TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/13 W279 2153020-5

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Veröffentlicht am 13.11.2019
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Entscheidungsdatum

13.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W279 2153020-5/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde XXXX , geb. XXXX .1981, StA. Algerien, gegen die weitere Anhaltung aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .05.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF), ein männlicher Staatsangehöriger aus Algerien, hält sich zumindest seit XXXX .11.2012 im österreichischen Bundesgebiet auf. Er stellte am XXXX .08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom XXXX .10.2016 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch als BFA bezeichnet) der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX .10.2016 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei und ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt. Mit Verfahrensanordnungen vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer seine nunmehrige gewillkürte Vertreterin als Rechtsberater im Asylverfahren beigegeben und der Beschwerdeführer verpflichtet, bis XXXX .11.2016 ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Diese wurden dem Beschwerdeführer am XXXX .10.2016 durch persönliche Übernahme zugestellt.

Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Der Beschwerdeführer wurde mehrfach straffällig und wurde fünf Mal strafrechtlich verurteilt, vom XXXX .09.2016 bis zum XXXX .03.2017 befand er sich in der Justizanstalt Innsbruck in Strafhaft.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom XXXX .03.2017 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt und erhob am XXXX .04.2017 gegen diese Entscheidung Beschwerde.

In einer Stellungnahme vom XXXX .04.2017 brachte das BFA vor, dass beim BF eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass er sich durch Untertauchen dem weiteren Verfahren entziehen werde, da er über keine eigenen Mittel für den Lebensunterhalt und über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfüge. Schon bisher habe er seinen Lebensunterhalt durch die Begehung von Straftaten finanziert und sei bei der Entscheidungsfindung dieses Verhalten des Fremden entsprechend zu werten.

Das Bundesamt legte den Verfahrensakt am XXXX .04.2019, am XXXX .04.2017 eingelangt, dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Überprüfung vor.

Mit Erkenntnis vom XXXX .04.2017, W112 2153020-1, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .03.2017 gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG und § 76 Abs. 3 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Die Anhaltung in Schubhaft von XXXX .03.2017 bis XXXX .04.2017 wurde für rechtswidrig erklärt. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Begründend wurde ausgeführt, dass durch das Ignorieren der fristgerechten Stellungnahme des Beschwerdeführers im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs habe die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht genügend berücksichtigt und die Ergebnisse des von ihr geführten Ermittlungsverfahrens gänzlich missachtet. Bei der Prüfung des Schubhaftbescheides und der darauf gegründeten Anhaltung würden Begründungs- und Ermittlungsmängel von der Behörde grundsätzlich nicht mehr saniert werden können. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer über soziale Bindungen im Bundesgebiet verfüge, die der Annahme von Fluchtgefahr entgegenstehen würden. Auf Grund der Fluchtgefahr, des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums und des Vorverhaltens des Beschwerdeführers könne sohin mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden. Auch im Übrigen sei die Anhaltung in Schubhaft nicht unverhältnismäßig. Wegen der nicht unerheblichen Straffälligkeit des Beschwerdeführers erhöhten öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers sowie der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers, der effizienten Verfahrensführung im Hinblick auf das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates und der Wahrscheinlichkeit der Durchführung der Abschiebung innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer würden die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Der BF wurde am XXXX .05.2019 einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Dabei wurde sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), Regionaldirektion Wien, vom XXXX .05.2019, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Gegen diesen Bescheid sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft erhob der durch die ARGE Rechtsberatung vertretene BF Beschwerde, welche vom Bundesverwaltungsgericht mit dem zu GZ: G307 2153020-2 ergangenen Erkenntnis vom XXXX .07.2019 (schriftliche Ausfertigung vom XXXX .07.2019), als unbegründet abgewiesen wurde. Weiters wurde mit obig angeführten Erkenntnis festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen würden und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

Mit dem am XXXX .09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft.

Das BFA legte am selben Tag den Verfahrensakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung vor.

Mit am XXXX .09.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (schriftliche Ausfertigung am XXXX .10.2019), G309 2153020-3/10E, wurde die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen würden und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

Am XXXX .10.2019 erfolgte seitens des BFA die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Im Rahmen der Aktenvorlage erstattete das BFA eine Stellungnahme. Darin führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die Angaben des BF zwischenzeitlich überprüft worden seien. Aufgrund des Umstandes, dass der BF bewusst jegliche Mitwirkung im Verfahren zur Feststellung der Identität vermissen lasse, würden die anhängigen Überprüfungen in diesen Ländern unnötigerweise erschwert werden. Die algerischen und marokkanischen Behörden würden sich bemühen, dass die Identität des BF festgestellt werde. Aufgrund der fehlenden Mitteilung würden diese Überprüfungen verzögert werden und es dürfe diesbezüglich auf die Antworten der zuständigen Abteilung der Direktion des BFA hingewiesen werden. Der Sicherungsbedarf sei noch immer gegeben, da der BF jede Gelegenheit nützen werde, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung zu entziehen. Der BF habe bereits in der Vergangenheit nicht an seiner Identitätsfeststellung mitgewirkt und habe dadurch versucht, das anhängige Verfahren zu verzögern. Es würden weder familiäre noch soziale Bindungen in Österreich bestehen, weswegen der BF keinen Grund habe, sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung zu stellen. Die Einhaltung behördlicher Auflagen habe ausgeschlossen werden müssen und es habe daher ein gelinderes Mittel nicht angewandt werden können. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Partei untertauche, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nach Algerien zu entziehen, als schlüssig anzusehen sei. Der Sicherungsbedarf sei noch immer gegeben.

Gleichzeitig ersuchte die aktenvorlegende Behörde auszusprechen, ob die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen würden und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .09.2015 wurde der BF wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, versuchten unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, wegen schwerer Körperverletzung, versuchten Diebstahles sowie unerlaubten Umganges mit Suchtgiften in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX .12.2015 wurde der BF wegen Urkundenunterdrückung, Diebstahl sowie unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes für Strafsachen vom XXXX .04.2016 wurde der BF wegen Körperverletzung, versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (davon 10 Monate bedingt) unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .10.2016 wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .08.2017 wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

1.2. Mit Bescheid vom XXXX .10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX .10.2016 sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei und ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom XXXX .03.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer zum ersten Mal die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der BF wurde am XXXX .05.2019 einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen und aufgrund seines illegalen Aufenthalts wurde mit Mandatsbescheid des BFA erneut die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit XXXX .05.2019 in Schubhaft.

1.4. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX .07.2019 sowie vom 10.09.2019 wurden die gegen die Schubhaft eingebrachten Beschwerden als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidungen verhältnismäßig sei.

Das BFA übermittelte am XXXX .10.2019 den Verfahrensakt zur gerichtlichen Schubhaftüberprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer ist nicht österreichischer Staatsangehöriger.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach straffällig und deshalb auch fünf Mal strafgerichtlich verurteilt.

2.2. Der Beschwerdeführer wird seit XXXX .05.2019 in Schubhaft angehalten. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine eine Haftfähigkeit bzw. eine Abschiebetauglichkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in Österreich jegliche Mitwirkung zur Feststellung seiner Identität unterlassen.

3.2. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert.

3.3. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um eine Abschiebung zu verhindern.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht und wurde von österreichischen Gerichten bereits fünf Mal strafrechtlich verurteilt, weshalb anzunehmen ist, dass er ihm auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen würde und deshalb gelindere Mittel nicht zur Anwendung kommen können.

4.2. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit XXXX .05.2019 und seit der letzten gerichtlichen Überprüfung hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister sowie in das Zentrale Melderegister.

2. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des BFA sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX .05.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des BFA sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wird auch nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer hat zudem keinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt und seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sind hinsichtlich der Beurteilung des Privatlebens in Österreich keine Sachverhaltselemente hinzugekommen.

Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft und die Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus. Der Beschwerdeführer hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Der Beschwerdeführer hat bewusst jegliche Mitwirkung im Verfahren zur Feststellung seiner Identität unterlassen und ist nicht kooperativ. Er achtet die österreichische Rechtsordnung nicht und konnte auch mit Haftstrafen nicht zu gesetzeskonformen Verhalten angehalten werden. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ und ist in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der Beschwerdeführer hat in Österreich strafbare Handlungen begangen und wurde von österreichischen Gerichten bereits fünfmal strafrechtlich verurteilt. Dieser Umstand zeigt, dass der Beschwerdeführer die geltenden Gesetze nicht beachtet und er das Unrecht seiner Taten nicht einsieht.

Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, insbesondere aufgrund der bevorstehenden Abschiebung, nach einer Freilassung aus der Schubhaft untertauchen werde, um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Es liegt daher auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Es besteht zudem ein besonders hohes Interesse an der Verhinderung von Drogen- und Beschaffungskriminalität. Es können daher nicht einmal Haftstrafen den Beschwerdeführer zu einem gesetzeskonformen Verhalten bewegen. Es wurde gegen den Beschwerdeführer auch ein rechtskräftiges Einreiseverbot erlassen.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch künftig Straftaten, nämlich Diebstähle und Vergehen wegen dem unerlaubten Umgang mit Suchtmitteln begehen werde, sodass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung sowie das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich nicht rechtskonform verhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre über die Frist von vier Monaten hinausgehende Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.9. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat. Das Bundesamt hat die maßgeblichen Feststellungen sowie die tragende Beweiswürdigung offengelegt. Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Erwägungen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche
Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W279.2153020.5.00

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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