TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W240 2222798-1

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Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W240 2222798-1/2E

W240 2222800-1/2E

W240 2222799-1/2E

W240 2222801-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX und 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Irak, 3.) und 4.) gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 16.12.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:

"Der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wird gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ( XXXX ) ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ), der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ) und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin ( XXXX ). Alle sind Staatsangehörige des Irak und stellten am 04.05.2017 bei der Österreichischen Botschaft Teheran (in der Folge: "ÖB Teheran") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Irak angeführt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 09.08.2018 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die erforderliche Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen (§ 60 Abs. 2 Z 1-13 AsylG) ergeben habe, dass weder ein Rechtsanspruch auf eine als ortsüblich ausreichend große Unterkunft bestehe und zudem von einer erheblichen finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft auszugehen sei.

3. Mit Schreiben vom 12.08.2018 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des BFA vom 08.08.2018 verwiesen wurde. Es wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. In einer Stellungnahme vom 14.08.2018 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertretung vor, dass die Bezugsperson nicht, wie vom BFA fälschlicherweise angeführt, über den Asylstatus in Österreich verfüge. Dass die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG in vorliegendem Fall geprüft werden müsse, sei daher nicht in einem Versäumen der dreimonatigen Frist der Beschwerdeführer begründet. Vielmehr schreibe

§ 35 Abs. 2 AsylG vor, dass Familien von subsidiär Schutzberechtigten frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Subsidiären Schutzes einen Einreisetitel erhalten können und, dass die Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG zu erfüllen seien, "es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten." Im vorliegenden Fall würden die Kriterien des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht vollständig erfüllt werden. So lebe die Bezugsperson momentan in einem 15 Quadratmeter großem Zimmer und sei seit XXXX 2015 als Reinigungskraft tätig. Diese Tätigkeit habe die Bezugsperson aufgrund seines Gesundheitszustandes zwischenzeitlich unterbrechen müssen. Seit bereits über einem Jahr habe sie jedoch die Arbeit wieder durchgehend aufgenommen und verdiene inkl. 13. und 14. Monatsgehalt 1.633,- Euro netto. Der Richtsatz werde zwar somit nicht erfüllt. Die Bezugsperson trage allerdings durch ihre langfristige Tätigkeit zum wirtschaftlichen Wohl Österreichs bei. Gegenständlicher Einreiseantrag habe zum Ziel, das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK der Bezugsperson mit seiner Ehefrau und seinen Kindern nach langjähriger unfreiwilliger Trennung nun ehestmöglich in Österreich fortzusetzen. Das BFA habe in seiner Stellungnahme angeführt, dass das Familienleben gem. Art. 8 EMRK im vorliegendem Fall nach bereits dreijähriger Trennung der Familie auch in einem anderen Staat fortgesetzt werden könne und die Beschwerdeführer zudem seit 30.03.2017 im Iran aufhältig gewesen seien sowie nicht länger im Irak leben würden. Diese Ausführungen seien nicht nachvollziehbar und würden auf eine Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit schließen. Warum die mehrjährige unfreiwillige Trennung der Familie zur Folge haben solle, dass das Familienleben in einem anderen Staat fortgesetzt werden könne, sei nicht nachvollziehbar und werde seitens des BFA nicht näher erläutert. Zudem würden die Beschwerdeführer keinesfalls im Iran leben. Selbst wenn die Familie nach wie vor im Iran aufhältig wäre, könnte weder die Bezugsperson noch die Beschwerdeführer dort einen dem Asylrecht entsprechenden dauerhaften Aufenthaltstitel erlangen. Darüber hinaus wäre der Umzug für die Familienmitglieder nicht zumutbar, da er ihre Existenzgrundlage gefährden würde. Da also, wie für den Ausnahmetatbestand des

§ 35 Abs. 4 Z 3 AsylG relevant, sowohl die Trennung der Familie durch die Flucht der Bezugsperson bedingt sei und auch das Familienleben in keinem anderen Staat als Österreich fortgesetzt werden könne, müsse von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen abgesehen werden, damit das Recht auf Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK gewahrt werde.

5. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dieses am 13.12.2018 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Die Stellungnahme ändere nichts an der bereits getroffenen Entscheidung.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.12.2018 wies die ÖB Teheran die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst das Vorbringen in der Stellungnahme vom 14.08.2018 wiederholt wurde. Weiters wurde ausgeführt, dass es das BFA unterlassen habe, sich mit den angeführten Argumenten auseinanderzusetzen. Ein willkürliches Verhalten liege unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeiten in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt. Ergänzend zur Stellungnahme werde ausgeführt, dass die Bezugsperson bereits eine Zusage für eine 56 Quadratmeter große Mietwohnung habe, die er an 01.02.2019 beziehen könne. Durch seine Vollzeitbeschäftigung könne die Familie der Bezugsperson in seiner Krankenkasse im Rahmen der Familienversicherung mitversichert werden. Zusätzlich zu seiner Vollzeitbeschäftigung als Reinigungskraft habe die Bezugsperson im September 2018 ein Beschäftigungsverhältnis im Ausmaß von 23 Stunden in einem arabischen Supermarkt aufgenommen. Eine entsprechende Arbeitsbestätigung sei bereits an die ÖB Teheran weitergeleitet worden. Diese sei bereits vor der Erlassung des negativen Bescheides eingelangt und sei offenbar nicht berücksichtigt worden. Bei seiner zusätzlichen Beschäftigung verdiene die Bezugsperson durchschnittlich 697,36 EURO pro Monat. Mit seinem Gehalt als Reinigungskraft (1.633 EURO) verdiene er somit insgesamt 2.330 EURO netto pro Monat. Damit sei der Richtsatz (für ein Ehepaar und drei Kinder 1.745 EURO) abzüglich der voraussichtlichen Mietkosten erfüllt.

Im Laufe des Verfahrens wurden folgende Dokumente vorgelegt:

Die Bezugsperson betreffend:

-

Bescheid mit dem der Bezugsperson subsidiärer Schutz zuerkannt bzw. verlängert wurde

-

Meldezettel

-

Mietanbot

-

Lohnzettel Mai 2018, August-November 2018

-

"Information zur operativen Vorbereitung" vom 12.06.2018

-

Arbeitsbestätigung vom 29.08.2018

-

Hauptmietvertrag

-

Karte für subsidiär Schutzberechtigte

-

E-card

-

Reisepass

Die Beschwerdeführer betreffend:

-

Reisepass Kopien

-

Zivilregisterauszüge

-

Heiratsurkunde

8. Mit Schreiben vom 21.08.2019, beim BVwG eingelangt am 26.08.2019, legte das Bundesministerium für Inneres dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Im gegenständlichen Verfahren wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, als Bezugsperson genannt. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid vom 10.04.2015, rechtskräftig seit 29.04.2015, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Als maßgeblich wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln am 04.05.2017 - sohin vor Ablauf der (gesetzlich vorgesehenen) dreijährigen Wartefrist - gestellt haben und sich diese daher als unzulässig erweisen.

2. Beweiswürdigung:

Dass der Bezugsperson der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Bescheid des BFA vom 10.04.2015, Zl. 831512703/1735521. Dass dieser Bescheid am 29.04.2015 in Rechtskraft erwachsen ist, wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Im Falle eines subsidiär Schutzberechtigten als Bezugsperson kann ein Antrag auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF frühestens - nach Ablauf der dreijährigen Wartefrist - am 29.04.2018 gestellt werden.

Die maßgebende Feststellung ist folglich ebenfalls unstrittig und ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. § 35 Abs. 2 und Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"§ 35. (...)

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(...)

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

§ 11 Abs. 1 bis 3 und § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."

"Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

"§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

3.2.3. Da die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln am 04.05.2017 und damit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht wurde, waren gemäß § 75 Abs. 24 AsylG fallbezogen keine Übergangsbestimmungen, sondern § 35 Abs. 1 bis 4 idF BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden.

§ 35 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 bestimmt, dass der Familienangehörige (gemäß Abs. 5 leg. cit.) eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stellen kann.

Im vorliegenden Fall ist der Bescheid, mit welchem der Bezugsperson der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, am 29.04.2015 in Rechtskraft erwachsen. Da die dreijährige Wartefrist nach § 35 Abs. 2 AsylG idgF somit am 29.04.2015 zu laufen begonnen hat, hätten die Beschwerdeführer frühestens am 29.04.2018 die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln stellen können.

Wie oben festgestellt, haben die Beschwerdeführer die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln jedoch bereits am 04.05.2017 - sohin weit vor Ablauf der dreijährigen Wartefrist - gestellt, sodass sich diese Anträge gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF als unzulässig erweisen.

Den seitens der Beschwerdeführer dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken, wonach die durch BGBl. I Nr. 24/2016 in § 35 Abs. 2 AsylG eingeführte dreijährige Wartefrist, im Sinne einer "verfassungskonformen Interpretation" so zu lesen wäre, als von einer zwingenden Erfüllung dieses Erfordernis dann abzusehen sei, wenn den privaten und familiären Interessen der beteiligten Personen höheres Gewicht beizumessen wäre, ist entgegen zu halten, dass diese Argumentation im Gegensatz zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung steht und es sich bei der dreijährigen Frist im Falle eines subsidiär Schutzberechtigten als Bezugsperson um eine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels handelt, welche der Gesetzgeber bewusst eingeführt hat. Überdies begegnet nach Auffassung der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes die Bestimmung des § 35 Abs. 2 AsylG idgF weder verfassungs- noch europarechtlichen Bedenken.

Aus den in der Beschwerde vorgebrachten Einwänden ist für die Beschwerdeführer nichts gewonnen. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, werden auch die zur Fristberechnung maßgeblichen Daten und die sich daraus berechnete Nichterfüllung der dreijährigen Wartefrist von den Beschwerdeführern zu keinem Zeitpunkt bestritten.

Da es den gegenständlichen Anträgen aufgrund obiger Ausführungen gemäß §°35°Abs.°2°AsylG idgF an einer zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt, hätte die belangte Behörde die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln mit dem angefochtenen Bescheid nicht ab- sondern zurückweisen müssen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides war daher mit der spruchgemäßen Maßgabe abzuändern und die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 in Bestätigung des Bescheides abzuweisen.

3.2.3. Der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung steht der klare Wortlaut des § 11a Abs. 2 FPG entgegen.

Zu B) (Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einreisetitel, Frist, subsidiärer Schutz,
Zulässigkeitsvoraussetzung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W240.2222798.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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