Entscheidungsdatum
18.10.2019Norm
BFA-VG §22aSpruch
W186 2224330-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. China, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2019, Zl. 10516605-191025453, sowie die Anhaltung in Schubhaft vom 09.10.2019 bis 16.10.2019 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 FPG iVm § 22a BFA-VG stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft von 09.10.2019 bis 16.10.2019 für rechtswidrig erklärt.
II. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von € 1659,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (=BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China.
Sie wurde am 08.10.2019 festgenommen und dem BFA RD NÖ vorgeführt und niederschriftlich einvernommen. Danach wurden die BF in das Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände verbracht.
Am 08.10.2019 wurde die BF von einem Organwalter des BFA niederschriftlich - im Beisein eines Dolmetschers der chinesischen Sprache - zum Sachverhalt einvernommen.
Sie gab dabei folgendes an:
"...] F: Wie heißen sie, wo genau sind sie geboren?
F: Wo genau sind sie geboren und aufgewachsen?
A: Ich bin am XXXX im Bundesland XXXX , Stasdt XXXX , geboren.
F: Wie ist ihr Familienstand? Haben Sie Kinder?
A: Ich bin verheiratet und ich habe 1 Kind.
F: Wie heißt ihr Ehegatte und wie ihr Kind und wo befinden sich diese?
A: XXXX , geb. XXXX , er lebt in China. Er ist LKW-Fahrer.
Mein Sohn heißt XXXX , geb. am XXXX . Er wohnt in Wien.
F: Bei wem ist ihr Sohn in Wien?
A: Bei der Oma väterlicherseits.
F: Wie lange wohnt ihr Sohn schon in Wien?
A: Seit August/September 2019 lebt mein Kind bei den Großeltern in Wien.
Vorher hat es bei meiner Mutter in China gelebt.
F: Haben sie je mit ihrem Kind zusammen irgendwo gelebt?
A: Seit ich nach Ungarn gegangen (2017) ist, blieb das Kind bei meiner Mutter in China.
F: Über welchen Aufenthaltstitel verfügt ihr Kind?
A: Es hat einen Aufenthaltstitel Schüler.
(wurde im System gefunden).
F: Wann haben sie geheiratet und wo?
A: Ich habe am 20.01.2015 geheiratet. Hierin Österreich. Meinen Mann, den LKW-Fahrer.
F: Hat ihr Gatte einen Aufenthaltstitel für Österreich?
A: Ja. Wir haben geheiratet. Dann reiste ich zurück nach China und wartete auf das Visum. Mein Vater war aber damals schwer krank und ich blieb länger und wartete nicht mehr auf das Visum.
F: Ihr Gatte hatte in Österreich einen Aufenthaltstitel, der jedoch im Juli 2016 widerrufen wurde. Er wurde wegen Schlepperei angezeigt und hat seither keinen aufrechte ZMR-Meldung in Österreich. Was sagen Sie dazu?
A: Das wusste ich nicht.
F: Wie heißen Ihre Eltern?
A: Meine Mutter heißt XXXX , mein Vater heißt XXXX .
F: Wo leben ihre Familienangehörigen?
A: In China, in XXXX , dort wo auch ich gelebt habe.
F: Wo befindet sich ihrchin. Reisepass?
A: In Ungarn.
V: Ihnen werden die Anwesenden vorgestellt und der Zweck und Ablauf der Einvernahme erläutert. Sie werden davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie nunmehr ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme/Schubhaft geführt wird.
Zur Prüfung dieses Sachverhaltes sind Sie, auch in Ihrem Interesse einer möglichsten Vermeidung von Eingriffen in Ihre Rechte, zur mitwirkenden Klärung des Sachverhaltes und Ihrer Identität verpflichtet. Kommen Sie dem nicht nach, müssen Sie damit rechnen, dass Zwangsmittel oder Sicherungsmaßnahmen angewendet werden können.
Sie wurden am heutigen Tage von der Finanzpolizei kontrolliert und auf frischer Tat bei der illegalen Arbeitstätigkeit betreten. Sie waren nicht in der Lage, sich auszuweisen.
Sie gaben an, einen chin. Reisepass zu besitzen. Diese würden Sie nicht bei sich führen. Sie wurden daraufhin vom BFA festgenommen.
Es wurde mit dem PKZ Kontakt aufgenommen, um den Aufenthaltstitel zu bestätigen.
Wollen Sie hierzu Stellung nehmen?
A: Warum muss meine Identität bestätigt werden?
Belehrung:
Sie sind verpflichtet, sich im EU-Raum auszuweisen mit einem Identitätsdokument. Ein Aufenthaltstitel alleine ist kein Personaldokument. Sie müssten ihn in Verbindung mit ihrem chin. Reisepass immer mit sich führen.
F: Haben Sie in Österreich jemals einen Asylantrag gestellt?
A: Nein.
F: Wann war ihr Gatte das letzte mal in Österreich?
A: Ich bin heute erst in der früh nach Ö gekommen.
F: Wo leben sie hauptsächlich?
A: Ich lebe in Budapest, wo genau weiß ich nicht, im 10. Bezirk. Ich habe es auf dem Handy.
F: Wie bestreiten sie in Ungarn ihren Lebensunterhalt?
A: Ich arbeite als Lagerarbeiterin bei der Firma XXXX , die genaue Bezeichnung kenne ich nicht. Ich arbeite dort seit übereinem Jahr.
F: Wo ist die Firma?
A: Auf einem großen Markt in Budapest, im 10. Bezirk.
F: Was verdienen sie da im Monat?
A: Ich verdiene 200.000 Forint.
F: In welchen Verhältnissen leben sie in Budapest?
A: Ich lebe in einer Mietwohnung, alleine.
F: Wie oft sehen sie ihren Sohn?
A: 1 x pro Woche.
F: Wer hat die Obsorge für ihren Sohn?
A: Mein Schwiegereltern, die in Wien leben.
F: Gibt es da einen österr. Gerichtsbeschluss darüber?
A: Ja, die MA35 hat das Urteil. Damals als wir den Antrag für den Aufenthaltstitel gestellt haben, habe ich die Obsorge abgegeben, sonst hätten wir den AT nicht bekommen..
F: Was ist der Zweck Ihres Aufenthalts in Österreich? Was haben sie an der Adresse, wo sie festgenommen wurden, getan?
A: Ich wollte Fr. XXXX besuchen. Ich habe sie in Ungarn kennengelernt.
F: Sie verfügen übereine Vorteilskarte der ÖBB und auch eine Jahreskarte der Wiener Linien. Wofür? A: Ich kann so günstiger fahren.
F: Sie wurden am heutigen Tage bei einer Kontrolle der Finanzpolizei in Mödling im Verkaufslokal " XXXX " bei der Arbeitstätigkeit auf frischer Tat betreten. Können Sie Angaben dazu machen?
A: Nein, ich habe nicht gearbeitet. Ich war nicht oben in der Wohnung.
F: Lt. Bericht waren sie im 1. Stock, Fr. XXXX im 2. Stock. Wenn sie sie besuchen wollten, warum waren sie dann nicht mir ihr im Raum?
A: ich war beim Intemetsurfen. Ich wartete, um mein Kind abzuholen. Ich war in Österreich, weil sich mein Kind verletzt hat. Er hat eine Beule auf der linken Seite am Kopf.
F: Warum sind sie dann nicht gleich in die Schule gefahren?
A: Die Oma hat mir ein Video geschickt. Es war nicht so schlimm.
F: Verfügen sie über Barmittel? Haben sie eine Bankomatkarte bzw. eine Kreditkarte bei sich?
A: Ich habe noch einige Euro. Ich habe keine Karten.
F: Wohin übenweist ihnen ihr Arbeitgeber den Gehalt?
A: Er bezahlt in bar. Nun fällt mir ein, dass ich die Bankomatkarte in Ungarn habe.
V; Sie halten sich illegal in Österreich auf, sie können ihre Identität nicht belegen, haben keine Barmittel und verfügen über keine Meldeadresse in Österreich und wurden bei der Schwarzarbeit betreten.
Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach China abgeschoben werden sollen.
Es ist daher zur Sicherung dieser Maßnahmen beabsichtigt, gegen Sie die Schubhaft zu verhängen, nachdem Sie sich illegal in Österreich aufhalten.
Wollen Sie hierzu Stellung nehmen?
A: Ich wusste nicht, dass man mit einem ungarischen ATnicht hier auf Urlaub sein kann, ohne den RP mitzunehmen.
F: Wo wohnen Sie, wenn Sie in Österreich sind?
A: In Wien habe ich keine Wohnung, vielleicht ab und zu bei meiner Schwiegermutter in Wien.
F: Nennen sie die Adresse in Wien:
A: Im 21. Bezirk, die genaue Adresse weiß ich nicht.
F: Sie behaupten, wöchentlich ihren Sohn in Ö zu besuchen. Eristlt. ZMR seit 09.08.2019 in Wien gemeldet. Warum wissen sie dann die Adresse nicht?
A: Ich weiß nur, wie man hinkommt. Man fährt mit der Schnellbahn bis nach Floridsdorf, dann zu Fuß 5 Minuten.
F: Kennen Sie XXXX ?
A: Das ist der Mann der unten im Supermarkt ist. Ich kennen ihn nicht sehr gut. Immer wenn ich Fr. XXXX besuche, sehe ich ihn.
F: Wie oft besuchen sie Fr. XXXX ?
A: Immer wenn ich das Kind besuchen, besuche ich auch Fr. XXXX .
F: Gehört Fr. XXXX die Wohnung? Wohnt sie dort?
A: Das weiß ich nicht. Sie ist immer wieder mal dort. Ich frage immer, ob sie da ist.
F: Wem gehört denn die Wohnung?
A: Ich weiß es nicht.
F: Wer ist XXXX , XXXX ?
A: XXXX war er früher der Chef der Firma, jetzt weiß ich es nicht, den anderen kenne ich nicht.
F: Wurden Sie im Zuge der Einreise nach Ö im Zug kontrolliert?
A: Nein.
F: Sind Sie seit Ihrer Einreise je Wiederaus Österreich ausgereist?
A: Nein.
F: Sofern die Behörde Sie zur Feststellung Ihrer Identität dazu anhalten würde, dass Sie sich zur chinesischen Botschaft in Wien begeben, würden Sie dieser Aufforderung Folge leisten?
A: Nein.
F: Verfügen Sie über einen Aufenthaltstitel in der Europäischen Union?
A: Ja, ich habe einen Aufenthaltstitel von Ungarn.
F: Sofern Sie eine Ausreiseverpflichtung erhalten würden, dass Sie in Ihr Herkunftsland ausreisen müssten, würden Sie dieser freiwillig Folge leisten?
A: Nein, ich habe nicht vor, nach China zurückzukehren. Ich will nach Ungarn zurück.
F: Würden Sie freiwillig ausreisen?
A: Wenn es sein muss, meine Mutter ist in China, nach Ungarn ohne weiters.
F: Sie waren an folgenden Daten in Wien amtlich gemeldet:
24.01.2011 - 29.03.2011 - 1110 Wien, XXXX - Unterkunftgeber: XXXX 31.10.2014-07.11.2014- 1120 Wien, XXXX , Unterkunftgeber: XXXX 07.11.2014 - 22.01.2015- 1020 Wien, XXXX - Unterkunftgeber XXXX .
I/Vas war der Zweck Ihrer Aufenthalte in Ö?
Wie bestritten Sie während dieser Zeit Ihren Unterhalt?
A: Ich wollte damals heiraten, dafür braucht man einen Meldezettel.
F: Wo lebten Sie ab 23.01.2015 bis dato? Immer in Ungarn, oder zwischendurch in China?
A: In China, bei meiner Mutter. Seit 2017 bin ich jetzt in Ungarn.
F: Gab es politische, religiöse oder andere Gründe, aus denen Sie die VR China verlassen mussten? A: Nein.
F: Haben Sie irgendwelche Anknüpfungspunkte zu Österreich- Arbeit, Ausbildung, etc. ?
A: Nein.
F: Wie hoch sind Ihre derzeitigen Barmittel?
A: Ich habe kein Geld, bei der Einreise hatte ich 40, jetzt nur noch einige Euros.
F: Verfügen Sie über Bankomat- oder Kreditkarten?
A: Nein.
F: Wie könnten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich finanzieren?
A: Ich kann den Aufenthalt nicht finanzieren.
F: Sind Sie in Österreich amtlich gemeldet?
A: Nein.
F: Haben sie in Österreich eine Wohnung?
A: Nein, ich habe keinen festen Wohnsitz.
F: Hatten Sie je Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden der Republik Österreich?
A: Nein.
F: Waren Sie sonst jemals in Österreich oder Europa?
A: Ja, in Ungarn.
F: Sind Sie krank, benötigen Sie einen Arzt oder Medikamente?
A: Ich bin vollkommen gesund und benötige keinen Arzt und keine Medikamente.
F: Waren Sie je im Krankenhaus oder sonst in Kranken- oder Spitals- oder sonstiger medizinischer Behandlung, sei es in Österreich oderim Herkunftsstaat bzw. anderswo?
A: Nein.
F: Nehmen Sie derzeit Medikamente ein?
A: Nein.
F: Bei Ihnen wurde ein Schlüsselbund sichergestellt, der aus 2 Teilen besteht.
Gehe ich richtig in der Annahme, dass der Schlüsselbund mit dem gelben Token ihr Schlüsselbund von der Wohnung in Ungarn ist?
A: Ja. Einen vom anderen Schlüsselbund habe ich heute von Fr. XXXX bekommen, fürs Büro.
F: Wo schließen die 3 anderen Schlüssel?
A: Einer noch für Ungarn.
F: Die restlichen 2 Schlüssel haben die gleiche Nummer wie die Schlüssel von Fr. XXXX .
Erklären Sie sich hierzu.
A: Es ist in Vösendorfvon der Bürotür und von der Wohnungstür.
F: Warum haben sie von Fr. XXXX einen Büroschlüssel und einen Wohnungstürschlüssel von Vösendorf erhalten ?
A: Weil die Tür unten auch zu ist.
F: Wie hätten sie die Reise nach Ungarn beglichen?
A: Ich hatte ja Euro 40,.~, die mir von der Polizei abgenommen wurden.
F: Sprechen sie deutsch oder ungarisch?
A: Deutsch überhaupt nicht, ungarisch sehr schlecht
F: Warum wurde Ihnen ein ATin Ungarn ausgestellt?
A: Ich bekam ihn wegen der Arbeit, ich reiste mit einem Arbeitsvisum nach Ungarn ein.
Sie besitzen derzeit kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhaltzu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach. Sie haben keinen Wohnsitz in Östeneich.
Sie sind in keinster Weise integriert, da sie sich insgesamt erst seit kurzer Zeit in Österreich aufhalten. Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Sie wurden bei der illegalen Arbeitstätigkeit von der Finanzpolizei auf frischer Tat betreten.
Sie haben nach eigenen Angaben zwar einen Sohn in Österreich, dessen Obsorge sie jedoch abgegeben haben, damit er einen AT in Ö erhält.
Sie haben keine sonstigen soziale Anknüpfungspunkte zu Österreich. Weder sprechen Sie Deutsch, noch gehen Sie einer Beschäftigung nach, noch absolvieren Sie eine Ausbildung.
Es konnte nicht erkannt werden, dass besondere Umstände in der Schubhaft entgegenstehen. Sie sind nicht mit der erforderlichen vorauszusetzenden Sicherheit greifbar.
Es ist auch kein Grund zur Annahme gegeben, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.
F: Wollen Sie hierzu Stellung nehmen?
A: Was ist Schubhaft?
Erläuterung:
Ihnen wird der Begriff Schubhaft erklärt. Sie haben die Möglichkeit in der Schubhaft in Wien Rechtsberatung und Rückkehrberatung in Anspruch zu nehmen. Sie können jederzeit freiwillig ausreisen.
V: Der Schubbescheid wird Ihnen in weiterer Folge im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände morgen zugestellt werden.
Sie finden darin auch den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung in Ihrer Sprache. Haben Sie noch Fragen?
A: Nein, ich habe keine Fragen.
V: Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung der Abschiebung ins PAZ Wien, Rossauer Lände, überstellt werden.
F: Wollen Sie noch Angaben tätigen?
Nach Verlesung der NS gibt die Fremde an:
Nicht jedes Mal besuche ich Fr. XXXX . Fr. XXXX ist auch nicht immer dort, dass fällt mir jetzt ein.
Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen.
Ende der Amtshandlung um 21.15 Uhr.
Der Inhalt der Niederschrift wurde auf folgende Weise wiedergegeben:
Übersetzung durch Dolmetsch. Duplikat der Niederschrift wurde ausgehändigt."
2. Mit dem hier angefochtenen Mandatsbescheid wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Das Bundesamt traf nachstehende Feststellungen:
Zu Ihrer Person:
Es handelt sich bei Ihrer Person um den angeführten Bescheidadressaten. Sie sind chinesischer Staatsbürger; die Bestimmungen des FPG sind daher auf Sie anwendbar.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Sie wurden am 08.10.2019 bei der illegalen Erwerbstätigkeit betreten. Ihr Aufenthalt wurde dadurch nicht rechtmäßig.
Gegen Sie wurde ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
-
Sie verfügen über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und können Sie somit auch keiner legalen Beschäftigung nachgehen, um sich Ihren Aufenthalt aus Eigenem finanzieren zu können.
-
Sie können das Bundesgebiet nicht aus Eigenem verlassen, Sie sind ohne Unterstand und ohne finanzielle Mittel.
-
Die hs. Behörde geht auf Grund der ggst. Aktenlage davon aus, dass sie im Falle der Entlassung auf freiem Fuß wieder untertauchen werden, um sich Ihrer Abschiebung zu entziehen.
-
Sie bestreiten Ihren Lebensunterhalt durch illegale Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet.
-
Sie verfügen über kein finanzielles Auskommen und/oder Barmittel um Ihren Lebensunterhalt und somit Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zu sichern.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Ihr Sohn lebt seit August 2019 in Österreich bei der Großmutter väterlicherseits in Wien. Sie haben die Obsorge per Gerichtsbeschluß an die Großmutter väterlicherseits abgegeben. Ihr Sohn hat einen Aufenthaltstitel als Schüler. Seit Ihrem Aufenthalt in Ungarn ab dem Jahr 2017, lebte Ihr Sohn durchgängig bei Ihrer Großmutter in China. Der Vater lebt ebenfalls in China."
In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesamt aus:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Sie sind ohne Unterstand im Bundesgebiet, ohne ausreichende Barmittel iSd Schengener Grenzkodex und bestritten Ihren Lebensunterhalt durch illegale Erwerbstätigkeit. Fluchtgefahr liegt somit subsumiert vor, weil Sie nicht österreichischer Staatsbürger sind, in Österreich keine stabilen Lebensverhältnisse von längerer Dauer aufgebaut haben, die Höhe der ho. in Aussicht genommenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme, sowie die ho. in Aussicht genommene Abschiebung in Ihr Heimatland, in jedem Fall einen Fluchtreiz darstellt, weshalb die objektiv betrachtete Gefahr besteht, dass wenn sie auf freiem Fuß belassen werden würden, sie flüchten und/oder Sie sich im Bundesgebiet verborgen halten werden.
Eine Fluchtgefahr liegt somit ausreichend begründet vor, daher die gegenständliche Entscheidung auch verhältnismäßig ist, da Ihnen bewusst gewesen sein muss, dass Sie sich illegal in Österreich aufhalten wenn Sie im Bundesgebiet Straftaten begehen.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Wie bereits eingehend begründet, verfügen Sie über keine behördliche Meldung und waren / sind Sie im Bundesgebiet ohne Unterstand / unterstandslos. Sie waren daher / sind für die ha. Behörde nicht greifbar. Sie verfügen über keine iSd Schengener Grenzkodex ausreichenden Barmittel, die eine längerfristige Sicherung Ihres Lebensunterhaltes gewährleisten und waren Sie schon bei Ihrer Einreise in das Gebiet Schengen nicht im Besitz der erforderlichen Barmittel für Ihre Ausreise. Im Bundesgebiet haben Sie weder berufliche noch soziale Bindungen, somit subsumiert auch keine rechtshemmenden Bindungen vorliegen.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gern. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie sind als mittellos anzusehen und kann daher kein Betrag erlegt werden, welcher für eine tatsächliche Verfahrenssicherung ausreichend erscheint. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Sie haben Ihren Aufenthalt bisher ohne behördliche Meldung verbracht. Sie missachteten die bestehenden fremdenpolizeilichen und mit anwendungsvorrang ausgestatteten Vorschriften und trachten danach Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen. Sie haben keine bekannte Unterkunft und auch keine nennenswerten Barmittel. Sie sind wissentlich illegal im Bundesgebiet verblieben. Es ist daher festzustellen, dass Sie nicht bereit sind behördlichen Auflagen Folge zu leisten und ist daher zu befürchten, dass Sie untertauchen und sich dem Verfahren der Abschiebung entziehen werden, zumal Sie nicht einmal dazu bereit waren sich ihrem Asylverfahren zu stellen. Zur Sicherung dieser Verfahren / der Abschiebung musste diese Maßnahme getroffen werden. Mit der Erlassung eines gelinderen Mittels kann in Ihren Fall nicht das Auslangen gefunden werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt. Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Sie haben keine Angaben zu etwaigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemacht. Es liegen keine bekannten Gründe einer Haftunfähigkeit vor.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."
4. Die BF erhob durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid.
Begründend wurde ausgeführt:
"...] Sachverhalt (Kurzdarstellung)
Die Beschwerdeführerin verfügt über einen gültigen ungarischen Aufenthaltstitel sowie über einen chinesischen Reisepass (diesen hat ihre Schwiegermutter mittlerweile doch in der Wohnung in Wien gefunden, die Beschwerdeführerin kann diesen jederzeit beim BFA vorlegen), das Vorliegen des ungarischen Aufenthaltstitels ist aus Sicht der Behörde unstrittig, denn ihr liegt der ungarische Aufenthaltstitel vor.
Die Beschwerdeführerin lebt und arbeitet seit dem Jahr 2017 in Ungarn.
Der in Österreich aufenthaltsberechtigte Sohn der Beschwerdeführerin, Haoyu SUN, geb. am 5.12.2012, Aufenthaltstitel Schüler, lebt seit August 2019 mit der mit seiner Obsorge berechtigten, ebenfalls in Österreich aufenthaltsberechtigten Schwiegermutter der Beschwerdeführerin, Frau XXXX und deren Mann, Herrn XXXX , österreichischer Staatsbürger in der XXXX .
Die Beschwerdeführerin besucht seither etwa einmal wöchentlich ihren Sohn in Wien, bei ihrem letzten Besuch in Wien besuchte sie auch eine Bekannte, Frau XXXX , in Mödling. Als die Finanzpolizei deren Räumlichkeiten kontrollierte, schrieb die Beschwerdeführerin gerade private E-Mails am Computer, einer illegalen Erwerbstätigkeit ging die Beschwerdeführerin nicht nach (auch gibt die Behörde im gegenständlichen Bescheid nicht an, welcher illegalen Erwerbstätigkeit die Beschwerdeführerin beim Aufgriff durch die Finanzpolizei nachgegangen sein soll).
Die Beschwerdeführerin hatte im Zeitpunkt ihrer Festnahme ihre sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen noch nicht überschritten, sie war vielmehr erst am Tag ihrer Festnahme in das österreichische Bundesgebiet eingereist und führte ausreichend Barmittel, konkret einen Betrag von Bargeld in Höhe von etwa EUR 40,00 mit sich, dieser hätte ausgereicht, um am selben Abend wieder nach Ungarn zurückzureisen. Der Beschwerdeführerin war nicht bekannt, dass sie stets ihren ungarischen Aufenthaltstitel sowie ihren chinesischen Reisepass mit sich führen hätte müssen. Die Beschwerdeführerin war somit rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.
Selbst wenn die Behörde annimmt, dass die Beschwerdeführerin am 8.10.2019 nicht mehr rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufhältig war, hätte sie jedoch keine Schubhaft über die Beschwerdeführerin verhängen dürfen. Vielmehr hätte die Behörde die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs 6 FPG verpflichten müssen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet Ungarns zu begeben. Eine solche Verpflichtung der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde erfolgte jedoch nachweislich nicht.
Im gegenständlichen Fall ist zudem der Sicherungszweck der Abschiebung mangels Bestehen einer Rückkehrentscheidung nicht erreichbar.
Zudem ist im Falle der Beschwerdeführerin keines der Kriterien des § 76 Abs 3 Z. 1-9 erfüllt und es besteht im Falle der Beschwerdeführerin keine Fluchtgefahr.
Die Beschwerdeführerin ist selbstverständlich kooperativ und bereit, an einem von der Behörde festgelegten Tag aus dem österreichischen Bundesgebiet auszureisen. Zudem würde sie einem gelinderen Mittel jedenfalls Folge leisten.
Auch verfügt sie über ein familiäres und soziales Netzwerk in Österreich, dies gab sie auch entsprechend an, ihr Sohn, ihre Schwiegermutter sowie der Mann der Schwiegermutter der der Beschwerdeführerin leben in Wien, sie könnte selbstverständlich auch in deren Wohnung in der XXXX , 1210 Wien unentgeltlich Unterkunft nehmen.
Die Anordnung der Schubhaft sowie die Anhaltung in Schubhaft seit dem 9.10.2019 sind daher rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin erhebt gegen die Anordnung der Schubhaft mittels Bescheids und die auf diesen Bescheid gestützte Anhaltung in Schubhaft das gegenständliche Rechtsmittel.
Beweis: EV der Beschwerdeführerin;
ZV XXXX , 1210 Wien;
ZV XXXX 1210 Wien.
...] Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft und der Anhaitung des Beschwerdeführers
1. Der Sicherungszweck der Abschiebung ist nicht erreichbar
Gegenständlich wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt Die Zulässigkeit der Abschiebung erfordert gern § 46 Abs 1 FPG das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme.
Aufgrund der Heranziehung des § 76 Abs 2 Z 2 FPG ist klar, dass die Behörde beabsichtigt, die Beschwerdeführerin nach China abzuschieben, dies wohl in Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung.
Gegen die BF wurde eine solche Rückkehrentscheidung bis dato jedoch nicht erlassen. Soweit ersichtlich gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass gegen die BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung oder eine sonstige aufenthaltsbeendende Maßnahme bestehen würde. Die Behörde stellt im angefochtenen Bescheid auch nicht fest, dass gegenüber der BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestehen würde. Auch § 76 Abs 3 Z 3 FPG wurde nicht zur Begründung der Fluchtgefahr herangezogen, was anzunehmen wäre, wenn tatsächlich eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestehen würde. Da mangels durchsetzbarer aufenthaltsbeendender Maßnahme eine Abschiebung nicht in Frage kommt, kommt auch die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht in Betracht. Bereits aus diesem Grund ist der angefochtene Schubhaftbescheid rechtswidrig.
...] Verletzung von Verfahrensvorschriften
Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren war grob mangelhaft, da diese ihrer nach §§ 37, 39 Abs 2 AVG bestehenden und in § 18 Abs 1 AsylG konkretisierten Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Gerade die Verhängung der Schubhaft als Einschränkung der persönlichen Freiheit verlangt eine EinzelfaElabwägung der konkreten Situation eines Beschwerdeführers. Dazu gehört auch, dass die Behörde die Umstände, die für die Entscheidung, ob die Behörde Schubhaft über eine Person verhängt von immenser Bedeutung sind, selbständig ermittelt.
Wie dargestellt bestreitet die BF im Zuge der äußerst kurz gehaltenen Einvernahme vor der belangten Behörde, überhaupt einer illegalen Arbeitstätigkeit in Österreich nachgegangen zu sein.
Soweit ersichtlich, gibt es im Bescheid keinerlei Hinweise darauf, dass es tatsächlich aussagekräftige Beweise geben würde, dass die BF tatsächlich in Österreich schwarzgearbeitet hätte, es ist daher nicht nachvollziehbar, wie und aufgrund welcher konkreter Überlegungen die Behörde ohne weiteres zu der Feststellung kommt, die BF wäre bei einer illegalen Beschäftigung betreten worden (siehe dazu etwa die Ausführungen des BVwG zur angeblichen Schwarzarbeit im Erkenntnis des BVwG vom 28.5.2019 zur GZ W226 2218653-1/2E).
Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die BF aus ihrer Sicht jedenfalls keiner illegalen Arbeit in Österreich nachgegangen und daher im österreichischen Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig ist (siehe dazu unten).
Die Behörde hat jedoch in diesem Fall überhaupt nicht dahingehend ermittelt, ob die Beschwerdeführerin sich kooperativ zeigt und bereit ist, freiwillig nach Ungarn aus zu reisen.
Auch hat sich die Behörde, obwohl die BF mehrfach festhielt, über Familienmitglieder in Österreich zu verfügen, mit diesen überhaupt nicht auseinandergesetzt und vielmehr - unrichtigerweise - festgestellt, dass diese in Österreich über kein familiäres bzw. soziales Netzwerk verfügen würde.
Beweis: wie bisher.
Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids aufgrund des rechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet
Die belangte Behörde hat mit dem gegenständlichen Bescheid die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung der Beschwerdeführerin angeordnet.
Die Vorfrage, die von der belangten Behörde zu beurteilen war, war zunächst die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet gern § 31 FPG.
Gem § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Zur den Voraussetzungen für die rechtmäßige Einreise ins Bundesgebiet normiert § 15 Abs 1 FPG eine Passpflicht, § 15 Abs 2 FPG eine Visumpflicht, sofern sich nicht (u.a.) durch unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union etwas anderes ergibt. Ebenso ist eine Pass- und Visumpflicht für Drittstaatsangehörige in Art 5 Abs 1 lit a und b der VO (EG) 562/2006 (Schengener Grenzkodex) normiert.
Weitere Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Einreise und des Aufenthaltes gern Art 5 Abs 1 des Schengener Grenzkodex sind, dass der Drittstaatsangehörige nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist (lit d), dass er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit und die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellt (lit e) sowie, dass er über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung des Aufenthaltszweckes und der geplanten Aufenthaltsdauer verfügt, wobei die Feststellung ausreichender finanzieller Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen kann (Art 5 Abs 3).
Die Beschwerdeführerin reiste - wie oben ausgeführt - mit ihrem gültigen ungarischen AufenthaEtstltel sowie ihrem gültigen chinesischen Reisepass in das österreichische Bundesgebiet ein und hatte ausreichend Barmittel bei sich.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet war somit rechtmäßig.
Gegenüber der BF besteht auch kein Aufenthalts- oder Einreiseverbot. Die nächste Frage wäre daher gewesen, ob die BF über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Österreich verfügt Die Beschwerdeführerin hatte bei ihrer Festnahme zwar nur Bargeld in Höhe von etwa EUR 40,00 bei sich, gab aber an, am Abend desselben Tages wieder nach Ungarn ausreisen zu wollen. Die BF verfügte somit über ausreichend Bargeld zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes während ihres Aufenthaltes in Österreich.
Die Einreise und der Aufenthalt der BF im österreichischen Bundesgebiet waren somit rechtmäßig.
...] Zur Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme im Hinblick auf § 52 Abs 6 FPG, da die Beschwerdeführerin im Besitz eines gültigen ungarischen Aufenthaltstitels ist
Sollte das Gericht trotz der obigen Ausführungen davon ausgehen, dass sich die Beschwerdeführerin nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten hat, so ist jedoch § 52 Abs 6 FPG anwendbar.
Interessanterweise geht die belangte Behörde im genannten Bescheid überhaupt nicht auf die Thematik des § 52 Abs 6 FPG und den Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin in Ungarn ein. Auch diese fehlende Auseinandersetzung macht die Schubhaftverhängung rechtswidrig.
Sollte das Gericht trotz der obigen Ausführungen davon ausgehen, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten hat, so ist jedenfalls § 52 Abs 6 FPG anwendbar.
Für diejenigen (Sonder-)Konstellationen, in denen der nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates ist, ordnet § 52 Abs 6 FPG - als lex specialis gegenüber § 52 Abs 1 FPG - eine andere Vorgangsweise an:
Der Drittstaatsan ge hörige ist zu verpflichten, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Mitqliedstaates zu begeben, dessen Aufenthaltstitei er besitzt.
§ 52 Abs 6 FPG idgF (BGBl I Nr. 87/2012) entspricht § 52 Abs 2 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011. Schon aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu Letzterem ergibt sich unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber damit die Umsetzung des Art 6 Abs 2 RückführungsRL beabsichtigte (vgl. 1078 BlgNR XXIV. GP, S. 29):
‚Im vorgeschlagenen Abs. 2 wird auf die Vorgaben der Art 6 Abs. 2 iVm Art 7 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 1 der RückführungsRL Bedacht genommen, die anstelle des Art.23 Abs.2 und 3 SDÜ treten. Letztgenannte regelten die Verpflichtung des Drittstaatsangehörigen, sich in den Vertragsstaat zu begeben, der ihm einen Aufenthaltstitel ausgestellt hat sowie dessen Abschiebung bei Missachtung dieser Verpflichtung oder im Fall der Verletzung des ordre-public sowie die ausnahmsweise Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis trotz Illegalität.
Im vorliegenden Fall wurde die BF vom Bundesamt bisher nicht zu ihrer Ausreise in den Mitgiiedstaat Ungarn verpflichtet (es ist unstrittig, dass sie über eine Aufenthaltsberechtigung für diesen Mitgliedstaat verfügt).
Auch ist im Falle der Beschwerdeführerin auch keine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Denn es ist nach der Rsp des VwGH für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit eine Einzelfallprüfung erforderlich, für die insoweit auf die Rechtsprechung des VwGH zur Erstellung einer Gefährlichkeitsprognose bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots zurückgegriffen werden kann (vgl. VwGH vom 10.4.2014, 2013/22/0310). Hierbei muss auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sein; das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Selbst strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig (vgl. für viele VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0453).
Damit §52 Abs6FPG Art 6 Abs 2 der Rückführungs-RL umgesetzt wurde, ist auch die Rechtsprechung des EuGH zur Rückführungs-RL zur Auslegung des Begriffes "Gefahr für die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit" zu berücksichtigen. Der EuGH stellte im Urteil vom 11.06.2015, C-554/13, Rs Zh. und O., zur Auslegung dieses Begriffes klar, dass die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich genommen nicht geeignet ist, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu begründen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Nach der Rechtsprechung zur Gefährlichkeitsprognose hat die Behörde zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet (vgl. erneut VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0453). Die Gefährdung ist im Hinblick auf einen etwaigen weiteren Aufenthalt im Hinblick auf Österreich zu prüfen, weil die österreichischen Behörden nicht dazu berufen sind zu prüfen, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates - schon aufgrund der länderbezogenen Spezifizität dieses Tatbestandes (vgl. EuGH vom 27.10.1977, Rs 30/77, Bouchereau, Rn. 33 bis 35) - gefährdet ist.
In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der BF über einen Aufenthaltstitel in Ungarn verfügt und zusagt, nach der Entlassung aus der Schubhaft freiwillig und unverzüglich nach Ungarn zurückkehren zu wollen, kann von einem weiteren Aufenthalt in Österreich im obigen Sinne gar nicht die Rede sein.
Sollten die ungarischen Behörden der Meinung sein, der BF würde im Hinblick auf einen weiteren Aufenthalt in Ungarn eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Ungarns darstellen, wäre es deren Sache, dem BF allenfalls seinen unbefristeten Aufenthaltstitel abzuerkennen und gegen sie eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.
Zusammenfassend ergibt sich also, dass ein weiterer Aufenthalt des BF in Österreich keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen würde, weil ein Aufenthalt in Österreich vom BF für die Zukunft nicht beabsichtigt ist. Es kann daher auch die sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet nicht aus diesen Gründen (iSd § 52 Abs 6 letzter Satz 2. Fall FPG) erforderlich sein.
Die Inschubhaftnahme ist damit unzulässig, weil die BF gemäß § 52 Abs 6 FPG zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet Ungarns zu begeben.
Nichtvorliegen von Fluchtgefahr gemäß §76 Abs 2 Z 2 FPG,
Unverhältnismäßigkeit der Haft
Gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG ist die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Im gegenständlichen Fall liegen weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vor.
Jedenfalls reichen die von der belangten Behörde dargelegten Umstände nicht aus, um im Fall der Beschwerdeführerin eine Fluchtgefahr zu begründen.
Die Behörde argumentiert, dass das Kriterium des § 76 Abs 3 Z 9 erfüllt wäre. Tatsächlich ist das Kriterium des § 76 Abs 3 Z 9 FPG nicht erfüllt.
Denn die Beschwerdeführerin ist - wie bereits dargelegt - nicht mittellos und verfügt in Österreich sehr wohl über ein familiäres und soziales Netzwerk und über die Möglichkeit, bei ihrer Familie in Österreich zu wohnen (siehe dazu bereits oben).
Zudem darf Schubhaft nie als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern oder Fremden angewendet werden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239).
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nach wie vor unbescholten und wurde bis zum heutigen Tag in Österreich nicht strafrechtlich verurteilt.
...] Zur Nicht-Anwendung eines gelinderen Mittels
Selbst bei Vorliegen einer Fluchtgefahr - welche der Beschwerdeführer ausdrücklich in Abrede stellt - ist die Schubhaft nur bei Vorliegen von Verhältnismäßigkeit zulässig und nur, wenn gelindere Mittel nicht zur Zweckerreichung geeignet wären (§ 77 Abs 1 FPG).
Es gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH 03.10.2012, G140/11 ua - G86/12 ua). Es wäre am BFA gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt, stattdessen finden sich im Schubhaftbescheid dazu nur wenige allgemein gehaltene Sätze. Entsprechende Ausführungen oder Begründungen sind im Bescheid nicht zu finden, dies betrifft insbesondere die gelinderen Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gern § 77 Abs 3 Z 2 FPG sowie das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gern §77 Abs3Z1 FPG.
Im Falle der Beschwerdeführerin kommen jedenfalls gelindere Mittel in Betracht:
So wäre im Falle der Beschwerdeführerin etwa das gelindere Mittel einer periodischen Meideverpfiichtung naheliegend.
Alternativ wäre neben einer periodischen Meldeverpflichtung auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumiichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gern § 77 Abs 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung.
Auch könnte die Beschwerdeführerin - wie bereits oben ausgeführt - bis zum Tag ihrer Ausreise bei ihrer Familie unentgeltlich Unterkunft nehmen.
Die Beschwerdeführerin würde der Anordnung eines gelinderen Mittels unmittelbar Folge leisten.
Der Vollständigkeit halber weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls - und Zwangsgewalt nicht entgegen steht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§ 77 Abs 5 FPG).
Die Beschwerdeführerin ist bereit, mit Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtung sowie einer anfälligen angeordneten Unterkunftnahme Folge leisten.
Die genannten gelinderen Mittel wären zur Erfüllung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls ausreichend gewesen. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
In vergleichbaren Fällen hat das BVwG ausgesprochen, dass die nicht ausreichende Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines gelinderen Mittels zur Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung führt, vgl etwa BVwG W171 2124161-1 vom 08.04.2016:
‚Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels vor, von welcher das BFA Gebrauch machen hätte müssen. Im gegenständlichen Fall wird dies nach Ansicht des Gerichtes zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers als ausreichend erachtet. Die in