführer nur kurz gehaltene, oberflächliche Antworten (vgl. etwa: "LA: Welche konkreten Probleme hatten Sie aufgrund des Verkaufs von Alkohol und christlichen Büchern? VP: Die haben versucht, herauszufinden, woher die Bücher kommen. LA: Wer hat versucht, das herauszufinden? VP: Die, an die ich das verteilt habe. Da wurde nachgefragt, woher die die Bücher hatten. Wenn in diesen Ortschaften jemand etwas gegen den Islam macht, verstehen die Leute das falsch.").

Der Beschwerdeführer konnte ferner nicht nachvollziehbar erklären, warum er bei der Einvernahme am 12.10.2016 angegeben hat, ein "Freund", der selbst Polizist gewesen sei, habe ihn vor einer (Polizei-)Kontrolle in seinem Geschäft gewarnt, in der mündlichen Verhandlung am 27.02.2019 aber mehrmals behauptet hat, sein "Schwager" habe ihn vor der bevorstehenden Kontrolle gewarnt. Die Erklärung des Beschwerdeführers, der Schwager sei auch sein Freund gewesen, kann nur als Schutzbehauptung gewertet werden, zumal dennoch nicht nachvollziehbar ist, warum der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt nicht erwähnt hat, dass es sich bei diesem Polizisten um seinen Schwager gehandelt habe.

Dies gilt auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Person, die er angerufen habe, als er sich vor seiner Flucht auf einem Berg vor der Polizei versteckt habe. Während der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt angab, er habe seinen Neffen angerufen, erzählte der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich von einem Freund, den er am Telefon gebeten habe, ein Taxi zu organisieren. Auch bei Zugrundelegung des über entsprechenden Vorhalt erstatteten Vorbringens, es habe sich eigentlich nicht um seinen Neffen, sondern um den Neffen seines Vaters - sohin den Cousin des Beschwerdeführers - gehandelt, vermag die unterschiedliche Bezeichnung dieser Person als Neffe bzw. Freund nicht plausibel zu erklären.

Im Gesamtzusammenhang betrachtet weisen die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sohin Widersprüche und Ungereimtheiten in zentralen Teilen des Vorbringens auf, welche der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar zu klären vermochte. Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat sich der Eindruck verstärkt, dass der Beschwerdeführer lediglich eine konstruierte Geschichte wiedergegeben hat, und war daher sein gesamtes fluchtbezogenes Vorbringen als unglaubhaft zu werten.

Der Beschwerdeführer könnte darüber hinaus einer allfälligen Bedrohung in seiner Heimatregion auch durch eine Neuansiedlung in einer afghanischen Großstadt - wie beispielsweise Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif - entgehen, da keine substantiierten Hinweise hervorgekommen sind, dass in ganz Afghanistan nach dem Beschwerdeführer gesucht wird. Auch bei Zugrundelegung des Vorbringens, dass die örtliche Polizei im Jahr 2015 im Zusammenhang mit dem Verkauf alkoholischer Getränke und der Verteilung von Bibeln in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers nach ihm gesucht habe, ist vor dem Hintergrund der amtsbekannten Gegebenheiten in Afghanistan (Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister; vgl. auch EASO COI Report Afghanistan: Networks (Arbeitsübersetzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl), Stand Jänner 2018, Pkt. 3.1.1) nicht davon auszugehen, dass er - etwa vier Jahre nach seiner Ausreise aus Afghanistan - in einer afghanischen Großstadt gesucht bzw. gefunden würde.

Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Asylantragstellung sowie seiner rechtswidrigen Ausreise beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten bzw. wurde auch kein Vorbringen zu bereits erfolgten oder konkret drohenden Diskriminierungen oder Übergriffen erstattet. Konkrete Anhaltpunkte für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers sind daher nicht hervorgekommen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet - und dem EASO-Bericht "Country Guidance:

Afghanistan" vom Juni 2018.

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Die Situation in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in aktuelle Berichte bzw. Folgeberichte des deutschen Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, des U.S. Department of State sowie von UNHCR, UNAMA, EASO und ACCORD; vgl. etwa ecoi.net-Themendossier "Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul" vom 26.07.2019) versichert hat.

Der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter ist den im Rahmen der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebrachten Länderberichten auch in der Stellungnahme vom 06.03.2019 nicht entgegengetreten, sondern hat vielmehr auf darin angeführte Gefährdungsprofile und ergänzend auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 12.09.2018 hingewiesen, der auch für Personen, die gegen soziale Normen verstoßen würden, ein Risikoprofil vorsehe.

Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass Rückkehrern bei einer Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ernsthafter Schaden droht. Wenngleich den Richtlinien des UNHCR besondere Beachtung zu schenken ist ("Indizwirkung"; vgl. etwa VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103-0106, und 22.09.2017, Ra 2017/18/0166, jeweils mit weiteren Nachweisen), folgt das erkennende Gericht diesbezüglich der etwas differenzierteren Beurteilung des EASO in dem Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2018 (vgl. auch den Folgebericht vom Juni 2019, dessen gegenständlich relevante Kernaussagen vergleichbar sind und nicht auf eine wesentliche Lageänderung hinweisen), in dem für Kabul hinsichtlich einer möglichen ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne von Artikel 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) ausdrücklich auf das Vorliegen besonderer persönlicher Umstände abgestellt und darüber hinaus hinsichtlich alleinstehender leistungsfähiger erwachsener Männer ("single able-bodied adult men") von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul ausgegangen wird.

Die Beurteilung des EASO ist mit dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und auch mit den Ausführungen in den UNHCR-Richtlinien betreffend einen UNAMA-Bericht vom Juli 2018 in Einklang zu bringen, in dem 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 genannt werden (eine Steigerung von 5 % im Vergleich zum Vorjahr), zumal diese Zahlen im Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung der Provinz Kabul von rund 4,6 Millionen Einwohnern zu betrachten sind, wobei von einer erhöhten Gefährdung für Staatsbedienstete und Ausländer auszugehen ist. Hinsichtlich der Würdigung der EASO-Leitlinien ist ferner darauf hinzuweisen, dass in Artikel 8 Abs. 2 der Statusrichtlinie hinsichtlich der für die Prüfung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers einzuholenden Informationen aus relevanten Quellen gleichermaßen auf Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wie auch des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) verwiesen wird. Den Berichten mit Herkunftsländerinformationen (Country of Origin Information - COI) des EASO, die nach den Grundsätzen der Neutralität und Objektivität erstellt werden und darüber hinaus qualitätssichernden Verfahren unterliegen (vgl. EASO, Methodik für das Erstellen von COI-Berichten des EASO, Juli 2012, S. 6; vgl. auch Artikel 4 lit. a und b der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 vom 19.05.2010), wird daher seitens des erkennenden Gerichts ein ebenso hoher Beweiswert wie den Richtlinien des UNHCR beigemessen. Auch UNHCR hat in den Richtlinien vom 30.08.2018 den EASO-Bericht vom Juni 2018 herangezogen; soweit UNHCR darauf hingewiesen hat, dass EASO zu der Einschätzung gekommen sei, dass "in der Provinz Kabul, einschließlich der Hauptstadt, willkürliche Gewalt herrscht" (S. 127 der deutschen Fassung, Fn. 688), ist festzuhalten, dass EASO in unmittelbarem Zusammenhang mit der von UNHCR zitierten Aussage zur Sicherheitslage in Kabul näher ausführt, dass eine tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne von Artikel 15 lit. c der Statusrichtlinie bestehen kann, wenn der Antragsteller aufgrund seiner persönlichen Umstände konkret betroffen ist. Im Übrigen ist festzuhalten, dass es sich bei der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative um eine rechtliche Beurteilung handelt und darüber hinaus auch in den UNHCR-Richtlinien nicht davon ausgegangen wird, dass eine interne Schutzalternative in Kabul keinesfalls bestehe, sondern dass diese "grundsätzlich" nicht verfügbar sei.

Auch hinsichtlich der Städte Herat und Mazar-e Sharif stützen sich die getroffenen Feststellungen neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation insbesondere auf die EASO-Leitlinien vom Juni 2018 (vgl. auch in diesem Zusammenhang den Folgebericht vom Juni 2019, S. 125 ff), denen etwa bezüglich der Stadt Herat Folgendes zu entnehmen ist (hinsichtlich der im Wesentlichen gleichlautenden Ausführungen betreffend die Provinz Balkh - einschließlich der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif - siehe Seite 79 des Berichtes):

"For Herat city, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place at such a low level, that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence."

Für die Städte Herat und Mazar-e Sharif geht EASO hinsichtlich "single able-bodied adult men" ebenfalls von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative aus.

Im Hinblick auf die Auswirkungen der insbesondere im Jahr 2018 auch die Provinzen Herat und Balkh betreffenden Dürre auf die dortige Versorgungslage (vgl. auch UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, S. 125 f) ist den vorliegenden Länderberichten nicht zu entnehmen, dass die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in den Provinzhauptstädten Mazar-e Sharif und Herat nicht als zumindest grundlegend gesichert anzusehen wäre, zumal die von der Dürre betroffenen Menschen von nationaler und internationaler Seite insbesondere mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser unterstützt werden bzw. die Nahrungsmittelpreise - insbesondere die Preise für Getreide und Brot - relativ stabil geblieben sind (vgl. ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan "Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif" vom 12.10.2018 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage in Herat-Stadt und Mazar-e-Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).

Wie oben ausgeführt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung darzutun. Eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung wurde nicht glaubhaft dargetan und, auch soweit aufgrund des Aufenthaltes in Europa eine "Verwestlichung" des Beschwerdeführers bzw. ein dem Beschwerdeführer unterstellter Glaubensabfall ins Treffen geführt wurde, ist unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer diesbezüglich drohenden Verfolgung auszugehen:

Den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten sind keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, dass "verwestlichten" Rückkehrern alleine aufgrund dieses Umstandes Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 19 u. S. 57). Auch in den UNHCR-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass je nach den Umständen des Einzelfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann (vgl. hiezu auch Gutachten Dr. Rasuly vom 15.02.2017, W119 2142462-1, sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 01.06.2017, [a-10159], Pkt. 5). Dies gilt umso mehr bei einer Rückkehr in eine afghanische Großstadt.

Soweit eine Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. zur Religionsgemeinschaft der Schiiten behauptet wurde, ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die Situation der Hazara seit dem Ende der Talibanherrschaft verbessert hat, wenngleich es in den letzten Jahren vermehrt zu Anschlägen auf schiitische Einrichtungen und Veranstaltungen gekommen ist. Aus den herangezogenen Länderberichten geht nicht hervor, dass Angehörige dieser Volksgruppe im gesamten Staatsgebiet Afghanistans - ohne Hinzutreten weiterer, gefahrenerhöhender Umstände - mit systematischer Diskriminierung von erheblicher Intensität rechnen müssen (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 61). Auch in der aktuellen Rechtsprechung der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wird keine Gruppenverfolgung der den Hazara zugehörigen Schiiten in Afghanistan judiziert (vgl. etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0277, mwN; EGMR 05.07.2016, Zl. 29094/09, A.M. gg. die Niederlande).

Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Da sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter

Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

Darüber hinaus ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 auch dann abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (vgl. die unten stehen Ausführungen zu § 8 Abs. 3 AsylG 2005).

Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

Gemäß Artikel 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, verwies auf § 57 Fremdengesetz, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 17.07.2008, 2007/21/0366). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Es bedarf im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz - bezogen auf den Einzelfall - nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, jeweils mit mwN).

Nach einer Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, darauf hingewiesen, dass weder in den UNHCR-Richtlinien vom April 2016 noch in den dazu ergangenen Anmerkungen vom Dezember 2016 die Rede von einem "gesicherten" Zugang zu den genannten Kriterien ist und völlig offen bleibt, worin ein solcher besteht oder von wem ein solcher erteilt werden könnte. Weiters mag es zutreffen, dass alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt sowie finanzieller Unterstützung in Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert seien. Jedoch entsprechen die konkret auf die Person des Mitbeteiligten (im entsprechenden VwGH-Verfahren) bezogenen Feststellungen den von UNHCR geforderten "bestimmten Umständen", nach denen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben.

Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, widerspricht es der Statusrichtlinie, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Artikel 3 EMRK gestützt sind. Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, ist (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Artikel 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht. Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Artikel 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Artikel 3 Statusrichtlinie entgegen der Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Mit Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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