TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/26 I416 2138217-2

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Veröffentlicht am 26.08.2019
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Entscheidungsdatum

26.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2138217-2/11E

SCHRITLICHE AUSFERTIGUNG DER AM 14.08.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ENTSCHEIDUNG

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 22.09.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

- I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 26.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes damit begründete, dass er seine Heimat verlassen habe, da er von unbekannten bewaffneten Männern der schiitischen Milizen Drohungen erhalten habe, weil er Sunnit sei. Diese seien in der Nacht mit einem Schreiben zu ihm gekommen und hätten einen Brief mit einer Patrone hinterlassen. Sie hätten ihn auch gewarnt weiter zur Arbeit zu gehen, da sie sonst ihm oder seiner Familie etwas antun würden. E sei dann zu seinem Bruder gezogen, dort hab er etwas Verdächtiges bei seinem Auto gesehen und habe er die Polizei gerufen, die bestätigt habe, dass es sich um eine Bombe gehandelt habe. Daraufhin habe er sich entschlossen zu fliehen. Im Falle seiner Rückkehr habe er Angst getötet zu werden. Die Berichte der Polizei und des Richters habe er bei sich und werde sie bei der nächsten Einvernahme dem BFA vorlegen.

2. Am 30.08.2016 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen persönlichen Verhältnissen führte er aus, dass sein richtiger Name

XXXX sei, XXXX sei sein Stammesname, er am XXXX geboren, Araber und Staatsangehöriger des Irak sei. Er sei verheiratet, habe drei Söhne, gehöre der sunnitischen Glaubensrichtung an, habe ein Musik- und Kunststudium abgeschlossen und in Bagdad als XXXX von 2006 bis 2015 gearbeitet. Seine Frau habe im XXXX gearbeitet und würde immer noch dort arbeiten. In Bagdad würden neben seiner Frau und seinen beiden Kindern noch seine beiden Brüder, seine sechs Schwestern und sechs Tanten und sechs Onkel leben. Zu seiner Frau und seinen Kindern habe er regelmäßigen Kontakt, zu den anderen Familienmitgliedern gelegentlich. Zu seinem Fluchtgrund führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er an Personen hätte Zeugnisse ausstellen sollen, die niemals die Schule besucht hätten. Ausgegangen sei dies nach dem Sturz von Saddam Hussein von schiitischen Milizen. Diese Zeugnisse hätten für deren Kinder ausgestellt werde sollen. Manche dieser Milizen hätten auch gefordert, dass er die von Milizen beantworteten Maturafragen bestätigen hätte sollen, ohne dass diese die Matura gemacht hätten. Gewesen seien diese Drohungen im Jänner 2015, es hätte insgesamt 4-mal Kontakt mit den Milizen gegeben. Er habe dies aber nicht gemacht, da dies nicht legal gewesen wäre. Nach seiner Weigerung wurde ihm gesagt, dass er mit dem Feuer spielen würde und dass er nicht mehr in dieser Stadt wohnen solle. Er habe dies dann bei der Polizei angezeigt und habe ihm diese gesagt, dass sie machtlos gegen die Milizen wäre. Nach der Anzeige hätten ihn die Männer der Milizen gesagt, dass diese wissen würden, was sie mit ihm machen würden, wenn ihre Kinder die Prüfungen nicht bestehen würden. Einen Monat später hätten diese dann ihre negativen Zeugnisse erhalten. Daraufhin habe er dann den Brief mit der Patrone erhalten und habe er dieses Drohschreiben vorgelegt, aber aus Angst den Namen des Täters nicht angegeben. Er habe Angst gehabt, dass die Milizen mit der Polizei zusammenarbeiten würden. Er sei dann mit seiner Familie zu seinem Bruder gezogen, sei aber von den Milizen beobachten worden und habe sechs Tage nach Ihrer Ankunft der Nachbar seines Bruders diesem gesagt, dass eine Bombe unter seinem Auto platziert worden sei. Gesehen habe er dies auf seiner Überwachungskamera. Die Familien hätten dann das Haus verlassen und sei die Polizei gekommen, um die Bombe zu entschärfen. Nach diesem Vorfall sei er mehrfach angerufen worden und habe der Anrufer gesagt, dass er das nächste Mal sterben würde. Danach hätten er und seine Frau ihre Arbeit aufgegeben und ständig den Wohnort gewechselt. Nachgefragt führte er aus, dass es nach der Zustellung des Briefes keine Forderungen mehr geben habe, er sei zwei Tage später angerufen worden und sei ihm gesagt worden, dass er seine Strafe erhalten würde. Nach dem Bombenfund sei er nicht mehr angerufen worden. Im Rahmen der Niederschrift legte der Beschwerdeführer folgende Schreiben auf Arabisch vor:

Heiratsurkunde, Kopien der Reisepässe und der Staatsbürgerschaftsnachweise seiner Frau und seiner Söhne, Kopien von Personalausweisen der ganzen Familie, Meldeausweis im Irak, Verpflegungszettelnachweis, Kopien eines Fotos von einem Drohschreiben, Kopie eines Fotos vom Fundort des Drohschreibens, Kopie eines Fotos vom Inhalt des Drohschreibens, Kopie eines Schreibens des Innenministeriums sowie 11 Stück Kopien der Anzeigenbestätigung (Aktenbündel).

3. Mit dem Bescheid vom 22.09.2016, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab. Zugleich wurde dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.09.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Gegen Spruchpunkt I. des verfahrensgegenständlichen Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und monierte Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei und die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die Länderberichte zu allgemein gehalten wären und sich nicht mit dem konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandersetzen würden. Zudem habe sich die belangte Behörde völlig unzureichend mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumenten auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer werde wegen seiner Religion und seiner politischen Gesinnung verfolgt, weswegen ihm der Status eines Asylberechtigten im Sinne der GFK zuzuerkennen wäre.

4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2016, GZ. L507 2138217-1/3E wurde der Beschwerde stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die vom Beschwerdeführer in arabischer Sprache in Vorlage gebrachten und für die Beurteilung der Rechtssache relevanten Beweismittel in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen und sei somit eine inhaltliche Auseinandersetzung nicht möglich, wodurch der Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängel in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung leidet.

5. Mit polizeilichem Bericht der Bundespolizeidirektion XXXX vom 05.02.2017 wurden den österreichischen Behörden mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 29.01.2017 von Düsseldorf via Istanbul nach XXXX geflogen sei. Mit Aktenvermerk vom 28.04.2017 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs. 2a AsylG eingestellt, da der Beschwerdeführer am 29.01.2017 freiwillig in den Irak zurückgekehrt sei.

6. Am 13.09.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 AsylG ein.

7. Am 12.10.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde ein weiteres Mal niederschriftlich einvernommen. Befragt weshalb er am 29.01.2017 in den Irak ausgereist sei, gab er an, dass ihm seine Frau mitgeteilt habe, dass sein Schwager und sein Sohn von denselben Personen, die auch ihn bedroht hätten, entführt worden seien. Die Entführer hätten Lösegeld verlangt und sei dieses auch bezahlt worden, die Entführer hätten aber nur seinen Sohn freigelassen, seinen Schwager, der ein religiöser Gelehrter gewesen sei, sei getötet worden. Informiert habe ihn seine Frau am 20.01.2017 über die Entführung, sein Sohn sei zwei oder drei Tage nach seiner Ankunft in XXXX freigelassen worden. Er führte weiters aus, dass seine Frau wiederholt nach Bagdad zurückgefahren sei, um die Anzeige zu erstatten, gefragt warum sie sich dieser Gefahr ausgesetzt habe, gab er an, dass es ihre Pflicht gewesen wäre, da die Polizei ja hat wissen wollen, warum sein Schwager gestorben sei. Sie habe dies machen müssen, da es ja ihr Bruder gewesen sei und man sie sonst hätte bezichtigen können, mit Milizen zusammenzuarbeiten.

Gefragt wer sie hätte bezichtigen können, gab er wörtlich an:

"Eventuell die Nachbarn." Er gab weiters an, dass seine Familie nach diesem Vorfall nach Kurdistan gezogen seien, wo sie seit ca. 6 Monaten leben würden. In Bagdad würden noch seine Eltern, seine Geschwister, sein vier Schwestern und die Familie seiner Frau leben. Er selbst sei am 09.09.2017 wieder nach Österreich zurückgekommen.

8. Im weiteren Verlauf des Administrativverfahrens wurde seitens der Behörde die Übersetzung der arabischen Dokumente veranlasst.

9. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Absatz 4 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bis zum 22.09.2019 erteilt.

10. Mit dem Bescheid vom 27.11.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und monierte unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung. Begründend führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er seine fluchtauslösenden Erlebnisse durchaus nachvollziehbar geschildert habe und seien seine Befürchtungen nicht spekulativ, sondern realistisch und würde sich dies auch in den Länderinformationen wiederspiegeln. Der Beschwerdeführer habe ein umfangreiches Konvolut an Beweismittel vorgelegt, das von der Behörde nicht näher untersucht worden sei. Zudem liege das fluchtauslösende Ereignis bereits mehrere Jahre zurück, sodass die geringfügigen Diskrepanzen erklärlich seien. Auch seien die Verfolgungshandlungen denen der Beschwerdeführer ausgesetzt sei, dem Staat zuzurechnen. Die belangte Behörde habe es unterlassen sich mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers und der aktuellen Situation im Irak auseinanderzusetzen. Es werde daher beantragt, dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, allenfalls den angefochtenen Bescheid aufheben und zur Ergänzung zurückzuverweisen eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

12. Mit Schriftsatz vom 27.12.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 02.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

13. Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.01.2018, GZ. L507 2138217-2/2Z wurde im Hinblick auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, infolge seines 8-monatigen Aufenthaltes im Irak weiterhin vorliegen würden, dem Beschwerdeführer die Beantwortung von entscheidungsrelevanten Fragen aufgetragen. Mit Schreiben vom 23.01.2018 wurde die Fragen durch die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beantwortet.

14. Mit Schriftsatz seiner gewillkürten Rechtsvertretung vom10.10.2018 legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor. 15. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.09.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L507 abgenommen und der Gerichtsabteilung I416 neu zugewiesen. Am 04.10.2018 langte der verfahrensgegenständliche Beschwerdeakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung I 416 ein.

9. Mit Schriftsatz vom 14.03.2018 und 21.08.2018 wurde das Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde über Reisebewegungen des Beschwerdeführers einerseits nach Kiew (23.12.2017-05.01.2108) und andererseits nach Teheran (30.07.2018-18.08.2018), wobei als Reisegrund "Treffen der Familie bzw. Familienbesuch" angeführt war, in Kenntnis gesetzt.

10. Mit Schriftsatz vom 29.07.2019 wurde seitens der Rechtsvertretung eine Stellungnahme zu den im Rahmen der mündlichen Ladung übermittelten Länderinformationen zum Irak übermittelt.

11. Am 14.08.2019 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

12. Mit Schriftsatz vom 20.08.2019, wurde die schriftliche Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen irakischen Staatsangehörigen und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Dem Beschwerdeführer wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak gewährt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund, verheiratet, hat drei Kinder, ist Moslem und sunnitischen Glaubens. Die Frau und die Kinder des Beschwerdeführers halten sich in der autonomen Region Kurdistan in XXXX auf. Der Beschwerdeführer hat täglichen Kontakt mit seiner Frau und seinen Kindern, sowie Kontakt mit seinem Bruder und seiner Mutter. Der Beschwerdeführer hat in seinem Heimatstaat laut eigenen Angaben das Bachelorstudium der XXXX absolviert und war XXXX in Bagdad.

Der Beschwerdeführer ist am 29.01.2017 von Düsseldorf nach XXXX/ Irak-Autonome Region Kurdistan geflogen und hat sich dort bis 09.09.2017 bei seiner Familie aufgehalten. Der Beschwerdeführer reiste am 09.09.2017 auf dem Luftweg wieder ins Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2017 einen Verlängerungsantrag hinsichtlich seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten oder sonstigen familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm im Irak Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung/Verfolgung durch Mitglieder der Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden und wurde auch keine staatliche Verfolgung geltend gemacht. Der Beschwerdeführer hat den Irak aus anderen Gründen, als auf wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen. Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte beschwerdegegenständlich nicht festgestellt werden.

Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise einer individuellen und aktuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen wäre bzw. im Fall ihrer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein würde.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Irak übermittelt. Daraus ergeben folgende Feststellungen:

Am 10.06.2014 eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach des ISIL - Islamic State of Iraq and Levante (später ISIS, dann IS) - die Millionenstadt Mossul (Ninive-Ebene), darunter das Regierungsgebäude, den Mossul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fielen auch weite Teile der Ninive-Ebene unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Mossul gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel war es, einen islamischen Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Irak zu errichten. In Mossul wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer des IS schwere Waffen und Munition beschlagnahmen.

Nach ihrem Einmarsch in Mossul markierten Angehörige der IS-Truppen die Besitztümer von Minderheiten und fordern eine "Jihad-Steuer" von den wenigen verbliebenen Einwohnern. Dabei gerieten die christlichen Assyrer und Yeziden unter Druck und wurden zu Binnenflucht getrieben. In den Länderinformationen scheint nicht auf, dass muslimische Araber, darunter solche, sunnitischer Glaubensrichtung, von den Angehörigen des IS unter Druck gesetzt oder gar vertrieben worden wären.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 25.10.2018) Zentralverband der assyrischen Vereinigungen in Deutschland und Europäische Sektionen e.V., Dokumentation: Verfolgung und Vertreibung der assyrischen Christen im Nordirak 2014

(https://zavd.de/wp-content/uploads/2015/12/ZAVD-Dokumentation-Ereignisse-Irak-2014.pdf [Abfrage 25.10.2018]).

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mossul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist (Joel Wing 6.10.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018) und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, XXXX und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Die Sicherheitslage hat sich im Irak nach dem Sieg über den IS generell deutlich verbessert. Eine Bürgerkriegssituation oder bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen im Irak können nicht festgestellt werden. Insbesondere in Bagdad, woher die Beschwerdeführer stammten, haben Aufständische ihre Ressourcen zwischenzeitig abgezogen, sodass die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle stark abgenommen hat (Joel Wing 5.4.2018, 3.7.2018, 6.10.2018). Es ist in Bagdad möglich, sicher und ohne von sicherheitsrelevanten Vorfällen behelligt zu werden, zu leben.

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter, Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats zählen im Irak zur gefährdeten Berufsgruppe. Es wird auch berichtet, dass Extremisten und bewaffnete Gruppen Angriffe auf Künstler, Poeten, Schriftsteller und Musiker verübt hätten (USDOS 3.3.2017). Dass in BAGDAD im Zeitraum von Anfang 2014 bis laufend gezielt Angriffe auf Schuldirektoren verübt worden wären, ist in den Länderberichten nicht erwähnt.

Nach der Verfassung des Irak ist das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande (USDOS 3.3.2017).

Die Verfassung vom 15.10.2005 (Art. 38 C und 39) normiert ausdrücklich die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung und stellt die nähere Ausgestaltung durch ein Gesetz in Aussicht, das es aber noch nicht gibt. Im Alltag wird die Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch das seit dem 7.11.2004 geltende "Gesetz zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit" eingeschränkt, das u. a. die Verhängung eines bis zu 60-tägigen Ausnahmezustands ermöglicht. Die wöchentlichen Demonstrationen gegen Korruption seit August 2015 bis in die zweite Jahreshälfte 2016 konnten weitgehend ungestört stattfinden (AA 7.2.2017). Die meisten der Demonstrationen im Süden waren von massiver Sicherheitspräsenz begleitet und waren friedlich (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 25.10.2018)

-

Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 25.10.2018)

-

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 25.10.2018).

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 7.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, letzter Zugriff am 25.10.2018.

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch ist es mitunter vorgekommen, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen geworden sind.

Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat zwar die vormals friedliche Koexistenz zwischen den Sunniten und den Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert, doch ergeben sich aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine systematische Verfolgung und Misshandlung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft. Mit einem Anteil von ca. 35 % - 40 % der Gesamtbevölkerung bilden die Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft die größte Gruppe der Minderheiten des Irak und sind in Gesellschaft und in der Politik vertreten und treten auch zu den Parlamentswahlen im Mai 2018 auch sunnitische Parteien an.

Es gibt nach wie vor Regionen, die mehrheitlich sunnitisch geprägt sind. Darüber gibt es auch in dem von Schiiten dominierten und weitestgehend stabilen Süden des Irak sunnitische Enklaven und ein weitestgehend beständiges und friedliches Nebeneinander von Angehörigen der sunnitischen und Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft.

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht. Ebensowenig werden interkonfessionelle Ehen zwischen schiitischen und sunnitischen Anhängern des Islam im Irak verfolgt oder solche Ehepartner misshandelt. Gemischte Hochzeiten sind möglich. Es gibt kein Erfordernis, hierfür die religiöse Identität der heiratenden Personen zu deklarieren. Die Zahl der gemischten Ehen erhöhte sich, insbesondere in Bagdad, in den letzten Jahren. In Bagdad und in anderen Städten gibt es einige Gegenden, in denen gemischt schiitische/sunnitische Ehepaare leben, ohne Sicherheitsrisiken ausgesetzt zu sein. In ländlichen Regionen kann es sein, dass solche Ehepaare durch Gruppierungen wie Al-Quaeda oder dem IS Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind. Im Jahr 2006 wurden sunnitisch/schiitische Ehen gefördert, indem solchen Paaren ein Anspruch auf USD 2.000,00 eingeräumt wurde. Diese Förderung existiert zwischenzeitig nicht mehr.

Quellen:

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Al-Araby, 'Don't enter Baghdad': Wave of murder-kidnappings grips Iraq capital,

https://www.alaraby.co.uk/english/news/2017/5/17/dont-enter-baghdad-wave-of-murder-kidnappings-grips-iraq-capital, 17.05.2017 (Zugriff am 11.01.2019)

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Institute of war, Final 2014 Iraqi National Elections Results by Major Political Groups (19.05.2014), http://iswiraq.blogspot.co.at/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html#!/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html (Zugriff am 10.01.2019)

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Rudaw, Kurdish, Sunni MPs boycott Iraqi parliament session over budget dispute, 01.03.2018,

http://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/03012018 (Zugriff am 10.01.2019)

-

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Zugriff am 10.01.2019)

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WING, Joel, Musings on Iraq, 649 Deaths, 275 Wounded Feb 2018 In Iraq (UPDATED), 03.03.2018 http://musingsoniraq.blogspot.co.at/ mwN (letzter Zugriff am 10.01.2019)

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Sushi-Ehen liegen in Bagdad wieder im Trend, Die Welt 23.11.2012, https://www.welt.de/politik/ausland/article111448530/Sushi-Ehen-liegen-in-Bagdad-wieder-im-Trend.html

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Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.05.2016 betreffend konfessionell gemischte Ehepaare

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Allein in der ersten Jahreshälfte 2017 kehrten aus Österreich in etwa 346 Iraker freiwillig in den Irak zurück - von diesen fast alle im Zuge einer sogenannten unterstützten Rückkehr (BFA 11.8.2017).

Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - ua von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan finden regelmäßig statt (AA 12.2.2018).

Studien zufolge ist die größte primäre Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak (IOM 2.2018; vgl. REACH 30.6.2017). Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250m2 in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage nach Mietobjekten stieg, nahm die Nachfrage nach Kaufobjekten ab. Durchschnittliche Betriebskosten betragen pro Monat 15.000 IQD (Anm.: ca. 11 EUR) für Gas, 10.000-25.000 IQD (Anm.: ca. 7-18 EUR) für Wasser, 30.000-40.000 IQD (Anm.: ca. 22-29 EUR) für Strom (staatlich) und 40.000 IQD für private oder nachbarschaftlichen Generatorenstrom (IOM 13.6.2018).

Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser im Land. Jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote (GIZ 11.2018). Die Immobilienpreise in irakischen Städten sind in den letzten zehn Jahren stark angestiegen (IEC 24.1.2018). Öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche besteht für Rückkehrer nicht (IOM 13.6.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598 1531143225 deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

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BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.8.2017): IRAK Ausreise Quartalsweise, per E-Mail

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2018): Irak - Alltag,

https://www.liportal.de/irak/alltag/#c28570. Zugriff 20.11.2018

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IEC - Iraq's Economic Center (24.1.2018): Rising Real Estate Prices in Iraq encourages buying abroad, http://en.economiciraq.com/2018/01/24/rising-real-estate-prices-in-iraqencourages-buying-abroad/. Zugriff 17.10.2018

-

IOM - International Organization for Migration (2.2018): Iraqi returnees from Europe: A snapshot report on Iraqi Nationals upon return in Iraq.

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/DP.1635%20-

%20Iraq Returnees Snapshot-Report%20-%20V5.pdf. Zugriff 16.10.2018

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IOM - International Organization for Migration (13.6.2018):

Länderinformationsblatt Irak (2017).

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/

Informationsblaetter/cfs irak-dl

de.pdf:jsessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1 cid294?

blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

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MCH - Ministry of Construction and Housing (10.2010): Iraq National Housing Policy.

https://www.humanitarianlibrary.org/sites/default/files/2013/05/634247_INHP_English_Version.

pdf. Zugriff 17.10.2018

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REACH (30.6.2017): Iraqi migration to Europe in 2016: Profiles. Drivers and Return.

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/reach_irq_grc_report_iraqi_migration_to_

europe in 2016 june 2017%20%281%29.pdf. Zugriff 16.10.2018

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Reuters (12.2.2018): Iraq says reconstruction after war on Islamic State to cost $88 billion.

https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-reconstruction/iraq-savs-reconstruction-

after-war-on-islamic-state-to-cost-88-billion-idUSKBN1FW0JB. Zugriff 17.10.2018

Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt (AA 12.2.2018). Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 13.6.2018).

Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung. Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore (GIZ 11.2018).

Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD. Für spezielle

Untersuchungen und Laboranalysen sind dann noch zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 11.2018).

In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.2.2018). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich. Hinzu kommt, dass durch die Kampfhandlungen nicht nur eine Grundversorgung sichergestellt werden muss, sondern auch schwierige Schusswunden und Kriegsverletzungen behandelt werden müssen (AA 12.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.

Zugriff 12.10.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2018): Irak - Alltag,

https://www.liportal.de/irak/alltag/#c37767. Zugriff 20.11.2018

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IOM - International Organization for Migration (13.6.2018):

Länderinformationsblatt Irak (2017),

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_irak-dl

de.pdf:isessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1

cid294?blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

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WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html. Zugriff 16.10.2018

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ZIRF-Counselling Individualanfrage, http://files.returningfromgermany.de/files/2018_Irak_Bagdad_Diabetes.pdf (Zugriff 15.04.2019)

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerden folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend dazu eingeholt.

Zur Fe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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