TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/30 W197 2222693-3

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Veröffentlicht am 30.10.2019
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Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W197 2222693-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. SAMSINGER als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 579463301-190459765, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , algerischer Staatsangehöriger, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Im Überprüfungserkenntnis gem. § 22a BFA-VG vom 04.10.2019 ist das BVwG ausgegangen von nachstehendem Verfahrensgang, Feststellungen und Beweiswürdigung:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 07.05.2019 beim Versuch des illegalen Grenzübertritts nach Italien festgenommen.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt/BFA bezeichnet) hat mit Bescheid vom 07.05.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Diesbezüglich verwies das Bundesamt auf mehrere rechtskräftige Vorstrafe wegen Gewalt-, Vermögens-, Urkunden- und Suchtmitteldelikten. Hinsichtlich der Begründung der Fluchtgefahr verwies das Bundesamt auf die fehlende Mitwirkung im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die fehlende Verankerung im Bundesgebiet. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung wurde insbesondere die Straffälligkeit und seine potenzielle Gefährlichkeit des Beschwerdeführers thematisiert. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe zugestellt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.06.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung bezüglich Algerien getroffen und einem auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbot verbunden. Zudem wurde einer gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 17.07.2019, I414 2221121-1/3E, eine gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

4. Am 23.08.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben wurde auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hingewiesen. Aufgrund der verschiedenen vom Beschwerdeführer im Verlauf der letzten Jahre benutzten Identitäten (inklusive unterschiedliche Staatsangehörigkeiten) seien mehrere Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) eingeleitet worden. Im Fokus stehe dabei Algerien, wobei am 23.08.2019 urgiert worden sei.

5. Das Bundesamt legte neuerlich den Verwaltungsakt zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor und machte dabei geltend:

"Der algerische Staatsangehörige, Herr XXXX , wurde am 07.05.2019 mit Mandatsbescheid des BFA, RD Kärnten zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Er wurde am 07.05.2019 in XXXX kurz vor der Staatsgrenze festgenommen, als er versuchte, nach Italien auszureisen. Bereits zuvor wurde er in Villach am HBH einer Kontrolle unterzogen, wobei er angewiesen wurden, nach Graz zurückzukehren, was er jedoch nicht tat, sondern organisierte er sich ein Taxi, mit dem er weiter nach Italien reisen wollte. Er wurden in der Folge vom BFA befragt, gab an, dass er nach Italien reisen wollte, dass er Beruhigungsmittel einnimt, sonst jedoch gesund ist. Er hat keinerlei Anbindungen in Österreich, außer seine Ex Freundin. Er hat keinerlei Identitätsdokumente, könne auch keine besorgen, er wurden zuletzt am 16.04.2019 aus der JA XXXX entlassen und wollten nunmehr nach Italien reisen. Er war zwar gemeldet, doch wusste er die Adresse der Wohnung nicht. Er ist ledig, hat keine Kinder, wolle nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren, hat kein Gel und wurden schon 6 Mal rechtskräftig verurteilt. Er würde 24 Stunden benötigen, um sich in ein anderes EU Land abzusetzen.

Auf Grund Ihrer Historie ist erkennbar, dass er 2009 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat, nach eigenen Angaben unter falschem Namen. Er hat dann am 26.04.2011 in Dänemark einen Asylantrag gestellt und in der Folge in Österreich. Seine Asylanträge in Österreich wurden zurückgewiesen (Dublin), er stellte am 17.05.2018 einen Asylantrag in Österreich, wurden von der PI XXXX befragt, doch gab er ausdrücklich an, dass es sich um ein Missverständnis handelt, er keinen Asylantrag stellte. Er wollte keinen Asylantrag stellen und gab nochmals ausdrücklich an, dass er keinen Asylantrag stellen wollte. Damit hat er den Asylantrag zurückgezogen, weshalb auch keine Prognose erstellt wurde.

Auf Grund der Straffälligkeit wurde ihm in der JA XXXX ein Parteiengehör nachweislich am 25.03.2019 zugestellt, auf welches er nicht geantwortet hat. Die RD Steiermark führte ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gegen Ihre Person, mit Bescheid vom 17.06.2019 wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie ein 10jähriges Einreiseverbot. Der BVwG bestätigte die Entscheidung des BFA unter I414 2221121-1/3.E am 17.07.2019. Auf Grund der verschiedenen verwendeten Identitätsdaten des Fremden wurden mehrere HZR Anträge eingebracht, die letzte Urgenz an die Botschaft von Algerien erfolgte am 10.09.2019. Seine Identität ist nach wie vor nicht geklärt.

Der Fremde kann oder will keine Identitätsdokumente vorlegen und will auch nicht freiwillig ausreisen.

Somit sieht das BFA, Kärnten, die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft über einen längeren Zeitraum als vier Monate als gegeben, da er sich weigert, freiwillig auszureisen, verschiedene Identitätsdaten verwendet und regelmäßig bei der algerischen Botschaft betreffend der Ausstellung eines HRZ urgiert wird, zuletzt am 10.09.2019. Dass die algerischen Behörden HRZ ausstellen, ist amtsbekannt."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine (aktuelle) rechtskräftige Rückkehrentscheidung hinsichtlich Algerien vor. Die algerische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist zumindest wahrscheinlich; ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) ist anhängig.

Der Beschwerdeführer wurde beim Versuch, sich (illegal) nach Italien abzusetzen, festgenommen. Er beabsichtigt die illegale Ausreise in einen Drittstaat im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft.

1.2. Der Beschwerdeführer hat sich im Verlauf seiner Asylverfahren und des Aufenthalts in Österreich als insgesamt nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen. Er ist gegenüber Behörden bisher unter drei verschiedene Namen, vier unterschiedlichen Geburtsdaten und als Staatsangehöriger von Algerien, Marokko und Tunesien aufgetreten. Er wurde in Österreich seit 2012 sechsmal wegen Gewalt-, Vermögens-, Urkunden- und Suchtmitteldelikten zu Freiheitsstrafen von insgesamt 62 Monaten (mehr als fünf Jahren) verurteilt, wobei bedingte Strafnachsichten aus 2012 in den Folgejahren vollständig widerrufen wurden.

1.3. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht nach wie vor. An der bisherigen Dauer trifft das Bundesamt keine Schuld. Sie ergibt sich aus den bewusst falschen Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit sowie den erforderlichen administrativen Abläufen im Zusammenhang mit der HRZ-Ausstellung. Diese sind wiederum erforderlich, weil der Beschwerdeführer über keine Personaldokumente verfügt und bewusst seine Identität verschleiert.

1.4. Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt nur über geringfügige Deutschkenntnisse und keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er verfügt über eine Unterkunft im Bundesgebiet. Gegenwärtig ist er praktisch mittellos. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Er erhält laufend Schubhaftbetreuung und hatte sowohl nach Anordnung der Schubhaft als unmittelbar nach der Erlassung der erstinstanzlichen Rückkehrentscheidung sowie nach Abweisung der diesbezüglichen Beschwerde (mehrere) Rechtsberatungstermine.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere der rechtskräftigen Entscheidungen bezüglich Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot. Der derzeit absehbare Zeithorizont für die HRZ-Ausstellung ergibt sich aus dem Gerichtswissen hinsichtlich derartiger Überprüfungen, die bei den hier betroffenen Staaten allenfalls einige Monate dauern können.

Die Umstände der Festnahme des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage und sind unbestritten. Mit der Aussage "Geben Sie mir 24 Stunden, ich verlasse Österreich sofort, ich gehe in ein anderes europäisches Land." Hat er unmissverständlich klargemacht, dass er eine freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat ausschließt und sich der Abschiebung durch illegale Weiterreise in einen dritten Staat entziehen will.

2.2. Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Die strafrechtlichen Verurteilungen sind einer rezenten Abfrage im Strafregister entnommen.

2.3. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des (mutmaßlichen) Herkunftsstaates wie auch der beiden allfälligen potenziellen Herkunftsstaaten. Zudem liegt bereits eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.

Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt im Kern in der vom Beschwerdeführer verursachten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats und insbesondere der erforderlichen Identitätsprüfung. Würde der Beschwerdeführer über ein Personaldokument verfügen, hätte die Schubhaft wahrscheinlich schon (durch Abschiebung/freiwillige Ausreise) beendet werden können. Vielmehr hat aber der Beschwerdeführer sogar noch aktiv versucht seine Identität zu verschleiern und diesbezüglich in den letzten Jahren bewusst tatsachenwidrige Angaben gemacht. Diese Umstände sind jedenfalls dem Bundesamt nicht vorzuwerfen; die Verantwortung dafür der Beschwerdeführer.

2.4. Der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens betreffend eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Diese Umstände wurden vom Beschwerdeführer auch nie bestritten. Seine Meldeadressen ergibt sich aus einer rezenten Nachschau im Zentralen Melderegister (ZMR). Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Die Rechtsberatungstermine sind in der Anhaltedatei aufgelistet.

1.2. Der Beschwerdeführer (BF) ist seit 07.05.2018 in Schubhaft. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 03.09.2019 und 04.10.2019 wurde zwei Mal entschieden, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Die Behörde legte rechtzeitig die Akten zur dritten Überprüfung vor und beantragte den Ausspruch der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft. In ihrer Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts verwies die Behörde auf den Schubhaftbescheid und die Überprüfungserkenntnisse und führte aus, dass sich die Gründe für die Schubhaft seither nicht geändert hätten. Auf Grund der verschiedenen verwendeten Identitätsdaten des Fremden wurden mehrere HZR Anträge für Algerien und Marokko eingebracht. Seine Identität ist nach wie vor nicht geklärt. Der Fremde kann oder will keine Identitätsdokumente vorlegen und will auch nicht freiwillig ausreisen. Somit sieht das BFA, Kärnten, die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft über einen längeren Zeitraum als vier Monate als gegeben, da er sich weigert, freiwillig auszureisen, verschiedene Identitätsdaten verwendet und regelmäßig bei der algerischen und marokkanischen Botschaft betreffend die Ausstellung eines HRZ urgiert wird. Sowohl die algerische wie die marokkanische Vertretungsbehörden stellen grundsätzlich HRZ aus, es ist amtsbekannt und es ist davon auszugehen, dass ein HRZ innerhalb der gesetzlichen Fist ausgestellt werden wird.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

1.1. Die zitierten Feststellungen der Vorentscheidungen werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

1.2. Der BF ist nach wie vor nicht bereit, seine wahre Identität preiszugeben. Er hat diese im gesamten Verfahren verschleiert, hat am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht mitgewirkt und hat sich diesem durch Untertauchen entzogen und will nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren. Der BF ist nicht vertrauenswürdig, es besteht höchste Fluchtgefahr und zwingender Sicherungsbedarf. Der BF ist im Hinblick auf sein Verhalten daher selbst verantwortlich für die Dauer der Schubhaft.

1.3. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den BF eingeleitet und fortgeführt.

1.4. Der BF ist haftfähig. Der BF hat bislang nicht vorgebracht, dass die Haft unverhältnismäßig wäre. Es sind darüber hinaus auch keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig ist.

1.5. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige Fremde außer Landes zu bringen.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den ergangenen Vorerkenntnissen. Auch die Beweiswürdigung des Vorerkenntnisses wird der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt. Aufgrund des vorgelegten Aktes, des Verfahrensganges und der Beschwerde konnte daher von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

2.2. Aufgrund der verschleierten Identität und seines diesbezüglich unkooperativen bisherigen Verhaltens trägt der BF die alleinige Verantwortung für die Dauer der Schubhaft. Sollte er seine wahre Identität preisgeben, wäre die Erlangung eines Heimreisezertifikats hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Staaten rasch möglich.

2.3. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen. Die Behörde ist daher zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem, erheblichem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtfertigt.

2.4. Der BF ist haftfähig, die Schubhaft ist im Hinblick auf die Aussagen des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig. Der BF hat eine allfällige Unverhältnismäßigkeit auch, etwa in einer weiteren Schubhaftbeschwerde, nicht vorgebracht. Der BF hat insbesondere keine Umstände vorgebracht, dass die Dauer der Haft für ihn ein besonderes Unbill darstellen würde, solche können auch nicht festgestellt werden.

2.5. Die Behörde hat dargetan, dass sie sich im vorliegenden Fall laufend um die Erlangung eines HRZ von den algerischen Vertretungsbehörden bemüht und auf Grund der bisherigen guten Erfahrungen zu erwarten ist, dass ein solches auch ausgestellt wird.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

3.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.4. Gem. § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

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1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

3.5. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der Beschwerdeführer hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Verfahren zur Erlangung eines HRZ zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

3.6. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Straffälligkeit, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2222693.3.00

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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