Entscheidungsdatum
29.10.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W212 2181636-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2019, Zl. 1030179203 - 171177232:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 57 Abs. 1 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.08.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 17.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen ihn gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und ausgesprochen und die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt V.).
Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 09.08.2018, Zahl W169 2181636-1/6E als unbegründet abgewiesen, hinsichtlich Spruchpunkt IV. wurde der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass das Einreiseverbot auf 2 Jahre herabgesetzt wurde (Spruchpunkt A) und die Revision für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B). Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer kam seiner aus dieser Entscheidung resultierenden Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nach und setzte seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet fort.
Mit Schreiben des Bundesamtes vom 07.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich aufgetragen die Formulare zur Klärung der Identität und Bestätigung seiner Staatsangehörigkeit durch die Botschaft fristgerecht der Behörde zu retournieren. Eine diesbezügliche Erledigung durch den Beschwerdeführer ist jedoch nicht erfolgt.
Mit Mandatsbescheid vom 18.03.2019, Zahl 1030179203/171177232, trug das Bundesamt dem Beschwerdeführer auf, bis zu seiner Ausreise an einer näher bezeichneten Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung.
Mit Schreiben vom 11.04.2019 verständigte das Bundesamt den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme.
Mit Schreiben vom 03.05.2019 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ab.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen und im Spruch bezeichneten Bescheid trug das Bundesamt dem Beschwerdeführer gem. § 57 Abs. 1 FPG auf, bis zu seiner Ausreise an einer näher bezeichneten Betreuungseinrichtung durchgängig Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt I.) und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gem. § 13 Abs. 2 VwGVG aus (Spruchpunkt II.).
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde, welche am 11.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird der oben dargestellte Verfahrensgang.
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Punjabi.
Der Beschwerdeführer stellte am 28.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes abgewiesen wurde. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2018 mit der Maßgabe, dass das befristete Einreiseverbot auf zwei Jahre herabgesetzt wurde, als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erwuchs am 14.08.2018 in Rechtskraft.
Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich war während des laufenden Asylverfahrens rechtmäßig, seit dem rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens war sein Aufenthalt unrechtmäßig. Die 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise ließ der Beschwerdeführer ungenutzt verstreichen. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern verblieb trotz negativem Verfahrensausgang des von ihm angestrengten Asylverfahrens im österreichischen Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer arbeitet derzeit nicht. Er wird von seiner in Österreich lebenden Schwester mit etwa € 300,- monatlich unterstützt. Er ist auf diese finanziellen Zuwendungen angewiesen, um seinen Lebensunterhalt in Österreich sichern zu können. Über die finanzielle Abhängigkeit des Beschwerdeführers hinaus konnte unter den erwachsenen Geschwistern kein besonderes Naheverhältnis festgestellt werden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer keine engen Bindungen zu hier lebenden Personen. Der Beschwerdeführer lebt in Linz. Die weiteren Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben in Indien. Der Beschwerdeführer hat nur wenig Deutschkenntnisse. Er hat keinen Deutschkurs besucht.
Der Beschwerdeführer hat bisher keine Schritte unternommen, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, er hat aus Eigenem kein Reisedokument beschafft. Der Beschwerdeführer hat bis dato kein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch genommen.
Der Aufforderung zur Mitwirkung im Verfahren zur Klärung der Identität durch die Botschaft des Herkunftsstaates sowie die entsprechenden Formblätter auszufüllen und zu retournieren durch das Bundesamt hat der Beschwerdeführer nicht entsprochen.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer war von 22.-23.10.2018 aufgrund einer geplanten Lymphknotenexstirpation in stationärer Behandlung im Ordensklinikum Linz. Am 22.10.2018 konnte die Lymphknotenexstirpation komplikationslos durchgeführt werden. Der postoperative Verlauf zeigte sich ebenfalls komplikationslos. Der Beschwerdeführer wurde am 23.10.2018 aus der stationären Behandlung entlassen. Der Beschwerdeführer leidet bereits seit 2012 an Morbus Hodgkin und wurde deswegen bereits in Indien behandelt. Hinsichtlich seines Bluthochdrucks nimmt der Beschwerdeführer Medikamente. Abgesehen davon konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer weitere Medikamente einnimmt und in ärztlicher Behandlung steht.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts. Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesamtes sowie die des Bundesverwaltungsgerichtes.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Muttersprache getroffen wurden, beruhen diese auf bereits im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellungen zur Asylantragstellung und dem diesbezüglichen Verfahrensergebnis beim Bundesamt bzw. Bundesverwaltungsgericht ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten.
Da der Beschwerdeführer außerhalb des Asylverfahrens über keine Aufenthaltsberechtigung verfügte, war festzustellen, dass sein Aufenthalt nach Abschluss des Verfahrens unrechtmäßig war. Dass der Beschwerdeführer die 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise ungenutzt verstreichen ließ und seiner Ausreiseverpflichtung daher nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach wie vor im Bundesgebiet aufrecht gemeldet und aufhältig ist (Auszug aus dem Zentralen Melderegister, AS 1).
Dass der Beschwerdeführer derzeit keiner Beschäftigung nachgeht, war aufgrund seiner eigenen Angaben festzustellen (AS 101). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von seiner in Österreich lebenden Schwester finanziell unterstützt wird, beruht auf seinen eigenen Angaben (AS 101). Nachdem er selbst keiner Beschäftigung nachgeht, war auch festzustellen, dass der Beschwerdeführer in seiner Existenz von der finanziellen Zuwendung seiner Schwester abhängig ist. Darüber hinaus hat sich nicht ergeben, dass zwischen den erwachsenen Geschwistern ein besonderes Naheverhältnis besteht, der Beschwerdeführer hat hierzu nichts vorgebracht und im Vorverfahren diesbezüglich keine Angaben gemacht. Da der Beschwerdeführer ansonsten keine engen Bindungen zu Personen im Bundesgebiet geltend gemacht hat, war dies entsprechend festzustellen (AS 101). Der Beschwerdeführer ist auch den entsprechenden Ausführungen der belangten Behörde, wonach relevante soziale Kontakte nicht festgestellt werden hätten können (AS 126), in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Dass der Beschwerdeführer in Linz lebt, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister (AS 1).
Die Feststellung zu den weiteren Familienangehörigen des Beschwerdeführers, welche in Indien leben, beruhen auf bereits im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz getroffenen Feststellungen.
Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt Deutschkenntnisse belegt. Auch den Besuch eines Deutschkurses hat er nicht belegt. Lediglich aufgrund der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich können grundlegende Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers angenommen werden. Der Beschwerdeführer ist den entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid (AS 126) auch nicht entgegengetreten.
Dass der Beschwerdeführer bisher keine Schritte unternommen hat, um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und er sich aus Eigenem kein Reisedokument beschafft hat, war aufgrund der Aktenlage festzustellen. Der Beschwerdeführer hat - entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung - auch keinerlei diesbezüglichen Nachweise vorgelegt. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine im Asylverfahren vorgelegte Kopie eines Reisepasses vermochte dies nicht zu widerlegen (AS 66). Alleine aufgrund der Vorlage einer Reisepasskopie lässt sich nämlich nicht ableiten, in wie fern sich der Beschwerdeführer aus Eigenem um die Erlangung eines Reisedokumentes bemüht haben soll. Im behördlichen Ermittlungsverfahren gab der Beschwerdeführer an, dass er sich mangels Unterstützung durch "NGO¿S" nicht um die Beschaffung eines Heimreisezertifikates bemüht hätte (AS 102). Diese Angaben des Beschwerdeführers untermauern, dass er sich aus Eigenem eben kein Reisedokument beschafft hat und vielmehr seine gesetzliche Verpflichtung auf andere, wie das Bundesamt, die "NGO¿S" oder die Rückkehrberatungseinrichtungen abzutreten versucht.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geführten Verantwortung, wonach er jederzeit bereit sei, Kontakt mit der Botschaft seines Herkunftsstaates aufzunehmen, ist festzuhalten, dass diese Bereitschaft nicht ausreicht, seiner gesetzlichen Verpflichtung sich aus Eigenem ein Reisedokument zu beschaffen nachzukommen. Vielmehr ist die Erfüllung dieser Verpflichtung vom Beschwerdeführer dem Bundesamt nachzuweisen. In diesem Zusammenhang geht auch die in der Beschwerde vorgebrachte Vorlage einer Reisepasskopie im November 2017 beim Bundesamt, womit die Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Erlangung eines Reisedokumentes aufgezeigt werden sollte, ins Leere und wurde nicht dargelegt, inwiefern diese Vorlage den Beschwerdeführer von seiner gesetzlichen Verpflichtung entbinden sollte. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach das Bundesamt auch ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers ein Heimreisezertifikat besorgen könne, wird auf die diesbezüglich unterbliebene Mitwirkung des Beschwerdeführers bei der Befüllung der Formblätter hingewiesen.
Dass der Beschwerdeführer bis dato kein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch genommen hat, ergibt sich aufgrund des Verwaltungsakts und ist der Beschwerdeführer den entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid (AS 127) auch nicht substantiiert entgegengetreten. Die unbegründete Behauptung im Beschwerdeschriftsatz vom 28.09.2019, wonach das Rückkehrberatungsgespräch durch das "Verschulden" der Rückkehrberatungseinrichtung nicht zu Stande gekommen sei und die Rückkehrberatungseinrichtung überdies niemanden zur Botschaft begleiten würde, waren als Schutzbehauptungen zu werten. Der Beschwerdeführer hat es gänzlich unterlassen, Ausführungen dazu zu machen, inwiefern die Rückkehrberatung aufgrund des "Verschuldens" der Beratungseinrichtung nicht zu Stande gekommen wäre. Die diesbezügliche Behauptung ist nicht plausibel, da im gesamten Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür zu Tage getreten sind. Zudem gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Begleitung des Beschwerdeführers zur Botschaft seines Herkunftsstaates, weshalb auch dieses Vorbringen ins Leere ging und als Schutzbehauptungen zu qualifizieren war.
Dass die Aufforderung zur Mitwirkung im Verfahren zur Klärung der Identität durch die Botschaft des Herkunftsstaates sowie die entsprechenden Formblätter nicht fristgerecht ausgefüllt an das Bundesamt retourniert wurden, war aufgrund des unzweifelhaften Akteninhaltes festzustellen. Der Beschwerdeführer ist den entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid (AS 124) auch nicht entgegengetreten.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.
Dass der Beschwerdeführer im Oktober 2018 für zwei Tage im Ordensklinikum Linz in stationärer Behandlung war und eine Lymphknotenexstirpation komplikationslos durchgeführt wurde, war aufgrund des im Akt befindlichen Entlassungsbriefs des Ordensklinikums Linz vom 23.10.2018 festzustellen (AS 75 f). Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Erkrankung des Beschwerdeführers an Morbus Hodgkin im Jahr 2012 und der bereits in Indien diesbezüglich erfolgten Behandlung getroffen wurden, beruhen diese auf bereits im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht über seinen Antrag auf internationalen Schutz getroffenen Feststellungen. Auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer wegen Bluthochdrucks Medikamente einnimmt, beruht auf den gerichtlichen Feststellungen im Vorverfahren.
Nachdem keine weiteren Unterlagen bzw. Befunde in Vorlage gebracht wurden, konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer weitere Medikamente einnimmt oder in medizinischer Behandlung steht. Der Beschwerdeführer ist den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid (AS 125) auch nicht entgegengetreten. Da der Beschwerdeführer nichts Anderes vorbrachte, war festzustellen, dass er arbeitsfähig ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2016, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 (im Folgenden: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
§ 57 FPG lautet auszugsweise:
"Wohnsitzauflage
§ 57 (1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn
1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder
2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.
(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige
1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;
2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;
3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;
4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;
5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.
(3) [...]
(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange
1. die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,
2. sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder
3. ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.
(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 60 Abs. 3 gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 4 außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.
(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."
§ 46 FPG lautet auszugsweise:
"[...]
(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
[...]"
Aus den Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:
"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.
[...]
Zu Abs. 1:
[...]
Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.
[...]
Zu Abs. 2:
In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.
Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.
Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.
[...]
Zu Abs. 6:
Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand ‚Gefahr in Verzug' maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist."
Die Annahme, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, stützte die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer einerseits das Rückkehrberatungsgespräch iSd § 52a Abs. 2 BFA-VG nicht in Anspruch genommen hat. Überdies hat der Beschwerdeführer an den zur Erlangung eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen gemäß § 46 Abs. 2a FPG nicht mitgewirkt. Zudem hat der Beschwerdeführer auch selbst keinerlei Schritte unternommen, um ein Reisedokument bei seiner Vertretungsbehörde iSd § 46 Abs. 2 FPG zu beschaffen.
Nach dem Ermittlungsergebnis ist daher der Tatbestand des § 57 Abs. 2 Z 1 und des § 57 Abs. 2 Z 3 FPG im vorliegenden Fall erfüllt.
Insgesamt betrachtet zeigte sich, dass im gegenständlichen Fall die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird, womit die vom Bundesamt erlassene Wohnsitzauflage rechtens ist.
Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben, Wohnung und Briefverkehr nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479). Ebenso kommt Normen, die ein geordnetes Fremdenwesen betreffend Einreise und Aufenthalt von Fremden regeln, ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192). Nichts anderes kann bezüglich der Ausreise nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gelten.
Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Wohnsitzauflage nach § 57 FPG ergibt sich, dass hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.
Der Beschwerdeführer hat seinen Lebensmittelpunkt derzeit in Linz, sodass durch die Wohnsitzauflage in das (in Linz) bestehende Privatleben und Wohnung des Beschwerdeführers eingegriffen wird. Der Eingriff ist aber trotz Bestehens von sozialen Kontakten, im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen gerechtfertigt. So ist aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich, dass der Beschwerdeführer der Wohnsitzauflage nicht nachgekommen ist, obwohl diese bereits seit mehreren Monaten besteht. Zudem wiegt die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung auch nach Ablauf der ihm eingeräumten Frist zur freiwilligen Ausreise nachzukommen, insbesondere im Lichte des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens schwer zu seinen Lasten. Überdies muss sich der Beschwerdeführer aufgrund der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung und der verstrichenen Frist für die freiwillige Ausreise dessen bewusst sein, dass er seinen aktuellen Lebensmittelpunkt nicht aufrechterhalten wird können. Im gesamten Verfahren sind überdies keine Hinweise zu Tage getreten, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht in der gegenständlichen Betreuungseinrichtung untergebracht werden könnte. Die medizinische Versorgung des Beschwerdeführers ist im gesamten Bundesgebiet gewährleistet.
In Abwägung der Bindung des Beschwerdeführers an seinen Wohnort sind in Relation zu dem dargestellten öffentlichen Interesse allfällige Unannehmlichkeiten durch die Aufgabe seines aktuellen Wohnsitzes sowie eine Einschränkung seiner sozialen Kontakte nicht so gewichtig, dass sie das öffentliche Interesse überwiegen würden.
Unter diesen Gesichtspunkten und im Hinblick darauf, dass damit ein dringendes öffentliches Interesse erfüllt wird, ist der mit der Wohnsitzauflage verbundene Eingriff in das Privatleben und die Wohnung des Beschwerdeführers verhältnismäßig und aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers auch dringend geboten.
Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
§ 13 VwGVG lautet:
"Aufschiebende Wirkung
§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(3) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.
(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."
§ 22 VwGVG lautet:
"Aufschiebende Wirkung
§ 22. (1) Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben."
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen und dies mit einem überwiegenden öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des Bescheides begründet. Das öffentliche Interesse sei bereits durch die Regelung der Wohnsitzauflage mittels sofort durchsetzbaren Mandatsbescheides indiziert, zudem würden diese Interessen in Hinblick auf die Ausreise in Erfüllung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegen.
Gemäß § 22 Abs. 3 1. Fall VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG - ein solcher liegt in Hinblick auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vor - auf Antrag einer Partei - ein solcher wurde in der Beschwerde gestellt - aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.
Letzteres ist nicht der Fall, weil nicht zu erkennen ist, dass sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, entscheidungsrelevant geändert haben. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang kein substantiiertes Beschwerdevorbringen erstattet.
Das erkennende Gericht folgt aber auch der Begründung der belangten Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Bereits das Behördenhandeln nach § 57 FPG hat schon inhaltlich das Vorliegen einer "Gefahr in Verzug" zur Voraussetzung - beide Konstellationen, in denen es überhaupt zu einer Wohnsitzauflage kommen kann (vgl. § 57 Abs. 1 Z 1 und Z 2 FPG), begründen nach den Materialen (vgl. oben zu Abs. 6 leg. cit.) eine "Gefahr in Verzug". Damit wird auch der gesetzlich vorgesehene Erlass eines Mandatsbescheids begründet, sodass im Hinblick auf die Voraussetzungen für den Erlass eines (gefahrenpolizeilichen) Mandatsbescheids der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch im Vorstellungsbescheid nicht zu beanstanden ist. Der oben ersichtlichen Interessenabwägung folgend überwiegen zudem die öffentlichen Interessen am vorzeitigen Vollzug des angefochtenen Bescheides.
Hinzu kommt, dass sich aufgrund der unter einem ergehenden Entscheidung in der Sache selbst eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung faktisch erübrigt.
Der Antrag auf Zuerkennung der (ausgeschlossenen) aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist daher abzuweisen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Die Beschwerde bestreitet den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nur völlig unbsubstantiiert, sodass sich daraus kein relevanter bzw. über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hinausgehender Sachverhalt ergibt. Dem übrigen Beschwerdevorbringen, das sich auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützt und dazu auf einen Entlassungsbrief des Klinikums, über einen komplikationslosen Eingriff im Oktober 2018 rekurriert, war nichts abzugewinnen, sodass sich diesbezüglich keine Veranlassung für eine weitere mündliche Erörterung ergab. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Ausreiseverpflichtung, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W212.2181636.2.00Zuletzt aktualisiert am
03.02.2020