TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/6 W237 2222792-1

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Veröffentlicht am 06.09.2019
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Entscheidungsdatum

06.09.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W237 2222792-1/3E

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch die XXXX , gegen Spruchpunkt IV. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2019, Zl. 1237146710/190687369, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids insoweit behoben, als damit der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 08.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1. In der polizeilichen Erstbefragung am selben Tag brachte sie vor, Staatsangehörige der Ukraine zu sein und der ukrainisch-ungarischen Volksgruppe anzugehören. In ihrer Heimat sei ihr Separatismus vorgeworfen worden, weil sie in sozialen Netzen für mehr ungarischen Einfluss in ihrem Gebiet geworben habe. Auch habe sie sich dafür ausgesprochen, dass die Ukraine zu Ungarn oder Österreich gehören solle. Daraufhin sei sie von der Geheimpolizei öfters angerufen und über ihre Aktivitäten befragt worden. Sie sei aufgefordert worden, damit aufzuhören, weil ihr ansonsten eine Verurteilung wegen separatistischen Handlungen drohen würde. Sie habe auch ihre Arbeitsstelle aufgeben müssen und sei daraufhin nach Österreich gereist.

1.2. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.07.2019 gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, sie habe sich öffentlich für die Unabhängigkeit des Bundeslandes Transkarpatien ausgesprochen, weil dieses noch nie wirklich zur Ukraine, sondern immer zu Ungarn oder Österreich-Ungarn gehört habe. Ungefähr Ende Oktober 2018 sei sie mehrmals telefonisch bedroht worden und im November 2018 habe sie einen Drohbrief erhalten. Ihrer Vermutung nach seien diese Drohungen von Angehörigen der nationalistischen Organisation "Karpatska Sitch" ausgegangen. Diese hätten von ihr verlangt, damit aufzuhören, ihre Meinung zu äußern. Des Weiteren sei sie von der "SBU", der Sicherheitsbehörde in der Ukraine, kontaktiert und zu einem Gespräch gebeten worden. Da die Beschwerdeführerin eine offizielle Vorladung verlangt habe, sei ihre Chefin kontaktiert worden und die Beschwerdeführerin sei letztlich bei der Behörde zur Befragung erschienen, im Zuge der ihr mit einer Haftstrafe von drei bis fünf Jahren gedroht worden sei. Ihre Chefin habe ihr nahegelegt, ihre Arbeit zu kündigen, was die Beschwerdeführerin auch getan habe. Darüber hinaus brachte die Beschwerdeführerin vor, an einer chronischen onkologischen Erkrankung zu leiden. Sie sei vor zwei Jahren aufgrund von Gebärmutterhalskrebs in der Ukraine behandelt worden, die daraus resultierende Narbe sei rot und bereite ihr Sorgen. Auch habe sie Schmerzen im Unterleib, weshalb sie beim Arzt gewesen sei; zudem leide sie an einem Magengeschwür.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 24.07.2019 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt III.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab und stellte gemäß § 55 Abs. 1a FPG fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.); weiters trug das Bundesamt der Beschwerdeführerin gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 auf, in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.).

Die unter Spruchpunkt IV. genannte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl damit, dass die Beschwerdeführerin aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme und keine reale Gefahr bestehe, dass ihr bei einer Rückkehr in die Ukraine eine schwere Menschenrechtsverletzung drohe. Da dem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und der Beschwerdeführerin auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei es ihr zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse an einem Verbleib in Österreich für die gesamte Dauer des Asylverfahrens trete hinter das öffentliche Interesse an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

3. Die Beschwerdeführerin erhob am 20.08.2019 gegen diesen Bescheid vollinhaltlich das Rechtsmittel der Beschwerde und bekämpfte damit auch den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aussprechenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids.

4. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 26.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist ukrainische Staatsbürgerin und wurde in Uschhorod, Ukraine, geboren. Sie brachte vor, aufgrund separatistischer Äußerungen, die sie über soziale Medien und am Arbeitsplatz tätigte, von Anhängern der Gruppe "Karpatska Sitch" bedroht worden zu sein. Des Weiteren sei sie vor den Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) vorgeladen und dort mit einer drei- bis fünfjährigen Haftstrafe bedroht worden. Darüber hinaus sei sie vor zwei Jahren an Gebärmutterhalskrebs erkrankt und habe mittlerweile wieder Schmerzen im Unterleib. Es besteht derzeit medizinisch der Verdacht auf ein kleines, 6 mm im Durchmesser haltendes Rezidiv am Scheidenstumpf; ärztlich sind weitere Untersuchungen der Beschwerdeführerin angeordnet.

1.2. Die ukrainischen Behörden gehen in jüngerer Vergangenheit stärker gegen Meinungsbekundungen von Social Media-Nutzern vor, die als kritisch gegenüber der Position der Ukraine im Donbass-Konflikt wahrgenommen werden. Im Jahr 2017 haben die Behörden laut einer Medienbeobachtungsgruppe zufolge gegen 40 Benutzer oder Administratoren von Social-Media-Plattformen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, weil ihre Inhalte die verfassungsmäßige Ordnung des Landes untergraben oder die nationale Sicherheit gefährdet hätten. Insbesondere als separatistisch oder extremistisch eingestufte Aktivitäten wurden 2018 geahndet; User werden festgenommen und zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt.

Das ukrainische Gesundheitssystem sieht sich mit einer steigenden Überalterung seines Personals und mit einer beginnenden Ausdünnung der Personaldecke, vor allem auf dem Land und in Bereichen der medizinischen Grundversorgung, konfrontiert. Von Gesetzes wegen und dem ehemaligen sowjetischen Modell folgend sollte die Bereitstellung der jeweils nötigen Medikation - mit der Ausnahme spezieller Verschreibungen im ambulanten Bereich - durch Budgetmittel gewährleistet sein. In der Realität sind einer Studie zufolge in 97 % der Fälle die Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen, was die jüngst in Angriff genommene Reform zu reduzieren versucht.

2. Die festgestellte Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin, ihr Geburtsort und ihr Vorbringen - auch betreffend ihre Erkrankungen - ergeben sich aus ihren Angaben im Verwaltungsverfahren. Dass derzeit medizinisch der Verdacht auf ein Rezidiv besteht, ist den im Zuge der Beschwerdeerhebung vorgelegten ärztlichen Unterlagen zu entnehmen. Die unter Pkt. II.1.2. getroffenen Feststellungen sind dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten und in dieser auch zitierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zu entnehmen; in der Beschwerde wurden diese im angefochtenen Bescheid gleichlautend getroffenen Feststellungen auszugsweise wörtlich zitiert.

3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).

Der angefochtene Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am 25.07.2019 persönlich übernommen und ihr damit zugestellt. Die am 20.08.2019 per E-Mail der belangten Behörde übermittelte Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG jedenfalls rechtzeitig.

Zu A)

3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG).

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014). Nunmehr hat der Gesetzgeber entsprechend festgelegt, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche von Amts wegen zu erfolgen hat; die Verfahrensparteien können eine Entscheidung aber nach Ablauf dieser Frist mittels eines Fristsetzungsantrags herbeiführen (vgl. § 18 Abs. 5 letzter Satz BFA-VG).

3.3. Für die vorliegende Beschwerdesache bedeutet dies Folgendes:

3.3.1. Die Beschwerdeführerin stellte in ihrer Beschwerde unter anderem den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus ihren Ausführungen und dem Aufbau des Beschwerdeschriftsatzes geht aber klar hervor, dass es sich dabei nicht bloß um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre; vielmehr wendet sich die Beschwerdeführerin - mit der wesentlichen Begründung, ihr drohe aufgrund der Verbreitung separatistischer Äußerungen eine Verfolgung durch Privatpersonen sowie eine Haftstrafe und es sei ihre medizinische Versorgung in der Ukraine nicht gewährleistet - "vollinhaltlich" gegen den Bescheid der belangten Behörde (welcher die Spruchpunkte I. bis V. umfasst) und macht dabei inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Damit bekämpft sie auch den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verfügenden Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids unter Hinweis auf eine ihr in der Ukraine drohende Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle ihrer Rückführung dorthin. Mit vorliegendem Teilerkenntnis wird über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt abgesprochen.

3.3.2. Soweit die Beschwerdeführerin zum einen behauptet, aufgrund von separatistischen Äußerungen am Arbeitsplatz und in den sozialen Medien von Anhängern der Gruppe "Karpatska Sitch" bedroht worden zu sein und mit Ermittlungen seitens des Sicherheitsdienstes der Ukraine konfrontiert zu sein, und zum anderen vorbringt, dass eine medizinische Behandlung ihrer Krebserkrankung in der Ukraine für sie nicht leistbar sei, zeigt sie vor dem Hintergrund der festgestellten Situation in Bezug auf Meinungsäußerungen im Internet und in Bezug auf das Gesundheitssystem in der Ukraine Umstände auf, die vorderhand ein maßgebliches Risiko einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK im Falle ihrer Rückführung in die Ukraine nahelegen.

Ob eine entsprechende reale Gefahr vorliegt, wird erst durch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des Berichtsmaterials zur Lage in der Ukraine nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beurteilen sein. In diesem Sinne hat der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung zuzukommen.

3.4. Der die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkennende Spruchpunkt IV. des Bescheids vom 24.07.2019 ist aus diesem Grund mittels vorliegendem Teilerkenntnis insoweit aufzuheben, als damit der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids sowie gegen die - ebenfalls unter Spruchpunkt IV. getroffene - Feststellung, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, richtet, wird darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 BFA-VG wurde durch den Verwaltungsgerichtshof in seiner angeführten Judikatur erläutert; die zuletzt erfolgte Novellierung dieser Bestimmung sieht eine Entsprechung dieser Judikatur im Gesetzeswortlaut vor (vgl. Erläut. 2285/A BlgNR 25. GP, 85).

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,
Mitwirkungspflicht, real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W237.2222792.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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