Entscheidungsdatum
02.01.2020Index
E2D Assoziierung TürkeiNorm
ARB 1/80 Art. 6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Eidlitz über die Beschwerde des Herrn A. B., geb. 1985, Staatsangehörigkeit: Türkei, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 (belangte Behörde), vom 15.05.2019, Zahl …, betreffend Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG),
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Das Verwaltungsgericht Wien sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Der unbescholtene Beschwerdeführer (BF), ein türkischer Staatsangehöriger (gültiges türkisches Reisedokument bis 2021), ist langjährig (zumindest seit 2006) in Österreich aufhältig. Er nahm sein (ordentliches) Studium der „C.“ auf der TU Wien im Jahr 2008 auf.
Der BF stellte rechtzeitig am 05.07.2018 persönlich bei der belangten Behörde den vorliegenden kombinierten Verlängerungs- und Zweckänderungsantrag.
Der Zwecksänderungsantrag richtet sich auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ unter Berufung auf Art. 6 ARB 1/80. Der BF ist seit 22.06.2016 beim selben Arbeitgeber zur unselbständigen Erwerbstätigkeit gemeldet. Von 22.06.2016 bis 31.05.2019 war der BF zu 10 Wochenstunden als „D.“ beschäftigt. Seit 01.06.2019 ist der BF zu 20 Wochenstunden als „C.“ beschäftigt. Die zuletzt erteilte Beschäftigungsbewilligung ist für die Zeit von 16.06.2019 bis 15.06.2020 ausgestellt.
Mit dem Verlängerungsantrag begehrt der BF die Verlängerung der zuletzt bis 14.07.2018 erteilten Aufenthaltsbewilligung "Studierender" (nunmehr „Student“).
Im Studienjahr 2016/17 wies der BF 9 ECTS/6WS im Studium nach. Im Studienjahr 2017/18 wies der BF 6 ECTS/4WS im Studium nach. Danach wurden keine weiteren positiven Prüfungen abgelegt. Der BF gab sein Studium im Sommer 2018 auf.
2. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich bei der Beweiswürdigung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die Feststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsakt einliegenden, bei Antragstellung und im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen des BF und auf sein umfassendes (zuletzt anwaltliches) schriftliches Vorbringen einschließlich seiner in rechtlicher Hinsicht gleichgebliebenen Beschwerdeausführungen und schriftlichen Ergänzungen im Beschwerdeverfahren. Der festgestellte Sachverhalt ist insoweit unstrittig.
Der BF macht in erster Linie eine unrichtige rechtliche Beurteilung bei der Abweisung seines Zweckänderungsantrags geltend (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheids). Zur abgewiesenen Verlängerung der bisher innegehabten Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken (Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheids) hat er im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Einwendungen zum mangelnden Studienerfolg mehr erhoben und dazu auch in der Beschwerde inhaltlich kein substantiiertes und belegtes Vorbringen (zur behaupteten Depression) erstattet. Eine aktuelle Inskriptionsbestätigung wurde nicht vorgelegt.
Das VGW beraumte eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 14.11.2019 an. Mit Eingabe vom 31.10.2019 verzichtete der BF auf die Durchführung einer Verhandlung und ersuchte die Entscheidung auf Grundlage des vorliegenden Aktes zu fällen. Ebenso verzichtete die belangte Behörde auf eine mündliche Erörterung der Beschwerdesache.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
3. Rechtlicher Rahmen
§ 4c des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der (seit 1.1.2014) geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 72/2013, samt Überschrift hat folgenden Wortlaut:
"Türkische Staatsangehörige
§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB - Nr. 1/1980 erfüllen.
(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen. Der Befreiungsschein berechtigt zur Aufnahme einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet und ist jeweils für fünf Jahre auszustellen. Der Befreiungsschein ist zu widerrufen, wenn der Ausländer im Antrag über wesentliche Tatsachen wissentlich falsche Angaben gemacht oder solche Tatsachen verschwiegen hat.
(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.“
Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des - durch das (am 12.9.1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnete und durch den Beschluss 64/732/EWG vom 23.12.1963, ABl. Nr. 217/1964, S. 3685, im Namen der Gemeinschaft geschlossene, gebilligte und bestätigte) Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrats über die Entwicklung der Assoziation vom 19.9.1980 (wie bisher und nachfolgend: ARB 1/80) lautet:
"Artikel 6
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat
- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaats eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.
(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.
(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."
§ 64 NAG in der heute geltenden Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2018 - FrÄG 2018, BGBl. I Nr. 56/208, regelt unter der Überschrift "Studenten" die Voraussetzungen für die erstmalige (Abs. 1) und die weitere (Abs. 2) Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Student.
4. Änderung des Aufenthaltszwecks
Mit Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wurde ein System der abgestuften Eingliederung der türkischen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats geschaffen. Aus der Systematik und der praktischen Wirksamkeit dieses Systems folgt, dass die in den drei Spiegelstrichen dieser Bestimmung jeweils aufgestellten Bedingungen von den Betroffenen nacheinander erfüllt werden müssen (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2016/22/0098, Rn. 14, unter Hinweis auf EuGH 10.1.2006, Sedef, C- 230/03, Rn. 37). Aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ergibt sich, dass der erste und der zweite Spiegelstrich dieser Bestimmung lediglich die Voraussetzungen regeln, unter denen ein türkischer Arbeitnehmer, der rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist und dort die Erlaubnis erhalten hat, eine Beschäftigung auszuüben, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausüben kann. Nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung darf er weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten (erster Spiegelstrich) und nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung kann er sich - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten einzuräumenden Vorrangs - für den gleichen Beruf auf ein Stellenangebot eines anderen Arbeitgebers bewerben (zweiter Spiegelstrich). Im Gegensatz dazu verleiht Abs. 1 dritter Spiegelstrich (nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung) dem türkischen Arbeitnehmer nicht nur das Recht, sich auf ein vorliegendes Stellenangebot zu bewerben, sondern auch uneingeschränkten Zugang zu jeder von ihm frei gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. Somit kann generell ein Recht nach Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 nicht allein aufgrund der Tatsache geltend gemacht werden, dass ein türkischer Staatsbürger im Aufnahmemitgliedstaat mehr als vier Jahre lang rechtmäßig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt hat, wenn er nicht (1.) mehr als ein Jahr bei demselben Arbeitgeber und (2.) zwei weitere Jahre für diesen gearbeitet hat (vgl. wiederum VwGH 21.3.2017, Ra 2016/22/0098, Rn. 15, unter Hinweis auf EuGH 7.7.2005, Dogan, C-383/03, Rn. 13, und Sedef, Rn. 36 und 44; und neuerlich VwGH 9.8.2018, Ro 2017/22/0015).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind dem Wortlaut des ARB 1/80 keine expliziten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen zu entnehmen. Allerdings impliziert ein Recht auf Beschäftigung notwendigerweise ein Aufenthaltsrecht. Dieses Aufenthaltsrecht als Folge des Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung ist ab diesem Zeitpunkt unmittelbar aus dem ARB 1/80 herzuleiten und wird nicht erst durch die Erteilung einer entsprechenden nationalen Erlaubnis begründet. Ein derartiges Aufenthaltsrecht lässt sich aus Art. 6 ARB 1/80 aber nur als Folge des Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung ableiten (VwGH 28.2.2019, Ra 2018/22/0100, Rz. 15 und Rz. 16).
Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 vermittelt somit über die (schrittweise erweiterte) Zugehörigkeit zum inländischen Arbeitsmarkt ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Ein Anspruch auf Erteilung eines (von der tatsächlichen Ausübung einer Beschäftigung losgelösten) konstitutiven Aufenthaltstitels nach dem NAG ist damit aber nicht verbunden (VwGH 9.8.2018, Ro 2017/22/0015, Rz. 26 f; und VwGH 6.9.2018, Ro 2018/22/0008, Rz. 4). Insoweit sieht das NAG - unionsrechtskonform - nämlich keinen spezifischen Aufenthaltstitel für türkische Staatsangehörige vor, die Rechte aus Art. 6 ARB 1/80 ableiten (VwGH 9.8.2018, Ro 2017/22/0015, Rz. 21). Somit ist ein Aufenthaltstitel (wie gegenständlich die Erteilung der „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ beantragt) nach dem NAG unverändert (erst) bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen über entsprechenden Antrag zu erteilen, der in diesem Kontext auch im Inland gestellt werden kann (VwGH 10.11.2009, 2008/22/0687).
Den Ausführungen des BF zur früheren (und allenfalls überzuleitenden) Rechtslage nach dem außer Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz oder Fremdengesetz (1997) ist entgegenzuhalten, dass (auch) die Anwendung der Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 nicht bedeutet, dass ein Antrag nicht grundsätzlich nach der aktuellen Rechtslage - mit der Maßgabe, dass neue Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit unanwendbar sind - zu beurteilen ist (VwGH 16.9.2015, Ra 2015/22/0092). Solche Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit hat der Verwaltungsgerichtshof aus niederlassungsrechtlicher Sicht im Hinblick auf § 4c AuslBG aber nicht angenommen, sodass dem Beschwerdeführer eine nach der geltenden Rechtslage (für eine unselbständige Erwerbstätigkeit) nicht mehr in Betracht kommende Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 2 NAG nicht zu erteilen ist (VwGH 7.12.2016, Ra 2016/22/0033, Rz. 16).
Durch den BF wird des Weiteren ausgeführt, es sei "gerichtsnotorisch", dass Art. 6 und 7 ARB 1/80 "ihren Niederschlag in § 30 Abs. 2 Fremdengesetz 1997" gefunden hätten. Türkische Staatsangehörige könnten aus dem ARB 1/80 zwar kein Recht auf Niederlassung ableiten; aufgrund der Rechtsprechung des EuGH hätten sie unter den dort dargelegten Voraussetzungen aber ein Bleiberecht. "Das ist der Anspruch auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels."
Mit dem Hinweis des BF auf § 30 Abs. 2 (gemeint wohl: 3) FrG 1997, wonach Drittstaatsangehörige, die auf Grund eines Staatsvertrages, eines Bundesgesetzes oder eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union ein Bleiberecht genießen, nach Maßgabe dieses Staatsvertrages, Bundesgesetzes oder Rechtsaktes Anspruch auf Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels haben, zeigt der BF nicht auf, inwiefern er in seinem Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet - bzw. auf Zugang zum Arbeitsmarkt, was jedoch nicht Gegenstand eines Verfahrens nach dem NAG ist - schlechter gestellt sei; eine deklarative Bescheinigung kann nämlich keine Auswirkungen auf das Bestehen oder Nichtbestehen des zugrunde liegenden Rechtes haben. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich somit nicht zu einer Abkehr von seiner mittlerweile ständigen Judikatur (vgl. etwa VwGH 13.12.2018, Ro 2018/22/0004 und Ro 2018/22/0009; 4.10.2018, Ra 2017/22/0056, Ra 2018/22/0038 und Ro 2018/22/0003; 1.10.2018, Ra 2018/22/0223; 6.9.2018, Ro 2018/22/0008; 3.9.2018, Ro 2017/22/0012; 28.2.2019, Ra 2018/22/0100) betreffend das Verhältnis von Ansprüchen aus Art. 6 ARB 1/80 und einem Antrag auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" veranlasst (vgl. zuletzt VwGH 17.06.2019, Ro 2019/22/0001).
5. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
Der BF betreibt im aktuellen Studienjahr 2019/2020 kein Studium und ist an keiner Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule eingeschrieben. Im zuletzt abgelaufenen Studienjahr 2018/2019 ist er zu keinen Prüfungen mehr angetreten, vielmehr hat er im Sommersemester 2018 sein Studium an der TU Wien abgebrochen.
Der BF erfüllt somit die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 NAG nicht, weil er kein Student ist und auch (nicht unverschuldet) keinen Studienerfolg gemäß § 64 Abs. 2 NAG vorweisen kann. Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen sind daher in diesem Fall nicht zu prüfen und auch keine Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG durchzuführen (zu alldem zuletzt VwGH 13.12.2018, Ra 2018/22/0158, Rz. 6f). Schließlich kann aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 für sich genommen auch kein Anspruch auf Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken abgeleitet werden, wenn die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (zuletzt abermals VwGH 13.12.2018, Ro 2018/22/0004, Rz. 7).
6. Abweisung der Beschwerde
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid erweist sich somit sowohl hinsichtlich dessen Spruchpunkt 1 betreffend Zweckänderung gestützt auf ARB. 1/80 als auch hinsichtlich dessen Spruchpunkt 2 betreffend Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken als unbegründet und ist daher zur Gänze abzuweisen.
Die Parteien verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Von der Verhandlung konnte abgesehen werden, weil der Sachverhalt nicht strittig ist und die im Vordergrund stehenden Rechtsfragen und insbesondere der Standpunkt des BF umfassend schriftlich dargelegt wurden, sodass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Fazit
Ein rechtliches Interesse des Betroffenen an einer Bescheinigung bzw. an einer deklarativen Feststellung des ihm nach dem ARB 1/80 zustehenden Aufenthaltsrechts ist anzuerkennen (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151; VwGH 25.6.1996, 96/09/0088). Allerdings wird dem Interesse an einer Dokumentation einer aus dem ARB 1/80 erfließenden Berechtigung dadurch Rechnung getragen, dass gemäß § 4c Abs. 1 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen ist, wenn türkische Staatsangehörige die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erfüllen (vgl. VwGH 18.12.2012, 2010/09/0185, wonach mit § 4c AuslBG die innerstaatliche Umsetzung der Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfolgen sollte). Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 wird somit in einem Verfahren nach § 4c AuslBG geklärt (vgl. dazu VwGH 09.08.2018, Ro 2017/22/0015).
7. Unzulässigkeit der Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil die aufgeworfenen Fragen zur innerstaatlichen Rechtsstellung von türkischen Staatsangehörigen, die Rechte aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 ableiten können, und auch zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung bei Nichtvorliegen der entsprechenden besonderen Erteilungsvoraussetzung durch die hierin verwiesene höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind und der vorliegende Sachverhalt darüber hinaus keine weiteren Aspekte aufweist, denen eine über diesen Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt.
Für die (vom BF angeregte) Aussetzung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens sah das erkennende Gericht keine Veranlassung.
Schlagworte
Verlängerungsantrag; Zweckänderungsantrag; Beschäftigungsbewilligung; Studienerfolgsnachweis; Aufenthaltsrecht; Stillhalteklausel; Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.151.065.8619.2019Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020