Entscheidungsdatum
02.09.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W191 2190323-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Sri Lanka, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2018, Zahl 1106752910-160302252, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.05.2019 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 und §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Sri Lanka, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 26.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. Der BF wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 24.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), jeweils im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil, niederschriftlich einvernommen.
Bei seinen Befragungen gab er im Wesentlichen an, dass er aus XXXX stamme, Angehöriger der Volksgruppe der Tamilen sei und der Glaubensgemeinschaft der Hindus angehöre. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder. Seine Familie würde zusammen mit seiner Schwiegermutter in einem Haus in seinem Heimatort leben, des Weiteren würden sich seine Eltern und sein Bruder in Sri Lanka aufhalten. Der BF habe zwölf Jahre lang die Schule besucht und danach ein eigenes Geschäft geführt, zusätzlich habe er auch als Taxifahrer gearbeitet. Zudem habe er eine große Kokosnussplantage.
Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF an, dass die allgemeine Lage für Tamilen in Sri Lanka schlecht wäre und er wiederholt von Angehörigen des singhalesischen Militärs schikaniert und bedroht worden sei. Im Jahr 2015 sei die Lage "eskaliert", als er seine Tante unterstützt habe, die immer wieder an Demonstrationen gegen das Verschwinden ihres Sohnes teilgenommen habe. Als er dann einen Anruf bekommen habe, dass er an einen bestimmten Ort kommen solle, und dort Leute mit Stöcken, Eisenstangen und Handfeuerwaffen gesehen habe, sei er nach Hause gelaufen und habe sich dort drei Monate versteckt. Seine Mutter habe daraufhin einen Schlepper kontaktiert und dieser habe seine Ausreise organisiert.
Der BF legte im Verfahren vor dem BFA mehrere englischsprachige Unterlagen vor: ein auf den 19.05.2017 datiertes Schreiben eines Pfarrers, wonach der BF Probleme mit den Sicherheitskräften in Sri Lanka gehabt habe, eine Bestätigung einer NGO vom 20.08.2009, wonach der BF als Freiwilliger bei diversen Aktivitäten mitgearbeitet habe, ein Schreiben eines Mannes vom 11.05.2017, wonach der BF Probleme mit dem Militär habe und bedroht worden sei sowie ein vom 14.12.2015 an die Tante des BF gerichtetes Schreiben der "presidential commission to investigate into complaints regarding missing persons", wonach das Verschwinden ihres Sohnes untersucht werde. Weitere Unterlagen wurden in Landessprache vorgelegt und in der Folge vom BFA übersetzt (darunter ein Zeitungsartikel über protestierende Verwandte von verschwundenen Personen und weitere Berichte der Untersuchungskommission).
1.3. Das BFA richtete am 30.06.2017 eine Anfrage an die Staatendokumentation zwecks Überprüfung der vorgelegten Dokumente auf Echtheit und zu der Frage, ob Personen, die sich einer Bewegung betreffend vermisste Personen engagieren würden, in der Herkunftsregion des BF Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt seien.
Mit Antwort vom 05.03.2018 gab die Staatendokumentation bekannt, dass der Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft kontaktiert worden sei und bestätigt habe, dass der Zeitungsartikel echt sei. Die Echtheit der Dokumente der Untersuchungskommission habe jedoch nicht überprüft werden können. Der Vertrauensanwalt habe weiters angegeben, dass es hinsichtlich Personen, die sich einer Bewegung betreffend vermisste Personen engagieren würden, Verfolgung gebe. Betreffend Angehörige von vermissten Personen, insbesondere, ob diese behördlichen Schikanen oder dergleichen ausgesetzt seien, gab der Vertrauensanwalt an, dass es Berichte über zurückliegende offizielle Belästigungen gebe, aber sich die Dinge verbessert zu haben scheinen.
1.4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 19.02.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 26.02.2016 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sri Lanka nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Sri Lanka gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der BF habe eine Verfolgung im Sinne des AsylG nicht glaubhaft gemacht. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF seine Fluchtgeschichte vage und oberflächlich dargestellt habe und diese in mehrfacher Hinsicht unplausibel und nicht nachvollziehbar erscheine. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Sri Lanka.
1.5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 19.03.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF im Jahr 2008 während des Bürgerkriegs der Mitgliedschaft zur Organisation "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) verdächtigt und deshalb vom Militär verhört und gefoltert worden sei, weshalb er bis 2010 in einen anderen Distrikt habe fliehen müssen. Sein Cousin sei Anhänger der LTTE gewesen, weshalb dieser verschleppt worden sei und seitdem vermisst werde. Die Tante des BF engagiere sich nach dem Verschwinden ihres Sohnes politisch, um dessen Verbleib aufzuklären. Der BF habe ihr dabei geholfen und sei erneut in den Fokus der singhalesischen Behörden geraten. Im Jahr 2015 sei die Situation eskaliert, weshalb er aus Sri Lanka aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit und (unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung habe fliehen müssen. Der BF könne den Schutz seines Heimatlandes im Hinblick auf diese Furcht vor Verfolgung nicht in Anspruch nehmen und stehe ihm auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
1.6. Das BVwG führte am 27.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Tamil durch, zu der der BF in Begleitung seines zur Vertretung bevollmächtigen Rechtsberaters persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an der Verhandlung. Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen an, dass seine Probleme dadurch entstanden seien, weil er seiner Tante geholfen habe. Die tamilischen Leute hätten aber insgesamt auch Probleme gehabt. Wenn er zurückkehre, wäre er in Gefahr und könnte kein ruhiges Leben führen. Er würde schon am Flughafen kontrolliert werden und nach dem Flughafen würde er weiter kontrolliert werden und das Militär könnte ihn jederzeit töten.
Das erkennende Gericht brachte weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).
Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.
1.7. Mit Schreiben vom 24.06.2019 legte der BF ein Affidavit (unterzeichnete und durch Eid beglaubigte Urkunde) seiner Ehefrau vor und brachte vor, dass die in das Verfahren eingebrachten Länderberichte zeigen würden, dass es nach wie vor zu einer Stigmatisierung der tamilischen Bevölkerung komme. Der BF habe den Bürgerkrieg miterlebt und sei im Zuge dessen mehrfach verletzt worden. Der Cousin des BF sei entführt worden und der BF sei bereits mehrfach von Sicherheitskräften schikaniert worden. Auch nach der Ausreise des BF seien die Familienangehörigen nach seinem Verbleib befragt worden, was von seiner Ehefrau bestätigt werde, die ausführe, dass die Befragungen durch Militärangehörige weiterhin und in bedrohlicher Art und Weise stattfinden würden. Aufgrund des Vorlebens des BF und seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gegen willkürliches Vorgehen der Sicherheitskräfte könne im Fall seiner Rückkehr nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass er als Rückkehrer einer mehr oder weniger intensiven Untersuchung durch Sicherheitsbehörden ausgesetzt sein könne. Durch eine Rückführung würde der BF derzeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt sein, in Rechten nach Art. 3 EMRK verletzt zu werden.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 26.06.2016 und der Einvernahme vor dem BFA am 24.05.2017, die im erstbehördlichen Verfahren vom BF vorgelegten Unterlagen sowie die Beschwerde vom 19.03.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 241 bis 256)
* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 27.05.2019 sowie Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Belege
* Einsicht in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:
o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 24.05.2018 samt ergänzender Kurzinformation vom 15.02.2019)
o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 21.02.2018 zu Sri Lanka: Gefährdung von Personen mit Erwähnung auf staatlicher Liste von Terrorismus-Verdächtigen (Auszug) sowie
o Schnellrecherche der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) - Länderanalyse vom 12.01.2018 zu Sri Lanka: Entführungen von tamilischen Personen mit LTTE-Verbindungen im Distrikt Jaffna und in der Nordprovinz (Auszug)
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger von Sri Lanka und stammt aus XXXX . Er gehört der Volksgruppe der Tamilen an und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Hindus. Der BF ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von vier und acht Jahren. Seine Ehefrau und seine Kinder halten sich ebenso wie seine Eltern, sein Bruder, seine Tante und weitere Verwandte nach wie vor in Sri Lanka auf. Der BF telefoniert täglich mit seiner Ehefrau und seinen Kindern und etwa alle 20 Tage mit seiner Mutter.
Der BF besuchte von 1989 bis 2002 die Schule und schloss diese mit dem GCE Ordinary Level ab. Danach führte er ein Lokal, in dem er auch Lebensmittel verkaufte. Zusätzlich arbeitete er als Taxifahrer und betrieb eine Kokosnussplantage.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Der BF hat sein Vorbringen, dass er von singhalesischen Angehörigen des Militärs verfolgt werde, da er seine Tante unterstützt habe, nicht glaubhaft gemacht. Der BF hat auch nicht glaubhaft gemacht, wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tamilen verfolgt worden zu sein. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF für die LTTE bzw. LTTE-nahe Gruppierungen tätig war und deshalb in den Fokus der singhalesischen Behörden geraten ist.
Es konnte vom BF somit nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.
3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein wird.
Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonstwie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich wieder ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er gut ausgebildet ist, über Arbeitserfahrung verfügt und zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte hat.
3.4. Zur Integration des BF in Österreich:
Der BF ist seit Februar 2016 in Österreich aufhältig. Ihm steht kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich.
Der BF hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich, seine Familie hält sich nach wie vor in Sri Lanka auf. Der BF verfügt über freundschaftliche Kontakte im Bundesgebiet, jedoch sind diese erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.
Der BF besucht in Österreich Deutschkurse und geht jeden Freitag in die katholische Kirche. Er ist ehrenamtlich tätig und verrichtet von der Caritas organisierte Hilfstätigkeiten. Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Das Vorliegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen ist nicht bekannt. Der BF ist irregulär in das Bundesgebiet eingereist.
Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.
3.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zusätzlich in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
Auf Grund der Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF steht fest, dass es in diesem Staat die Todesstrafe gibt. Dass der BF einem diesbezüglich real bestehenden Risiko unterliegen würde, hat sich jedoch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde vom BF auch nicht behauptet.
3.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 24.05.2018 (zuletzt aktualisiert am 15.02.2019, Schreibfehler teilweise korrigiert)
"[...] 2. Politische Lage
Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 20.04.2018). Der direkt vom Volk gewählte Präsident hat eine große Machtfülle und ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef. Der von ihm ernannte Ministerpräsident führt ein eigenes Ressort neben den zahlreichen Fachministerien. Das Einkammerparlament mit 225 Sitzen geht mittels eines modifizierten Verhältniswahlrechts aus allgemeinen, gleichen Wahlen hervor. Die unitarische Staatsverfassung weist seit Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes 1987 begrenzt dezentralisierende Elemente auf. Es wurden neun Provinzen geschaffen, die gewählte Provinzräte und -regierungen haben mit einem leitenden Minister (Chief Minister) an der Spitze, dem ein vom Präsidenten ernannter Gouverneur an die Seite gestellt ist. Unterhalb der Provinzebene existieren die Ebenen der Distrikte und der Kommunalverwaltung mit ebenfalls gewählten Stadt- und Gemeinderäten (AA 3.2018a).
In seiner zweiten Amtszeit ab 2009 besaß der damalige Präsident Rajapaksa eine umfassende Machtfülle und erhielt Zugriff auf die Besetzung von Positionen in eigentlich unabhängig angelegten Institutionen, im öffentlichen Dienst, bei Justiz und Polizei. Die demokratischen Strukturen des Landes waren zunehmend Belastungsproben ausgesetzt. Obwohl unter Präsident Rajapaksa die weitgehend zerstörte Infrastruktur im Norden und Osten wiederhergestellt wurde, bemühte er sich nicht, die Wiederversöhnung weiter voranzutreiben. Mit dem im April 2015 verabschiedeten 19. Verfassungszusatz wurden einzelne Vollmachten des Präsidenten gestrichen, und im Gegenzug wurde die Rolle des Parlaments gestärkt. 2016 lief auch ein neuer Verfassungsreformprozess an, dessen Kernelemente eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen (Dezentralisierung), ein neues Wahlrecht und die Abschaffung der exekutiven Präsidentschaft sind. Ziel der Regierung ist es, die Reform 2018 abzuschließen. Präsident und Ministerpräsident haben im September 2017 angekündigt, dass künftig bei allen Wahlen ein System gelten soll, das eine Mischung von Mehrheits- und Verhältniswahl vorsieht (AA 3.2018a).
Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BTI 2018). Am 08.01.2015 wählten die Wähler bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl den Oppositionskandidaten Maithripala Sirisena für fünf Jahre zum Präsidenten (AA 3.2018a; vgl. USDOS 20.04.2018). Er erhielt die Unterstützung von 51,28% der Wähler, während für den bisherigen Amtsinhaber 47,58% stimmten. Die Wahlbeteiligung war mit 81,5% sehr hoch. Sirisena wurde bereits am 09.01.2015 vereidigt (AA 3.2018a).
Bei der Parlamentswahl am 17.08.2015 erzielte eine Allianz der liberalen United National Party (UNP) mit anderen Parteien im Rahmen der United National Front for Good Governance 45,66%. Die UPFA, ein Parteienbündnis, dessen Mehrheit eine Rückkehr Rajapaksas in die Politik als Premierminister angestrebt hatte, unterlag mit 42,38%. Die Wahlbeteiligung war mit rund 77% für eine Parlamentswahl sehr hoch. Die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des Präsidenten und die UNP des Premierministers unterzeichneten am 21.08.2016 eine Vereinbarung, mit der sie sich auf eine Zusammenarbeit zunächst für zwei Jahre verständigten. Im August 2016 wurde entschieden, die Zusammenarbeit auf die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren auszudehnen. Oppositionsführer ist mit R. Sampanthan von der Tamil National Alliance (Bündnis gemäßigter tamilischer Parteien) erstmals seit 1977 wieder ein Vertreter der Tamilen (AA 3.2018a).
Die neue Regierung unter Premierminister Wickremeshinghe konnte zahlreiche Versprechen des "100-Tage-Programmes" umzusetzen. Unter anderem wurden mit dem 19. Verfassungszusatz Verfassungsänderungen von Präsident Rajapaksa rückgängig gemacht und die Machtfülle des Präsidenten beschnitten (AA 3.2018a).
Bei den Lokalwahlen am 10.02.2018 mussten die Regierungsparteien einen Rückschlag hinnehmen. Die neue Partei, Sri Lanka People's Front (Sri Lanka Podujana Peramuna, SLPP), die den Ex-Präsidenten Rajapaksa unterstützt, erzielte 44.65% der Stimmen, die UNP 32,63% und die SLFP (mit Verbündeten) 13,38%. Gründe dafür waren die Unzufriedenheit über steigende Preise für Grundnahrungsmittel sowie mangelnde Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (AA 3.2018a).
Am 01.10.2015 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Konsens mit Sri Lanka die Resolution "Promoting reconciliation, accountability and human rights in Sri Lanka" (A/HRC/30/L.29) und im März 2017 eine Folgeresolution beschlossen. Sri Lanka hat sich damit bereit erklärt, die mutmaßlichen im Bürgerkrieg begangenen (Kriegs-)Verbrechen in einem glaubwürdigen Prozess aufzuarbeiten (AA 16.12.2017).
Die Regierung möchte die nationale Wiederversöhnung vorantreiben. Gegenüber dem Menschenrechtsrat erklärte sich die Regierung bereit, zahlreiche Maßnahmen umzusetzen. Im August 2016 wurde ein Gesetz zur Einrichtung eines Büros für Vermisste ("Office of Missing Persons") beschlossen, die des leitenden Beauftragten (Commissioners) jedoch erst im Februar 2018 ernannte. Auch eine Wahrheitskommission ("Truth and Reconciliation Commission") soll eingerichtet werden. Weitere wichtige Schritte hat die Regierung noch vor sich, darunter auch die Verfassungsreform, deren Prozess 2017 ins Stocken geraten ist (AA 3.2018a).
3. Sicherheitslage
Das staatliche Gewaltmonopol ist unangefochten. Allerdings gibt es in Teilen des Nordens und Ostens ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit einigen gewalttätigen Zwischenfällen. Im April 2014 erschoss das sri-lankische Militär drei mutmaßliche tamilische Nationalisten in Nedunkerni (Distrikt Vavuniya). Im Oktober 2016 wurden zwei tamilische Studenten von der Polizei an einem Kontrollpunkt in Kokuvil (Bezirk Jaffna) erschossen. Im Zusammenhang mit dem zweiten Vorfall wurden fünf Polizisten verhaftet (BTI 2018).
Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 haben in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr stattgefunden. Militär und Polizei sind weiterhin sichtbar präsent (AA 08.05.2018).
Die Landrückgabe wird fortgesetzt - nach dem aktuellen Zeitplan der Regierung (Oktober 2017) soll Ende 2018 noch eine Fläche von etwa 145 km2 bei den Sicherheitskräften verbleiben, bei der es sich vor allem um staatliches Land handeln soll. Der umfassende Sicherheits- und Überwachungsapparat dürfte insbesondere im Norden und Osten noch intakt sein, tritt aber nach außen nicht mehr so häufig wie früher in Erscheinung (AA 16.12.2017).
Am 01.03.2018 ist Sri Lanka der Konvention über Streumunition von 2008 beigetreten, weniger als drei Monate nachdem das Land dem Minenverbotsvertrag von 1997 beigetreten ist (HRW 14.03.2018). Bis auf kleine noch nicht entminte Gebiete im Nordosten und einzelne "Hochsicherheitszonen" um Militäreinrichtungen in der Nord- und der Ostprovinz können sich Sri Lanker im ganzen Land frei bewegen und niederlassen (AA 16.12.2017). Im Juni 2017 betrug die verbliebene verminte Gesamtfläche 25,5km2, die sich über zehn Distrikte verteilt, was eine deutliche Reduktion gegenüber 68km2 im Jahr 2014 darstellt. Bei der derzeitigen Rate könnte Sri Lanka bis Ende 2021 frei von Landminen sein (MAG 02.04.2018).
4. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis diskriminiert nicht nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Die neue Regierung muss aber noch eine Lösung für die zahlreichen "Altfälle", also bereits Inhaftierte, finden. Darunter sind auch politische Gefangene, die auf Grundlage des Prevention of Terrorism Act (PTA) inhaftiert wurden. Die Regierung hat zugesagt, diese Fälle zu überprüfen. Sippenhaft wird nicht praktiziert. Keiner Person oder Personengruppen wird kategorisch der Rechtsschutz verweigert (AA 16.12.2017).
Der 2015 verabschiedete 19. Verfassungszusatz hat die Macht des Präsidenten in mehrfacher Hinsicht begrenzt. Er verringerte etwa den Einfluss des Präsidenten auf die Justiz und die Verwaltung, indem er die bisher praktisch uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten einschränkte, eine Reihe öffentlicher Amtsträger direkt zu ernennen, darunter Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts, den Generalstaatsanwalt, den Generalprüfer und den Generalinspekteurs der Polizei. Diese Ernennungen sowie Ernennungen in die Wahlkommission, die Kommission für den öffentlichen Dienst, die nationale Polizeikommission, die Menschenrechtskommission, die Kommission zur Untersuchung von Korruptions- und Bestechungsvorwürfen und die Abgrenzungskommission können nun vom Präsidenten nur noch auf Empfehlung des Verfassungsrates vorgenommen werden, dem sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition angehören (BTI 2018).
Unter der neuen Regierung haben Ermittlungsbehörden und Justiz begonnen, mutmaßliches Unrecht in der Vergangenheit - z.B. das Verschwinden von Journalisten, ungewöhnliche Todesfälle, Korruption, Geldabflüsse ins Ausland - zu untersuchen. Zahlreiche Kommissionen sind tätig. In manchen Bereichen, wie z.B. bei der Aufklärung von Todesfällen, gibt es Fortschritte. Auch gegen Militärangehörige wird ermittelt. Die Kommissionen laden regelmäßig hochrangige Vertreter der Rajapaksa-Zeit - auch Mahinda Rajapaksa und seine Familienmitglieder - zu Verhören vor, haben aber noch keine Verurteilung erreicht (AA 16.12.2017).
Kritisch diskutiert wird momentan ein Reformentwurf des Strafprozessrechts, welcher Untersuchungsgefangenen den Zugang zu einem Rechtsbeistand erst nach Abgabe ihrer ersten Aussage gewähren würde. Auch der neueste (noch inoffizielle) Entwurf der Strafprozessordnung (Oktober 2017) beinhaltet keinen unbedingten Zugang von Untersuchungsgefangenen zu ihren Anwälten (AA 16.12.2017).
Die Untersuchungshaftzeiten sind lang; es dauert oftmals mehr als ein Jahr, bis überhaupt entschieden wird, ob eine Anklage erhoben wird. Ausländer und Sri Lanker sind davon gleichermaßen betroffen. Die zulässige reguläre Haftdauer bis zur Anklageerhebung beträgt zwölf Monate - verlängerbar in dreimonatigen Etappen bis maximal 24 Monate, falls die Staatsanwaltschaft eine Erklärung zur Notwendigkeit abgibt. Insbesondere bei Inhaftierungen nach dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) kam es oft zu sehr langen, in einzelnen Fällen bis zu fast zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalten ohne Urteil oder richterliche Entscheidung. Nach Angaben der Opposition waren Ende 2015 noch immer 217 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Sympathisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hatten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert. Derzeit (31.05.2017) sollen aufgrund des PTA noch 56 Tamilen inhaftiert sein (AA 16.12.2017).
Im Rule of Law Index 2017-18 des World Justice Project (WJP) rangiert Sri Lanka auf Platz 59 von 113 Ländern, was eine Verbesserung um neun Plätze im Vergleich zu 2016 bedeutet. In der Subskala Ziviljustiz nimmt das Land den Rang 91 und in der Subskala Strafjustiz den Platz 53 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018).
5. Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig und untersteht dem Ministerium für Recht und Ordnung. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit zuständig. Nach der Strafprozessordnung kann das Militär aufgefordert werden, speziell abgegrenzte Aufgaben der inneren Sicherheit zu übernehmen. Die fast 6.000 Mitglieder zählende paramilitärische Special Task Force fällt in die Verantwortung das Ministerium für Recht und Ordnung, koordiniert aber gelegentlich auch Operationen der inneren Sicherheit mit dem Militär. Der Präsident dient als Verteidigungsminister, aber der zivile Verteidigungssekretär hat die tägliche operative Verantwortung für das Heer (USDOS 20.04.2018).
Die sri-lankische Regierung hat noch nicht die vollständige Kontrolle über den gesamten Verwaltungs- und Sicherheitsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) gewonnen. Alte Verhaltensmuster bestehen teilweise noch fort: Auch 2017 berichten einzelne Menschenrechtsaktivisten vor allem im Norden und Osten von gelegentlichen Schikanen durch staatliche Sicherheitskräfte. Insbesondere im Militär und bei den Geheimdiensten gibt es Elemente, die den Kurs der neuen Regierung nicht unterstützen, sich einer Kontrolle entziehen und ex-Präsident Rajapaksa loyal gesinnt sind. Der Widerstand bei Teilen der Sicherheitskräfte lässt sich auch aus dem Umstand erklären, dass sie unter dem vormaligen Premierminister Rajapaksa eine tragende Rolle mit weitgehenden Kompetenzen bei gleichzeitiger Straflosigkeit hatten. Die neue Regierung hingegen drängt den Einfluss des Militärs zurück und unterwirft sein Handeln der geltenden Rechtsordnung (AA 16.12.2017).
Polizei- und Sicherheitskräfte wenden gelegentlich missbräuchliche Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Vergewaltigung, Folter und lange andauernde Inhaftierung ohne Prozess an (FH 2017). Während eine Quelle davon berichtet, dass Tamilen unverhältnismäßig oft betroffen sind (FH 2017), berichtet eine andere, dass unverhältnismäßiger Zwang nicht gegen eine bestimmte Gruppe als solche gerichtet ist (AA 16.12.2017).
Die Sicherheitskräfte hatten nur begrenzte interne Mechanismen, um Missbrauchsfälle zu untersuchen. Opfer können Fälle direkt vor den Obersten Gerichtshof bringen, aber auch das HRCSL und die Strafgerichte können Fälle untersuchen. Die Regierung hat in mehreren hochkarätigen Fällen gegen Mitglieder der Sicherheitsdienste Anklage erhoben und Verurteilungen erwirkt. Das Ministerium für Recht und Ordnung ist für die Feststellung zuständig, ob eine Tötung durch Sicherheitskräfte gerechtfertigt war (USDOS 20.04.2018). Bedingt durch einen Arbeitsrückstand und Ressourcenmangel waren unabhängige Kommissionen langsam bei Untersuchungen zu behauptetem Fehlverhalten von Polizei und Militär (FH 2017).
Zivilgesellschaftliche Organisationen behaupteten, dass die Regierung und die Gerichte weitgehend zögern, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, obwohl sich die Situation im Vergleich zu 2016 gebessert hat. Strafverfolgungen wegen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte und die Polizei sind selten, nehmen aber, ebenso wie Verfolgungen wegen Korruption und Ordnungswidrigkeiten, zu. Für Straftaten aus den Konfliktjahren bestand jedoch weiterhin weitgehend Straffreiheit für Beamte des Sicherheitsapparats, die in Fälle angeblicher gezielter Tötungen von Parlamentariern, mutmaßliche Entführungen und Tötungen von Journalisten und Privatpersonen verwickelt waren. Am 04.04.2017 erklärte die Polizei jedoch, dass Polizei- und Militärbeamte nicht von polizeilichen Ermittlungen ausgenommen werden können. Im Lauf des Jahres wurden 26 Offiziere wegen krimineller Handlungen strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).
Die Regierung führte in der Verteidigungsakademie eine Menschenrechtsausbildung ein, um die Achtung der Menschenrechte zu verbessern, und unterstützte interne Ausbildung durch das IKRK (USDOS 20.04.2018).
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Verbot der Folter ist in Art. 11 der Verfassung verankert. Internationalen Organisationen und Presseberichten zufolge ist Folter durch Polizisten weiterhin verbreitet, um Geständnisse zu erpressen. Dies hat auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter Méndez nach seinem Besuch im April/Mai 2016 festgestellt und darauf hingewiesen, dass 90% der Verurteilungen in Sri Lanka aufgrund von Aussagen in Polizeigewahrsam erfolgten (AA 16.12.2017).
Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (HRCSL) berichtet, dass Folter im ganzen Land Routine ist und weiterhin angewandt wird. Bis September 2017 wurden 271 Foltervorwürfe staatlicher Akteuren gemeldet. Viele Berichte beziehen sich auf Polizeibeamte, die angeblich Verdächtige "aufmischen", um Geständnisse zu erhalten (USDOS 20.04.2018). UNHCR Sri Lanka verzeichnete für die ersten acht Monate 2016 208 Beschwerden aufgrund von Folter (2015: 420; 2014:
489; 2013: 600, jeweils gesamtes Jahr). Während Folter früher vor allem Tamilen betraf, stellen jüngere Berichte von Human Rights Watch (HRW) sowie lokalen Menschenrechtsorganisationen heraus, dass Singhalesen in gleichem Maße betroffen sind (AA 16.12.2017).
Das Gesetz macht Folter strafbar und schreibt eine Freiheitsstrafe von nicht weniger als sieben Jahren und nicht mehr als zehn Jahren vor. Die Regierung unterhält einen Ausschuss zur Verhütung von Folter, der den Vorwurf der Folter prüft und vorbeugende Maßnahmen ergreift (USDOS 20.04.2018). Die gerichtliche Verfolgung von Folter ist mit enormem Zeit- und Geldaufwand für die Opfer verbunden, so dass in der Realität kaum ein Fall zur Anzeige kommt. HRW zufolge haben auch Fälle, die vor Gericht behandelt werden, auf Grund langer Verfahren, hoher Gerichtskosten und Einflussnahme durch die Polizei kaum eine Chance auf Verurteilung der Täter (AA 16.12.2017).
Polizei- und Militärkräfte setzten unter dem Antiterrorismusgesetz (Prevention of Terrorism Act, PTA) Folter und sexuellen Missbrauch ein, um Geständnisse zu erwirken (USDOS 20.04.2018). Auf Grundlage des PTA können Verdächtige - unter Hinweis auf die angeblich noch andauernde Bedrohung der inneren Sicherheit - bis zu 18 Monate in Administrativhaft gehalten werden (AA 16.12.2017; vgl. AI 22.02.2018). Die Polizei darf körperlichen Zwang ausüben, um Aussagen zu erhalten. Gemäß PTA sind diese Aussagen grundsätzlich vollständig verwertbar (AA 16.12.2017; vgl. USDOS 20.04.2018). Der den PTA ablösende Counter Terrorism Act (CTA) wurde noch nicht verabschiedet (AA 16.12.2017).
Der PTA wurde 1979 als Reaktion auf separatistische Aufstände, insbesondere der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), erlassen und während der 26 Jahre des Bürgerkriegs weitreichend eingesetzt. Doch während andere Notfallregelungen mit dem Ende des Konflikts im Mai 2009 ausgelaufen sind, blieb der PTA in Kraft. Noch 2016 wurden mindestens elf Personen im Rahmen des PTA wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten verhaftet (HRW 29.01.2018). Im Februar 2017 verkündigte der damalige Justizminister Wijedayasa Rajapakshe, dass die Regierung weitere Verhaftungen im Rahmen des PTA ausgesetzt habe. Schätzungsweise 70 bis 130 Personen befanden sich noch wegen PTA-Verhaftungen in Gewahrsam (USDOS 20.04.2018). Das Anti-Terrorgesetz "Prevention of Terrorism Act" (PTA) ist trotz umfassender Kritik aus dem In- und Ausland noch in Kraft, neue Fälle werden jedoch seit Ende 2016 nicht mehr unter dem PTA behandelt (AA 16.12.2017). Sri Lanka hat es versäumt, seine Verpflichtung von 2015 zu erfüllen, den PTA aufzuheben und durch Rechtsvorschriften, die den internationalen Standards entsprechen, zu ersetzen (AI 22.02.2018; vgl. HRW 29.01.2018).
Die "International Truth und Justice Project" und Associated Press berichten über Anschuldigungen von Entführungen und Folter sowie sexuellem Missbrauch durch Sicherheitskräfte. Die meisten Opfer waren tamilische Männer, die beschuldigt wurden, Verbindungen zur LTTE zu haben (USDOS 20.04.2018).
Es git in Sri Lanka keine Körperstrafen und unverhältnismäßige Strafen. Misshandlungen bei der Festnahme von Tatverdächtigen sowie in den Gefängnissen kommen aber weiterhin vor (AA 16.12.2017).
7. Korruption
Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um. Regierungsbeamte sind manchmal in korrupte Aktivitäten unter Straffreiheit involviert. Im Laufe des Jahres gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 20.04.2018).
Das Gesetz verpflichtet alle Kandidaten für Parlaments-, Kommunal-, Provinz- und Präsidentschaftswahlen, ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Parlamentspräsidenten zu erklären. Einige, aber nicht alle Kandidaten bei den Parlamentswahlen, haben ihre Finanzberichte vorgelegt. Die Behörden haben die Einhaltung nicht durchgesetzt. Nach dem Gesetz kann man gegen Zahlung einer Gebühr auf die Aufzeichnungen über das Vermögen und die Schulden der gewählten Amtsträger zugreifen (USDOS 20.04.2018).
Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Sri Lanka unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 2017). In der Unterskala "Abwesenheit von Korruption" des World Justice Project nimmt Sri Lanka Rang 58 von 113 Staaten ein (WJP 31.01.2018). Im World Competitive Index 2017/18 des Weltwirtschaftsforums nimmt Sri Lanka im Segment "illegale Zahlungen und Bestechungen" Rang 86 von 137 Staaten ein (WEF 26.12.2017).
8. Wehrdienst und Rekrutierungen
Es gibt in Sri Lanka keine allgemeine Wehrpflicht (AA 16.12.2017). Man kann sich im Alter von 18 bis 22 Jahren freiwillig zum Militärdienst melden, wobei für die Luftwaffe eine fünfjährige Dienstverpflichtung erforderlich ist (CIA 01.05.2018).
9. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechte sind in der sri-lankischen Verfassung geschützt. Sri Lanka hat zudem zahlreiche internationale Menschenrechtsabkommen ratifiziert, darunter den Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte, den Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Anti-Folter-Konvention (jedoch nicht das Zusatzprotokoll CAT-OP) und die Kinderrechtskonvention (AA 16.12.2017).
Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehörten unrechtmäßige Tötungen, Folter, sexueller Missbrauch, willkürliche Verhaftungen, langwierige Inhaftierungen, fehlende Rückgabe von Eigentum durch das Militär sowie Überwachung und Belästigung von zivilgesellschaftlichen Aktivisten und Journalisten. Die Diskriminierung von Tamilen und nichtkonfessionellen christlichen Gruppen durch die Regierung und die Sicherheitskräfte hielt an. Gleichgeschlechtliches Sexualverhalten ist gesetzlich verboten, wird aber selten strafrechtlich verfolgt (USDOS 20.04.2018).
Zahlreiche NGOs engagieren sich aktiv für ärmere Bevölkerungsschichten und die neue Regierung ist viel offener für ihre Aktivitäten als die frühere Regierung, die eine restriktive Politik verfolgte. Prominente Akteure, die mit zivilgesellschaftlichen Organisationen verbunden sind, sind heute in Regierungskommissionen tätig (z.B. Bestechungs-, Polizei- und Justizkommissionen). Das gesamte zivilgesellschaftliche Umfeld unterscheidet sich stark von dem, was Gruppen während der Mahinda-Rajapaksa-Jahre erlebten. Auch internationale NGOs werden nun von der neuen sri-lankischen Regierung, die internationale Organisationen zur Lösung von Menschenrechtsproblemen verpflichtet hat, als Entwicklungspartner gesehen. Auch die Einstellung des Staates gegenüber extern finanzierten Institutionen innerhalb des Landes hat sich verändert und unterliegt nicht mehr der Verunglimpfung durch staatliche Akteure (BTI 2018).
Die Human Rights Commission of Sri Lanka (HRCSL) hat das Recht, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die HRCSL nimmt Beschwerden entgegen, kann aber auch selbständig Untersuchungen einleiten. Nachdem eine Anschuldigung vorgebracht wurde, macht die HRCSL einen Vorschlag zur finanziellen Entschädigung des Opfers und leitet den Fall zur Vollziehung disziplinärer Maßnahmen weiter und/oder übergibt ihn an den Generalstaatsanwalt zur weiteren Strafverfolgung. Wenn die Regierung einem HRCSL-Antrag nicht nachkommt, kann die HRCSL den Fall an den Obersten Gerichtshof verweisen. Die HRCSL hat per Gesetz weitreichende Befugnisse und Ressourcen und kann nicht als Zeuge vor Gericht geladen oder wegen seiner Amtspflichten verklagt werden. Die HRCSL arbeitete in der Regel unabhängig und ohne Einmischung der Regierung (USDOS 20.04.2018)
Das Center for Human Rights Development (CHRD) berichtet, dass die Behörden mehr als 130 politische Gefangene im Land festhalten und weitere 24 gegen Kaution freigelassen haben. Die Regierung hat keine politischen Gefangenen anerkannt und darauf bestanden, dass diese Personen wegen krimineller Handlungen inhaftiert wurden. Die Regierung erlaubte der HRCSL, Richtern und der Prison Welfare Society regelmäßig Zugang zu den Gefangenen und erlaubte dem IKRK, die Haftbedingungen zu überwachen. Die Behörden gewährten Rechtsberatern nur unregelmäßigen Zugang (USDOS 20.04.2018).
Als Folge dess Bürgerkrieges mit den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gelten schätzungsweise noch 20.000 Menschen als verschwunden, einschließlich derer, die in den ersten Jahren des Konflikts verschwunden waren, sowie jener, die erst 2016 und 2017 entführt wurden. Im Jahr 2016 verabschiedete das Parlament einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Behörde für vermisste Personen (Office of Missing Persons, OMP), die mit der Untersuchung der Fälle von vermissten Personen beauftragt ist. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International äußerten jedoch Bedenken bezüglich des Gesetzes, einschließlich der Tatsache, dass die Regierung die betroffenen Familien während des gesamten Prozesses nicht konsultiert hat. Im vergangenen März verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das zum ersten Mal in der Geschichte des Landes das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert (IPS 30.04.2018). Vor, während und nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), der 2009 endete, waren Menschenrechtsverletzungen wie das Verschwindenlassen, außergerichtliche Tötungen, Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen und -verletzungen straflos. Die von Sri Lanka im Jahr 2015 eingegangenen Verpflichtungen zur Schaffung von Wahrheits-, Gerechtigkeits- und Wiedergutmachungsmechanismen und zu Reformen zur Verhinderung, dass sich diese Verbrechen wiederholen, wurden bis Ende des Jahres 2017 nicht umgesetzt (AI 22.02.2018).
Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte wies in seinem Bericht an die 37. Sitzung des UNHCR darauf hin, dass die Behörden Sri Lankas noch nicht die Fähigkeit oder Bereitschaft gezeigt haben, sich mit Straflosigkeit bei schweren Verstößen gegen das internationale Menschenrechtsgesetz und schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu befassen. Er äußerte seine Besorgnis darüber, dass sein Büro auch nach zweieinhalb Jahren des Versöhnungsprozesses weiterhin Berichte über Schikanen oder die Überwachung von Menschenrechtsverteidigern und über Opfer von Menschenrechtsverletzungen erhält (IFJ 09.05.2018).
10. Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, und die Regierung hat diese Rechte im Allgemeinen respektiert (USDOS 20.04.2018). Auf dem World Press Freedom Index 2018 der Organisation "Reporter ohne Grenzen" belegt Sri Lanka Platz 131 von 180 Ländern, eine Verbesserung um zehn Ränge im Vergleich zum Vorjahr (RwB 2018).
Die Opposition hat zwar nur begrenzten Zugang zu den staatlichen Medien, nicht staatlich kontrollierte Medien stehen der Regierung jedoch oft offen kritisch gegenüber. Eine Umfrage vom Oktober 2015 ergab, dass die meisten Befragten der Meinung waren, dass es den sri-lankischen Medien völlig freisteht, die Regierung zu kritisieren (BTI 2018).
Die unabhängigen Medien waren aktiv und äußerten sich sehr unterschiedlich. Journalisten im tamilischen Norden berichteten jedoch von Schikanen, Einschüchterungen und Einmischungen durch den Sicherheitsapparat, wenn sie über sensible Themen im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg oder seinen Folgen berichteten. Einige Journalisten der Print- und elektronischen Medien berichteten von Selbstzensur in Bezug auf Reportagen über den Präsidenten oder seine Familie. Sie geben an, von Privatpersonen oder Regierungsanhängern mit der Aufforderung kontaktiert worden zu sein, alles zu unterlassen, was dem Ansehen der Familie schaden könnte. Im April 2017 verkündete Medienminister Nimal Bopage, dass dem privaten Fernsehsender Derana TV wegen "Manipulation der Äußerungen des Präsidenten bei einer Veranstaltung", wodurch die Öffentlichkeit irregeführt würde, eine Sonderuntersuchung bevorsteht. Bopage wurde später vom Medienminister in eine Beraterrolle des Präsidenten für Medien versetzt (USDOS 20.04.2018).
Wenige Monate nach seiner Vereidigung als Präsident im Januar 2015 verkündete Maithripala Sirisena, er wolle alle Ermittlungen zu den Morden an Journalisten wiederaufnehmen (RwB 2018). Im Zusammenhang mit dem Mord am Herausgeber Lasantha Wickrematunga wurde am 14.02.2018 der Senior Deputy Inspector General Prasanna Nanayakkara verhaftet, weil er angeblich seine Untergebenen angewiesen hatte, die Untersuchung des Mordes an Lasantha zu behindern und am Tatort gesammelte Beweise zu vernichten. Auch ist die Beteiligung des militärischen Geheimdienstes an der Tötung ans Licht gekommen. In einer weiteren positiven Entwicklung wurde 2018 der ehemalige militärische Geheimdienstdirektor und Stabschef der Armee, Generalmajor Amal Karunasekara, verhaftet, dem die Entführung von und der Angriff auf den Journalisten und damligen Verteidigungskorrespondent des Landes, Keith Noyahr, vorgeworfen wird (IFJ 09.05.2018). Fast alle anderen Fälle sind jedoch noch immer ungestraft (RwB 2018).
Die neue Regierung versprach auch, dass Journalisten wegen ihrer politischen Ansichten oder ihrer Berichterstattung über sensible Themen wie Korruption und Menschenrechtsverletzungen durch das Militär nichts mehr zu befürchten hätten (RwB 2018). Offene Drohungen gegen Journalisten sind selten geworden, und mehrere Personen, die im Verdacht stehen, Journalisten unter der ehemaligen Regierung getötet zu haben, wurden verhaftet (BTI 2018)
Im Jahr 2015 reagierte die Regierung auf einen sektiererischen Gewaltausbruch in der Hochlandstadt Kandy mit einem Social Media-Verbot (IFJ 09.05.2018). Am 08.11.2017 blockierte die Regulierungskommission der Regierung von Sri Lanka den Zugang zur Lanka eNews-Website. Lanka eNews hatte mehrere kritische Artikel über die aktuelle Regierung und den Präsidenten veröffentlicht. Mehrere Medienorganisationen äußerten ihre Besorgnis über die außergerichtliche Sperrung und forderten die Internetdienstanbieter auf, die Sperrung der Website aufzuheben, die jedoch noch Ende 2017 blockiert blieb (USDOS 20.04.2018).
In den letzten zwei Jahren hat die Medienfreiheit zugenommen, und die zunehmende Verbreitung elektronischer Geräte hat zu einem Wachstum der sozialen Medien geführt (BTI 2018). Rund 30% der Bevölkerung nutzten das Internet regelmäßig, 21% hatten zu Hause Internetzugang. Medienberichte vermuten, dass ein weitaus größerer Prozentsatz der Bevölkerung über Smartphones auf das Internet zugreift. Es gab keine glaubwürdigen Berichte, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwachte (USDOS 20.04.2018).
Im März 2016 ordnete das Ministerium für Parlamentsreform und Massenmedien alle Nachrichten-Websites an, sich bei der Regierung registrieren zu lassen, da sie ansonsten illegal würden (RwB 2018).
11. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Die Freiheiten der friedlichen Versammlung und der Vereinigung sind gesetzlich garantiert und werden von der Regierung im Allgemeinen respektiert (USDOS 20.04.2018). Die neue Regierung gewährte seit Jänner 2015 mehr Vereinigungs- und Versammlungsrechte. Öffentliche Protestveranstaltungen werden von Oppositionsgruppen in allen Bereichen organisiert (BTI 2018). Die Verfassung erlaubt jedoch die Einschränkung der Versammlungsfreiheit im Interesse der religiösen Harmonie, der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit oder Moral, im Interesse der Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer oder im Interesse des allgemeinen Wohlergehens der demokratischen Gesellschaft (USDOS 20.04.2018).
Nach Art. 77 (1) der Polizeiverordnung müssen Demonstrationen bei der örtlichen Polizei genehmigt werden. Christliche Gruppen und Kirchen berichteten, dass einige Behörden Gottesdienstaktivitäten als "unbefugte Versammlungen" einstuften, und verlangten, diese Aktivitäten zu beenden. Die Behörden begründeten ihre Handlungen manchmal damit, dass die Gruppen nicht bei der Regierung registriert waren, obwohl es weder ein Gesetz noch eine Verordnung gibt, die eine solche Registrierung ausdrücklich vorschreibt (USDOS 20.04.2018).
Unter der früheren Regierung wurden unerwünschte Veranstaltungen von NGOs entweder verboten oder verhindert, indem Störer - hier kamen regelmäßig radikal-nationalistische buddhistische Mönche zum Einsatz - nicht zurückgehalten wurden. Seit Anfang 2015 sind Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit grundsätzlich nicht mehr eingeschränkt (AA 16.12.2017).
Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiteten in der Regel ohne staatliche Einschränkung und untersuchten und veröffentlichten ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte waren etwas kooperativer und reagierten auf ihre Ansichten (USDOS 20.04.2018). Allerdings wurden einzelne friedliche Demonstrationen von Studenten durch die Polizei mit unverhältnismäßigem Einsatz (Tränengas, Wasserwerfer, Schlagstöcke) beendet, so z.B. am 30.10.2015. Der Einsatz wurde von der sri-lankischen Menschenrechtskommission verurteilt. Auch im Oktober 2017 wurde eine Studentendemonstration in Colombo gewaltsam aufgelöst. Die Gewalt ging allerdings auch von Studenten aus (AA 16.12.2017).
Vereinigungsfreiheit ist durch das Gesetz garantiert. Eine Verbindung zu, oder eine Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation wird jedoch kriminalisiert. Das Gesetz sieht das Recht der Arbeitnehmer vor, Gewerkschaften zu gründen oder ihnen beizutreten. Davon ausgenommen sind Angehörige der Streitkräfte, Polizisten, Justiz- und Gefängnisbeamte. Gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung ist verboten (USDOS 20.04.2018).
Das Gesetz erkennt das Streikrecht zwar nicht ausdrücklich an, aber die Gerichte haben ein implizites Streikrecht auf der Grundlage der Gewerkschaftsverordnung und des Arbeitskonfliktgesetzes anerkannt. Die Regierung respektierte generell die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen. Die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors führten zahlreiche Arbeitsniederlegungen durch (USDOS 20.04.2018).
Gemäß den Notfallregelungen der Verordnung über die öffentliche Sicherheit hat der Präsident einen weit gefassten Ermessensspielraum, um Sektoren als "wesentlich" für die nationale Sicherheit, das Leben der Gemeinschaft oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu erklären und damit die Rechte der Arbeiter, legale Streiks durchzuführen, zu widerrufen. Mit dem Essential Public Services Act von 1979 kann der Präsidenten auch Dienstleistungen von Regierungsstellen als "wesentliche" öffentliche Dienstleistungen deklarieren. Im Juli 2017 erklärte die Regierung unter Berufung auf den Essential Public Services Act beispielsweise die Erdölverteilung zu einem wesentlichen Dienst, nachdem die Erdölarbeiter in den Streik getreten waren, um die Regierung daran zu hindern, ein Öltanklager an ein chinesisches Unternehmen zu verpachten (USDOS 20.04.2018).
12. Haftbedingungen
Mit Dezember 2017 befanden sich rund 20.598 Personen in Haft, was einer Rate von 94 Häftlingen auf 100.000 Einwohner entspricht. Der Prozentsatz von Untersuchungshäftlingen lag bei 53.4% aller Insaßen. 4,9% der Häftlinge waren Frauen, 0,1% waren Jugendliche (ICPR 2017).
Die Haftbedingungen sind schlecht und entsprechen aufgrund mangelnder sanitärer Einrichtungen und starker Überbelegung von etwa 50% nicht internationalen Standards. In vielen Gefängnissen schlafen Insaßen auf Betonböden, und es mangelt ihnen an natürlichem Licht und ausreichender Belüftung (USDOS 20.04.2018).
Die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten ist ausreichend, die Bewegungsmöglichkeiten für Gefangene erscheinen relativ gut (viel Freigang, soweit keine Verurteilung zur Todesstrafe). In minder schweren Fällen können sich Gefangene bei Hinterlegung einer Sicherheitsleistung frei im Land bewegen, Ausländer dürfen in dringenden Situationen sogar zeitweise das Land verlassen. Zwangsarbeit ist in Sri Lanka kaum verbreitet (AA 16.12.2017).
Um der Überbelegung entgegenzuwirken, verlegte die Gefängnisbehörde mehrere Gefängnisse aus städtischen in weiträumigere ländliche Gebiete. Im Oktober 2017 eröffnete das Ministerium für Gefängnisreformen einen neuen Gefängniskomplex in Agunakolapelessa, der das überfüllte Gefängnis von Tangalle ablöste und auch die Überbelegung des Welikada Hauptgefängnisses in Colombo reduziert (USDOS 20.04.2018).
In einigen Fällen werden Jugendliche und Erwachsenen zusammen untergebracht. Untersuchungshäftlinge sind oft nicht von verurteilten Straftätern getrennt inhaftiert (USDOS 20.04.2018).
Einige der größeren Gefängnisse verfügten über eigene Krankenhäuser. Meist existiert jedoch nur eine medizinische Abteilung. Häftlinge kleinerer Gefängnisse, die medizinisch versorgt werden mussten, werden zur Behandlung in das nächstgelegene Krankenhaus transferiert (USDOS 20.04.2018).
Die Haftbedingungen für politische Straftäter waren und sind noch immer etwas härter, seit Anfang 2015 aber verbessert (AA 16.12.2017).
Die Prison Welfare Society ist ein staatliches Aufsichtsorgan, das Häftlinge besucht, Beschwerden entgegennimmt und den gesetzlichen Auftrag hat, die Haftbedingungen für Häftlinge zu prüfen und ihre Beschwerden mit den einzelnen Gefängnisaufsehern und den Strafvollzugsbeauftragten auszuhandeln. Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka (Human Rights Commission of Sri Lanka, HRCSL) prüft Haftbeschwerden und leitet sie bei Bedarf an die zuständigen Behörden weiter. Die HRCSL berichtete, dass sie einige glaubwürdige Behauptungen über Misshandlungen von Gefangenen erhalten habe, das Ministerium für Gefängnisreformen jedoch berichtete, keine Beschwerden erhalten zu haben. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und das HRCSL haben ebenfalls ein Mandat zur Überwachung der Haftbedingungen. Vertreter des HRCSL besuchten während des Jahres 2017 die Gefängnisse in Kandy, Mahara, Kalutara und Jaffna (USDOS 20.04.2018).
Willkürliche Verhaftungen sind gesetzlich verboten, und jede Person hat das Recht, die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme oder Inhaftierung vor Gericht anzufechten. Dieses Recht war unter dem PTA stark eingeschränkt. Dennoch gab es weiterhin Berichte über willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, wenn auch die Zahl im Vergleich zu 2016 nach Ansicht der Zivilgesellschaft und der HRCSL gesunken ist. Die HRCSL erhielt 2017 118 Beschwerden wegen willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen haben Polizei und Kriminalpolizei Personen wegen angeblicher Beteiligung an terroristischen Aktivitäten unrechtmäßig festgenommen, und in Polizeistationen, Armeelagern und informellen Haftanstalten festgehalten, ohne Anklage zu erheben oder die Häftlinge innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitrahmens anzuklagen (USDOS 20.04.2018).
13. Todesstrafe
Die letzte Hinrichtung in Sri Lanka fand 1976 statt (CLS 2018). Die Todesstrafe wird zwar weiterhin verhängt, seit 1977 aber nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden für vorsätzliche Tötung - es gibt keine Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag - sowie Drogenbesitz und -handel ausgesprochen. Ein Ende des Moratoriums für die Todesstrafe ist gegenwärtig nicht erkennbar (AA 16.12.2017).
Nach Angaben des Ministeriums für Gefängnisreformen, Rehabilitation, Umsiedlung und Hindu-Religiöse Angelegenheiten verhängte Sri Lanka 2017 218 neue Todesurteile (davon drei für Drogenbesitz nach Angaben von Amnesty International) und 2.717 Menschen waren Ende des Jahres zum Tode verurteilt (davon 68 für Drogendelikte). Fünf waren Ausländer. Am Jahrestag der Unabhängigkeit Sri Lankas im Februar hat Präsident Maithripala Sirisena 60 Todesurteile umgewandelt (AI 12.04.2018)
14. Religionsfreiheit
Die in Sri Lanka vertretenen Religionen sind Buddhismus (70,2%), Hinduismus (12,6%), Muslime (9,7%), Katholiken (6,1%), andere Christen (1,3%) und Sonstige (0.05%) - Zahlenangaben gemäß Volkszählung 2012 (CIA 01.05.2018).
Die sri-lankische Verfassung gibt keine Staatsreligion vor und garantiert Religionsfreiheit, weist aber dem Buddhismus eine herausgehobene Rolle zu. Die Religionen begegnen sich in Sri Lanka traditionell mit Respekt und Toleranz. Auch der Staat achtet auf eine Nichtdiskriminierung der Religionen, und die neue Regierung betont ausdrücklich ihren Wi