TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/13 W239 2223998-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.11.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W239 2223998-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 31.07.2019, Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 11.06.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 19.03.2019 schriftlich und am 28.03.2019 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §°35 Abs. 1 AslyG 2005.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte XXXX , geb. XXXX 2000, auch XXXX , geb. XXXX 2000 [Anm. BVwG: selber Name, jedoch mit anderer Schreibweise, und identes Geburtsdatum], alias XXXX , geb. XXXX 1999, StA. Syrien, genannt. Der Bezugsperson wurde in Österreich mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 15.01.2019 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Dem Antrag waren folgende Dokumente beigelegt:

-

Bescheid der Bezugsperson (Zuerkennung des Status des Asylberechtigten)

-

Meldebestätigung der Bezugsperson

-

Karte für Asylberechtigte der Bezugsperson

-

Reisepass der Beschwerdeführerin

-

Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin

-

Auszug aus dem Personenregister betreffend die Beschwerdeführerin

-

Eheschließungsurkunde ("Datum des Dokumentes: 16.08.2018. Die

Eheschließung wurde im Standesamt ... am 17.09.2018 unter der Nr.

... eingetragen.")

-

Auszug aus dem Familienregister syrischer Bürger

-

Bestätigung der Eheschließung

Dem Vermerk des Dokumentenberaters vom 03.04.2019 lässt sich entnehmen, dass alle Dokumente Fälschungen seien und der Heiratsvertrag lediglich in Kopie vorgelegt wurde.

Am 23.04.2019 legte die Beschwerdeführerin abermals die Geburtsurkunde, den Auszug aus dem Zivilregister, den Auszug aus dem Familienstandesregister und die Eheschließungsurkunde vor, welche vom Dokumentenberater nicht beanstandet wurden ("vorgelegt und in Ordnung"). Die "Bestätigung der Eheschließung" wurde nicht erneut vorgelegt.

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 03.05.2019 führte das BFA aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder einer subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 AsylG 2005 in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben. Weiteres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.

In der Stellungnahme vom selben Tag (03.05.2019) führte das BFA aus, dass das genaue Geburtsdatum der Bezugsperson nicht festgestellt werden habe können, da sie mehrere Geburtsdaten angegeben habe. In Österreich laufe die Bezugsperson unter dem von ihr angegebenen Geburtsdatum XXXX 2000; sie verfüge jedoch auch über eine [Anm.

BVwG: vor den griechischen Behörden angegebene] Aliasidentität mit dem Geburtsdatum XXXX 1999. Jedenfalls sei sie mittlerweile volljährig.

Im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben. Es hätten sich massive Zweifel an der Echtheit der ursprünglich vorgelegten Urkunden (aus der niederschriftlichen Einvernahmen, dem Akteninhalt bzw. der Äußerung der ÖB Damaskus) ergeben, sowie, dass die ursprünglich vorgelegten Urkunden nicht echt seien. Zu den später vorgelegten Urkunden sei Folgendes festzuhalten: Aufgrund der ha. aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt zu erhalten, könne aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen anzunehmen sei.

Weiters habe die Bezugsperson im Rahmen der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA verschiedene Namen angegeben und werde die Bezugsperson in Griechenland unter einer weiteren, völlig abweichenden Identität geführt. Im Aktenvermerk bezüglich der Statuszuerkennung der Bezugsperson sei ausdrücklich festgehalten worden, dass aufgrund von diversen Widersprüchen der Familienstand nicht eindeutig festgestellt werden habe können. Sohin sei hier nicht einmal die "niedrigere" Hürde der Glaubhaftmachung durch die Bezugsperson möglich gewesen, somit sei ein voller Beweis nach dem AVG keinesfalls erbracht worden.

Auf der Erstbefragung der Bezugsperson sei ursprünglich vermerkt worden, er sei zum Zeitpunkt seiner Einreise ledig gewesen. Dieser Vermerk sei später handschriftlich verändert bzw. durchgestrichen worden und es sei "verh." darüber vermerkt worden. Die angebliche Ehefrau sei in der Erstbefragung zwar erwähnt worden, doch sei seitens der Bezugsperson ein falsches Geburtsdatum angegeben worden. Diesen Umstand habe die Bezugsperson in der Einvernahme damit erklärt, dass sie fälschlicherweise das "Registrierungsdatum" angegeben habe. Diese Angaben würden indizieren, dass die Bezugsperson lediglich ein Datum "gelernt" habe.

Die Bezugsperson und die vorgelegten Dokumente würden eine Eheschließung am 01.01.2018 in Syrien festhalten. Faktum sei, dass die Bezugsperson einen EURODAC-Treffer aus Griechenland datiert mit 11.11.2017 aufweise. Dass die Bezugsperson in der Einvernahme angegeben habe, nach der erkennungsdienstlichen Behandlung in Griechenland wieder nach Syrien zurückgekehrt zu sein, werde als Schutzbehauptung eingeschätzt. Eine richtige Heiratsurkunde habe seitens der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht vorgelegt werden können. Es sei die sogenannte "Bestätigung der Eheschließung", datiert mit dem 16.08.2018, vorgelegt worden. Somit sei diese zu einem Zeitpunkt datiert, als sich die Bezugsperson bereits in Österreich befunden habe. Hingewiesen werde auch auf den Umstand, dass die angebliche Ehefrau zum Zeitpunkt der angeblichen Eheschließung das 17. Lebensjahr noch nicht erreicht habe.

Die Bezugsperson habe am 28.11.2018 ihr Familienbuch bei der Behörde eingebracht. Im Aktenvermerk vom selbigen Tag (ersichtlich im Akt der Bezugsperson) sei festgehalten worden, dass kein Foto der Bezugsperson im Familienbuch vorhanden gewesen sei; genaue Angaben zur Erstfrau seien nicht leserlich gewesen. Das Geburtsdatum und die Nationalkartennummer würden jedoch mit dem der Beschwerdeführerin eingebrachten Auszug aus dem Familienregister übereinstimmen: Der Name der Ehefrau im Aktenvermerk (im Akt der Bezugsperson befindlich) vom 11.01.2019 habe gelautet XXXX , geboren am XXXX 2011 [Anm. BVwG: Hierbei handelt es sich um einen völlig anderen Namen als den der Beschwerdeführerin, wohl aber ist vom selben Geburtsdatum auszugehen, zumal es sich nur um einen offensichtlichen Tippfehler - lediglich - in der Jahreszahl handeln kann; andernfalls wäre die Ehefrau im Jahr 2019 erst 8 Jahre alt gewesen, was nicht plausibel ist.]. Es sei nicht erklärlich, weshalb das Datum der Registrierung der Eheschließung mit 17.09.2018 vermerkt worden sei, obwohl sich die Bezugsperson zu diesem Zeitpunkt bereits in Österreich befunden habe, und andererseits die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente als Registrierungsdatum den 16.08.2018 aufweisen würden. Ein voller Beweis nach dem AVG habe hiermit nicht erbracht werden können.

3. Mit Stellungnahme vom 17.05.2019 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie die Ehefrau der Bezugsperson sei. Sie hätten am 01.01.2018 durch Abschluss eines Ehevertrags nach religiösem Recht geheiratet. Da die sofortige Registrierung der Ehe aufgrund der Kriegszustände in ihrer Heimatregion und der Lebensumstände des Paares zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, sei diese erst am 17.09.2018 erfolgt. Die Ehe sei in das Register eingetragen worden. Bevor diese Registrierung erfolgen habe können, sei die Eheschließung, wie im syrischen Eherecht vorgesehen und ebenfalls durch die Urkunde nachgewiesen, zunächst am 16.08.2018 durch ein Scharia-Gericht festgestellt und genehmigt worden. Die Registrierung sei durch den Vater der Bezugsperson beantragt worden, die Bezugsperson habe sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Österreich befunden. Eine Ehe in Syrien, die zu einem späteren Zeitpunkt registriert werde, gelte bereits ab dem Datum der Eheschließung als rechtgültige Ehe. Würde es sich nicht um eine gültige Ehe handeln, könnte die Bestätigung durch das Gericht und die Eintragung in das Eheregister nicht erfolgen.

Das Ehepaar habe sich bereits vor über sechs Jahren in der Schule kennen gelernt. Noch vor ihrem Schulabschluss hätten sie beschlossen, zu heiraten, was jedoch durch die Flucht der Bezugsperson im Sommer 2017 zunächst nicht möglich gewesen sei. Nachdem sich die Bezugsperson einige Monate auf der Flucht und unter anderem in Griechenland befunden habe, sei sie nochmals nach Syrien zurückgekehrt. Am 01.01.2018 habe die Bezugsperson die langjährige Freundin, die Beschwerdeführerin, geheiratet. Nach der Eheschließung sei das Paar gemeinsam zu den Eltern der Bezugsperson gezogen, wo sie ein gemeinsames Leben geführt hätten, das jedoch kurz darauf bereits unfreiwillig unterbrochen worden sei, da die Bezugsperson aufgrund der Militäreinberufung abermals aus Syrien flüchten habe müssen. Da eine gemeinsame Flucht zu teuer und zu gefährlich gewesen sei, sei die Beschwerdeführerin in Syrien zurückgeblieben, wo sie abwechselnd bei ihrer Familie und bei der ihres Ehegattens gelebt habe. Das Ehepaar stehe nach wie vor in regelmäßigem telefonischem Kontakt.

Anschließend wurde auf die Begründungen des BFA eingegangen und zusammengefasst ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, warum die ursprünglich eingebrachten Dokumente als Totalfälschungen qualifiziert worden seien. Die daraufhin neu eingebrachten Dokumente seien als echt eingestuft worden. Warum das BFA dennoch angeführt habe, dass nicht davon auszugehen sei, dass diese Dokumente das Familienverhältnis beweisen würden, sei in keiner Weise nachvollziehbar. Zur Erstbefragung der Bezugsperson werde ausgeführt, dass sie am Ende der Befragung angemerkt habe, dass im Protokoll fälschlicherweise "ledig" vermerkt worden sei und es daraufhin in "verheiratet" ausgebessert worden sei. Das Geburtsdatum der Ehefrau habe die Bezugsperson versehentlich falsch angegeben; das genaue Geburtsdatum spiele in der Familie der Bezugsperson keine große Rolle. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das BFA zu dem Schluss komme, dass keine richtige Heiratsurkunde vorgelegt worden sei. Das zuerst vorgelegte Dokument, das als "Heiratsurkunde" übersetzt worden sei, habe die gleichen Daten und Informationen enthalten, wie das zweite als "Eheschließungsurkunde" betitelte Dokument. Wie aus beiliegender Anfragebeantwortung vom November 2015 bzgl. Eheschließung in Syrien hervorgehe, müsse zwischen gerichtlich geschlossenen und religiös geschlossenen und gerichtlich registrierten Ehen in Syrien unterschieden werden. Beide Formen würden eine anerkannte staatliche Ehe darstellen.

Der Vorhalt des BFA, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eheschließung das 17. Lebensjahr noch nicht erreicht habe, gehe ebenfalls ins Leere, da in Syrien für Frauen eine Eheschließung ab 16 Jahren grundsätzlich erlaubt sei.

Zu dem angeführten Aktenvermerk mit einem anderen Namen der Ehefrau (" XXXX , geboren XXXX 2011") werde darauf hingewiesen, dass nicht eindeutig nachvollziehbar sei, wodurch dieser zustande gekommen sei. Vermutlich sei er auf die schlechte Lesbarkeit des Familienbuchs zurückzuführen.

Die Beschwerdeführerin entspreche daher insgesamt eindeutig der Definition des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, weshalb ihr die Einreise zu gewähren sei.

Der Stellungnahme beigelegt war abermals die Eheschließungsurkunde, eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Ehen in Syrien vom 20.11.2015 sowie die Entscheidung des VwGH vom 06.09.2018, Ra 2018/18/0094-8.

4. Nach eingelangter Stellungahme der Beschwerdeführerin prüfte das BFA den Antrag erneut, erließ am 07.06.2019 eine (neuerliche) Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 und teilte der Beschwerdeführerin mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder einer Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Begründend wurde auf die Stellungnahme vom selben Tag verwiesen, in der wiederholt und ausführlich ausgeführt wurde, dass sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG 2005) Familienverhältnisses ergeben hätten.

5. Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 11.06.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführerin die in der Aufforderung zur Stellungnahme dargelegten Bedenken nicht entkräften habe können.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher geltend gemacht wurde, dass die Beschwerdeführerin die Ehefrau der Bezugsperson sei, der in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Hinsichtlich der angenommenen materiellen Rechtswidrigkeit wurde zur Gänze auf die detaillierten Ausführungen in der Stellungnahme vom 17.05.2019 verwiesen. Zudem wurde ausgeführt, dass der Bescheid aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs, aufgrund der Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung sowie aufgrund von Begründungsmängeln mit formeller Rechtswidrigkeit belastet sei, was eine Aufhebung des angefochtenen Bescheids und eine Zurückverweisung des Verfahrens an die erste Instanz zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erforderlich mache.

Abermals wurden der Beschwerde die bisher vorgelegten Dokumente (Heiratsurkunde, Eheschließungsurkunde, Auszugs aus dem Familienstandesregister, Auszug aus dem Zivilregister) beigefügt.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.07.2019 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA als unbegründet ab. Durch den Umstand, dass das BFA in zwei Stellungnahmen ausführlich auf die offensichtlichen Widersprüche und Ungereimtheiten hinsichtlich der angeblichen Eheschließung eingehe, sei die Beweiswürdigung des BFA nicht zu beanstanden und teile die belangte Behörde die Auffassung des BFA über das Nichtvorliegen der Familieneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG 2005. Mangels unbedenklicher Urkunden, die geeignet seien, den behaupteten Eheschluss und somit das rechtgültige Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat zweifelsfrei zu beweisen, könne die Beschwerdeführerin somit zu Recht nicht als Ehegattin der angegebenen Bezugsperson betrachtet werden.

8. Am 09.07.2019 stellte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag, in welchem im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen verwiesen wurde. Dem Vorlageantrag beigelegt waren die bereits vorgelegten Urkunden.

9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 27.09.2019, eingelangt am 03.10.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist am XXXX 2001 geboren. Die Bezugsperson führte in ihrem Verfahren als Geburtsdatum den XXXX 2000 an; alternativ dazu wurde vor den griechischen Behörden im Zusammenhang mit einer Aliasidentität der XXXX 1999 als Geburtsdatum angegeben.

Die Beschwerdeführerin gab an, am 01.01.2018 nach religiösen Regeln geheiratet zu haben. Beide Ehepartner seien bei der Hochzeit persönlich anwesend gewesen. Der Ehevertrag sei am 16.08.2018 durch das Scharia-Gericht genehmigt worden; die Eintragung der Ehe ins syrische Zivilregister sei daraufhin am 17.09.2018 erfolgt.

Die Beschwerdeführerin ist am 01.01.2018 (Datum der behaupteten religiösen Eheschließung) 16 Jahre alt gewesen, die Bezugsperson ist zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt bzw. unter Heranziehung der Aliasidentität 18 Jahre alt gewesen.

Im gegenständlichen Fall ist zur Beurteilung der Frage der Gültigkeit der Eheschließung das Syrische Personenstandsgesetz Nr. 59/1953 (PSG) heranzuziehen: Gemäß Art. 1 PSG ist eine Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Die Ehe wird durch das Angebot des einen und die Annahme dieses Angebot durch den anderen Verlobten geschlossen (Art. 5 PSG), wobei Angebot und Annahme des Ehevertrags in allen Punkten übereinstimmen und in ein und derselben Verhandlung erklärt werden müssen (Art. 11 PSG). Dies kann wörtlich oder unter Verwendung von üblicherweise in diesem Sinn zu verstehenden Ausdrucksformen (Art. 6 PSG) oder, bei Abwesenheit eines der beiden Vertragsteile, schriftlich erklärt werden (Art. 7 PSG). Für die Gültigkeit des Ehevertrags bedarf es der Anwesenheit zweier männlicher Zeugen oder eines Mannes und zweier Frauen islamischen Glaubens (Art. 12 PSG) sowie allenfalls eines Ehevormunds.

Die Ehefähigkeit setzt geistige Gesundheit und Geschlechtsreife voraus (Art. 15 (1) PSG) und wird beim Mann grundsätzlich mit Vollendung des 18. und bei der Frau mit Vollendung des 17. Lebensjahres erlangt (Art. 16 PSG). Männliche Jugendliche, die das

15. Lebensalter, und weibliche Jugendliche, die das 13. Lebensalter vollendet haben, können gemäß Art. 18 PSG eine Ehe dann eingehen, wenn der zuständige Richter die körperliche Reife und die Geschlechtsreife der beiden Jugendlichen als erwiesen ansieht. Gemäß Art. 18 Abs. 2 PSG bedarf die Eheschließung Jugendlicher zusätzlich grundsätzlich der Zustimmung des Vaters oder Großvaters, wenn diese Ehevormund gemäß Art. 21 ff. PSG sind.

Es kann nicht festgestellt werden, dass nach syrischem Recht eine gültige Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson zustande gekommen ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der ÖB Damaskus und dem Parteienvorbringen; die Feststellungen zum syrischen Eherecht ergeben sich aus der dort zitierten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation.

Die Feststellung, dass nach syrischem Recht keine gültige Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson zustande gekommen ist, beruht auf den folgenden Überlegungen:

Es ist evident, dass die Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung ihres angegebenen Geburtsdatums bei der behaupteten Eheschließung am 01.01.2018 noch keine 17 Jahre alt war (vgl. Art. 16 PSG: Alter der grundsätzlichen Ehefähigkeit bei Frauen). Zieht man bei der Bezugsperson das vor den österreichischen Behörden angegebene Geburtsdatum des XXXX 2000 heran, so ist auch die Bezugsperson am 01.01.2018 gerade noch keine 18 Jahre alt gewesen (vgl. Art. 16 PSG: Alter der grundsätzlichen Ehefähigkeit bei Männern). Nur unter Heranziehung des Geburtsdatums der vor den griechischen Behörden angegebenen Aliasidentität wäre die Bezugsperson zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung 18 Jahre alt gewesen, doch wurde im gegenständlichen Verfahren durchgehend behauptet, dass diese Identität eben gerade nicht wahren Angaben entspräche, sodass daraus nichts zu gewinnen ist. Jedenfalls kann nicht in diesem Punkt wahlweise das hier "passendere" Geburtsdatum herangezogen werden, nur um ein günstigeres Ergebnis zu erzielen.

Da somit weder die Beschwerdeführerin noch die Bezugsperson das grundsätzliche Alter der Ehefähigkeit nach syrischem Eherecht am behaupteten Eheschließungsdatum erreicht hatten, hätte vor Eingehen der Ehe der zuständige Richter die körperliche Reife und die Geschlechtsreife der beiden Jugendlichen als erwiesen ansehen müssen (vgl. Art. 18 PSG) und zusätzlich der Ehevormund (bspw. der Vater oder der Großvater) der beiden Jugendlichen der Ehe zustimmen müssen (vgl. Art. 18 Abs. 2 PSG). Dies geht aus dem Akt allerdings nicht hervor und wurde von der Beschwerdeführerin auch nie behauptet.

Aus der vorgelegten "Bestätigung der Eheschließung" ist zwar herauszulesen, dass der Vater und "zwangsläufige Fürsorger" der Beschwerdeführerin seine Zustimmung zur Ehe erteilt hätte. Aus dem Dokument geht weiters hervor, dass der Vater "an der Bestätigung der Eheschließung interessiert" wäre. Zur ebenfalls nötigen Zustimmung des Ehevormunds der Bezugsperson findet sich jedoch nichts.

Dass der zuständige Richter die körperliche Reife und die Geschlechtsreife der zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung 16-jährigen Beschwerdeführerin und der 17-jährigen Bezugsperson vor Eheschließung als erwiesen angesehen hätte, geht aus den Unterlagen und aus dem Vorbringen ebenso wenig hervor. Das Zustandekommen einer gültigen Ehe nach syrischen Eherecht scheiterte im konkreten Fall daher sogar an mehreren Ursachen.

Ergänzend ist festzuhalten, dass zudem (zumindest) die Bezugsperson bei der nachträglichen Genehmigung der angeblich am 01.01.2018 nach religiösem Recht geschlossenen Ehe durch das Scharia-Gericht am 16.08.2018 mit Sicherheit nicht anwesend war; die Antragstellung der Bezugsperson auf internationalen Schutz erfolgte im österreichischen Bundesgebiet am 20.07.2018, was eine gleichzeitige Anwesenheit in Syrien ausschließt. Auch eine Anwesenheit der Beschwerdeführerin ist aus diesem Dokument nicht klar erkennbar. Die mangelnde Anwesenheit der Beteiligten macht aber ein allfälliges (nachträgliches) Urteil des Richters über die körperliche Reife und Geschlechtsreife der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson unmöglich, geht es bei der richterlichen Beurteilung doch gerade um das individuelle Auftreten der Jugendlichen. Dass ein Richter aber bereits vor Abschluss der Ehe nach religiösem Recht - zu irgendeinem Zeitpunkt als alle Beteiligten noch in Syrien waren - zur Beurteilung der relevanten Frage der körperliche Reife und Geschlechtsreife zu Rate gezogen worden wäre, was nach Art. 18 PSG erforderlich gewesen wäre, wurde - wie bereits dargelegt - nicht nachgewiesen bzw. nicht einmal behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte - Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018, lauten wie folgt:

"Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 5 Z 11, BGBl. I Nr. 138/2017)

Vorlageantrag

§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§§ 11, 11a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

§ 35 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 16) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

"Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des BFA) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung (nunmehr) des BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem Ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (FNG), BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß §°35°Abs.°1 AsylG 2005 gestellt; als Bezugsperson wurde der in Österreich asylberechtigte angebliche Ehegatte der Beschwerdeführerin genannt.

Die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer rechtsgültigen Ehe ist im gegenständlichen Fall unter Heranziehung der entsprechenden syrischen Bestimmungen zu lösen, zumal die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen ist, wobei die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung genügt. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nur dann nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, konnte das Vorliegen einer in Syrien geschlossenen gültigen Ehe nicht festgestellt werden, da die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson zum Zeitpunkt der behaupteten Eheschließung am 01.01.2018 das im syrischen PSG festgesetzte Alter der grundsätzlichen Ehefähigkeit nicht erreicht hatten. Die Beschwerdeführerin hatte das 17. Lebensjahr und die Bezugsperson hatte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Dass im gegenständlichen Fall, wie im syrischen PSG normiert, etwa der zuständige Richter vor der Eheschließung die körperliche Reife und die Geschlechtsreife der beiden Jugendlichen als erwiesen angesehen hätte und zusätzlich der jeweilige Ehevormund der beiden Jugendlichen der Ehe zugestimmt hätte, lässt sich weder den vorgelegten Urkunden entnehmen noch wurde dazu ein konkretes Vorbringen erstattet.

Da im gegenständlichen Fall nicht nachgewiesen werden konnte, dass nach syrischem Recht eine Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson gültig zustande gekommen ist, ist dem BFA bzw. der ÖB Damaskus im Ergebnis darin beizupflichten, dass die Angehörigeneigenschaft des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 nicht erfüllt ist, sodass kein Einreisetitel zu erteilen war.

Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass selbst für den Fall, dass alle Formvorschriften des syrischen PSG eingehalten worden wären und somit nach syrischen Recht eine gültige Ehe zustande gekommen wäre, gegenständlich für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen wäre, da es sich um eine reine "Minderjährigenehe" gehandelt hätte.

Hier ist vor dem Hintergrund der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG festzustellen, dass das österreichische EheG strengere Regeln enthält als das syrische PSG. Gemäß § 1 Abs. 2 EheG hat das Gericht eine Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erscheint. Den Fall, dass das Gericht etwa beide Ehepartner für ehemündig erklären könnte, obwohl keiner der beiden volljährig ist, sieht das österreichische EheG nicht vor. Darin manifestiert sich das mangelnde Bedürfnis nach reinen "Minderjährigenehen" (vgl. Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 1 EheG, Stand 01.01.2001, rdb.at, RZ 2), worin nach Ansicht das Bundesverwaltungsgericht durchaus ein Grundwert der österreichischen Rechtsordnung zu erkennen ist.

Soweit im gegenständlichen Verfahren das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK zu beachten ist, ist auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall - wie bereits dargelegt wurde - nicht vorliegen.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt nicht vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen.

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft, Ehe, Einreisetitel, Gültigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W239.2223998.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten