TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/4 VGW-011/089/13713/2019

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L82009 Bauordnung Wien
24/01 Strafgesetzbuch

Norm

VStG §19 Abs1
VStG §19 Abs2
BauO Wr §135 Abs1
BauO Wr §60 Abs1 lita
StGB §34 Abs1 Z17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Baumgartner über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 18.09.2019, Zl. …, betreffend Bauordnung (BO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.11.2019, zu Recht erkannt:

I.       Gemäß § 50 VwGVG wird der nur gegen die Strafhöhe eingebrachten Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 7.600,00 auf € 5.600,00 und die Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und 2 Stunden auf einen Tag und 8 Stunden herabgesetzt wird.

II.      Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde auf € 560,00, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, reduziert.

III.    Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

IV.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Als erwiesen angenommene Tatsachen:

Auf Grund der lediglich gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerde war seitens des erkennenden Gerichtes auf die in der Schuldfrage ergangene behördliche Entscheidung nicht mehr einzugehen, sondern ausschließlich die von der Behörde vorgenommene Strafbemessung zu überprüfen (VwGH 20.09.2013, 2013/17/0305, 27.10.2014, Ra 2014/02/0053). Hinsichtlich der Strafbarkeit ist das Straferkenntnis in (Teil-) Rechtskraft erwachsen. Die im angefochtenen Straferkenntnis dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach der Bauordnung für Wien (nämlich die im Zeitraum 28.03.2018 – 28.08.2018 - abweichend vom Bewilligungsbescheid - erfolgte Durchführung von bewilligungspflichtigen Bauarbeiten in Wien, C.-straße 15, EZ …, KG D.) ist daher als erwiesen anzusehen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß §  19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 135 Abs. 1 Wiener Bauordnung werden Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, unbeschadet der Abs. 2 und 3, mit Geld bis zu 21 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, bestraft.

Das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten schädigt in hohem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse an der Vermeidung eigenmächtiger Bauführungen, zumal der Baubehörde durch die inkriminierte Vorgangsweise die Möglichkeit genommen wurde, das gegenständliche gemäß § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien bewilligungspflichtige Bauvorhaben vor der Ausführung zu überprüfen, allenfalls Auflagen zu erteilen und dadurch zu gewährleisten, dass keine öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden.

Der Unrechtsgehalt der Tat ist daher, selbst bei Annahme des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als unbedeutend zu werten, zumal die Bauordnung für Wien dem befugten Bauführer die Verpflichtung auferlegt, nur Bauführungen, die konsentiert sind, durchzuführen.

Ebenso konnte das Verschulden keinesfalls als geringfügig angesehen werden. Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt befugter Bauführer und verfügte sohin über eine in Bausachen entsprechende Fachkunde. Als fachkundiger Bauführer konnte er keinen Zweifel daran haben, dass für die gegenständlichen Bauführungen – vor deren Ausführung - eine behördliche Bewilligung erforderlich ist. Gerade in seiner Eigenschaft als Fachkundiger hätte der Beschwerdeführer die erforderliche Sorgfalt anwenden müssen. Wie der Beschwerdeführer jedoch selbst eingesteht, hat er es unterlassen, in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, ob das Bauprojekt in Übereinstimmung mit dem Bauplan und dem Bewilligungsbescheid ausgeführt wurde. Die vom Beschwerdeführer – erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht – vorgebrachte Krebserkrankung Anfang des Jahres 2018 vermag an den Sorgfaltspflichten des Beschwerdeführers nichts zu ändern, zumal er hätte erkennen müssen, dass ihm die Ausübung der Bauführertätigkeit aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr möglich ist. Er hätte bei Einhaltung der gehörigen Sorgfalt seine Tätigkeit als Bauführer zurücklegen müssen. Dass die Einhaltung der gegenständlich verletzten Verwaltungsbestimmungen eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit abverlangt hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen. Das Ausmaß des Verschuldens kann daher im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden.

Erschwerend wurde von der belangten Behörde gewertet, dass der Beschwerdeführer insgesamt acht rechtskräftige Vorstrafen wegen Verwaltungsübertretungen nach der Bauordnung für Wien, davon vier einschlägige wegen desselben Delikts wie das verfahrensgegenständliche (…), aufweist. Milderungsgründe wurden von der belangten Behörde nicht angenommen.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, wonach er über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. € 2.500,- verfüge (wobei ihm aufgrund von Pfändungen nur ca. 1.300,- monatlich zur Verfügung stünden), kein Vermögen zu besitzen und keine Sorgepflichten zu haben, ging die belangte Behörde von ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers aus.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Einkommen- und Vermögensverhältnissen dem erkennenden Gericht bekannt, dass nunmehr sämtliche Pfändungen abgeschlossen seien und er nunmehr über ein monatliches Nettoeinkommen von € 2.500,00 verfüge. Er habe kein Vermögen und Sorgepflichten für seine Ehegattin.

Aus Sicht des erkennenden Gerichtes ist die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe zu hoch bemessen. Der belangten Behörde ist zwar dahingehend zu folgen, dass dem Beschwerdeführer gegenständlich – aufgrund seiner rechtskräftigen und zum Teil einschlägigen Vorstrafen – das Unrecht seiner Tat durch eine entsprechend hohe Geldstrafe ausdrücklich vor Augen geführt werden muss, aus Sicht des erkennenden Gerichtes, kann im Beschwerdefall – im Hinblick auf das anlässlich der mündlichen Verhandlung an den Tag gelegte schuldeinsichtige Verhalten des Beschwerdeführers und des von diesem in der Verhandlung hinterlassenen positiven persönlichen Eindruckes, des Entzuges seiner Gewerbeberechtigung und dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits in Pension befindet – jedoch mit einer geringeren Geldstrafe das Auslangen gefunden werden. Eine Geldstrafe in Höhe von € 5.600,00 erscheint dem erkennenden Gericht gegenständlich schuld- und tatangemessen und ist auch aus spezial- und generalpräventiver Sicht nicht zu gering. Aus diesem Grund war die Geldstrafe spruchgemäß herabzusetzen. Gleichermaßen war die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen (vgl. VwGH 27.09.1988, 87/08/0026).

Einer weiteren Herabsetzung der Strafe standen der bis € 21.000,00 reichende gesetzliche Strafrahmen, der nicht unerhebliche objektive Unrechtsgehalt der Übertretung, sowie spezial- und generalpräventive Erwägungen entgegen.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses sei gegeben:

Es ist zwar richtig, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen im Verfahren vor der belangten Behörde nicht bestritten hat. Aufgrund des bloßen Zugebens des Faktischen (wobei aufgrund der dokumentierten Ortsaugenscheine durch Kontrollorgane der MA 37 Leugnen wohl auch kaum Aussicht auf Erfolg gehabt hätte – vgl. dazu VwGH 21.09.2005, 2005/09/0042) kann jedoch von einem reumütigen Geständnis bzw. einem solchen, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte, gegenständlich nicht gesprochen werden.

Der Beschwerdeführer übersieht, dass ihm mit der schriftlichen Aufforderung zur Rechtfertigung die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente vorgehalten worden sind. Zudem war sich der Beschwerdeführer darüber im Klaren (auch dies wurde ihm in der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgehalten), dass die gegen ihn bestehenden Verdachtsmomente durch die dokumentierten Ortsaugenscheine eines Kontrollorgans der MA 37 am 28.03.2018 und am 03.10.2018, geklärt waren. Daher war das Geständnis des Beschwerdeführers nicht als mildernd im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zu werten, weil Leugnen kaum Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (Vgl. OGH 20.09.1994, 11 Os 109/94).

Wenngleich der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde eingestanden hat, für die Abweichungen als Bauführer verantwortlich zu sein, so kann darin ein Schuldbekenntnis, verbunden mit einer nicht bloß intellektuellen, sondern gesinnungsmäßigen Missbilligung der Tat im Sinne der oben zitierten Judikatur des VwGH nicht erblickt werden, zumal sich die Verantwortung des Bauführers für konsenswidrige Bauten bereits aus dem Gesetz ergibt und in diesem Vorbringen keine Schuldeinsicht zum Ausdruck kam. Vielmehr brachte der Beschwerdeführer vor, zum Zeitpunkt, als er die Bauführung übernommen habe, sei der Kellerrohbau bereits gestanden und habe das bauausführende Unternehmen im Auftrag des Bauherrn diverse Änderungen vorgenommen, ohne diese mit ihm als verantwortlichem Bauführer entsprechend zu akkordieren. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer anschaulich, dass er keineswegs bereit ist, die volle Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, sondern diese auf Dritte (bauausführendes Unternehmen, Bauherr) zu überwälzen versucht. Zusammenfassend liegt der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses gegenständlich – wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat – nicht vor.

Gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz Z 4 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Im gegenständlichen Fall sind die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz Z 4 VStG sowie eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG schon deshalb nicht erfüllt, da – wie bereits ausgeführt – das Verschulden nicht gering war.

H i n w e i s

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gem. § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Gemäß § 50 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall der Verhängung einer Strafe überdies die als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten (Z 1), im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe (Z 2) zu enthalten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat am 28.11.2019 in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

Die in der mündlichen Verhandlung angefertigte Niederschrift, welcher eine Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, wurde dem Beschwerdeführer sowie der Vertreterin der belangten Behörde unmittelbar ausgefolgt. Somit wurde die Niederschrift sämtlichen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen ausgefolgt.

In derselben mündlichen Verhandlung gaben der Beschwerdeführer und die Vertreterin der belangten Behörde ihren ausdrücklichen Verzicht auf die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu Protokoll. Seitens des Beschwerdeführers wurde der Verzicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter bzw. in dessen Beisein abgegeben. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde wurden zuvor über die Folgen des Verzichts belehrt.

Deshalb konnte das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG gekürzt ausgefertigt werden. Gegen diese gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4a VwGG und/oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 82 Abs. 3b VfGG nicht mehr zulässig.

Schlagworte

Strafbemessung; bewilligungspflichtiges Bauvorhaben; Verschulden; fachkundiger Bauführer; Milderungsgrund; reumütiges Geständnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.011.089.13713.2019

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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