Entscheidungsdatum
28.10.2019Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
I414 2224689-1/4Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Tunesien, vertreten durch: RA Mag. Wolfgang AUNER, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich vom 26.09.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2017 legal in Besitz eines italienischen Aufenthaltstitels - gültig bis 21.05.2018 - nach Österreich ein (AS 14).
Am 10.11.2017 heiratete der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige (AS 90).
In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer am 13.03.2018 - gültig bis 13.02.2019 - ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" erteilt. Am 12.02.2019 brachte er einen Verlängerungsantrag ein (AS 201 ff).
Mit einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.11.2018, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer ein Betretungsverbot der Wohnung seiner Ehegattin sowie ein Kontaktverbot zu seiner Ehegattin erlassen (AS 431 ff).
Mit Schreiben vom 06.03.2019 ersuchte das Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz BFA) um Mitteilung, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde (AS 201 ff).
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufenthaltsbeendete Maßnahmen geprüft werden (AS 213).
Am 03.04.2019 wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers vom BFA niederschriftlich einvernommen (AS 227 ff).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.05.2019, Zl. XXXX, wurde die Ehe im Einvernehmen geschieden (AS 259 ff).
Am 24.06.2019 wurde die volljährige Stieftochter des Beschwerdeführers vom BFA niederschriftlich einvernommen (AS 251 ff).
Am 18.07.2019 wurde der Beschwerdeführer vom BFA niederschriftlich einvernommen (AS 335 ff).
Mit Bescheid des BFA vom 26.09.2019, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) [AS 675 ff].
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass entgegen den Ausführungen des BFA der Beschwerdeführer aus Liebe geheiratet habe und nicht vor dem Hintergrund der Erteilung eines Aufenthaltstitels. Die Cousine des Beschwerdeführers könne zum Beweisthema der Eheschließung Auskunft geben. Ferner sei der Beschwerdeführer in Österreich integriert. Aufgrund von Hämorrhoiden habe der Beschwerdeführer gesundheitliche Probleme. Daher werde beantragt die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Cousine des Beschwerdeführer zeugenschaftlich einzuvernehmen.
Mit Schreiben vom 21.10.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.10.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Tunesien.
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2017 in das österreichische Bundesgebiet ein.
Am 10.11.2017 ehelichte der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige.
Dem Beschwerdeführer wurde am 13.03.2018 ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" - gültig bis 13.02.2019 - erteilt. Am 12.02.2019 stellte er einen Verlängerungsantrag.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 09.05.2019, Zl. Zl. XXXX, wurde die Ehe im Einvernehmen geschieden.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegte Beschwerde, in den angefochtenen Bescheid sowie in den vorgelegten Verwaltungsakt.
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Danach steht die Identität des Beschwerdeführers fest.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2017 in das österreichische Bundesgebiet einreiste, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer am 10.11.2017 eine österreichische Staatsangehörige ehelichte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Ebenfalls ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, dass die Ehe am 09.05.2019 einvernehmlich geschieden wurde.
Die Feststellungen, wonach dem Beschwerdeführer am 13.03.2018 einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gültig bis zum 13.02.2019 erteilt wurde und der Beschwerdeführer am 12.02.2019 einen Verlängerungsantrag stellte, ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
§ 18 Abs 5 BFA-VG bestimmt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
§ 18 BFA-VG enthält Regelungen für vier Konstellationen. Während sein erster Absatz Beschwerden gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zum Gegenstand hat und sich dabei - siehe den letzten Satz dieses Absatzes - insbesondere auf die mit der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz verbundene Rückkehrentscheidung bezieht, geht es im zweiten Absatz um sonstige Rückkehrentscheidungen, also um solche außerhalb eines Verfahrens auf internationalen Schutz. Der dritte Absatz bezieht sich auf Aufenthaltsverbote und der vierte Absatz schließlich normiert, dass der Beschwerde gegen eine Ausweisung (§ 66 FPG) die aufschiebende Wirkung überhaupt nicht aberkannt werden darf (VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).
Im gegenständlichen Fall ist die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG aberkannt worden und bezieht sich auf ein Einreiseverbot.
Das BFA ging von einer Aufenthaltsehe aus. Demzufolge hat das BFA zu Recht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes vorlägen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem) dann der Fall, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG - eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt und sich trotzdem (u.a.) für den Erwerb eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe berufen hat (vgl. das noch zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 ergangene Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2013, Zl. 2011/23/0647, dessen Aussagen sich laut VwGH, 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, Rz 7, zwanglos auf die aktuelle Rechtslage übertragen lassen).
Der Beschwerde ist den beweiswürdigenden Überlegungen des BFA im angefochtenen Bescheid betreffend das Vorliegen einer Aufenthaltsehe in der Beschwerde entgegengetreten und hat die zeugenschaftliche Einvernahme der Cousine des Beschwerdeführers beantragt. Ferner wurde auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Schon deshalb kann das Bundesverwaltungsgericht aber am Maßstab der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. zu dieser Voraussetzung des Näheren VwGH, 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 4. der Entscheidungsgründe, in dem auf das grundlegende Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und auf das Erkenntnis vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039, Bezug genommen wird) ausgehen und nicht von einer mündlichen Verhandlung absehen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN). Es ist daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unter persönlicher Befragung des Beschwerdeführers notwendig.
Über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde förmlich (dh hier mit Erkenntnis; siehe VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278) zu entscheiden (VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten und daher nicht geeignet, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Gegenständlich konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, da ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vorliegt, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, innert 7 Tagen über eine etwaige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung, wie sie das Bundesverwaltungsgericht durchgeführt hat, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl VwGH 24.02. 2015, Ro 2014/05/0097; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).
Schlagworte
Asylverfahren, Aufenthaltsehe, Aufenthaltstitel, aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2224689.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.02.2020